Schlüsselwörter
Rheumahand - operative Therapie bei Rheuma an der Hand - c
Key words
c - surgery in rheumatic hand diseases - rheumatic hand
Einleitung
Die „rheumatischen Hand“ im Kindes- und Jugendalter unterscheidet
sich im Hinblick auf operative Behandlung nicht von der Hand einer adulten
rheumatoiden Arthritis oder die erkrankte Hand eines Patienten mit einer anderen
entzündlich-rheumatischen Erkrankung (Psoriasisarthritis, Spondylitis
ankylopoetica). Der entzündlich-rheumatische Prozess ruft bei diesen
Grunderkrankungen an den Händen sehr ähnliche Erscheinungen und
Veränderungen hervor, zu deren operativer Behandlung ähnliche oder
gleichartige Verfahren eingesetzt werden. Dabei darf nicht übersehen werden,
dass die operative Behandlung der rheumatischen Hand zwar ein wesentlicher, aber
nicht der alleinige Bestandteil des antirheumatischen Gesamtkonzeptes ist [9]
[14]
[24]. Die operative Behandlung
kann nur erfolgreich sein, wenn sie mit den konservativen, physikalischen und
medikamentösen Behandlungsmaßnahmen sowie mit den übrigen
Eingriffen aus der operativen Rheumatologie abgestimmt ist [15] Da die operative Behandlung der
rheumatischen Hand technisch oft sehr aufwendig und anspruchsvoll ist, die
Nachbehandlung häufig langwierig und schwierig ist und sowohl vom Patienten,
als auch vom Therapeuten viel Energie, Ausdauer und Geduld verlangt und
schließlich das Operationsrisiko nicht unerheblich ist, sollten operative
Maßnahmen nie der erste Behandlungsschritt sein, sondern erst dann
eingesetzt werden, wenn andere, einfachere, risikoärmere und weniger
anspruchsvolle Behandlungsmaßnahmen nicht zum Ziel führen.
Ziel der operativen Behandlung
Ziel der operativen Behandlung
Schmerzlinderung oder -beseitigung
Vermeidung oder Aufhalten der fortschreitenden Zerstörung von Gelenken und
Sehnen mit nachfolgender Fehlstellung und Funktionseinschränkung
Form und Funktion zu erhalten oder so weit wie möglich wiederherzustellen
oder zu verbessern.
Art der Operationen
Die Verfahren haben präventiven, kurativen und rekonstruktiven Charakter auf
oder weisen gleichzeitig mehrere dieser Merkmale auf.
Der präventive-kurative Charakter kommt besonders bei der Synovialektomie zum
Ausdruck. Durch die frühzeitige und möglichst vollständige
Entfernung der krankhaft gewucherten Synovialmembran der Gelenke
(Artikulosynovialektomie) oder der Sehenenscheide (Tenosynovialektomie) wird einer
Schädigung des Gelenkknorpels und des angrenzenden Knochens und/oder
Band- und Sehnenapparat vorgebeugt [2]
[4]
[13]
Gleichzeitig werden die Schmerzen gelindert und in vielen Fällen wird die
Funktion verbessert.
Je nach der angestrebten Funktionsverbesserung können mobilisierende und
stabilisierende Eingriffe unterschieden werden.
Mobilisierende Eingriffe werden vorwiegend an den Sehnen angewendet. Stabilisierende
Maßnahmen werden häufig an den Gelenken (z. B. Arthrodese)
durchgeführt. Seltener ist die Kombination von mobilisierender und
stabilisierender Funktionsverbesserung (z. B. Arthroplastik).
