Osteologie 2022; 31(04): 262-269
DOI: 10.1055/a-1951-1233
Review

Der Einfluss von Schilddrüsenhormonen auf den Knochen – von der zellulären Ebene, über Mausmodelle bis hin zum Patienten

The Effects of Thyroid Hormones on Bone – from Cells to Mouse Models to Patients
1   Medizinische Klinik III und Zentrum für gesundes Altern, Medizinische Fakultät, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland
,
Martina Rauner
1   Medizinische Klinik III und Zentrum für gesundes Altern, Medizinische Fakultät, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland
,
Elena Tsourdi
1   Medizinische Klinik III und Zentrum für gesundes Altern, Medizinische Fakultät, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland
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Zusammenfassung

Die Schilddrüsenhormone L-Thyroxin und 3,3',5-Triiod-L-thyronin spielen eine zentrale Rolle im Skelettwachstum und beim Erhalt eines gesunden Knochens im Erwachsenenalter. Auf zellulärer Ebene sind die Wirkungen von Schilddrüsenhormonen in Osteoblasten gut erforscht, während ihre Effekte auf Osteoklasten und Osteozyten nur unzureichend verstanden sind. Die Behandlung von Osteoblasten mit Schilddrüsenhormonen in vitro führt zu deren Leistungssteigerung, wobei drei wesentliche Faktoren ihre zelluläre Wirksamkeit bestimmen können: der Import in die Zelle, ihre Aktivierung oder Inaktivierung durch Dejodasen und die Verfügbarkeit der Schilddrüsenhormonrezeptoren. Präklinische Studien unter Verwendung transgener Mausmodelle zeigen, dass jeder dieser Faktoren eine wesentliche Rolle im Skelettwachstum und dem Erhalt der Knochenqualität, -struktur und -mineraldichte spielen. Schilddrüsenerkrankungen führen zu unterschiedlichen skelettalen Veränderungen im Kindes- und Erwachsenenalter und können in der Regel durch eine Therapie gut behandelt werden. Sowohl eine Hypo- als auch Hyperthyreose kann, wenn unbehandelt, im Kindesalter zu Kleinwuchs führen. In erwachsenen Betroffenen verursacht eine manifeste Hyperthyreose eine sekundäre Osteoporose mit erhöhten Frakturrisiko infolge eines gesteigerten Knochenaufbaus und -abbaus. Eine Hypothyreose hingegen verlangsamt den Knochenumbauzyklus und steigert die sekundäre Mineralisierung. Da Schilddrüsenhormone den Knochenumbau direkt regulieren können, nehmen sie ebenfalls Einfluss auf die Kalzium- und Phosphathomöostase im Körper. Zusammengefasst sind Schilddrüsenhormone wichtige Regulatoren des Knochen- und Mineralstoffwechsels.


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Abstract

The thyroid hormones L-thyroxine und 3,3',5-triiodo-L-thyronine are critical regulators of skeletal development and maintenance of a healthy bone in adults. While direct actions of thyroid hormones on osteoblasts are well established, only little is known about thyroid hormone signaling in osteoclasts and especially osteocytes. Thyroid hormones increase osteoblast differentiation and function in vitro. Three main factors determine their biological activity: their import via specific transporter proteins, their activation or inactivation mediated by deiodinases and the thyroid hormone receptor availability. Preclinical studies using transgenic mouse models demonstrated that every one of these factors determines bone quality, structure and mineral density. Thyroid disorders can cause distinct skeletal changes during childhood and adulthood that usually can be medically treated. During childhood, untreated hypothyroidism and hyperthyroidism both can cause short stature. In adults, hyperthyroidism is a known cause of secondary osteoporosis with an increased fracture risk due to enhanced bone formation and especially bone resorption. In contrast, hypothyroid patients display a prolonged bone remodeling cycle and increased secondary mineralization. Given that thyroid hormones directly affect bone turnover, they can also regulate the whole-body calcium and phosphate homeostasis. Thus, thyroid hormones play an important role in bone and mineral metabolism.


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Einleitung

Schilddrüsenhormone sind zentrale Regulatoren des Energiestoffwechsels sowie des Wachstums [1]. Die Schilddrüse bildet die zwei jodhaltigen Schilddrüsenhormone L-Thyroxin (T4) und 3,3',5-Triiod-L-thyronin (T3), welche ins Blut sezerniert und über spezifische Transporterproteine in ihre Zielzellen aufgenommen werden. Hier entfalten sie anschließend ihre biologische Wirkung über die Bindung und Aktivierung von Schilddrüsenhormonrezeptoren, TRα und TRβ (thyroid hormone receptor, TR), und nachfolgender kanonische und nicht-kanonische Signalwege ([Abb. 1]) [2] [3] [4] [5]. Obwohl die Menge an freien zirkulierenden T4 vierfach höher ist als die des ungebundenen T3, ist die Bindungsaffinität von T3 an die Rezeptoren 15-fach höher und T3 somit biologisch aktiver [6]. In der Peripherie als auch auf zellulärer Ebene kann T4 zu T3 durch Entfernen eines Jod-Atoms aktiviert werden. Diese Reaktion wird von Dejodasen durchgeführt, welche Schilddrüsenhormone nicht nur aktiveren, sondern auch deaktivieren können. Über negative Feedback-Mechanismen im thyreotropen Regelkreis wird schließlich die Gesamtkonzentration der freien Schilddrüsenhormone im Blut dem Sollwert angeglichen, um das Gleichgewicht von zirkulierenden Schilddrüsenhormonen zum Thyreoidea-stimulierenden Hormon (TSH) aufrechterhalten ([Abb. 1]) [7]. Die Schilddrüsenhomöostase ist von großer Bedeutung für das Längenwachstum in der Kindheit und den Erhalt eines gesunden Knochens im Erwachsenenalter, einschließlich für eine normale Knochenqualität, -struktur und -mineralisierung [6].

