Hintergrund
Brustkrebs ist mit 17,7 % für den größten Anteil der Krebssterbefälle bei Frauen in
Deutschland verantwortlich [1]. Mit dem Ziel, Brustkrebs in einem frühen Stadium zu diagnostizieren, wird das qualitätsgesicherte
Mammografie-Screening-Programm (MSP) in Deutschland seit 2005 in Anlehnung an die
europäischen Leitlinien [2] durchgeführt. Hierbei werden alle anspruchsberechtigten Frauen im Alter von 50–69
Jahren alle 2 Jahre zur Screening-Untersuchung eingeladen. Eine frühzeitige Entdeckung
von Karzinomen geht mit einer verbesserten Prognose und einer schonenderen Therapie
einher [3]. Mehrere Studien konnten zeigen, dass bei MSP-Teilnehmerinnen mit invasivem Brustkrebs
günstigere Prognosefaktoren und Tumorcharakteristika vorlagen als bei Nichtteilnehmerinnen
[4]
[5]
[6].
Neben klassischen Prognosefaktoren (wie Alter, Grading, Tumorgröße, Nodalstatus) beeinflussen
der Hormon-Rezeptor-Status, der HER2-Status und der Proliferationsmarker Ki-67 die
Behandlungsstrategien beim frühen Mammakarzinom. Anhand dieser immunhistochemisch
bestimmbaren Tumoreigenschaften kann als Alternative zur Analyse von Genexpressionsprofilen
eine vereinfachte Klassifikation intrinsischer Subtypen des Mammakarzinoms durchgeführt
werden, deren Verlauf und Therapieansprechen Unterschiede aufweisen: Während bei einem
Tumor des Subtyps Luminal A adjuvant meist eine alleinige endokrine Therapie ausreichend
ist, wird bei den übrigen Subtypen überwiegend eine Chemotherapie empfohlen, falls
nötig ergänzt durch eine Anti-HER2-Therapie [7]
[8]. Die Höhe des Ki-67-Proliferationsindex beeinflusst dabei die Entscheidung, ob bei
einem frühen Hormon-Rezeptor-positiven und HER2-negativen Tumor die Durchführung einer
adjuvanten Chemotherapie als prognoseverbessernd angesehen wird. Darüber hinaus gilt
Ki-67 als unabhängiger Prognosefaktor, wobei die Höhe des Ki-67-Proliferationsindexes
das krankheitsfreie Überleben und das Gesamtüberleben beeinflusst [9]
[10]. Daten einer Metaanalyse deuten darauf hin, dass bei einer hohen Ki-67-Positivität
von ≥ 25 % von einem geringeren Gesamtüberleben ausgegangen werden kann, verglichen
mit niedrigeren Expressionsraten [11].
Ziel der vorliegenden Studie ist es, anhand von Krebsregisterdaten die tumorbiologischen
Eigenschaften von Mammakarzinomen bei Teilnehmerinnen und Nichtteilnehmerinnen des
MSP in Niedersachsen zu vergleichen und daraus Aussagen zur Therapie für diese beiden
Gruppen abzuleiten. Bei den Teilnehmerinnen sollen dabei sowohl im Screening detektierte
Karzinome als auch im Intervall diagnostizierte Karzinome gemeinsam berücksichtigt
werden. Die vergleichende Auswertung der molekularen Subtypen unter Heranziehung des
Ki-67-Proliferationsindexes erfolgt nach unserer Kenntnis erstmalig in Deutschland
auf bevölkerungsbezogener Ebene. In einer ergänzenden Analyse wird darüber hinaus
aufgezeigt, in welchem Ausmaß der Ki-67-Proliferationsindex mit den tumorbiologischen
Eigenschaften assoziiert ist. Hierfür werden Tumore von Teilnehmerinnen und Nichtteilnehmerinnen
getrennt betrachtet.
Methoden
In dieser retrospektiven Beobachtungsstudie kommen die bevölkerungsbezogenen Daten
des Epidemiologischen Krebsregisters Niedersachsen (EKN) zur Auswertung. Bezugsbevölkerung
sind alle 285 634 Frauen im Alter von 50–69 Jahren, die im Einzugsgebiet der 2 niedersächsischen
Screening-Einheiten (SE) Nordwest und Hannover wohnen und 2-jährlich zum Screening
eingeladen werden. Die Implementierung des MSP fand in diesen Regionen von 2005–2008
statt.
In die Untersuchung werden 1115 invasive und In-situ-Mammakarzinome (ICD-10 C50 und
D05, ohne D05.0) eingeschlossen, die im Diagnosejahr 2014 in der Bezugsbevölkerung
aufgetreten sind. Synchron oder metachron aufgetretene Zweitkarzinome der Brust werden
mehrfach gezählt (n = 18). Die Vollzähligkeit der EKN-Daten liegt für Brustkrebs nach
Schätzung des Robert Koch-Instituts für das Diagnosejahr 2014 bei über 95 %; EKN-Datenstand
ist Oktober 2020. Die Teilnahmerate am Mammografie-Screening liegt für das Jahr 2014
bei 55 %; 18 % der Teilnehmerinnen waren Erstteilnehmerinnen, 82 % Folgeteilnehmerinnen.
Durch einen Abgleich aller Teilnehmerinnendaten des MSP mit den Krebsregisterdaten
ist der Diagnoseanlass für alle Mammakarzinome im EKN bekannt. Unterschieden wird
zwischen Teilnehmerinnen und Nichtteilnehmerinnen; letztere sind Tumorpatientinnen,
für die kein Match mit den Screening-Daten vorliegt. Für die Gruppe der Teilnehmerinnen
des MSP findet darüber hinaus eine Differenzierung der Tumore statt in Fälle, die
direkt im Screening befundet wurden (Screeningfälle) und Intervallkarzinome (IC).
Als IC sind Mammakarzinome definiert, die bei einer im Screening unauffälligen Teilnehmerin
im Intervall von 0–24 Monaten nach der letzten Screening-Untersuchung außerhalb des
MSP diagnostiziert werden. Ausgeschlossen werden folgende Fälle: Karzinome, die später
als 24 Monate nach der letzten unauffälligen Screening-Untersuchung aufgetreten sind,
da sie nicht eindeutig einer der Untersuchungsgruppen zuordenbar sind (n = 78), Abbrecherinnen
des MSP, für die nach einer auffälligen Screening-Mammografie keine weitere Abklärung
stattfinden konnte (n = 7), sowie Tumore mit einer unzureichenden Datenqualität (n = 1).
Rezidive und Metastasen (ICD-10 C79.81) sind nicht in der Studie enthalten. Die Verteilung
der TNM-Stadien bezieht sich bei neoadjuvant behandelten Tumoren auf das primäre klinische
Tumorstadium.
Neben dem Hormon-Rezeptor-Status und dem HER2-Status wurde für diese Untersuchung
aus den im Krebsregister vorliegenden Diagnosetexten der Ki-67-Proliferationsindex
nacherfasst und entsprechend der offenen Empfehlungen der S3-Leitliniengruppe in 3
Gruppen kategorisiert: Ki-67 niedrig (≤ 10 %), intermediär (11–24 %) und hoch (≥ 25 %).
Für alle Tumore findet anhand immunhistochemischer Parameter unter Hinzuziehung des
Ki-67-Indexes eine Kategorisierung in die molekularen Subtypen Luminal A, Luminal
A oder B, Luminal B, HER2-positiv und triple-negativ statt ([Tab. 1]).