Die operativen Eingriffe an der rheumatischen Hand betreffen verschiedene Gewebe
entweder isoliert oder kombiniert. Dies sind:
Sehnen (Synovialitis, Insuffizienz, Ruptur)
Gelenke (Synovialis, Deformität, Destruktion)
Muskeln (Kontraktur)
Nerven (Kompression)
Haut (Rheumaknoten, Kontrakturen)
Indikationen
Ein handchirurgischer Eingriff ist im Allgemeinen indiziert, wenn sich bei frischer
Erkrankung nach mehr als halbjähriger konsequenter, konservativer,
medikamentöser und physikalischer antirheumatischer Therapie die
Entzündungszeichen nicht zurückbilden (Non-Responder,
Teil-Responder) oder wenigstens bessern oder,
wenn die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten wegen ernster
Nebenwirkung eingeschränkt oder erschöpft sind [25]
Eine dringliche Operationsindikation besteht bei akuter Nervenkompression oder
drohender Sehnenruptur. Weniger dringlich, aber nicht weniger wichtig ist die
Operationsindikation bei chronischer Nervenkompression, älterer
Sehnenruptur, therapieresistenter Synovialitis, Dauerschmerzen, Fehlstellung und
Instabilität sowie störenden, schmerzhaften oder exulzerierenden
Rheumaknoten, die bei jungen Rheumatikern die Ausnahme darstellen.
Kontraindikationen
Ein handchirurgischer Eingriff ist nicht indiziert bei schweren kardiopulmonalen
Begleiterkrankungen, fehlender Kooperation, guter Adaptation und ruhender
Krankheitsaktivität.
Eingriffen an den Sehnen
Die Sehnen an der Hand besitzen in weiten Abschnitten ihres Verlaufes eine synoviale
Umhüllung, die bei der polyartikulären Form der JIA fast immer und
häufig schon im frühen Stadium der Erkrankung entzündlich
verändert ist. Die gereizte Synovialmembran produziert zunächst ein
eiweißreiches Exsudat, aus dem sich Fibringerinsel sowohl auf der
Sehnenoberfläche in Form eines fibrinösen festsitzenden Belages als
auch im freien Sehnenscheidensack als sogenannte Reiskörperchen
niederschlagen. Später proliferiert die Synovialmembran ([Abb. 1a–d]), die dann Knoten aus
entzündlichem Granulationsgewebe bildet, das zunächst der Sehne
aufsitzt und später infiltrativ und destruktiv zwischen die
Sehnenfaserbündel vordringt ([Abb.
2]).
Abb. 1
a–d Tenosynovialitis im Karpalkanal bei RA mit
Kompression des Nervus medianus vor , während und nach
Synovialektomie.
Abb. 2 intratendinöser Sehnenknoten mit Teilruptur der
Beugesehne.
Durch diese Prozesse verschlechtert sich die Gleitfähigkeit und damit die
Funktion der Sehne zunehmend. Ihre mechanische Festigkeit und die Belastbarkeit
nehmen ab. Die Sehne wird überdehnt, insuffizient und rupturiert
schließlich oder verwächst mit dem umgebenden Gewebe.
Ähnliche Veränderungen kann eine Sehne auch außerhalb Ihrer
eigenen synovialen Umhüllung erleiden, wenn sie in innigem Kontakt mit einem
synovialitisch erkrankten Gelenk steht, was bei den Stecksehnen an den Fingermittel-
und Fingergrundgelenken, seltener am Daumenendgelenk der Fall ist. Je nach Zustand
der Sehne müssen verschiedene Eingriffe isoliert oder kombiniert
durchgeführt werden. Meist kann die
Tenosynovialitis klinisch oder auch sonographisch ([Abb. 3]) detektiert werden.
Abb. 3
a+b: sonographische Darstellung der
Handgelenksextensoren längs und quer mit Synovialitis und
Ergußbildung.
Synovialektomie
Sehnenverlagerung
Sehnenraffung
Sehnenverkürzung
Sehnenverlängerung
Tendolyse
Sehnennaht
Sehnentransposition
Sehentransplantation
Tenosynovialektomie
Der wichtigste und häufigste Eingriff ist die Tenosynovialektomie, das
heißt die möglichst vollständige operative Entfernung der
entzündeten Synovialmembran sowohl an der Sehnenoberfläche
(viszerales Blatt der Synovialmembran, epitendinöse Knoten) als auch im
Sehnenscheidensack (parietales Blatt der Synovialmembran), als auch in Inneren der
Sehne (intratendinöse Knoten [Abb.
2]).
Die Synovialektomie befreit die Sehne nicht nur von aggresivem Synovialgewebe,
sondern dekomprimiert die Sehne in den engen osteofibrösen Kanälen
an den Beugeseiten der Finger (Fingerkanäle) oder des Handgelenkes
(Karpalkanal) oder unter dem staffen Retinakulum extensorum an der Streckseite des
Handgelenkes. Hier wird die Tenosynovialektomie immer mit einer Sehenenverlagerung
in das subkutane Gewebe kombiniert, wodurch einer erneuten Kompression oder
Verwachsung vorgebeugt wird.