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Abb. 1 Die systemische und intrazelluläre Regulation der Schilddrüsenhormonhomöostase. (a) Der thyreotrope Regelkreis kontrolliert und regelt die zirkulierenden Level an freien 3,3',5-Triiod-L-thyronin (T3), freien L-Thyroxin (T4) und Thyreoidea-stimulierenden Hormon (TSH) über Rückkopplungsmechanismen. Der Schilddrüsenhormonrezeptor TRβ2, welcher im Hypothalamus und der Hypophyse exprimiert wird, spielt hierbei eine wichtige Rolle. Geringe T3 bzw. T4 Serumkonzentrationen bewirken eine erhöhte Sekretion von Thyreotropin-Releasing-Hormon (TRH) und nachfolgend TSH, welches vermittelt über die Bindung an den TSH-Rezeptor (TSHR) in der Schilddrüse die Produktion von Schilddrüsenhormonen anregt. (b) Auf zellulärer Ebene kann im Osteoblasten die Konzentration der Schilddrüsenhormone über den Import und die Aktvierung/Inaktivierung mittels Dejodasen (DIO) sowie ihre Wirkung über die Schilddrüsenhormonrezeptorverfügbarkeit geregelt werden. Wichtige Transporterproteine sind MCT8, MCT10, LAT1 und LAT2, wobei MCT8 der einzige Schilddrüsenhormon-spezifische Transporter ist. DIO2 wandelt T4 durch Abspalten eines Iodatoms zu T3 um, während DIO3 T3 zu 3,3′-Diiod-L-thyronin (3,3´-T2) und T4 zu reverse T3 (rT3) umsetzt. Die zwei wichtigsten und funktionellen Schilddrüsenhormonrezeptoren im Osteoblasten sind TRα1 und TRβ1. T3 kann an die nukleären Rezeptoren binden, welche daraufhin in Interaktion mit ihrem Korezeptor retinoid X receptor (RXR) und weiteren Transkriptionsfaktoren die Expression von Zielgenen reguliert. Alternativ können ebenfalls nicht-kanonische Signalwege aktiviert werden (nicht dargestellt).
Fig. 1. The systemic and intracellular regulation of thyroid hormone homeostasis. (a) The hypothalamic-pituitary-thyroid axis tightly regulates circulating levels of free 3,3',5-triiodo-L-thyronine (T3), free L-Thyroxin (T4) and thyroid-stimulating hormone (TSH) via a multi-loop feedback system. The thyroid hormone receptor TRβ2 is expressed solely by the hypothalamus and pituitary and plays an important role in sensing circulating thyroid hormone levels. Low T3/T4 blood concentrations trigger the release of thyrotropin-releasing hormone (TRH) and thereafter TSH that stimulates the thyroid gland to produce thyroid hormones by binding to its receptor (TSHR). (b) At the cellular level, concentrations and actions of thyroid hormones are regulated by their transport and the activity of thyroid hormone processing enzymes, called deiodinases (DIO), as well as the thyroid hormone receptor availability. In osteoblasts, important transporter proteins are MCT8, MCT10, LAT1 and LAT2, however, only MCT8 is a thyroid hormone-specific transporter. DIO2 converts T4 to T3, while DIO3 catalyzes the conversion of T3 to 3,3′-diiodo-L-thyronine (3,3´-T2) and T4 to reverse T3 (rT3). The two most important functional thyroid hormone receptors in osteoblasts are TRα1 and TRβ1. T3 can bind to its nuclear receptors, which regulate the expression of thyroid hormone target genes together with the coreceptor retinoid X receptor (RXR) and further transcriptional regulators. Also, non-canonical signaling pathways can be activated (not shown).

Der Knochen ist ein dynamisches Organ, welches sich im ständigen Umbau befindet, um alte oder beschädigte Knochenmatrix zu entfernen. Im Knochen eingeschlossene Osteozyten registrieren mechanische und/oder chemische Reize z. B. infolge einer Mikrofraktur und setzen daraufhin parakrin und endokrin wirksame Botenstoffe frei, welche den Knochenumbau initiieren. Zunächst wird der betroffene Bereich durch Osteoklasten resorbiert, anschließend neue organische Matrix von Osteoblasten gebildet und im weiteren Verlauf durch Einlagerung von Hydroxylapatit mineralisiert [8]. Eine Schilddrüsendysfunktion kann diesen Prozess wesentlich beeinflussen. Eine manifeste Hyperthyreose führt zur Beschleunigung des Knochenaufbaus und insbesondere Knochenabbaus und kann infolge dessen zur Ausprägung einer sekundären Osteoporose mit erhöhtem Frakturrisiko beitragen [6]. Im Gegensatz dazu verlängert eine manifeste Hypothyreose den Knochenumbauzyklus, erhöht die sekundäre Mineralisierung und ist ebenfalls mit einem erhöhten Frakturrisiko assoziiert [6]. Anhand transgener und experimenteller Tiermodelle sowie in vitro Untersuchungen wurde der Einfluss von Schilddrüsenhormonen auf den Knochenstoffwechsel ausführlich untersucht, um daran beteiligte Rezeptoren, Transporter und molekulare Mechanismen zu identifizieren und um die Auswirkungen einer Schilddrüsenfunktionsstörung auf die Knochenqualität und -struktur zu erforschen. In diesem Review sollen zentrale Erkenntnisse aus der aktuellen präklinischen Forschung und die skelettalen Veränderungen aufgrund von Schilddrüsenfunktionsstörungen im Menschen vorgestellt werden.