Tab. 1
Molekulare Subtypen von Mammakarzinomen. Daten nach S3-Leitlinie, modifiziert [7].
|
Molekulare Subtypen
|
ER[*]
|
PR[**]
|
HER2
|
Ki-67
|
|
Luminal A
|
ER und/oder PR positiv (≥ 1 % oder IRS > 2)
|
negativ
|
niedrig (≤ 10 %)
|
|
Luminal A oder B[***]
|
ER und/oder PR positiv (≥ 1 % oder IRS > 2)
|
negativ
|
intermediär (11–24 %)
|
|
Luminal BHER2-neg
|
ER und/oder PR positiv (≥ 1 % oder IRS > 2)
|
negativ
|
hoch (≥ 25 %)
|
|
Luminal BHER2-pos
|
positiv
|
jedes Ki-67
|
|
HER2-positiv[****]
|
negativ
|
negativ
|
positiv
|
jedes Ki-67
|
|
triple-negativ
|
negativ
|
negativ
|
negativ
|
jedes Ki-67
|
* ER = Östrogenrezeptor.
** PR = Progesteronrezeptor.
*** aufgrund intermediärem Ki-67 nicht der Kategorie Luminal A bzw. Luminal B zuordenbar.
**** HER2-positiv = Score 3 oder Score 2 und Fish-positiv.
Tumore mit fehlenden Angaben werden aus den jeweiligen Berechnungen ausgeschlossen;
sie sind als Fallzahlen in den Tabellen mit aufgeführt.
Richtlinien der Guten Epidemiologischen Praxis wurden bei der Datenauswertung eingehalten.
Die Auswertungen erfolgen mit Access (2016). Für kategorisierte Variablen werden Unterschiede
anhand des Chi²-Tests berechnet, für numerische Variablen erfolgt ein t-Test; die
Tests erfolgen mit Excel (2016). Unterschiede werden mittels des p-Wertes aufgezeigt.
Aufgrund des zum Teil explorativen Charakters der Studie und der Vielzahl von durchgeführten
Tests sind die p-Werte jedoch nicht als statistische Signifikanz zu interpretieren.
Ergebnisse
Im Studienkollektiv wurden 1115 Mammakarzinome (ICD-10 C50 + D05, ohne D05.0) diagnostiziert.
698 Karzinome traten bei Screening-Teilnehmerinnen und 417 bei Nichtteilnehmerinnen
auf ([Tab. 2]). Der Anteil von In-situ-Karzinomen liegt für Teilnehmerinnen mit 19,1 % deutlich
über dem Anteil für Nichtteilnehmerinnen mit 7,0 % (p < 0,0001). Der Unterschied geht
vor allem auf die Screeningfälle zurück (In-situ-Anteil 22,8 %). Das mittlere Erkrankungsalter
ist für Teilnehmerinnen mit 60,3 Jahren 1,2 Jahre höher als für Nichtteilnehmerinnen
mit 59,1 Jahren (p < 0,0023). Eine Detailanalyse (nicht abgebildet) zeigt, dass bei
Nichtteilnehmerinnen vor allem die jüngeren Frauen (50–52 Jahre) deutlich häufiger
vertreten sind im Vergleich zu Teilnehmerinnen.
Tab. 2
Tumorbiologische Eigenschaften von Mammakarzinomen in Abhängigkeit von der Screening-Teilnahme
(DJ 2014, 50–69-jährige Frauen, Region Niedersachsen-Nordwest und Hannover).
|
Tumorbiologische Eigenschaften
|
Teilnehmerinnen (TN)
|
Nicht-TN
|
Total
|
p-Wert
(vgl. TN mit Nicht-TN)
|
|
Screening-Fälle (A)
|
Intervallkarzinome[*] (B)
|
TN gesamt (A + B)
|
|
n
|
%
|
n
|
%
|
n
|
%
|
n
|
%
|
n
|
%
|
|
|
Brustkrebsfälle gesamt
(ICD-10 C50 + D05)
|
562
|
100,0
|
136
|
100,0
|
698
|
100,0
|
417
|
100,0
|
1115
|
100,0
|
|
|
In-situ-Karzinome (D05)
|
128
|
22,8
|
5
|
3,7
|
133
|
19,1
|
29
|
7,0
|
162
|
14,5
|
< 0,0001
|
|
invasive Karzinome (C50)
|
434
|
77,2
|
131
|
96,3
|
565
|
80,9
|
388
|
93,0
|
953
|
85,5
|
|
|
Alter bei Diagnose Altersmittelwert (SD[**])
|
60,1 (5,9)
|
|
60,9 (5,5)
|
|
60,3 (5,8)
|
|
59,1 (6,0)
|
|
59,8 (5,9)
|
|
0,0023
|
|
invasive Karzinome
(ICD-10 C50)
|
434
|
100,0
|
131
|
100,0
|
565
|
100,0
|
388
|
100,0
|
953
|
100,0
|
|
|
davon:
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
T-Stadium 1
|
315
|
73,6
|
51
|
40,5
|
366
|
66,1
|
159
|
48,9
|
525
|
59,7
|
< 0,0001
|
|
T-Stadium 2 +
|
113
|
26,4
|
75
|
59,5
|
188
|
33,9
|
166
|
51,1
|
354
|
40,3
|
|
|
keine Angabe
|
6
|
|
5
|
|
11
|
|
63
|
|
74
|
|
|
|
N-Stadium 0 (incl. N1mi)
|
349
|
82,5
|
82
|
66,1
|
431
|
78,8
|
202
|
65,6
|
633
|
74,0
|
< 0,0001
|
|
N-Stadium 1 +
|
74
|
17,5
|
42
|
33,9
|
116
|
21,2
|
106
|
34,4
|
222
|
26,0
|
|
|
keine Angabe
|
11
|
|
7
|
|
18
|
|
80
|
|
98
|
|
|
|
M-Stadium 0
|
386
|
99,0
|
121
|
98,4
|
507
|
98,8
|
239
|
87,2
|
746
|
94,8
|
< 0,0001
|
|
M-Stadium 1
|
4
|
1,0
|
2
|
1,6
|
6
|
1,2
|
35
|
12,8
|
41
|
5,2
|
|
|
keine Angabe
|
44
|
|
8
|
|
52
|
|
114
|
|
166
|
|
|
|
Grading I
|
64
|
14,8
|
7
|
5,6
|
71
|
12,7
|
40
|
11,0
|
111
|
12,1
|
0,1718
|
|
Grading II
|
244
|
56,5
|
65
|
51,6
|
309
|
55,4
|
185
|
51,1
|
494
|
53,7
|
|
|
Grading III
|
124
|
28,7
|
54
|
42,9
|
178
|
31,9
|
137
|
37,8
|
315
|
34,2
|
|
|
keine Angabe
|
2
|
|
5
|
|
7
|
|
26
|
|
33
|
|
|
|
ER+ PR+
|
310
|
74,5
|
73
|
64,0
|
383
|
72,3
|
194
|
66,7
|
577
|
70,3
|
0,0747
|
|
ER+ PR-
|
58
|
13,9
|
14
|
12,3
|
72
|
13,6
|
38
|
13,1
|
110
|
13,4
|
|
|
ER- PR+
|
1
|
0,2
|
1
|
0,9
|
2
|
0,4
|
0
|
0,0
|
2
|
0,2
|
|
|
ER- PR-
|
47
|
11,3
|
26
|
22,8
|
73
|
13,8
|
59
|
20,3
|
