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Endophthalmitis - Glaukom - Infektion
Einleitung
Eine Endophthalmitis ist ein selten vorkommendes, hochakutes Krankheitsbild mit einer
drastischen Bedrohung des Visus sowie der intraokulären Strukturen. Trotz intensiver
medikamentöser und
operativer Therapien bleibt oft ein schlechtes visuelles Outcome zurück [1], [2], [3], [4]. Die Pathogenese kann endogen im Rahmen einer hämatogen streuenden, sich auf die
inneren Strukturen des Auges ausbreitenden Infektion oder, deutlich häufiger, exogen
erfolgen [5]. Bei einer exogenen Entstehung kommt es zur direkten Inokulation, die ein erleichtertes
Eindringen des Erregers ermöglicht [1]. Zum Großteil
erfolgt dies im Anschluss an eine intraokuläre Operation, insbesondere Kataraktoperationen,
schwere okuläre Traumata sowie durch eine Ausbreitung per continuitatem (z. B. Keratitis)
[2], [6].
Endophthalmitiden treten bevorzugt unilateral mit Beteiligung des Glaskörpers sowie
dessen angrenzender Strukturen auf [6]. Da der Glaskörper nur wenige bis keine
Zellen, die der Immunabwehr dienen, aufweist, sind seine Verteidigungsmechanismen
äußerst begrenzt – eine Prädisposition für Infektionen [5]. Die Diagnosestellung
erfolgt anhand klinischer Kriterien [4], [7].
Bei der ophthalmologischen Erstvorstellung dominiert i. d. R. eine Visusminderung,
Lidrötung und -schwellung, konjunktivale Hyperämie oder Limbitis, mitunter begleitet
von einer Photophobie
des betroffenen Auges. Zusätzlich imponiert in der Spaltlampenuntersuchung zumeist
ein Reizzustand mit Zellen in der Vorderkammer, Fibrinansammlungen oder einem Hypopyon
[1], [5]. Diese zunächst unspezifischen Symptome werden in Zusammenschau als Endophthalmitis
gewertet, wobei die Ausprägung stark divergieren kann [1], [8]. Eine endogene Genese ausgenommen, finden sich keine systemischen Begleiterscheinungen
[5].
Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung ist der auslösende Keim unbekannt [6]. Im Sinne einer empirischen Therapie erfolgt die unmittelbare Applikation von
Breitspektrumantibiotika und eine intravitreale Antibiotikaverabreichung nach operativer
Entfernung des Glaskörpers im Rahmen einer Pars-plana-Vitrektomie (ppV), um hoc loco
eine ausreichende
Konzentration zu erreichen [1]. Intraoperativ wird potenziell erregerhaltiges Material zur späteren antibiogrammgerechten
Therapieanpassung asserviert.
Da bei der Keimabwehr und somit der Bekämpfung des intraokulären Entzündungszustandes
ein kompetentes Immunsystem erforderlich ist, erscheint es nachvollziehbar, dass bei
vorliegenden
Grunderkrankungen der Verlauf prognostisch schlechter sein kann (e. g. Diabetes [9], Glaukom [10]).
An der hochkomplexen Pathogenese der Glaukomerkrankung wird neben der intraokulären
Druckerhöhung u. a. eine Beteiligung des Immun- wie auch Autoimmunsystems am Auge
diskutiert [11], [12], [13], [14], [15]. Über diese veränderten
molekularen Mechanismen und Antworten auf Antigene ist es denkbar, dass diese sich
auch an der Immunantwort als Folge einer Endophthalmitis beteiligen und diese möglicherweise
negativ
beeinflussen zu vermögen. Das Ziel der Studie war, die Entwicklung und den Verlauf
von Endophthalmitiden, im Speziellen hinsichtlich der Ursachen, klinischer Symptome,
hervorrufender Erreger
und Sehleistung zwischen Glaukom- und Nichtglaukompatienten zu analysieren.