Schilddrüsenhormone und Knochenzellen

Um die Effekte von Schilddrüsenhormonen auf den gesamten Knochenstoffwechsel und die Knochenphysiologie verstehen zu können, ist ein Einblick in deren Wirkung auf die einzelnen Knochenzelltypen notwendig. Zahlreiche Studien belegen eine stimulierende Wirkung von T3 auf primäre und immortalisierte Osteoblasten in vitro [9] [10] [11] [12] [13] [14] [15]. Hierbei fördert T3 sowohl die Differenzierung von mesenchymalen Stammzellen zu reifen Osteoblasten, sowie deren Funktionen wie z. B. die Mineralisierung und die Aktivität der knochenspezifischen alkalischen Phosphatase (ALP) [9] [10] [11] [12] [13] [14] [15]. Ein direkter Einfluss von Schilddrüsenhormonen auf Osteoklasten konnte bislang in vitro nicht eindeutig belegt werden. Vermutlich basieren die in vivo beobachteten Effekte von Schilddrüsenhormonen auf die Knochenresorption auf indirekten Wechselwirkungen, vermittelt über Zellen der Osteoblasten-Linie [6] [16] [17] [18] [19]. Wichtige Regulatoren der Osteoklastogenese wie receptor activator of NF-κB ligand (RANKL) und Osteoprotegerin (OPG), welche von Osteoblasten produziert und durch eine Behandlung mit Schilddrüsenhormonen in ihrer Expression beeinflusst werden, könnten hierbei eine zentrale Rolle spielen [6] [16] [17] [18] [19]. Über den Einfluss von Schilddrüsenhormonen auf Osteozyten gibt es bislang keine Studien [6].

Drei wesentliche Faktoren bedingen die Wirkung von Schilddrüsenhormonen in Zellen: I. deren Import, II. deren Aktivierung oder Deaktivierung über Dejodasen (DIO) und III. die Rezeptorverfügbarkeit ([Abb. 1]) [6]. Entgegen der landläufigen Meinung, dass Schilddrüsenhormone frei durch die Zellmembran diffundieren können, benötigen sie spezifische Transporterproteine um die Zellmembran zu passieren. Proteine der Monocarboxylate transporter (MCT) Familie, MCT8 und MCT10, werden in Osteoblasten und Osteoklasten exprimiert, beeinflussen die Aufnahme von T3 und T4 in vitro und ihr Knockout führt zu Veränderungen des Knochenphänotyps in vivo [20] [21]. Transporter der L-type amino acid transporter (LAT) Familie, LAT 1 und LAT2, konnten ebenfalls in Osteoblasten und Knochengewebe nachgewiesen werden [22]. Ein extrazelluläres Ungleichgewicht an Schilddrüsenhormonen kann zum Teil durch Dejodasen auf intrazellulärem Level ausgeglichen werden. Sowohl DIO2 als auch DIO3, jedoch nicht DIO1, werden in Osteoblasten exprimiert. DIO2 aktiviert T4 zu T3, während DIO3 T4 zu reverse T3 (rT3) und T3 zu 3,3'-Diiodothyronin (3,3'-T2) deaktiviert und damit steuern beide Enzyme die lokale Verfügbarkeit der Schilddrüsenhormone. Osteoklasten verfügen nur über das inaktivierende Enzym DIO3 [23.] Die Expression der Schilddrüsenhormonrezeptoren TRα1, TRα2 und TRβ1 wurde bislang nur eindeutig für Osteoblasten nachgewiesen und ihre intrazelluläre Lokalisation beschränkt sich neben dem Zytoplasma und an der Plasmamembran vor allem auf den Zellkern [6] [24]. T3-gebundene nukleäre Rezeptoren fungieren als Transkriptionsfaktoren und regulieren schließlich die Expression von Genen, welche die Osteoblastendifferenzierung fördern (kanonischer Signalweg) [2] [3]. Alternativ kann eine Aktivierung der Rezeptoren im Zytoplasma oder von Integrinen an der Zellmembran über die Bindung von T4 erfolgen, welche nachfolgend Signalkaskaden auslöst (nicht-kanonischer Signalweg) [2] [3] [25.] Aufgrund ihrer 10-fach höheren Expression im Knochengewebe im Vergleich zu TRβ1 und TRα2, wird die Isoform TRα1 als primärer Rezeptor des Knochens angesehen [6]. Studien belegen jedoch, dass TRβ1 ebenfalls eine wichtige Rolle in der Signalvermittlung übernimmt und dies insbesondere bei Kurzzeiteffekten [26] [27] [28]. Obwohl der Osteozyt ein wichtiger Regulator des Knochenumsatzes ist, gibt es bislang keine Daten über die Wirkung von Schilddrüsenhormonen auf den Osteozyten bzw. ob und welche Signalkomponenten wie Rezeptoren und Dejodasen exprimiert werden [6]. Da nach aktuellem Stand der Wissenschaft Osteoklasten eher indirekt, vermittelt über Osteoblasten von Schilddrüsenhormonen beeinflusst werden, stellt der Osteoblast somit die vorrangige Zielzelle für Schilddrüsenhormone im Knochen dar [6].