132
|
16,1
|
|
|
keine Angabe
|
18
|
|
17
|
|
35
|
|
97
|
|
132
|
|
|
|
HER2-positiv
|
49
|
12,0
|
28
|
24,6
|
77
|
14,7
|
59
|
20,6
|
136
|
16,8
|
0,0336
|
|
HER2-negativ
|
360
|
88,0
|
86
|
75,4
|
446
|
85,3
|
228
|
79,4
|
674
|
83,2
|
|
|
keine Angabe
|
25
|
|
17
|
|
42
|
|
101
|
|
143
|
|
|
|
Ki-67 hoch (≥ 25 %)
|
94
|
23,1
|
52
|
46,4
|
146
|
28,1
|
117
|
41,6
|
263
|
32,9
|
0,0003
|
|
Ki-67 intermediär (11–24 %)
|
134
|
32,9
|
29
|
25,9
|
163
|
31,4
|
80
|
28,5
|
243
|
30,4
|
|
|
Ki-67 niedrig (≤ 10 %)
|
179
|
44,0
|
31
|
27,7
|
210
|
40,5
|
84
|
29,9
|
294
|
36,8
|
|
|
keine Angabe
|
27
|
|
19
|
|
46
|
|
107
|
|
153
|
|
|
|
molekulare Subtypen
|
|
Luminal A
|
169
|
41,9
|
28
|
25,5
|
197
|
38,4
|
75
|
26,7
|
272
|
34,3
|
0,0003
|
|
Luminal A oder B[***]
|
113
|
28,0
|
24
|
21,8
|
137
|
26,7
|
62
|
22,1
|
199
|
25,1
|
|
|
Luminal B
|
76
|
18,9
|
32
|
29,1
|
108
|
21,1
|
86
|
30,6
|
194
|
24,4
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
(44)
|
|
(14)
|
|
(58)
|
|
(50)
|
|
(108)
|
|
|
|
|
(32)
|
|
(18)
|
|
(50)
|
|
(36)
|
|
(86)
|
|
|
|
HER2-positiv
|
17
|
4,2
|
9
|
8,2
|
26
|
5,1
|
22
|
7,8
|
48
|
6,0
|
|
|
triple-negativ
|
28
|
6,9
|
17
|
15,5
|
45
|
8,8
|
36
|
12,8
|
81
|
10,2
|
|
|
keine Angabe
|
31
|
|
21
|
|
52
|
|
107
|
|
159
|
|
|
* Intervallkarzinome 0–24 Monate nach Screening-Untersuchung.
** SD = Standardabweichung.
*** aufgrund intermediärem Ki-67 nicht der Kategorie Luminal A bzw. Luminal B zuordenbar.
Die weitere Betrachtung der tumorbiologischen Eigenschaften bezieht sich auf invasive
Karzinome (n = 953, davon 565 Teilnehmerinnen und 388 Nichtteilnehmerinnen). Der Anteil
von invasiven Intervallkarzinomen an allen invasiven Karzinomen der Teilnehmerinnen
beträgt 23,2 % (131 von 565 Fällen). In Hinblick auf die Verteilung der klassischen
Prognosefaktoren zeigen sich folgende Unterschiede zwischen den Gruppen: Teilnehmerinnen
insgesamt weisen eine günstigere Verteilung der klassischen Prognosefaktoren im Vergleich
zu Nichtteilnehmerinnen auf, mit mehr kleineren Tumoren im Stadium T1 (66,1 vs. 48,9 %;
p < 0,0001), die häufiger nodal-negativ sind (78,8 vs. 65,6 %; p < 0,0001) und häufiger
ohne Fernmetastasen auftreten (98,8 vs. 87,2 %; p < 0,0001). Lediglich beim Grading
sind die Unterschiede zwischen Teilnehmerinnen und Nichtteilnehmerinnen weniger ausgeprägt
(p = 0,1718). Darüber hinaus sind Tumore von Teilnehmerinnen häufiger Hormon-Rezeptor-positiv
(86,2 vs. 79,7 %; p = 0,0747), HER2-negativ (85,3 vs. 79,4 %; p = 0,0336) und weisen
häufiger niedrige Ki-67-Indizes auf (40,5 vs. 29,9 %; p = 0,0003). Aus der [Tab. 2] ist weiterhin ersichtlich, dass die Unterschiede zwischen Teilnehmerinnen und Nichtteilnehmerinnen
vor allem auf die Screening-Fälle zurückgehen; Intervallkarzinome entsprechen bezüglich
ihrer tumorbiologischen Eigenschaften eher den Nichtteilnehmerinnen.
Zur Kategorisierung der Subtypen nach immunhistochemischem Algorithmus ([Tab. 1]) liegen für 83 % (794 von 953) aller invasiven Karzinome vollständige Daten vor
(Teilnehmerinnen: 91 %; Nichtteilnehmerinnen: 72 %). Nach Ausschluss der Tumoren mit
fehlenden Angaben zeigt sich, dass die Verteilung der Subtypen zwischen Teilnehmerinnen
und Nichtteilnehmerinnen deutlich voneinander abweicht (p < 0,0003). Tumoren des Luminal-A-Subtyps
sind bei Teilnehmerinnen häufiger zu beobachten als bei Nichtteilnehmerinnen (38,4
vs. 26,7 %); Tumore der Kategorie Luminal A oder B (26,7 vs. 22,1 %) sind aufgrund
des intermediären Ki-67 in unserer Auswertung nicht eindeutig zuordenbar. Hierfür
wären in der klinischen Routine im Hinblick auf eine Therapie-Entscheidung weitere
Tumoreigenschaften heranzuziehen (Grading, T-Stadium, Nodalstatus) oder der Einsatz
einer Multigensignatur erforderlich [12]
[13]. Das Ergebnis eines Multigentests liegt im EKN in der Regel nicht vor. Seltener
sind bei den Teilnehmerinnen im Vergleich zu Nichtteilnehmerinnen Tumore der Subtypen
Luminal B (21,1 vs. 30,6 %) HER-2 positiv (5,1 vs. 7,8 %) und triple-negativ (8,8
vs. 12,8 %) zu beobachten.
Die Ergebnisse in [Tab. 3], [4] zeigen auf, in welchem Ausmaß der Ki-67-Proliferationsindex mit den tumorbiologischen
Eigenschaften assoziiert ist. Teilnehmerinnen insgesamt ([Tab. 3]) und Nichtteilnehmerinnen ([Tab. 4]) werden getrennt dargestellt. Die Vollständigkeit der Angaben zum Ki-67-Proliferationsindex
liegt mit 84 % (Teilnehmerinnen 92 %, Nichtteilnehmerinnen 72 %) geringfügig über
den für intrinsische Subtypen angegebenen Werten; Fälle mit fehlenden Werten gehen
nicht in die Berechnung des p-Wertes mit ein.