Patienten und Methoden
Die retrospektive Analyse erfolgte an 75 Augen von 75 Patienten, die über einen Zeitraum
von Juni 2013 bis Juni 2018 in der Augenklinik des Universitätsklinikums Erlangen-Nürnberg
aufgrund
einer Endophthalmitis behandelt wurden. Epidemiologische Daten und Vorerkrankungen
umfassen Alter, Geschlecht, Grunderkrankungen und Augenpathologien des Patienten.
Des Weiteren wurden die
operativen Daten in Bezug auf Zeitpunkt und Art der Operation, mögliche Reoperationen
sowie systemisch und intraokulär applizierte Medikamente ausgewertet. Um den Erfolg
der Behandlung zu
beurteilen, wurde der beste korrigierte Visus der Patienten im Verlauf von bis zu
1 Jahr postoperativ erhoben. Vor der Durchführung statistischer Tests erfolgte zunächst
eine Prüfung auf
Normalverteilung durch einen Kolmogorov-Smirnov-Test. Bei der Betrachtung normalverteilter,
quantitativer Merkmale wurde ein gepaarter t-Test für abhängige Stichproben angewandt.
Lag der
Analyse ein qualitatives Merkmal zugrunde, erfolgte ein Chi-Quadrat-Test. Bei Zellhäufigkeiten
unter 5 kam hingegen der exakte Test nach Fisher zur Anwendung. Als Signifikanzniveau
wurde
p < 0,05 festgelegt.
Ergebnisse
In der Klinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikums Erlangen-Nürnberg wurden
im vorliegenden 5-Jahres-Untersuchungszeitraum 75 Augen von 75 Patienten (40 männlich,
35 weiblich)
aufgrund einer Endophthalmitis behandelt. Das Durchschnittsalter bei Aufnahme betrug
69,3 ± 15,8 Jahre (17 – 94 Jahre). 60% (n = 45) der Patienten wiesen eine kardiovaskuläre
Grunderkrankung,
32% (n = 24) einen Diabetes mellitus Typ II auf.
Die für die Entstehung der Endophthalmitis zugrunde liegenden Ätiologien wurden in
(nach absteigender Häufigkeit) postoperativ (G 38,5%/NG 56,5%), per continuitatem
(G 46,2%/NG 11,3%),
endogen (G 7,7%/NG 17,7%) und posttraumatisch (G 7,7%/NG 14,5%) differenziert ([Abb. 1]).
Abb. 1 Ätiologien der Endophthalmitiden bei Patienten mit (a, n = 13) und ohne Glaukom (b, n = 62): postoperativ (grau), per continuitatem (schraffiert), endogen
(dunkelgrau), posttraumatisch (hellgrau); Angaben in Prozent.
Bei 53,3% (n = 40/75) aller Patienten lag eine intraokulär-postoperative Genese zugrunde:
Diese traten überwiegend nach einer Kataraktoperation auf (29,3%, n = 22/75, im Mittel
20,7 ± 18,9
Tage postoperativ [Erstvorstellung innerhalb 6 Wochen postoperativ: n = 19/22, 86,4%;
nach 6 Wochen postoperativ: n = 3/22, 13,6%]), nach intravitreal-operativen Medikamenteneingaben
(IVOM;
17,3%, n = 13/75, im Mittel nach 8,2 ± 7,6 Tagen postoperativ) sowie nach Pars-plana-Vitrektomien
(6,7%, n = 5/75).
Bei 17,3% (n = 13/75) entstand die Endophthalmitis per continuitatem nach Durchwanderung
der Kornea aufgrund eines vorbestehenden Hornhautulkus (n = 9), einer chronischen
Hornhaut-Endothel-Epithel-Dekompensation (n = 3) sowie nach Kontaktlinsendauertragen
(n = 1).
Ferner konnte bei 12 von 75 Patienten ein endogener Fokus gefunden werden, darunter
systemische Candidainfektionen, Virämien, Sepsis (je n = 2) sowie eine Endokarditis
(n = 1). Bei 5 weiteren
Patienten lag eine Immunsuppression (durch Begleiterkrankungen einer chronischen Hepatitis,
n = 3; medikamentös, n = 2) zugrunde. Hierunter gab ein Patient einen intravenösen
Drogenabusus
an.