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Mausmodelle mit gestörter Schilddrüsenhormonhomöostase

Transgene Mausmodelle sind ein nützliches Werkzeug der Forschung, um die Funktion und Bedeutung eines einzelnen Gens in einem gesamten Organismus zu verstehen. Die Fragestellung entscheidet schließlich darüber, ob ein Gen systemisch ausgeschaltet (globaler Genknockout) oder nur in spezifischen Zielzellen oder Zielgeweben (konditioneller Genknockout) herunterreguliert wird. Zahlreiche Mausmodelle wurden zur Untersuchung der Effekte von Schilddrüsenhormonen auf den Stoffwechsel, aber auch insbesondere auf den Knochenmetabolismus und das Knochenwachstum, gezüchtet [6]. Mäuse mit einem globalen Knockout des Transkriptionsfaktor Paired Box Protein 8 (Pax8-/- Mäuse), welcher essenziell für die Entwicklung von Follikelzellen in der Schilddrüse ist, können selbst keine Schilddrüsenhormone bilden und weisen eine 2000-fache Erhöhung von TSH im Blut auf, was sie zu einem guten Forschungsobjekt für eine kongenitale Hypothyreose macht [29] [30]. Ohne eine externe Verabreichung von Schilddrüsenhormonen sterben die meisten Pax-/- Mäuse während oder kurz nach der Geburt und weisen weiterhin Taubheit und eine deutliche Wachstumsstörung auf [29] [30]. Diese Symptome lassen sich durch eine L-Thyroxin Behandlung während der ersten postnatalen Tagen behandeln [31].

Im adulten Mausmodell kann eine Hypothyreose durch die Behandlung mit dem Thyreostatikum Methimazol und Natrium-Perchlorat, welches den Natrium-Iodid-Symporter und somit den Iodid-Transport hemmt, im Trinkwasser induziert werden. Nach 4 Wochen weisen diese Mäuse dann im Vergleich zu unbehandelten Tieren eine Zunahme an trabekulärer Knochenmineraldichte und ein dichteres Trabekelnetzwerk auf und sind durch eine Verringerung der Knochenformation als auch Knochenresorption charakterisiert ([Abb. 2]) [32]. Im Gegensatz dazu kann eine Hyperthyreose durch Gabe von L-Thyroxin im Trinkwasser über 4 Wochen hervorgerufen werden. Die Knochen hyperthyreoter Mäuse weisen eine reduzierte Knochenmineraldichte und ein verringertes kortikales und trabekuläres Knochenvolumen auf, bedingt durch eine Abnahme der Trabekelanzahl und Trabekeldicke ([Abb. 2]) [32]. Sowohl der Knochenaufbau als auch insbesondere der Knochenabbau werden deutlich durch eine Hyperthyreose erhöht und dies führt zur Ausprägung einer sekundären Osteoporose mit verringerter Knochenqualität [32]. Studien zu den zugrundeliegenden molekularen Mechanismen fokussierten sich zunächst auf osteoanabole Signalwege, den Wnt- und den Bone Morphogenetic Protein (BMP) Signalweg, welche beide wichtig für die Osteoblastenentwicklung und –funktion sind. Obwohl die Konzentrationen der Wnt-Inhibitoren Dickkopf-1 und Sclerostin im Blut und Knochengewebe hyperthyreoter Mäuse erhöht sind, konnte weder der Knockout von Dickkopf-1 noch die pharmakologische Blockade von Sclerostin den Hyperthyreose-bedingten Knochenverlust in Mäusen verhindern [32] [33] [34]. Im Vergleich dazu schützte eine Behandlung hyperthyreoter Mäuse mit dem ALK3-Fc Fusionsprotein, welches die aktivierenden Signalmoleküle für den BMP-Rezeptor ALK3 abfängt und somit den BMP-Signalweg blockiert, vor einer Osteoporose [35]. In vitro führte eine Blockade des BMP-Signalweges auf der Rezeptor- und Ligandenebene ebenfalls zu einer Verhinderung der T3-gesteigerten Leistung von Osteoblasten und bestätigt somit, dass der BMP-Signalweg eine wichtige Rolle in der Vermittlung der Effekte von Schilddrüsenhormonen im Knochen ist [35].

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Abb. 2 Die Knochenmikrostruktur hypo- und hyperthyreoter Mäuse im Vergleich zu gesunden Kontrolltieren. Exemplarische Darstellung des 4. Lendenwirbelkörpers einer (a) hypothyreoten, (b) gesunden und (c) hyperthyreoten Maus gemessen und rekonstruiert mittels Mikrocomputertomographie. In adulten Mäusen kann eine Hypothyreose durch die Behandlung mit dem Thyreostatikum Methimazol und dem Natrium-Perchlorat, welches den Natrium-Iodid-Symporter und somit den Iodid-Transport hemmt, im Trinkwasser über 4 Wochen induziert werden. Dies führt zur Zunahme an trabekulärer Knochenmineraldichte und bedingt ein dichteres Trabekelnetzwerk in den hypothyreoten Tieren. Im Gegensatz dazu kann eine Hyperthyreose durch Gabe von L-Thyroxin im Trinkwasser über 4 Wochen hervorgerufen werden. Die Knochen hyperthyreoter Mäuse weisen eine reduzierte Knochenmineraldichte und ein verringertes Knochenvolumen auf.
Fig. 2 Bone microarchitecture of euthyroid, hypothyroid and hyperthyroid mice. Representative 3D reconstructions of the fourth lumbar vertebra of (a) hypothyroid, (b) euthyroid and (c) hyperthyroid mice measured by micro-computed tomography. Adult mice were rendered hypothyroid by adding methimazole, an antithyroid drug, and sodium perchlorate, an inhibitor of the sodium-iodine-symporter, to the drinking water over 4 weeks leading to increased bone mass with a denser trabecular network. In contrast, hyperthyroidism induced by adding L-thyroxine over 4 weeks to the drinking water results in an osteoporotic bone phenotype in mice characterized by reduced bone mineral density and bone volume.