Tab. 3
Tumorbiologische Eigenschaften von Mammakarzinomen in Abhängigkeit vom Ki-67-Proliferationsindex
für Teilnehmerinnen des Mammografie-Screening-Programms (DJ 2014, 50–69-jährige Frauen,
Region Niedersachsen-Nordwest und Hannover).
|
Teilnehmerinnen[*]
|
Ki-67-Proliferationsindex
|
Total
|
p-Wert
(Vergleich Spalten A bis C)
|
|
hoch
(≥ 25 %) (A)
|
intermediär
(11–24 %) (B)
|
niedrig
(≤ 10 %) (C)
|
Ki-67
keine Angabe (D)
|
|
n
|
%
|
n
|
%
|
n
|
%
|
n
|
%
|
n
|
%
|
|
|
invasive Brustkrebsfälle (ICD-10 C50)
|
146
|
|
163
|
|
210
|
|
46
|
|
565
|
|
|
|
T-Stadium 1
|
73
|
51,4
|
103
|
64,0
|
164
|
78,8
|
26
|
60,5
|
366
|
66,1
|
< 0,0001
|
|
T-Stadium 2 +
|
69
|
48,6
|
58
|
36,0
|
44
|
21,2
|
17
|
39,5
|
188
|
33,9
|
|
|
keine Angabe
|
4
|
|
2
|
|
2
|
|
3
|
|
11
|
|
|
|
N-Stadium 0 (inkl. N1mi)
|
102
|
72,3
|
124
|
78,5
|
174
|
84,5
|
31
|
73,8
|
431
|
78,8
|
0,0230
|
|
N-Stadium 1 +
|
39
|
27,7
|
34
|
21,5
|
32
|
15,5
|
11
|
26,2
|
116
|
21,2
|
|
|
keine Angabe
|
5
|
|
5
|
|
4
|
|
4
|
|
18
|
|
|
|
M-Stadium 0
|
130
|
97,0
|
146
|
99,3
|
188
|
100,0
|
43
|
97,7
|
507
|
98,8
|
0,0316
|
|
M-Stadium 1
|
4
|
3,0
|
1
|
0,7
|
0
|
0,0
|
1
|
2,3
|
6
|
1,2
|
|
|
keine Angabe
|
12
|
|
16
|
|
22
|
|
2
|
|
52
|
|
|
|
Grading I
|
1
|
0,7
|
13
|
8,0
|
51
|
24,3
|
6
|
14,6
|
71
|
12,7
|
< 0,0001
|
|
Grading II
|
27
|
18,6
|
115
|
71,0
|
150
|
71,4
|
17
|
41,5
|
309
|
55,4
|
|
|
Grading III
|
117
|
80,7
|
34
|
21,0
|
9
|
4,3
|
18
|
43,9
|
178
|
31,9
|
|
|
keine Angabe
|
1
|
|
1
|
|
0
|
|
5
|
|
7
|
|
|
|
ER+ PR+
|
66
|
45,2
|
134
|
83,2
|
175
|
83,3
|
8
|
61,5
|
383
|
72,3
|
< 0,0001
|
|
ER+ PR-
|
19
|
13,0
|
20
|
12,4
|
30
|
14,3
|
3
|
23,1
|
72
|
13,6
|
|
|
ER- PR+
|
2
|
1,4
|
0
|
0,0
|
0
|
0,0
|
0
|
0,0
|
2
|
0,4
|
|
|
ER- PR-
|
59
|
40,4
|
7
|
4,3
|
5
|
2,4
|
2
|
15,4
|
73
|
13,8
|
|
|
keine Angabe
|
0
|
|
2
|
|
0
|
|
33
|
|
35
|
|
|
|
HER2-positiv
|
47
|
32,4
|
20
|
12,6
|
7
|
3,4
|
3
|
25,0
|
77
|
14,7
|
< 0,0001
|
|
HER2-negativ
|
98
|
67,6
|
139
|
87,4
|
200
|
96,6
|
9
|
75,0
|
446
|
85,3
|
|
|
keine Angabe
|
1
|
|
4
|
|
3
|
|
34
|
|
42
|
|
|
|
molekulare Subtypen
|
|
Luminal A
|
0
|
0,0
|
0
|
0,0
|
197
|
95,2
|
0
|
0,0
|
197
|
38,4
|
< 0,0001
|
|
Luminal A oder B[**]
|
0
|
0,0
|
137
|
86,2
|
0
|
0,0
|
0
|
0,0
|
137
|
26,7
|
|
|
Luminal B
|
86
|
59,3
|
15
|
9,4
|
6
|
2,9
|
1
|
50,0
|
108
|
21,1
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
(58)
|
|
(0)
|
|
(0)
|
|
(0)
|
|
(58)
|
|
|
|
|
(28)
|
|
(15)
|
|
(6)
|
|
(1)
|
|
(50)
|
|
|
|
HER2-positiv
|
19
|
13,1
|
5
|
3,1
|
1
|
0,5
|
1
|
50,0
|
26
|
5,1
|
|
|
triple-negativ
|
40
|
27,6
|
2
|
1,3
|
3
|
1,4
|
0
|
|
45
|
8,8
|
|
|
keine Angabe
|
1
|
|
4
|
|
3
|
|
44
|
|
52
|
|
|
* Die Gruppe der Teilnehmerinnen umfasst Screeningfälle und Intervallkarzinome 0–24
Mon. nach Screening.
** aufgrund intermediärem Ki-67 nicht der Kategorie Luminal A bzw. Luminal B zuordenbar.
Tab. 4
Tumorbiologische Eigenschaften von Mammakarzinomen in Abhängigkeit vom Ki-67-Proliferationsindex
für Nichtteilnehmerinnen des Mammografie-Screening-Programms (DJ 2014, 50–69-jährige
Frauen, Region Niedersachsen-Nordwest und Hannover).