Die am seltensten beobachtete Ursache stellten schwere okuläre Traumata dar (13,3%,
n = 10).
Das bei Erstvorstellung führende Symptom innerhalb der gesamten Kohorte war eine Visusminderung
(44%, n = 33). 22,7% (n = 17) der Patienten beklagten Schmerzen am betroffenen Auge.
Eine
deutlich sichtbare konjunktivale Injektion trat bei 19 Augen auf. Bei der initialen
Spaltlampenuntersuchung stellten sich vorrangig Zellen in der Vorderkammer (62,7%,
n = 47), ein Hypopyon
(52%, n = 39) oder ein reduzierter bis nicht einsehbarer Funduseinblick (66,7%, n = 50)
dar.
Als operative Methode der Wahl wurden 57 von 75 Augen einer Pars-plana-Vitrektomie
unterzogen. Bei 15 Patienten war der Erhalt des Bulbus aufgrund des fortgeschrittenen
intraokulären
Entzündungszustandes nicht mehr möglich, weshalb eine Enukleation bzw. Eviskeration
durchgeführt werden musste. Die erkrankten Augen, die eine der zuletzt genannten Interventionen
erhielten,
wiesen signifikant häufiger ein Ulcus corneae auf (p = 0,01). Bei 3 Patienten wurde
eine diagnostische Vorderkammeraspiration bei steriler Endophthalmitis (n = 2) sowie
bei Zustand nach
vorangegangener ppV (n = 1), jedoch kein ausgedehnter intraokularchirurgischer Eingriff,
vorgenommen ([Abb. 2]). Die Intervention erfolgte primär (62,7%,
n = 47/75; ppV: n = 43, Enukleation/Eviskeration: n = 1; Vorderkammeraspiration: n = 3)
innerhalb der ersten 24 Stunden nach Aufnahme. Im Rahmen der Vitrektomien wurde zudem
Vancomycin
(1 mg/0,1 ml) sowie bei einem Teil der Patienten Gentamycin (n = 32) oder Amphotericin
B (5 – 7,5 µg/0,1 ml, n = 7) intravitreal instilliert. Die topische Therapie wurde
in Form von
Augentropfen oder -salbe (v. a. ofloxacinhaltig, n = 46) fortgeführt. Bis zur Identifikation
des Keimes kam eine empirische Breitbandantibiose zum Einsatz, vorwiegend Cefuroxim
(3 × 1,5 g
intravenös, n = 66). Im Falle eines besonders ausgeprägten intraokulären Entzündungszustandes
wurde die Antibiose um Vancomycin erweitert (n = 21). Weiterhin erfolgte nach Erhalt
des
Antibiogramms eine spezifische Umstellung der Antibiose bei 9 Patienten. Bestand der
Verdacht auf eine fungal bedingte Endophthalmitis, kam gewichtsadaptiert Voriconazol
bzw. Fluconazol
(n = 8) oder Caspofungin (n = 1) intravenös zum Einsatz. Darüber hinaus erhielten
2 Patienten zusätzlich zur Antibiose Aciclovir aufgrund anamnestisch rezidivierender
Herpeskeratitiden.
Abb. 2 Durchgeführte operative und diagnostische Interventionen bei Patienten mit (dunkelgrau;
n = 13) und ohne Glaukom (hellgrau; n = 62): es zeigte sich eine signifikant erhöhte
Anzahl an Enukleationen in der Glaukomgruppe (p = 0,01); Angaben in Prozent.
Postoperative Komplikationen ergaben sich bei insgesamt 14 Patienten. Hierbei kam
es zu einer ausgeprägten Fibrinbildung (n = 6), Wundheilungsstörungen (n = 4), einer
hochbullösen Amotio
retinae (n = 3) mit jeweils nachfolgender Revitrektomie sowie einer Hypotonia bulbi
(n = 1/14). Bei einem der Patienten kam es nach einer Vorderkammeraspiration zur Ausbildung
einer
Fibrinqualle. Ebenso zeigte sich ein Bindehaut-Sklera-Defekt im Sinne einer Wundheilungsstörung
bei Zustand nach Eviskeration. Die restlichen Komplikationen wurden nach einer ppV
beobachtet.