In vivo Studien zu der Rolle vom Schilddrüsenhormon-Transportern im Knochen zeigen, dass ein globaler Mct8 Knockout zu einer erhöhten T3 Konzentration im Serum führt und in einer geringeren trabekulären Knochenmasse aufgrund eines gesteigerten Knochenumsatzes sowie verzögerter Knochenmineralisierung resultiert [36] [37]. 12-Wochen alte konditionelle Knockout-Mäuse mit gezielter Mct8 Deletion in Osteoblast- und Osteoklast-Vorläuferzellen sowie Osteozyten weisen keine Veränderungen der Schilddrüsenhormon-Homöostase auf, jedoch sind diese Mäuse durch eine höhere trabekuläre Knochenmasse charakterisiert [37]. Weiterhin führte der Osteoblast-Vorläufer- und Osteozyt-spezifische Mct8 Knockout zu einem reduzierten kortikalen Knochenvolumen, was auf verschiedene Expressionsmuster und Funktionen von MCT8 in trabekulären versus kortikalen Knochen hindeutet [37]. Diese phänotypischen Veränderungen waren jedoch nicht konstant über die gesamte Alterspanne der transgenen Mäuse hinweg zu beobachten, sondern wandelten sich in jungen (6 Wochen alten) und erwachsenen (24 Wochen alten) Tieren ab [38]. Ein globaler Knockout des Transporters Mct10, welcher neben Schilddrüsenhormonen auch weiter aromatische Aminosäuren transportieren kann, zeigte alters- und knochentyp-abhängige Effekte [39]. Während 12 Wochen alte Mct10 Knockout Mäuse eine verringerte Knochenmasse im Femur aufweisen, zeigen 24 Wochen alte Tiere eine Knochenzunahme [39]. Die Wirbelsäule war durch den Knockout nicht beeinflusst. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Schilddrüsenhormontransporter eine wesentliche Rolle in der Knochenhomöostase während der Entwicklung und im Erwachsenenalter spielen [38] [39].

Ein weiterer kritischer Regulator der Knochenmineralisierung und -stabilität ist die Dejodase DIO2, welche intrazellulär T4 zu T3 umwandeln kann und somit über die Verfügbarkeit des biologisch aktiveren Schilddrüsenhormons bestimmt [23.] Der globale Dio2 Knockout in adulten Mäusen erhöht die zirkulierenden Konzentrationen an T4 und TSH, jedoch nicht von T3. Die Knochen von Dio2 Knockout Mäusen sind fragiler und neigen eher zu Brüchen [23] [40]. Die lokale Unterversorgung der Osteoblasten mit T3 führt zu einer um 50% verringerten Knochenformation und einer erhöhten sekundären Mineralisierung bestehender Knochenstrukturen [23] [40]. In Dio3 Knockout Mäusen wurde eine perinatale Thyreotoxikose und später Hypothyreose im Erwachsenenalter nachgewiesen, welche in einer deutlich geringeren Körperlänge, verringertem Körpergewicht und perinataler Übersterblichkeit resultierten [41]. DIO1 spielt keine Rolle in der Knochenhomöostase [6].

Die Rezeptorverfügbarkeit kann ebenfalls einen Einfluss auf das Skelettwachstum und die Knochengesundheit nehmen. TRα0/0 Mäuse, welche einen globalen Knockout aller TRα Transkriptvarianten aufweisen, sind euthyreot und zeigen in Abhängigkeit vom Alter einen deutlichen Knochenphänotyp [42]. In jungen Mäusen führt der TRα Knockout zu beeinträchtigtem Wachstum, verzögerter endochondraler Ossifikation und reduzierter Mineralisierung [42]. Adulte TRα0/0 Mäuse jedoch haben eine deutlich erhöhte Knochenmasse und einen gestörten Knochenumbau und somit eine Art „lokaler Hypothyreose“ im Knochengewebe [42] aufgrund der fehlenden Signalübertragung via TRα. Mäuse mit globalem TRβ Knockout (TRβ-/-) weisen die klassischen Symptome des Syndroms der Resistenz gegen Schilddrüsenhormone (resistance to thyroid hormone, RTH, Refetoff-Syndrom) auf und sind durch erhöhte T3, T4 und TSH Konzentrationen im Serum und eine im Verhältnis zu ihren Serumspiegeln verminderte Wirkung von Schilddrüsenhormonen gekennzeichnet [42]. Junge TRβ-/- Mäuse haben eine beschleunigte endochondrale und intramembranöse Ossifikation, eine erhöhte Mineralisierung und kurze Statur aufgrund einer frühzeitigen Schließung der Wachstumsfugen [42]. Im adulten Alter führen die erhöhten Schilddrüsenhormon-Konzentrationen zu einer progressiven Osteoporose vermittelt durch eine erhöhtes TRα Signaling in den Knochenzellen [42]. Aufgrund der Thyreotoxikose lässt sich jedoch kein Rückschluss darüber treffen, welche skelettalen Veränderungen ein TRβ Knockout per se in euthyreoten Tieren hätte. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass Mäuse ohne funktionellen TRα-Rezeptor nicht vor einer Hyperthyreose-induzierten Osteoporose geschützt sind und somit beide Rezeptoren an der Pathogenese beteiligt sein können [28]. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sowohl TRα als auch TRβ ein kritischer Regulator der Knochenmineraldichte und Knochenqualität ist.


