Herr Djafari, Sie bearbeiten in Ihrer beruflichen Funktion auch den Bereich Gebäudetechnik,
der viele Schnittstellen zum Thema Nachhaltigkeit aufweist. Könnten Sie uns einige
nennen?
Soheil Alexander Djafari: Die Gebäudetechnik kann in verschiedenen Bereichen dazu
beitragen, dass Gebäude smart, effizient und nachhaltig werden. Über die Gebäudeautomation
lassen sich Krankenhäuser energieeffizient und ressourcenschonend betrieben. Dabei
ist eine ganzheitliche Betrachtung des Bedarfs und Verbrauchs wichtig. So wird häufig
mehr verbraucht, als es eigentlich bedarf. Gebäudetechnische Anlagen überwachen und
optimieren den Betrieb kontinuierlich. Der resiliente Betrieb steht dabei im Fokus:
Eine vorausschauende Instandhaltung beispielsweise trägt dazu bei, dass mögliche Störungen
und Ausfälle im Vorfeld behoben werden.
Digitale Anwendungen und Services spielen bei der optimalen Betriebsführung zum Beispiel
durch die Analyse der Arbeitsabläufe eine zentrale Rolle. Mithilfe von Sensoren in
Kombination mit einer IoT-Plattform (Internet of Things) erfolgen datenbasierte Analysen,
woraus sich geeignete Maßnahmen ableiten lassen. So können ungenutzte oder zu wenig
genutzte Räume oder zu lange Laufwege bei der Beschaffung von medizinischem Equipment
entdeckt und optimiert werden. Mit Blick auf die Energiekosten macht die intelligente
Nutzung von Daten bis zu 25 Prozent Einsparungen möglich. So reduzieren sich die Betriebskosten
im Sinne eines nachhaltigen und verantwortungsvollen Umgangs mit unseren Ressourcen.
Gebäudebetreibern stehen mithilfe der Gebäudedatenanalyse alle Verbrauchsdaten einfach
und transparent zur Verfügung: Diese können für notwendige Energieeffizienz-Nachweise
genutzt werden, lassen aber auch Benchmarking zwischen mehreren Häusern zu.
Arbeiten Sie mit dem Geschäftsbereich Nachhaltigkeit bei Siemens Healthineers zusammen?
Wird eine mögliche Kombination dieser beiden Bereiche auch Kundinnen und Kunden angeboten?
Ja, selbstverständlich. Wir möchten unseren Kunden die für sie beste Lösung bieten
– und dabei ergänzen sich die Portfolios der beiden Siemens-Unternehmen perfekt. Nehmen
wir an: Ein Krankenhausbetreiber möchte, dass sein Krankenhaus nachhaltiger, ressourcenschonender,
effizienter wird und strebt damit einhergehend eine Zertifizierung des Gebäudes an.
Dann könnte eine Kombination aus unserem Angebot, ein gemeinsamer Ansatz wie folgt
aussehen: Siemens Smart Infrastructure unterstützt beratend und realisiert die Modernisierung
der Infrastruktur des Gebäudes, des Campus: von Optimierungsmaßnahmen bei einzelnen
Verbrauchern, über Energieerzeugungsanlagen, bis hin zur Speicherung von Energie.
Diese Optimierungsmaßnahmen haben den direkten und langfristigen Effekt Energie und
Energiekosten einzusparen.
Wir von Siemens ermöglichen unseren Kunden so beispielsweise monetäre Einsparungen
sowohl in die Gebäudetechnik als auch in hocheffiziente Medizintechnik zu investieren.
Dies schafft die Möglichkeit eine Art Kreislauf für eine sinnvolle und nachhaltige
Modernisierung zu etablieren.
Sie beraten Kundinnen und Kunden aus dem Gesundheitswesen etwa zu Fragen gebäudetechnischer
Ausstattung und Umbauten. Was sind die wichtigsten Empfehlungen, die Sie Akteurinnen
und Akteuren etwa aus dem Krankenhauswesen geben, die ihre Häuser nachhaltiger gestalten
wollen?
Das Wichtigste ist, zuallererst Transparenz zu schaffen: Wie ist der Status Quo in
dem Gebäude? Wir schauen uns das Gebäude an und welche gebäudetechnischen Anlagen
es dort bereits gibt. Wie ist der Energieverbrauch aktuell? Ohne diese Transparenz
kann kein klarer Weg zum Ziel definiert werden. Das Ziel ist dabei, den eigenen Energieverbrauch
zu senken und die Energiezufuhr dezentral zu dekarbonisieren. Daten sind dabei das
A und O: Die Daten, die wir aus unseren Gebäuden sammeln, sind der wichtigste Aspekt
für kontinuierliche Optimierungen und Effizienzsteigerungen. Dabei reichen natürlich
nicht nur die rohen Daten – sondern es gilt, sie mit Algorithmen auszuwerten, zu visualisieren
und daraus entsprechende Rückschlüsse zu ziehen, um geeignete Maßnahmen daraus zu
entwickeln.
Moderne Gebäudetechnik zu implementieren ist mit Kosten verbunden. Mit welchem finanziellen
Aufwand muss man bei solchen Umbauten in etwa rechnen?
Das lässt sich leider nie pauschal beantworten. Das hängt stark von der vorhandenen
Infrastruktur und dem Bestand des Gebäudes ab. Wir bieten mit unserem Partner, der
Siemens Financial Services, auch verschiedene Finanzierungsmodelle, wie zum Beispiel
„X as a Service“-Verträge an.
Auf welche Siegel würden Sie Ihrer Erfahrung nach setzen?