Bei mehr als der Hälfte der Patienten (50,7%, n = 38/75) konnte anhand des asservierten
Materials ein Erreger identifiziert werden. Bei 71,1% (n = 27/38) der nachgewiesenen
Erreger handelte
es sich um grampositive Bakterien, wobei primär Staphylococcus epidermidis (n = 16),
als zweithäufigstes Staphylococcus aureus (n = 7) detektiert wurde. Des Weiteren wurden
die
Endophthalmitiden nachweislich durch Streptokokken (n = 4), Bacillusspezies (n = 1)
sowie in einzelnen Fällen durch gramnegative Stäbchen (n = 6) und Pilze (n = 4) verursacht
([Abb. 3]).
Abb. 3 Verteilung der für die Endophthalmitis ursächlichen Keime bei Patienten mit (dunkelgrau;
n = 13) und ohne Glaukom (hellgrau; n = 62); Angaben in Prozent.
Postoperativ zeigte sich gesamthaft ein signifikanter Anstieg des Visus (im Folgenden
gerundet auf Dezimalvisus) von 0,08 ± 0,19 bei Erstvorstellung auf 0,2 ± 0,27 (p < 0,001)
bei der
zuletzt erfolgten Untersuchung, i. d. R. 1 Jahr nach Diagnose. Wird bei der Betrachtung
der Sehleistung die Ätiologie berücksichtigt, zeigt sich nach einer postoperativen
Genese das beste
Outcome mit einem durchschnittlichen Visus von 0,32 ± 0,28 (min.: 0, max.: 1, p = 0,003).
Posttraumatisch sowie endogen bedingte Endophthalmitiden erbrachten dagegen eine schlechtere
Visuserholung, die sich jedoch nicht signifikant von den übrigen Ätiologien unterschied
(posttraumatisch: 0,2 ± 0,33; endogen: 0,16 ± 0,21; p > 0,05). Die schlechteste abschließende
Sehleistung stellten wir an Augen fest, bei denen die Genese der Endophthalmitiden
durch eine Ausbreitung per continuitatem erfolgte (0,04 ± 0,11; p < 0,001), sogar
mit Verlust des Auges in
9 von 13 Fällen.
Der Verlauf von insgesamt 13 Glaukompatienten (primäre Offenwinkelglaukome: n = 3,
sekundäre Offenwinkelglaukome: n = 8, sekundäre Winkelblockglaukome: n = 2) wurde
retrospektiv
analysiert.
Hinsichtlich der Ursachen wies diese Patientengruppe eine signifikant häufigere Ausbreitung
per continuitatem (n = 6/13, p = 0,002) auf, wohingegen endogene Genesen deutlich
seltener
(n = 1/13, p = 0,02) zu beobachten waren ([Abb. 1 a]). Posttraumatische sowie postoperative Endophthalmitiden, unabhängig von der vorausgehenden
Intervention,
traten jedoch weder signifikant häufiger noch seltener auf (p > 0,05). Kürzlich erfolgte
glaukomchirurgische Eingriffe waren bei keinem Patienten aktenanamnestisch vermerkt.
Ebenso wenig
konnte ein signifikanter Unterschied der zuvor geschilderten klinischen Symptome sowie
Befunde bei Erstvorstellung zwischen beiden Gruppen objektiviert werden (p > 0,05),
mit Ausnahme eines
Ulcus corneae. Dies zeigte sich signifikant häufiger (n = 5/13, p = 0,006) bei Glaukompatienten.
Bezüglich der operativ gewählten Methoden musste signifikant häufiger eine Enukleation
(6/13; p = 0,01) bei Glaukompatienten im Vergleich zu Nichtglaukompatienten durchgeführt
werden ([Abb. 2]).