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Knochenerkrankungen infolge einer Schilddrüsendysfunktion

Funktionsstörungen der Schilddrüse können in Abhängigkeit vom Alter der Betroffenen zu unterschiedlichen skelettalen Konsequenzen führen, da Schilddrüsenhormone in der Kindheit eine vorwiegend anabole Funktion im Skelettwachstum und im Erwachsenenalter eine katabole Rolle im Knochenstoffwechsel übernehmen [6]

Eine unerkannte Hyperthyreose im Kindesalter bedingt eine initial beschleunigte Ossifikation und lineare Wachstumsrate, jedoch kann es aufgrund der ebenfalls beschleunigten Knochenalterung zur frühen Fusion der Wachstumsplatten und damit zum Minderwuchs kommen [6] [43]. Eine unbehandelte Hypothyreose in Kindern verursacht ebenfalls Kleinwuchs, jedoch bedingt durch eine Wachstumsverzögerung und beeinträchtigte Knochenreifung [6] [44]. Die kongenitale Hypothyreose ist mit einer Inzidenz von 2–4 pro 10.000 Geburten eine der häufigsten angeborenen Endokrinopathien [45]. Die rechtzeitige Therapie mit L-Thyroxin kann zum schnellen „Nachholwachstum“ beitragen, so dass Betroffene in der Regel eine normale Körpergröße und Knochendichte im Erwachsenenalter erreichen [44]. Eine Euthyreose im Kindesalter ist somit essenziell für das Längenwachstum und eine optimale Knochenqualität und -dichte im Erwachsenenalter [6] [46].

In Erwachsenen erhöht eine unbehandelte manifeste Hyperthyreose den Knochenstoffwechsel deutlich und halbiert den Knochenumbauzyklus, was zu einem Knochenverlust von bis zu 10% pro Zyklus führt [6]. Die Hyperthyreose stellt somit eine etablierte Ursache für eine sekundäre Osteoporose und ein erhöhtes Frakturrisiko dar, insofern sie nicht aufgrund der weiteren Symptomatik zuvor diagnostiziert und therapiert wird [6]. Eine latente Hyperthyreose liegt vor, wenn die Spiegel der zirkulierenden Schilddrüsenhormone noch im Normbereich sind, die TSH-Konzentration im Blut jedoch unterhalb des Referenzbereiches liegt. Dies kann ebenfalls zur Abnahme der Knochenmineraldichte und Erhöhung des Frakturrisikos in Abhängigkeit von der Krankheitsdauer führen [47] [48]. Eine Therapie der Hyperthyreose kann die Knochenmineraldichte nach mehreren Jahren normalisieren und das Frakturrisiko verringern [49]. Menschen mit unbehandelter Hypothyreose weisen eine verringerte Knochenresorption und -formation, beeinträchtigte Osteoidbildung sowie erhöhte sekundäre Mineralisierung auf [6]. Einige retrospektive Studien belegen ein erhöhtes Frakturrisiko durch eine manifeste Hypothyreose [50] [51] [52] [53] [54], während eine latente Hypothyreose keinen Einfluss auf die Knochenmineraldichte und das Frakturrisiko nimmt [47] [55] [56].

Heterozygote dominant-negative Mutationen im TRβ kodierenden Gen THRB führen zur Ausprägung des Syndroms der Resistenz gegen Schilddrüsenhormone, welches nach einem der Autoren der Erstbeschreibung im Jahr 1967 auch Refetoff-Syndrom genannt wird [57]. Betroffene weisen aufgrund des durch den mutierten TRβ gestörten negativen Rückkopplungsmechanismus hohe Konzentrationen an T3, T4 und TSH im Blut auf. Die Inzidenz liegt bei 1:40.000 Geburten [6] [58]. Je nach Mutation, betroffenen Zielgewebe und dem Ausmaß der Schilddrüsenhormonimbalance zeigen Betroffene einen komplexen und diversen Phänotyp, welcher sowohl Symptome und Anzeichen einer Hyperthyreose als Hypothyreose aufweisen kann [6] [58]. Der Knochenphänotyp kann dementsprechend ein breites Spektrum an verschiedenen skelettalen Abnormalitäten umfassen, einschließlich Minderwuchs, Kraniosynostose, Osteoporose und vertebrale Verformungen [6] [58]. Jedoch ist die Datenlage hier inkonsistent und könnte durch andere Faktoren wie z. B. dem genetischen Background, dem Alter der Betroffenen, dem Studiendesign und begonnenen Therapien beeinflusst sein [6] [59]. Nur wenige Fälle von heterozygoten dominant-negativen Mutationen im THRA, dem für TRα kodierenden Gen, sind beschrieben. Betroffene zeigen ebenfalls eine gestörte Sensitivität gegenüber Schilddrüsenhormonen, jedoch sind die TSH-Spiegel normal, T4-Level niedrig bis normal und T3-Level hoch bis normal, was zu einem charakteristisch geringen fT4:fT3 Verhältnis und Symptomen ähnlich einer kongenitalen Hypothyreose führt [60] [61] [62]. Das Längenwachstum der Betroffenen ist stark beeinträchtigt. Zusätzlich können je nach Mutation weitere Skelettanomalien, Makrokephalie, kraniofaziale Fehlbildungen und ein verspäteter Zahndurchbruch auftreten [60] [61] [62] [63].

