Phlebologie 2022; 51(02): 109
DOI: 10.1055/a-1773-6062
Gesellschaftsnachrichten
Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie

Lymph-Letter

Anya Miller
 

    „An den Venen liegt es nicht, gehen Sie zum Lymphologen“, sagt der Phlebologe zum Patienten, der ihm zur Abklärung des Ödems vorgestellt wurde.

    Wo das Problem für viele Phlebologen endet, beginnt es für den Patienten. Wie sollte er einen Lymphologen finden? Die Zusatzbezeichnung wurde auf dem Ärztetag abgelehnt. Auch die Phlebologie stand dort zur Disposition. Es gibt also gar keine Ärzte, die sich offiziell Lymphologen nennen dürfen. Der Blick in die Weiterbildungsordnung für die Phlebologie offenbart, dass die ödematöse Extremität eigentlich einem versierten Kollegen/einer versierten Kollegin vorgestellt wurde. Wer die Zusatzbezeichnung Phlebologie hat, sollte auch Kenntnisse vom Lymphgefäßsystem haben und Lymphödeme behandeln können. Beide Transportsysteme sind sich nicht nur anatomisch sehr nahe, sie leiten beide Flüssigkeiten zurück zum Herzen. In der Passage der Lymphknoten wird die Lymphe konzentriert und Flüssigkeit den Venen zugeleitet. Entzündungen, Operationen und primäre Störungen können Venen wie Lymphbahnen betreffen, und eine unzureichend behandelte chronische venöse Insuffizienz kann ein Lymphödem auslösen.

    Wirtschaftliche Zwänge erfordern hocheffiziente und möglichst kurze Patientenkontakte, die den Gedanken an Differenzialdiagnosen kaum zulassen. Die operative oder laserchirurgische Behandlung ist lukrativer als Ödem-Diagnostik und Therapiebegleitung von Patienten mit Lymphödemen. Aber rechtfertigt das, den Patienten nur als Person mit Vene zu sehen? Varikose, Thrombose oder PTS sind mögliche Ursachen von Ödem-Krankheiten, die Fülle an weiteren Auslösern sollten wir zumindest in Erwägung ziehen. Die Behandlung von Lymphödemen ist mitunter aufwendig und erfordert die Zusammenarbeit mit Physiotherapeuten/Lymphtherapeuten und Sanitätshäusern. Bei guter Mitarbeit des Patienten sind große Erfolge zu erzielen, die allen helfen.

    Statt den Patienten abzuweisen, sollten wir die unserer Berufswahl und unserer Fachkompetenz entsprechende Verantwortung übernehmen, den Blick über den Tellerrand wagen und die Qualität der Behandlung von Lymphödemen verbessern. Zu gewinnen sind dankbare Patienten und eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Medizin, die den ganzen Menschen betrachtet.

    Anya Miller


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    Publikationsverlauf

    Artikel online veröffentlicht:
    13. April 2022

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