Die Verteilung der auslösenden Erreger erbrachte in beiden Gruppen ein vergleichbares
Profil (p > 0,05), jedoch konnten die gramnegativen Stäbchen Pantoea agglomerans und
Moraxella
nonliquefaciens (je n = 1) ausschließlich bei Glaukompatienten nachgewiesen werden
([Abb. 3]).
Mehr als 60% der Glaukompatienten erbrachten bei der letzten Untersuchung eine Sehleistung,
die höchstens Handbewegungen (HBW) erkannte, wohingegen dies nur bei 24,2% nicht glaukomatös
vorerkrankter Augen der Fall war. Allerdings zeigte sich der Visus bereits zu Beginn
deutlich schlechter in der Glaukomgruppe ([Abb. 4]).
Abb. 4 Visusentwicklung nach Endophthalmitis bei Patienten mit (a, n = 13) und ohne Glaukom (b, n = 62) (A = Anfangsvisus, 6 – 8 W = nach 6 – 8 Wochen, 3 M = nach 3
Monaten, 1 J = Endvisus nach bis zu 1 Jahr, HBW = Handbewegung, FZ = Fingerzählen);
Angaben in Prozent.
Diskussion
Endophthalmitiden sind seltene, jedoch schwerste und rapide fortschreitende intraokuläre
Entzündungen. Als Resultat verbleibt häufig, selbst bei jungen Patienten ohne ophthalmologische
Vorerkrankungen, eine irreparable Schädigung der intraokulären Strukturen oder sogar
ein Verlust des gesamten Bulbus [1].
Die in der vorliegenden Kohorte beobachteten Ätiologien waren gut mit den Literaturdaten
vereinbar [7]: Bei den meisten Patienten trat die Endophthalmitis exogen,
insbesondere nach vorangehenden intraokulären Operationen auf (53,3%), jedoch selten
endogen (16%) oder posttraumatisch (13,3%). Des Weiteren konnte eine vergleichsweise
hohe Inzidenz durch
eine Infektion per continuitatem, insbesondere auf dem Boden eines Ulcus corneae,
demaskiert werden (17,3%), bei Glaukompatienten sogar signifikant (p = 0,002). Durch
ein Ulcus corneae kann
Keimen ein erleichtertes Eindringen in die tieferliegenden Strukturen des Auges (z. B.
in die Vorderkammer) und eine konsekutive Vermehrung, vor allem im Glaskörper, ermöglicht
werden. In der
Endophthalmitis Vitrectomy Study (Beobachtung akut postoperativer Endophthalmitiden)
werden korneale Infiltrate oder Ringulzera als Prädiktor für ein schlechtes visuelles
Outcome beschrieben
[8]. Ferner ist dieser Zustand mit einer erhöhten Enukleationsrate assoziiert, was im
Rahmen der hier vorliegenden Beobachtungen bekräftigt werden konnte: Ein
Drittel unserer enukleierten Patienten wies im Vorfeld ein Hornhautulkus auf, in einer
Studie lag der Anteil sogar bei 50% (p < 0,001) [16].
Weniger als 25% aller Patienten gaben initial Schmerzen am betroffenen Auge an, was
in der Literatur weitaus häufiger beschrieben wird [8]. Zu bedenken bleibt
jedoch, dass sich die Klinik und die erhobenen Befunde bei der Erstuntersuchung hinsichtlich
ihrer Ausprägung stark unterscheiden können und nicht mit einem entsprechend fulminanten
Verlauf
korrelieren müssen. Ein Hypopyon hingegen wird bei Diagnosestellung regelhaft vorgefunden,
in der Literatur bei bis zu 75% aller Patienten und damit öfter als in der vorliegenden
Kohorte (52%)
[8].