|
Nichtteilnehmerinnen
|
Ki-67-Proliferationsindex
|
Total
|
p-Wert
(Vergleich Spalten A bis C)
|
|
hoch (≥ 25 %) (A)
|
intermediär
(11–24 %) (B)
|
niedrig
(≤ 10 %) (C)
|
Ki-67
keine Angabe (D)
|
|
n
|
%
|
n
|
%
|
n
|
%
|
n
|
%
|
n
|
%
|
|
|
invasive Brustkrebsfälle
(ICD-10 C50)
|
117
|
|
80
|
|
84
|
|
107
|
|
388
|
|
|
|
T-Stadium 1
|
27
|
28,7
|
34
|
47,9
|
53
|
69,7
|
45
|
53,6
|
159
|
48,9
|
< 0,0001
|
|
T-Stadium 2 +
|
67
|
71,3
|
37
|
52,1
|
23
|
30,3
|
39
|
46,4
|
166
|
51,1
|
|
|
keine Angabe
|
23
|
|
9
|
|
8
|
|
23
|
|
63
|
|
|
|
N-Stadium 0 (incl. N1mi)
|
56
|
61,5
|
37
|
56,1
|
56
|
76,7
|
53
|
67,9
|
202
|
65,6
|
0,0277
|
|
N-Stadium 1 +
|
35
|
38,5
|
29
|
43,9
|
17
|
23,3
|
25
|
32,1
|
106
|
34,4
|
|
|
keine Angabe
|
26
|
|
14
|
|
11
|
|
29
|
|
80
|
|
|
|
M-Stadium 0
|
69
|
84,1
|
47
|
85,5
|
61
|
93,8
|
62
|
86,1
|
239
|
87,2
|
0,1761
|
|
M-Stadium 1
|
13
|
15,9
|
8
|
14,5
|
4
|
6,2
|
10
|
13,9
|
35
|
12,8
|
|
|
keine Angabe
|
35
|
|
25
|
|
19
|
|
35
|
|
114
|
|
|
|
Grading I
|
1
|
0,9
|
3
|
3,8
|
23
|
28,0
|
13
|
15,5
|
40
|
11,0
|
< 0,0001
|
|
Grading II
|
26
|
22,2
|
63
|
79,7
|
54
|
65,9
|
42
|
50,0
|
185
|
51,1
|
|
|
Grading III
|
90
|
76,9
|
13
|
16,5
|
5
|
6,1
|
29
|
34,5
|
137
|
37,8
|
|
|
keine Angabe
|
0
|
|
1
|
|
2
|
|
23
|
|
26
|
|
|
|
ER+ PR+
|
51
|
44,0
|
63
|
81,8
|
74
|
88,1
|
6
|
42,9
|
194
|
66,7
|
< 0,0001
|
|
ER+ PR-
|
20
|
17,2
|
9
|
11,7
|
7
|
8,3
|
2
|
14,3
|
38
|
13,1
|
|
|
ER- PR+
|
0
|
0,0
|
0
|
0,0
|
0
|
0,0
|
0
|
0,0
|
0
|
0,0
|
|
|
ER- PR-
|
45
|
38,8
|
5
|
6,5
|
3
|
3,6
|
6
|
42,9
|
59
|
20,3
|
|
|
keine Angabe
|
1
|
|
3
|
|
0
|
|
93
|
|
97
|
|
|
|
HER2-positiv
|
37
|
32,2
|
12
|
15,8
|
4
|
4,9
|
6
|
42,9
|
59
|
20,6
|
< 0,0001
|
|
HER2-negativ
|
78
|
67,8
|
64
|
84,2
|
78
|
95,1
|
8
|
57,1
|
228
|
79,4
|
|
|
keine Angabe
|
2
|
|
4
|
|
2
|
|
93
|
|
101
|
|
|
|
molekulare Subtypen
|
|
Luminal A
|
0
|
0,0
|
0
|
0,0
|
75
|
91,5
|
0
|
0,0
|
75
|
26,7
|
< 0,0001
|
|
Luminal A oder B[*]
|
0
|
0,0
|
62
|
81,6
|
0
|
0,0
|
0
|
0,0
|
62
|
22,1
|
|
|
Luminal B
|
70
|
60,9
|
9
|
11,8
|
4
|
4,9
|
3
|
37,5
|
86
|
30,6
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
(50)
|
|
(0)
|
|
(0)
|
|
(0)
|
|
(50)
|
|
|
|
|
(20)
|
|
(9)
|
|
(4)
|
|
(3)
|
|
(36)
|
|
|
|
HER2-positiv
|
17
|
14,8
|
3
|
3,9
|
0
|
0,0
|
2
|
25,0
|
22
|
7,8
|
|
|
triple-negativ
|
28
|
24,3
|
2
|
2,6
|
3
|
3,7
|
3
|
37,5
|
36
|
12,8
|
|
|
keine Angabe
|
2
|
|
4
|
|
2
|
|
99
|
|
107
|
|
|
* aufgrund intermediärem Ki-67 nicht der Kategorie Luminal A bzw. Luminal B zuordenbar.
Die Ergebnisse zeigen mit zunehmender Ki-67-Positivität eine zunehmend ungünstigere
Verteilung der Prognosefaktoren. In der Gruppe der Teilnehmerinnen ist der Zusammenhang
zwischen Ki-67 und T-Stadien (Ki-67 niedrig: T1 = 78,8 % vs. Ki-67 hoch: T1 = 51,4 %;
p < 0,0001) noch etwas ausgeprägter als für N-Stadien (Ki-67 niedrig: N0 = 84,5 %
vs. Ki-67 hoch: N0 = 72,3 %; p = 0,0230) und M-Stadien (Ki-67 niedrig: M0 = 100 %
vs. Ki-67 hoch: M0 = 97 %; p = 0,0316). Dieser Zusammenhang zeigt sich auch in der
Gruppe der Nichtteilnehmerinnen in vergleichbarer Größenordnung; lediglich bei den
M-Stadien ist der Zusammenhang hier weniger ausgeprägt (p = 0,1761).
Eine besonders starke Assoziation besteht zwischen Ki-67 und der Gradingverteilung
(p = 0,0001). Für Teilnehmerinnen geht eine hohe Ki-67-Positivität von ≥ 25 % in 80,7 %
der Fälle mit schnell wachsenden, undifferenzierten Tumoren (Grading III) einher.
Bei einer niedrigen Ki-67-Positivität von ≤ 10 % weisen dagegen nur 4,3 % der Tumore
ein Grading III auf. Die Ergebnisse für Nichtteilnehmerinnen weichen nur geringfügig
von denen der Teilnehmerinnen ab.
Sensitivitätsanalyse
Es ist bekannt, dass mit dem Screening ein Stadienshift einhergeht. Insbesondere die
Diagnose von langsam wachsenden, biologisch weniger aggressiven Karzinomen wird durch
das Screening zeitlich vorverlegt. Unter der Annahme, dass diese prognostisch günstigen
Tumore in allen Altersklassen der Teilnehmerinnen vorverlegt werden (aus der Altersklasse
über 70 in die Screening-Altersklasse 65–69 Jahre; 65–69 → 60–64; 60–64 → 55–59; 55–59
→ 50–54), ist abzuleiten, dass es durch die Vorverlegung der Diagnose in der jüngsten
Altersklasse der 50–54-Jährigen zu mehr Tumoren mit prognostisch günstigen Eigenschaften
kommen kann, wodurch das Gesamtergebnis verzerrt werden kann.
Eine weitere Verzerrung ist in der Gruppe der Nichtteilnehmerinnen möglich. In dieser
sind vermehrt Patientinnen mit stark erhöhtem Brustkrebsrisiko zu vermuten, die genetisch
bedingt ein jüngeres Erkrankungsalter aufweisen. Es ist anzunehmen, dass sie dadurch
häufiger in der jüngsten Altersklasse der 50–54-Jährigen vertreten sind.
In einer Sensitivitätsanalyse haben wir daher geprüft, ob der von uns in [Tab. 2] beschriebene Effekt einer günstigeren Verteilung der molekularen Subtypen bei Teilnehmerinnen
im Vergleich zu Nichtteilnehmerinnen auch dann erhalten bleibt, wenn wir die jüngste
Altersklasse der 50–54-Jährigen aus der Untersuchung ausschließen. Ergebnis dieser
Sensitivitätsanalyse ist, dass sich für die verbleibende Altersklasse der 55–69-Jährigen
nach wie vor eine günstigere Verteilung der molekularen Subtypen für die Gruppe der
Teilnehmerinnen zeigt (p = 0,0065) – der Anteil von Luminal-A-Karzinomen liegt hier
12,1 Prozentpunkte über dem der Nichtteilnehmerinnen (37,0 vs. 24,9 %; siehe [Tab. 5]).
Tab. 5
Sensitivitätsanalyse – Verteilung der molekularen Subtypen für Teilnehmerinnen und
Nichtteilnehmerinnen nach Ausschluss der jüngsten Altersklasse der 50–54-jährigen
Frauen.
|
Sensitivitätsanalyse
|
nur 55–69-jährige Frauen
|
p-Wert
|
|
Teilnehmerinnen (TN)
|
Nicht-TN
|
Total
|
|
n
|
%
|
n
|
%
|
n
|
%
|
|
|
molekulare Subtypen
|
|
Luminal A
|
148
|
37,0
|
46
|
24,9
|
194
|
33,2
|
0,0065
|
|
Luminal A oder B[*]
|
106
|
26,5
|
42
|
22,7
|
148
|
25,3
|
|
|
Luminal B
|
90
|
22,5
|
60
|
32,4
|
150
|
25,6
|
|
|
HER2-positiv
|
22
|
5,5
|
13
|
7,0
|
35
|
6,0
|
|
|
triple-negativ
|
34
|
8,5
|
24
|
13,0
|
58
|
9,9
|
|
|
keine Angabe
|
37
|
|
81
|
|
118
|
|
|
* aufgrund intermediärem Ki-67 nicht der Kategorie Luminal A bzw. Luminal B zuordenbar.