Der Knochen ist der größte Calcium- und Phosphatspeicher des menschlichen Körpers [64]. Neben den Hauptakteuren in der Calcium- und Phosphatregulation, Parathormon (PTH), Calcitriol und dem fibroblast growth factor 23 (FGF-23), können auch Schilddrüsenhormone über den beschleunigten Knochenabbau die Menge an Calcium und Phosphat, welche aus dem Knochen ins Blut freigesetzt werden, beeinflussen [65] [66]. Eine unbehandelte Hyperthyreose mit erhöhter Knochenstoffwechselrate kann daher zu Hyperkalzämie und Hyperphosphatämie führen [66] [67] [68]. Im Mausmodell konnte nachgewiesen werden, dass Schilddrüsenhormone ebenfalls direkt die Phosphatresorption im proximalen Tubulus erhöhen können, indem sie die Expression von Natrium-Phosphat-Ko-Transporter Typ-IIa (NPT2a) erhöhen [69]. In klinischen Studien konnte zudem gezeigt werden, dass Schilddrüsenerkrankungen die Spiegel von PTH und FGF-23 beeinflussen können [70] [71] [72]. Während die PTH Konzentration im Serum hyperthyreoter Patienten verringert ist, kann die Nebenschilddrüsenfunktion in Individuen mit manifester Hypothyreose normal oder erhöht sein [70]. Patienten, welche von Morbus Basedow und einer Hypophosphatämie betroffen sind, weisen erhöhte FGF-23 Spiegel auf, welche zusammen mit dem Phosphatspiegel bereits nach 3-wöchiger Behandlung mit dem Thyreostatikum Methimazol sinken [71] [72]. Ebenfalls Osteokine, endokrin und/oder parakrin wirksame und von Knochen sezernierte Wirkstoffe, wie z. B. das von Osteozyten sezernierte Sclerostin und FGF-23 wurden in den Zusammenhang mit der Calcium- und Phosphathomöostase gebracht und sind durch Schilddrüsenhormone regulierbar [73].


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Zusammenfassung

Abschließend ist festzuhalten, dass Schilddrüsenhormone wichtige Regulatoren des Knochenstoffwechsels und der Mineralisierung sind und darüber wesentlich die Calcium- und Phosphathomöostase im Körper beeinflussen können. Um die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen genau zu verstehen und innovative Therapieoptionen für Knochenerkrankungen infolge einer gestörten Schilddrüsenhomöostase zu entwickeln, sind weiterhin gründliche und ausgiebige Grundlagenforschung als auch translationale und klinische Forschung notwendig.


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Take Home Message Box

  • Schilddrüsenhormone spielen eine zentrale Rolle im Skelettwachstum und beim Erhalt eines gesunden Knochens im Erwachsenenalter.

  • Schilddrüsenerkrankungen im Kindesalter führen zu Wachstumsstörungen. Im Erwachsenenalter erhöht eine unbehandelte manifeste Hyperthyreose den Knochenstoffwechsel deutlich und bedingt dadurch die Entwicklung einer Osteoporose mit erhöhtem Frakturrisiko. Erwachsene Personen mit unbehandelter Hypothyreose weisen eine verringerte Knochenresorption und -formation, beeinträchtigte Osteoidbildung sowie erhöhte sekundäre Mineralisierung auf.

  • Die zelluläre Wirksamkeit der Schilddrüsenhormone wird über drei wesentliche Faktoren bestimmt: deren Import in die Zelle, ihre Aktivierung oder Inaktivierung durch Dejodasen und die Verfügbarkeit der Schilddrüsenhormonrezeptoren.

  • Da Schilddrüsenhormone den Knochenumbau direkt regulieren können, nehmen sie ebenfalls Einfluss auf die Calcium- und Phosphathomöostase im Körper.


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Finanzielle Unterstützung

Diese Arbeit wurde unterstützt von der Fritz Thyssen Stiftung (Az. 10.20.2.042MN), der Elsbeth Bonhoff Stiftung (Az.231), Deutschen Forschungsgemeinschaft (LA 4945/1–1) sowie dem MeDDrive Start Grant, TU Dresden, Medical Faculty (60483)


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Interessenkonflikt

Franziska Lademann gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Martina Rauner erhielt Honorare für Vorträge von UCB. Elena Tsourdi erhielt Honorare für Vorträge von Amgen, UCB, Kyowa Kirin, Takeda, Ipsen und Pfizer.