Einer postoperativen Endophthalmitis gingen vorrangig Kataraktoperationen (29,3%),
die weltweit am häufigsten durchgeführten Operationsarten am Auge [4], sowie
IVOMs, voraus. Die Inzidenz einer Endophthalmitis nach letztgenannter Methode ist
sehr gering (0,06% in der bislang größten Metaanalyse bei über 350 000 Anti-VEGF-Injektionen
[17]), gleichwohl aufgrund des exponentiellen Einsatzes vor allem in der Therapie der
altersbedingten Makuladegeneration kontinuierlich ansteigend [4], [7]. Im Hinblick auf das Auftreten postinjektionaler Endophthalmitiden ist die Sicherheit
einer Applikation in einem Office-Setting vs. im OP-Bereich
vergleichbar [18]. Tritt diese Komplikation dennoch ein, kommt es, wie in unserem Patientenkollektiv,
meist zu einer ophthalmologischen Wiedervorstellung innerhalb
weniger Tage [2]. Da diese Behandlung wiederholt durchgeführt wird, besteht das Risiko fort, eine
Endophthalmitis zu entwickeln. Ein subjektiv verändertes Gefühl des
Patienten bei einer solchen Injektion sollte stets ernst genommen werden, da dies
der einzige Hinweis auf den Beginn der Infektion sein kann [4].
Die Endophthalmitisrate nach einer Kataraktoperation liegt mit 0,03 – 0,2% in der
Literatur ebenfalls sehr niedrig. Dies kann weiter unterteilt werden in akut auftretende
(Acute-Onset-,
innerhalb der ersten 6 Wochen) und verzögert auftretende (Delayed-Onset-Endophthalmitiden,
nach 6 Wochen) postoperative Endophthalmitiden [4]. In der vorliegenden
Studie stellten sich 19 von 22 Patienten binnen 6 Wochen vor. Die seltenste postoperative
Entwicklung einer Endophthalmitis ereignete sich nach einer Pars-plana-Vitrektomie
(vorliegend 6,7%,
n = 5). Das Aufkommen einer Endophthalmitis ist jedoch nach jedem intraokulären Eingriff
möglich [3].
Bei allen untersuchten Patienten lag, unabhängig von der Ätiologie, ein unilateraler
Befall vor. Jedoch werden gerade bei einer endogenen Genese beidseitige Endophthalmitiden
mit einer
Prävalenz von 15% beschrieben [3], [6], da diese die intraokulären Strukturen durch eine gestörte Blut-Kammerwasser-Schranke
erreichen
[19], die sicherlich eine Ausbreitung der Keime begünstigt.
Die mikrobiologischen Untersuchungen erbrachten den Nachweis grampositiver Organismen
als Hauptkeime, in Einzelfällen gramnegativer Stäbchen und von Pilzen. Viren konnten
nicht nachgewiesen
werden, wurden auch nicht klinisch als Auslöser einer exogenen Genese vermutet. Die
Einteilung der Ätiologien kann jedoch auch anhand der Erreger (v. a. bakteriell, viral,
fungal) oder anhand
eines erfolgreichen Erregernachweises (kulturpositiv vs. klinische Diagnosestellung)
erfolgen [18]. Die Dominanz grampositiver Keime ist vielfach durch andere
Autoren vorbeschrieben [5], [18], [20], darunter Staphylococcus epidermidis bei postoperativen
Endophthalmitiden. Durch dessen Kolonisation auf der Haut und die Fähigkeit zur Ausbildung
eines Biofilms auf der Linse ist sowohl die Prävalenz als auch die natürliche Resistenz
des Erregers
nachvollziehbar [20]. Obwohl die nachgewiesenen Mikroorganismen bei Glaukompatienten und Nichtglaukompatienten
ein ähnliches Profil erbrachten, gelang der Nachweis
seltener Keime vor allem bei glaukomatös vorerkrankten Augen (Pantoea agglomerans,
Moraxella nonliquefaciens). Pantoea agglomerans ist ein gramnegatives Stäbchen, das
bislang selten mit einer
Endophthalmitis in Verbindung gebracht wurde, allerdings mit steigender Tendenz und
einem schlechten visuellen Outcome [21].
Das visuelle Outcome weist eine starke Korrelation zu dem auslösenden Erreger auf.