Diskussion
Bei der Studie handelt es sich um eine retrospektive Analyse von Krebsregisterdaten
zu tumorbiologischen Eigenschaften von Mammakarzinomen bei Frauen nach vollständiger
Implementierung des Mammografie-Screening-Programms in Niedersachsen.
Erstmals erfolgt dabei ein bevölkerungsbezogener Vergleich von Brustkrebs-Charakteristika
zwischen Screening-Teilnehmerinnen und -Nichtteilnehmerinnen unter Berücksichtigung
des Proliferationsmarkers Ki-67. Auch unter Einbeziehung der prognostisch ungünstigeren
Intervallkarzinome, die mit 131 von 565 invasiven Tumoren 23,2 % der Tumore der Teilnehmerinnen
ausmachen, zeigen die Ergebnisse bei Teilnehmerinnen eine günstigere Verteilung der
klassischen Prognosefaktoren und der intrinsischen Subtypen sowie niedrigere Werte
von Ki-67 im Vergleich zu Nichtteilnehmerinnen. Intervallkarzinome sind in Bezug auf
Tumorcharakteristika eher mit Tumoren von Nichtteilnehmerinnen vergleichbar. Um einen
verzerrenden Effekt durch eventuelle Überdiagnosen im Screening zu minimieren, die
vor allem unter niedriggradigen In-situ-Karzinomen zu erwarten sind [14], beziehen sich die Ergebnisse zu den tumorbiologischen Eigenschaften in dieser Studie
auf invasive Tumore.
Klassische Prognosefaktoren
Prognostische Faktoren wie Tumorgröße, Nodalstatus, Grading, Hormon-Rezeptor- und
HER2-Status gelten als wichtige Faktoren zur Entscheidung über die Notwendigkeit und
Art der adjuvanten Therapie des Mammakarzinoms [7]
[13].
Erwartungsgemäß liegen in unserer Auswertung der invasiven Karzinome bei den Teilnehmerinnen
günstigere TNM-Stadien als bei Nichtteilnehmerinnen vor, mit einem höheren Anteil
von kleinen Karzinomen (T1: 66,1 vs. 48,9 %) und Karzinomen ohne Lymphknotenbefall
(N0: 78,8 vs. 65,6 %). Vergleichbare Ergebnisse finden sich auch in anderen nationalen
und internationalen Studien [6]
[15]
[16]
[17]; für Screeningfälle liegen sie im Rahmen der Empfehlungen der europäischen Leitlinien
für Folgeuntersuchungen [2].
Die Tumorgröße korreliert dabei mit der Wahrscheinlichkeit für einen Lymphknotenbefall,
gilt aber auch als unabhängiger Prognosefaktor mit einem Anstieg der Rezidivrate bei
zunehmender Tumorgröße [15]
[18]. Eine exzellente Prognose für nodal-negative Hormon-Rezeptor-positive Tumore kleiner
1 cm wurde beobachtet [19]. Vorangegangene Studien konnten bereits einen signifikanten Unterschied der Tumorstadien-Verteilung
zwischen innerhalb und außerhalb des Screenings detektierten Karzinomen zeigen, mit
günstigerer Tumorstadien-Verteilung bei den Screening-Fällen [5]
[20].
Das histologische Grading beeinflusst sowohl das therapeutische Prozedere als auch
das weitere Outcome [18]. Unsere Ergebnisse zeigen nur einen geringen Unterschied der Gradingverteilung zwischen
Teilnehmerinnen und Nichtteilnehmerinnen; dies ist auf die ungünstige Differenzierung
bei den Intervallkarzinomen mit einem hohen Anteil von Grading-III-Tumoren zurückzuführen.
Damit weichen die vorliegenden Ergebnisse von denen einer retrospektiven Fallserie
aus Nordrhein-Westfalen (NRW) ab [6], was damit begründet werden kann, dass das vorliegende Studienkollektiv bevölkerungsbezogen
ist, wogegen sich das Studienkollektiv in NRW auf 2 Brustzentren bezieht. Darüber
hinaus können interinstitutionelle Klassifikationsunterschiede der Pathologien zu
Abweichungen führen [21].
Intrinsische Subtypen
Beim frühen Mammakarzinom haben die molekularen Subtypen einen hohen Stellenwert bezüglich
der Frage, ob eine adjuvante Chemotherapie durchgeführt werden soll. Ziel der Therapie-Entscheidung
ist es, eine Über- oder Untertherapie zu vermeiden [8]
[22].
Für den Luminal-A-Subtyp, der einen niedrigen Ki-67-Index (< = 10 %) aufweist, zeigen
sich in der vorliegenden Studie deutliche Unterschiede zwischen Teilnehmerinnen und
Nichtteilnehmerinnen (38,4 vs. 26,7 %). Nach den aktuellen Empfehlungen der S3-Leitlinie
kann für Luminal-A-Tumoren überwiegend auf eine Chemotherapie verzichtet werden [7]. In der Annahme einer leitliniengerechten Therapie dürfte die Gesamtgruppe der Teilnehmerinnen
(inklusive der Intervallkarzinome) somit deutlich häufiger eine schonendere Therapie
erfahren haben als die Nichtteilnehmerinnen. Der Unterschied von 11,7 Prozentpunkten
zwischen diesen beiden Studiengruppen bestätigt die Ergebnisse der Studie aus NRW,
bei der der Unterschied zwischen Teilnehmerinnen und Nichtteilnehmerinnen in Bezug
auf das Vorliegen einer Indikation für eine (neo-)adjuvante Chemotherapie 10,8 Prozentpunkte
betrug [6]. Für Luminal-A-Tumoren mit hoher Hormon-Rezeptor-Positivität (PR > 20 %) und niedrigem
Ki-67-Index (< 20 %) konnten im Vergleich zu Luminal-B-Tumoren ein niedrigeres Tumor-Stadium
und ein längeres krankheitsfreies Überleben beobachtet werden [23].
Auch der mit den EKN-Daten nicht weiter differenzierbare Subtyp Luminal A oder B (Ki-67-Index
11–24 %) ist bei Teilnehmerinnen häufiger vertreten als bei Nichtteilnehmerinnen (26,7
vs. 22,1 %). Für diese Tumoren wären zur eindeutigen Klassifizierung weitere klinisch-pathologische
Parameter, wie Tumorgröße, Grading, Anzahl befallender Lymphknoten oder Ergebnisse
von Genexpressions-Analysen heranzuziehen [12]
[13]. Insbesondere für das letztgenannte Merkmal liegen im EKN keine routinemäßig auswertbaren
Daten vor. Für eine grobe Abschätzung der Verteilung dieser Tumoren auf die Subtypen
Luminal A oder Luminal B wurde eine Unterauswertung der Kategorie Luminal A oder B
durchgeführt (nicht dargestellt): Für diese Kategorie zeigte sich, dass die Häufigkeit
von Tumoren mit ungünstigem T-Stadium (T3 +) oder Grading (III) bei Teilnehmerinnen
etwas geringer ist, verglichen mit Nichtteilnehmerinnen (20,4 vs. 27,4 %). Daraus
lässt sich schließen, dass in der vorher diskutierten Kategorie Luminal A der Unterschied
zwischen Teilnehmerinnen und Nichtteilnehmerinnen noch unterschätzt wird.