Korrespondenzadresse

Franziska Lademann

Publikationsverlauf

Eingereicht: 26. Juli 2022

Angenommen nach Revision: 23. September 2022

Artikel online veröffentlicht:
14. Dezember 2022

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Abb. 1 Die systemische und intrazelluläre Regulation der Schilddrüsenhormonhomöostase. (a) Der thyreotrope Regelkreis kontrolliert und regelt die zirkulierenden Level an freien 3,3',5-Triiod-L-thyronin (T3), freien L-Thyroxin (T4) und Thyreoidea-stimulierenden Hormon (TSH) über Rückkopplungsmechanismen. Der Schilddrüsenhormonrezeptor TRβ2, welcher im Hypothalamus und der Hypophyse exprimiert wird, spielt hierbei eine wichtige Rolle. Geringe T3 bzw. T4 Serumkonzentrationen bewirken eine erhöhte Sekretion von Thyreotropin-Releasing-Hormon (TRH) und nachfolgend TSH, welches vermittelt über die Bindung an den TSH-Rezeptor (TSHR) in der Schilddrüse die Produktion von Schilddrüsenhormonen anregt. (b) Auf zellulärer Ebene kann im Osteoblasten die Konzentration der Schilddrüsenhormone über den Import und die Aktvierung/Inaktivierung mittels Dejodasen (DIO) sowie ihre Wirkung über die Schilddrüsenhormonrezeptorverfügbarkeit geregelt werden. Wichtige Transporterproteine sind MCT8, MCT10, LAT1 und LAT2, wobei MCT8 der einzige Schilddrüsenhormon-spezifische Transporter ist. DIO2 wandelt T4 durch Abspalten eines Iodatoms zu T3 um, während DIO3 T3 zu 3,3′-Diiod-L-thyronin (3,3´-T2) und T4 zu reverse T3 (rT3) umsetzt. Die zwei wichtigsten und funktionellen Schilddrüsenhormonrezeptoren im Osteoblasten sind TRα1 und TRβ1. T3 kann an die nukleären Rezeptoren binden, welche daraufhin in Interaktion mit ihrem Korezeptor retinoid X receptor (RXR) und weiteren Transkriptionsfaktoren die Expression von Zielgenen reguliert. Alternativ können ebenfalls nicht-kanonische Signalwege aktiviert werden (nicht dargestellt).
Fig. 1. The systemic and intracellular regulation of thyroid hormone homeostasis. (a) The hypothalamic-pituitary-thyroid axis tightly regulates circulating levels of free 3,3',5-triiodo-L-thyronine (T3), free L-Thyroxin (T4) and thyroid-stimulating hormone (TSH) via a multi-loop feedback system. The thyroid hormone receptor TRβ2 is expressed solely by the hypothalamus and pituitary and plays an important role in sensing circulating thyroid hormone levels. Low T3/T4 blood concentrations trigger the release of thyrotropin-releasing hormone (TRH) and thereafter TSH that stimulates the thyroid gland to produce thyroid hormones by binding to its receptor (TSHR). (b) At the cellular level, concentrations and actions of thyroid hormones are regulated by their transport and the activity of thyroid hormone processing enzymes, called deiodinases (DIO), as well as the thyroid hormone receptor availability. In osteoblasts, important transporter proteins are MCT8, MCT10, LAT1 and LAT2, however, only MCT8 is a thyroid hormone-specific transporter. DIO2 converts T4 to T3, while DIO3 catalyzes the conversion of T3 to 3,3′-diiodo-L-thyronine (3,3´-T2) and T4 to reverse T3 (rT3). The two most important functional thyroid hormone receptors in osteoblasts are TRα1 and TRβ1. T3 can bind to its nuclear receptors, which regulate the expression of thyroid hormone target genes together with the coreceptor retinoid X receptor (RXR) and further transcriptional regulators. Also, non-canonical signaling pathways can be activated (not shown).
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Abb. 2 Die Knochenmikrostruktur hypo- und hyperthyreoter Mäuse im Vergleich zu gesunden Kontrolltieren. Exemplarische Darstellung des 4. Lendenwirbelkörpers einer (a) hypothyreoten, (b) gesunden und (c) hyperthyreoten Maus gemessen und rekonstruiert mittels Mikrocomputertomographie. In adulten Mäusen kann eine Hypothyreose durch die Behandlung mit dem Thyreostatikum Methimazol und dem Natrium-Perchlorat, welches den Natrium-Iodid-Symporter und somit den Iodid-Transport hemmt, im Trinkwasser über 4 Wochen induziert werden. Dies führt zur Zunahme an trabekulärer Knochenmineraldichte und bedingt ein dichteres Trabekelnetzwerk in den hypothyreoten Tieren. Im Gegensatz dazu kann eine Hyperthyreose durch Gabe von L-Thyroxin im Trinkwasser über 4 Wochen hervorgerufen werden. Die Knochen hyperthyreoter Mäuse weisen eine reduzierte Knochenmineraldichte und ein verringertes Knochenvolumen auf.
Fig. 2 Bone microarchitecture of euthyroid, hypothyroid and hyperthyroid mice. Representative 3D reconstructions of the fourth lumbar vertebra of (a) hypothyroid, (b) euthyroid and (c) hyperthyroid mice measured by micro-computed tomography. Adult mice were rendered hypothyroid by adding methimazole, an antithyroid drug, and sodium perchlorate, an inhibitor of the sodium-iodine-symporter, to the drinking water over 4 weeks leading to increased bone mass with a denser trabecular network. In contrast, hyperthyroidism induced by adding L-thyroxine over 4 weeks to the drinking water results in an osteoporotic bone phenotype in mice characterized by reduced bone mineral density and bone volume.