Da gibt es natürlich einige und unterschiedliche auf dem Markt, wie beispielsweise
das BUND-Gütesiegel für das energiesparende Krankenhaus. Die Auswahl, die Bewerbung
um ein Siegel richtet sich unserer Meinung nach auch nach der individuellen Strategie
des Kunden und ist von Fall zu Fall zu entscheiden. Die Verwendung von Gütesiegeln
kann jedenfalls dazu beitragen, Transparenz zu schaffen.
Sie betreuen im Siemenszweig Smart Infrastructure auch das Thema „Smart Hospital“.
Könnten Sie uns dieses Konzept näher beschreiben?
Die Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen steigt mit der wachsenden Weltbevölkerung,
ebenso wie die Kosten, die Regulierung und die Erwartungen der Patienten. Personal-
und Ressourcenknappheit zwingen Krankenhäuser dazu, nach neuen Wegen zu suchen, um
die Effizienz und Flexibilität zu steigern. Gleichzeitig soll die Versorgungsqualität
und das Wohl der Patienten verbessert werden, um die Zufriedenheit zu steigern und
den Genesungsprozess zu unterstützen sowie zu beschleunigen.
Die digitale Transformation hat auf Immobilien und das jeweilige Kerngeschäft zunehmend
großen Einfluss. Gerade in kritischen und sensiblen Infrastrukturen wie im Krankenhausumfeld
können innovative Technologien einen wertvollen Beitrag leisten. So können beispielsweise
Behandlungsprozesse beschleunigt werden und im Regelbetrieb kann schneller auf Notfälle
reagiert werden. Das führt zu einer höheren Patientenzufriedenheit und entlastet das
Klinikpersonal. Eine optimierte, stets zuverlässige Energieversorgung wird sichergestellt
und hilft, Energiekosten und Umweltbelastungen zu reduzieren.
Wir entwickeln eine neue Generation von Krankenhäusern, die besser vernetzt, effizienter
und intelligenter sind. Wir vernetzen relevante Systeme in Kliniken, um relevante
Daten transparent darzustellen, zu analysieren und nutzbar zu machen. So können Wissen
und Informationen ausgetauscht, Prozesse optimiert und dabei stets die Einhaltung
von gesetzlichen Vorschriften und Normen sichergestellt werden. Wir bieten ganzheitliche
Lösungen von Hard- über Software bis hin zu Dienstleistungen, die benötigt werden,
um maximale Effizienz und Zuverlässigkeit aus der Infrastruktur eines Krankenhauses,
inklusive seiner gebäudetechnischen Anlagen, herauszuholen.
Wir stellen Know-how und Expertise rund um alle gebäudetechnischen Gewerke der Strom-
und Energieversorgung zur Verfügung und entwickeln smarte, digitale Lösungen, die
die Herausforderungen des Gesundheitswesens adressieren. Dabei schaffen wir Krankenhäuser,
in denen jeder Raum – ob Patientenzimmer, Operationssaal, Isolierraum oder Labor –
auf die Bedürfnisse seiner Nutzer abgestimmt ist, die spezifischen Anforderungen erfüllt
und optimale Bedingungen bietet. Durch intelligente Infrastruktur helfen wir Patientinnen
und Patienten schneller zu genesen und sorgen dafür, dass sie sich wohlfühlen. Gemeinsam
mit Kunden und Partnern arbeiten wir daran, ein Ökosystem zu schaffen, das den gesamten
Genesungsprozess sowie den Betrieb des Krankenhauses optimiert, indem wir Umgebungen
schaffen, die die unterschiedlichen Bedürfnisse verstehen und sich diesen anpassen.
Welchen Mehrwert bringen Nachhaltigkeit und Digitalisierung insgesamt?
Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind direkt miteinander verknüpft: Ein nachhaltiger
Betrieb eines Krankenhauses lässt sich kaum ohne Digitalisierung, ohne gebäudetechnische
Anlagen realisieren. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in den Verbrauchsdaten der Gebäude,
mit denen sich Einsparpotenziale und Optimierungen im Verbrauch visualisieren lassen.
Der Vorteil von mehr Nachhaltigkeit liegt dabei unserer Meinung nach auf der Hand:
Weniger Energieverbrauch bedeutet zum einen weniger Kosten – und damit freie Ressourcen
für Investitionen in die medizinische Ausstattung und das Personal. Zum anderen aber
auch Zukunftsfähigkeit: Nur wer heute schon auf die Energieversorgung von morgen setzt
und sicherstellt, dass die Versorgung mit erneuerbaren Energien erfolgt, wird für
das zukünftige Energiesystem in Deutschland gerüstet sein.
Es gibt unterschiedliche Förderprogramme des Bundes, welche Gebäude und Betriebe nach
Nachhaltigkeitsstandards bewerten und fördern. So wird auf dem Weg zu einem nachhaltigeren
Krankenhaus unterstützt, um diesen schnellstmöglich mitgehen zu können.
Sie haben gerade Förderprogramme erwähnt – wie könnten Krankenhäuser hier vorgehen?
Wir stehen unseren Kunden von Anfang zur Seite. Von der Beratung über die Planung,
Umsetzung bis hin zum laufenden Betrieb und Instandhaltung. Mit Blick auf Förderprogramme
eruieren wir, welche Fördermöglichkeiten es für den individuellen Fall gibt und unterstützen
ebenso bei der Beantragung. Konkret können hier die Bundesförderung für effiziente
Gebäude (BEG) und weitere der BAFA sowie gegebenenfalls landessspezifische Förderprogramme
genannt werden.