Je nach zugrunde liegender Ätiologie bieten diese ein heterogenes Spektrum [4], [6], [8]. Posttraumatische Endophthalmitiden sind bspw. mit einem besonders schlechten Endvisus
assoziiert. Dies basiert auf
der hohen Virulenz des ursächlichen Erregers, meist Bacillus cereus, der bereits innerhalb
von 24 bis 48 Stunden für eine fulminante Inflammation und eine rapide Visusverschlechterung
oder
einen Visusverlust sorgt [6].
Die vorliegende Studie zielte auf die Fragestellung ab, ob es zwischen Glaukom- und
Nichtglaukompatienten Unterschiede hinsichtlich der klinischen Verläufe der Endophthalmitiden
gab. Nach
bestmöglicher Recherche liegen keine Fallberichte oder retrospektive Studien vor,
die Endophthalmitiden bei glaukomatös vorerkrankten Augen im Direktvergleich zu Nichtglaukompatienten
beschreiben und analysieren. Ebenso kann auf Basis von Fallberichten postoperativer
Endophthalmitiden nach glaukomchirurgischen Maßnahmen kein Vergleich zu Nichtglaukompatienten
hergestellt
werden. Zudem finden sich multiple Beobachtungen zur Assoziation zwischen Uveitiden
und sekundären Glaukomen, nicht jedoch umgekehrt.
Wie im Obigen beschrieben, mussten Glaukompatienten signifikant häufiger einer Enukleation
unterzogen werden, sodass sich die abschließende Visusprognose deutlich schlechter
als bei
Nichtglaukompatienten darstellte. Daneben fielen im Direktvergleich bei Glaukompatienten
ein vorbestehendes Hornhautulkus sowie die Identifikation seltener, aggressiver Pathogene
auf. Bei
Nichtglaukompatienten konnte hingegen eine signifikante Visusverbesserung erzielt
werden.
Ein Erklärungsansatz für diese Unterschiede stellt sich aufgrund einer möglicherweise
besonderen immunologischen Situation bei Glaukomaugen dar. In der Tat hat die Glaukomerkrankung
eine
hochkomplexe, multifaktorielle Genese. Neben dem Hauptrisikofaktor, einem erhöhten
intraokularen Druck (IOD), findet sich eine gestörte Blut-Kammerwasser-Schranke, jedoch
wird auch eine
immunologische [22] und autoimmunologische [11], [23] Komponente diskutiert. Im Serum von Glaukompatienten
fand sich eine verstärkte Aktivierung des Komplementsystems (z. B. erhöhtes C3) [24], das wiederum bei der Erregerabwehr eine bedeutende Rolle spielt [25]. Zudem sind sowohl T- als auch B-Zellen als Agens in der Glaukompathogenese beschrieben:
Eine vorübergehende Erhöhung des IODs zeigte eine signifikante Infiltration
von CD4+-T-Zellen in die Retina (Mausmodell) [22]. Dies kann über humane, aber auch bakterielle Heat-Shock-Proteine (HSP) vermittelt
werden und bedingt als Folge
eine Apoptose von retinalen Ganglienzellen [26].
B-Zell-vermittelte Antikörperbildung findet sich bei Glaukompatienten gegen verschiedenste
Proteine, wie z. B. Enzyme oder auch Matrixstrukturen [27], [28]. Auch sind spezielle Antikörper gegen HSP [29] oder Rezeptoren [11] beschrieben. Letztere (i. e. agonistische
Autoantikörper gegen den β2-Rezeptor, β2-AAb) sind hierbei von besonderem Interesse,
da sie neben einer Verbindung derselbigen zum IOD auch einen Bezug zur Mikrozirkulation
darstellen [30]. Die Trias einer Inflammation im Sinne von „Rubor, Dolor, Tumor“ umschreibt das
klinische Bild einer Beteiligung der Mikrozirkulation (Rubor). Im inflammatorisch
veränderten Gewebe findet sich eine Hyperämie, bedingt durch eine Vasodilatation als
Reaktion auf das lokale Geschehen.