In der vorliegenden Studie war die Subtypen-Verteilung bei den Intervallkarzinomen
weitgehend mit der Verteilung bei Tumoren der Nichtteilnehmerinnen vergleichbar.
Proliferationsmarker Ki-67
Es besteht eine deutliche Assoziation zwischen Ki-67 und den klassischen Prognosefaktoren.
Nach unserer Kenntnis zeigt die vorliegende Auswertung erstmals auf, dass diese Assoziation
in gleichem Ausmaß sowohl bei Teilnehmerinnen als auch bei Nichtteilnehmerinnen des
Screenings zu beobachten ist ([Tab. 3], [4]). Besonders ausgeprägt ist der Zusammenhang zwischen der Höhe von Ki-67 und der
Gradingverteilung (jeweils p < 0,0001): Sowohl Teilnehmerinnen als auch Nichtteilnehmerinnen
weisen bei einer hohen Ki-67-Expression (≥ 25 %) einen hohen Anteil von Grading-III-Tumoren
auf (80,7 bzw. 76,9 %). Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Ki-67 ein Prognosefaktor
ist, der jedoch nicht unabhängig ist.
Beide Parameter geben Aufschluss über die Wachstumsgeschwindigkeit von Tumorzellen:
Das Antigen Ki-67 wird nur während der aktiven Phasen des Zellzyklus gebildet und
nachgewiesen, während es bei ruhenden Zellen (G0-Phase) nicht exprimiert wird [24]. Das histologische Grading bewertet den Differenzierungsgrad von Tumorzellen anhand
des Wachstumsmusters, der Kern-Pleomorphie und der Mitosehäufigkeit. Die Mitosezahl
beeinflusst dabei vorrangig den prognostischen Wert des Gradings und ist vor allem
bei den schlecht differenzierten (G3)-Tumoren erhöht [25].
Entsprechend zeigen unsere Daten auch einen Zusammenhang zwischen Ki-67 und der Tumorgröße
(p < 0,0001) mit höherem Anteil von hochproliferierenden zu niedrigproliferierenden
Tumoren im Tumorstadium T2 +, sowohl bei Teilnehmerinnen als auch bei Nichtteilnehmerinnen.
Bemerkenswert ist allerdings, dass in der Kategorie T2 + bei den Teilnehmerinnen das
Verhältnis der absoluten Fallzahlen der hochproliferierenden zu niedrigproliferierenden
Tumoren bei 1:0,64 liegt (n = 69 zu 44). Davon weicht das Verhältnis bei Nichtteilnehmerinnen
mit 1:0,34 (n = 67 zu 23) deutlich ab ([Tab. 3], [4]). Teilnehmerinnen scheinen somit auch bei größeren Tumoren häufiger einen niedrigeren
Ki-67-Proliferationsindex aufzuweisen als Nichtteilnehmerinnen. Dieses Ergebnis passt
zu der Annahme, dass große, jedoch langsam wachsende Tumoren seltener klinisch auffällig
werden und daher eher im Screening detektiert werden dürften als große hochproliferative
Tumore. Letztere dürften aufgrund des schnelleren Wachstums eher mit klinischen Veränderungen
einhergehen und bevorzugt außerhalb des Screenings in Erscheinung treten.
Ähnliche Effekte sind auch für die Kategorie N1 + zu beobachten. Eine modellierte
Analyse könnte hier weitere Aufschlüsse geben.
Mehrere Studien zeigten vergleichbare Zusammenhänge zwischen Ki-67 und weiteren Prognosefaktoren
[10]
[26]
[27]
[28] oder untersuchten die prognostische Wertigkeit von Ki-67 [10]
[11]
[29]. Eine multizentrische Auswertung von Krebsregisterdaten durch Inwald et al. ergab
dabei eine Assoziation zwischen der Expression von Ki-67 und weiteren klinischen und
histopathologischen Parametern, ebenfalls vor allem zwischen Ki-67 und der Gradingverteilung
[10]. Darüber hinaus erwies sich Ki-67 als unabhängiger prognostischer Faktor für das
erkrankungsfreie Überleben und das Gesamtüberleben mit einem signifikanten Rückgang
beider Parameter ab einem Ki-67-Index von > 25 %.
Im Hinblick auf einen klinischen Nutzen von Ki-67 zur Therapie-Entscheidung befürwortet
die Konsensus-Empfehlung einer internationalen Arbeitsgruppe zu Ki-67 aus 2019 die
Ki-67-Testung bei frühem ER-positiven/HER2-negativen Mammakarzinom mit dem Hinweis,
bei einem Ki-67-Index < 5 % auf eine adjuvante Chemotherapie zu verzichten bzw. diese
ab einem Ki-67-Index von > 30 % durchzuführen. Im intermediären Bereich dagegen wird
die Inter-Observer-Konkordanz für die Ki-67-Bestimmung als nicht ausreichend erachtet
[30]. In ihrer Stellungnahme zu den aktuellen St.-Gallen-Konsensus-Empfehlungen rät eine
deutsche Expertengruppe für oben genannte Tumoren mit intermediärem Ki-67 zwischen
10 und 25 %, weitere Kriterien zur Risikoabschätzung heranzuziehen [12]. Diese Einteilung der „Cut points“ ist nahezu deckungsgleich mit der Festlegung
des intermediären Bereichs von Ki-67 in der vorliegenden Studie.
Ein abschließender Blick auf die Untergruppe der Intervallkarzinome ([Tab. 2]) zeigt, dass der Anteil hochproliferierender Tumoren (Ki-67-Index ≥ 25 %) 2-fach
höher ist als bei Screening-Fällen (46,4 zu 23,1 %) und über dem der Nichtteilnehmerinnen
(41,6 %) liegt. Vergleichsdaten zur Verteilung von Ki-67 bei Intervallkarzinomen gibt
es bisher nur vereinzelt. In einer 2020 veröffentlichten Arbeit von Cabioglu war der
Anteil mit hoher Ki-67-Expression (≥ 20 %) bei den Intervallkarzinomen ebenfalls fast
doppelt so hoch wie bei im Screening detektierten Tumoren [31].
Ursächlich dafür kann eine unterschiedliche Häufung von Phänotypen sein, mit einem
höheren Anteil von schnell wachsenden und daher klinisch auffällig gewordenen triple-negativen
und HER2-positiven Subtypen im Intervall [32]
[33]. Dementsprechend konnte in der Studie von Alanko et al (2021) in Intervallkarzinomen
beider Subtypen histologisch ein hohes Grading mit überwiegendem Grading III nachgewiesen
werden; auch lagen höhere Ki-67-Index-Mediane als bei luminalen Tumoren vor [34].
Stärken und Limitationen
Eine Stärke der vorliegenden Untersuchung ist die hohe Vollzähligkeit der Daten des
EKN, die mit über 95 % aller erwarteten Mammakarzinome fast einer Vollerhebung entspricht.
Die Bezugsbevölkerung umfasst ca. 25 % aller anspruchsberechtigten 50–69-jährigen
Frauen des MSP in Niedersachsen; es ist daher davon auszugehen, dass die Ergebnisse
repräsentativ für Niedersachsen sind. Positiv ist außerdem die bereits seit 2005 im
EKN etablierte bevölkerungsbezogene Erfassung von Intervallkarzinomen zu bewerten
[35]. Damit können diese im Vergleich zu Screening-Fällen prognostisch ungünstigeren
Intervallkarzinome in die Gruppe der Screening-Teilnehmerinnen einbezogen werden.
Eine weitere Stärke ist die hohe Vollständigkeit der erfassten Merkmale im EKN. So
liegen die Angaben zu Ki-67 in 84 % der Fälle für das untersuchte Diagnosejahr 2014
vor (Teilnehmerinnen: 92 %; Nichtteilnehmerinnen: 72 %). Wie auch in der oben genannten
Studie von Inwald et al. (78 % vollständige Ki-67-Angaben, [10]) unterstreicht die hohe Vollständigkeit der Daten den Stellenwert von Ki-67 in der
klinischen Routine, obwohl die Hinzunahme von Ki-67 zu den konventionellen Prognosefaktoren
nicht uneingeschränkt empfohlen wird [7].
Die Ausprägung ‚keine Angabe‘ ist zwischen den Untersuchungsgruppen zum Teil ungleich
verteilt, für die Altersgruppe 50–69 Jahre ist eine Verzerrung der Ergebnisse für
die meisten Parameter nicht anzunehmen. Fälle mit fehlenden Angaben wurden aus den
jeweiligen Analysen ausgeschlossen; im Sinne der Transparenz sind sie jedoch als Fallzahl
in den Tabellen mit ausgewiesen. Bei Ki-67 kann der Ausschluss dieser Fälle mit einer
leichten Verzerrung der Ergebnisse in Richtung einer Unterschätzung der Häufigkeit
von triple-negativen und HER2-positiven Karzinomen einhergehen, da Ki-67 bei diesen
Subtypen z. T. nicht bestimmt wird. In den S3-Leitlinien heißt es dazu: „Triple-negative und HER2-positive Karzinome werden in der Regel neoadjuvant behandelt.
In dieser Situation ist der Ki-67-Wert nicht mehr unbedingt relevant.“ ([7], S. 130). Die Angaben zur neoadjuvanten Behandlung standen für diese Auswertung leider nicht
zur Verfügung. In der Studie von Braun et al. lag der Anteil neoadjuvant behandelter
Mammakarzinome bei 3,7 % für Teilnehmerinnen und bei 7,5 % für Nichtteilnehmerinnen
[6].
Diese Studie wurde als retrospektive Beobachtungsstudie anhand von Routinedaten durchgeführt.
Als mögliche Verzerrung ist ein Healthy Screen Participation Bias anzuführen – dieser
besagt, dass gesündere Frauen mit einem geringeren Mortalitätsrisiko eher am Screening
teilnehmen [36]
[37]. So konnten Czwikla et al. (2019) anhand von Routinedaten der BARMER aufzeigen,
dass sich Teilnahme-Barrieren insbesondere bei schweren, das tägliche Leben stark
beeinträchtigenden Erkrankungen andeuten [37]. Weniger schwere Erkrankungen könnten hingegen zu einer erhöhten Sorge um die eigene
Gesundheit und einer erhöhten Motivation für eine MSP-Teilnahme führen.
Auch das individuelle Risikoprofil kann den Screening-Status beeinflussen: Frauen
mit stark erhöhtem Risiko für Brustkrebs (zum Beispiel BRCA1/2-Trägerinnen) wird empfohlen,
sich in spezialisierten Zentren des Deutschen Konsortiums für familiären Brust- und
Eierstockkrebs engmaschig präventiv betreuen zu lassen. Bei Auftreten eines Mammakarzinoms
befinden sich diese Hochrisiko-Patientinnen dann vermehrt in der Gruppe der Nichtteilnehmerinnen.
Eine gewisse Überschätzung der Unterschiede ist daher nicht auszuschließen. Anhand
der EKN-Daten sind diese Hochrisiko-Patientinnen nicht zu ermitteln. Allgemein wird
der Anteil von genetisch bedingtem Brustkrebs auf 5–10 % aller Brustkrebserkrankungen
geschätzt [38].
Frauen mit moderater Risikoerhöhung empfiehlt die „Strahlenschutzkommission (SSK)
-Orientierungshilfe für bildgebende Verfahren“ [39] – dagegen die Teilnahme am Mammografie-Screening-Programm – zusammen mit ergänzenden
Verfahren nach Nutzen-Risiko-Analyse. In der Praxis zeigt sich, dass Risikofrauen,
denen eine jährliche Mammografie empfohlen wird, diese häufig im Wechsel wahrnehmen:
ein Jahr kurativ, im nächsten Jahr Screening-Teilnahme. Dies bestätigen auch die Daten
einer EKN-Befragung zum Diagnoseanlass von Brustkrebs bei niedersächsischen Brustkrebspatientinnen
des Diagnosejahres 2008 [40], die wir zu dieser Fragestellung noch einmal neu ausgewertet haben (unveröffentlichtes
Ergebnis). Von den 1917 Teilnehmerinnen dieser Studie beschrieben 17,5 % (n = 335)
aller Patientinnen ein erhöhtes Brustkrebsrisiko (definiert als früherer eigener Brustkrebs
oder Brustkrebs bei Verwandten 1. Grades). Von diesen 335 Risiko-Patientinnen gaben
44 % (n = 148 von 335) an, dass ihre Erkrankung im organisierten Screening befundet
wurde. Nur geringfügig darüber lag mit 48 % (n = 160) der Anteil von Risiko-Patientinnen,
deren Brustkrebs erstmals in der ambulanten oder stationären Versorgung befundet wurde;
für 8 % (n = 27) war der Diagnoseanlass nicht eindeutig zuordenbar. Sollten Risikofrauen
im jährlichen Wechsel eine Screening- und eine kurative Mammografie durchführen lassen,
zählen sie zudem bei Auftreten eines Intervallkarzinoms innerhalb von 24 Monaten nach
einer unauffälligen Screening-Untersuchung immer zu den Teilnehmerinnen, obwohl die
Diagnose in der kurativen Versorgung stattfand. In unserer Studie wirkt dies einer
Überschätzung der Unterschiede zwischen den Untersuchungsgruppen in einem gewissen
Ausmaß entgegen.
Weitere Verzerrungen sind in der Gruppe der Screening-Teilnehmerinnen möglich durch
die Vorverlegung der Diagnose, insbesondere von langsam wachsenden Karzinomen, sowie
in der Gruppe der Nichtteilnehmerinnen – aufgrund des genetisch bedingten jüngeren
Erkrankungsalters der Hochrisiko-Patientinnen. So zeigt sich auch in unseren Daten
ein jüngeres mittleres Erkrankungsalter der Nichtteilnehmerinnen (59,1 Jahre) im Vergleich
zu den Teilnehmerinnen (60,3 Jahre). Da in beiden Untersuchungsgruppen die jüngste
Altersgruppe der 50–54-Jährigen von der jeweiligen Verzerrung besonders betroffen
sein müsste, haben wir in einer Sensitivitätsanalyse geprüft, inwieweit der Ausschluss
dieser Altersklasse die Ergebnisse verändert. Die Sensitivitätsanalyse zeigt, dass
die günstigere Verteilung der molekularen Subgruppen bei Teilnehmerinnen im Vergleich
zu Nichtteilnehmerinnen auch bei alleiniger Betrachtung der 55–69-Jährigen bestehen
bleibt.