Ein Einfluss auf die Mikrozirkulation im Gewebe, z. B. im Rahmen einer Allgemeinerkrankung
(Diabetes, β2-AAb), kann sich zusätzlich negativ auf das inflammatorische Geschehen,
z. B. bei einer
Endophthalmitis, auswirken. Daraus resultierend kann die körpereigene, gerichtete
Immunantwort am Auge negativ beeinflusst werden.
Als Resultat entzündlicher Prozesse weisen viele Glaukompatienten zudem Erkrankungen
an der Augenoberfläche (ocular surface diseases, OSD) auf. Die OSD wird durch die
Erkrankung selbst, aber
auch durch die langfristig notwendige Glaukomtherapie begünstigt und kann sich für
den Patienten u. a. in Fremdkörpergefühl, Rötung, Juckreiz, Photophobie, Schmerz sowie
Verschwommensehen des
betroffenen Auges äußern. Zudem wird häufig eine konjunktivale Hyperämie und Schädigung
der Konjunktiva sowie Kornea, z. B. der hier detektierten Ulzera, beobachtet [25]. Es ist durchaus denkbar, dass Glaukompatienten, welche diese unspezifischen, okulären
Symptome zu einem gewissen Grad kennen, bei einer beginnenden Endophthalmitis zunächst
keinen
Unterschied bemerken und daraus resultierend eine ophthalmologische Vorstellung mit
Einleitung einer adäquaten Behandlung später erfolgt.
Die aufgeführten Daten können Erklärungsansätze für den prognostischen Verlauf intraokulärer
Infektionen bzw. Entzündungen bei Glaukompatienten bieten. Eine Alteration des Immunsystems
am
Auge könnte bei der Pathogenese und der lokalen Antwort auf eine Infektion beteiligt
sein, auch wenn es sich nicht um eine generalisierte Autoimmunerkrankung handelt.
In der vorliegenden
Kohorte stellen Glaukompatienten jedoch eine Minorität dar, sodass anhand der Beobachtungen
keine generellen Hypothesen abgeleitet werden sollten.
Schlussfolgerung
Endophthalmitiden stellen seltene, jedoch schwerwiegende intraokuläre Infektionen
in der Ophthalmologie dar, die umgehenden Handlungsbedarf erfordern. Patienten mit
einer vorbestehenden
Glaukomerkrankung wiesen einen insgesamt schwerwiegenderen Verlauf auf. Ihre schlechte
Prognose wurde durch vorbestehende Ulcera corneae sowie das Vorkommen seltener, aggressiverer
Keime
begünstigt. Nicht zuletzt erfolgte die Durchführung einer Enukleation des betroffenen
Auges, als Ultima Ratio, signifikant häufiger bei Glaukompatienten als bei Nichtglaukompatienten.
Fazitbox
Bereits bekannt:
-
Trotz intensiver Therapien sind Endophthalmitiden primär mit einem schlechten visuellen
Outcome verbunden.
-
Da dies bislang nicht beschrieben war, wurde ein Vergleich der klinischen Verläufe
zwischen Glaukom- und Nichtglaukompatienten gezogen.
Neu beschrieben:
-
Das visuelle Outcome nach Endophthalmitis bei Glaukompatienten war schlechter als
bei nicht glaukomatös vorerkrankter Augen.
-
Ursächlich hierfür könnten neben dem Vorkommen seltener, aggressiver Erreger auch
vorbestehende Ulcera corneae sein, weshalb Glaukompatienten signifikant häufiger einer
Enukleation
unterzogen wurden.
-
Auch pathologische Veränderungen des Immunsystems könnten bei Glaukompatienten eine
Rolle spielen.
Anmerkung
Die vorliegende Arbeit erfolgte zur Erfüllung der Anforderungen zum Erwerb des wissenschaftlichen
Grades „Dr. med.“ an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU).
Eine
ethische Prüfung und Genehmigung war für die Studie an menschlichen Teilnehmern gemäß
den örtlichen Rechtsvorschriften und institutionellen Anforderungen nicht erforderlich.
Die schriftliche
Einwilligung der Patienten zur Teilnahme an dieser Studie war gemäß den nationalen
Gesetzen und den institutionellen Anforderungen nicht erforderlich.