Sehnenraffung, Sehnenverkürzung, Sehnenverlängerung und
Tenolyse
Sehnenraffung, Sehnenverkürzung, Sehnenverlängerung und
Tenolyse
Eine entzündlich narbig veränderte, überdehnte oder
insuffiziente Sehne kann durch eine Sehnenraffung oder Verkürzung wieder auf
regelrechte Länge gebracht werden, wodurch die physiologische
Muskelvorspannung wiederhergestellt wird. Eine verwachsene, festsitzende Sehne kann
durch Tenolyse wieder gleitfähig werden. Durch eine
Sehnenverlängerung kann die Stellung eines kontrakten Gelenkes normalisiert
werden.
Sehnennaht, Sehnentransposition, Sehnentransplantation
Sehnennaht, Sehnentransposition, Sehnentransplantation
Durch eine direkte Sehnennaht können bei einer frischen Sehnenruptur in
seltenen Fällen die Sehnenstümpfe wieder vereinigt werden ([Abb. 4]). Meistens jedoch ist eine direkte
Sehnennaht nicht möglich, da die Sehnenstümpfe zu schwer
verändert sind.
Abb. 4
a-c: Ruptur der Extensor digiti minimi-Sehne über dem
Caput ulnae und End-zu-End-Rekonstruktion.
Durch die Transposition (Transfer) einer intakten Sehne mit dem zugehörigen
Muskel mit gleicher oder ähnlicher Funktion auf den distalen Stumpf der
rupturierten Sehne kann die Funktion wiederhergestellt werden. (z. B.
Transposition der proximal gestielten Sehne des Muskulus extensor indicis proprius
auf den Stumpf der rupturierten Extensor pollicis longus Sehne).
Seltener wird durch Transplantation einer isolierten gesunden Sehne ( z. B.
Palmaris longus Sehne) eine rupturierte und langstreckig entzündlich
degenerierten Sehne ersetzt. Alle wiederherstellenden Eingriffe an den Sehnen werden
mit einer Synovialektomie kombiniert. Je früher und gründlicher
letztere vorgenommen wird, um so seltener sind erstere erforderlich.
Eingriffe an den Gelenken
Eingriffe an den Gelenken
Die pathogenetischen Faktoren der Artikulosynovialitis gleichen denen der
Tenosynovialitis. Zunächst kommt es durch den synovialitischen
Gelenkerguß zu einer Überdehnung und Ausweitung der Gelenkkapsel und
des Bandapparates, der schließlich insuffizient wird. Durch einseitige
Belastung und ungleichen Muskelzug entsteht allmählich eine Fehlstellung,
die zunächst aktiv noch korrigiert werden kann. Ohne Therapie
verstärkt sich die Deformität, die später nur noch passiv
ausgeglichen werden kann und schließlich kontrakt wird. Durch die
pathologische Zusammensetzung der Synovia (lysosomale Enzyme) wird die Trophik des
Gelenkknorpels gestört, der zusätzlich durch das
entzündliche synoviale Granulationsgewebe infiltriert und destruiert wird.
An der Knorpel-Knochengrenze dringt das aggressive Synovialgewebe entlang der
intraossären Gefässe in die Spongiosa ein, zerstört den
Knochen (Usuren) und unterminiert die Gelenkflächen, die schließlich
stellenweise einbrechen, wodurch sich die kapsulogene Deformität noch
verstärkt. Wenn der Gelenkknorpel zugrunde gegangen ist, die
Gelenkflächen eingebrochen sind und die Entzündungsaktivität
lokal nachgelassen hat, kann es allmählich zur knöchernen
Durchbauung des ehemaligen Gelenkspaltes, zur Ankylose kommen. Durch Beeinflussung
der Wachstumsfugen kann eine Verkürzung oder Verkippung der betroffenen
Abschnitte entstehen.
Entsprechend den Verhältnissen an den Sehnen sind auch an den Gelenken je
nach Befund verschiedene operative Maßnahmen notwendig, die häufig
gleichzeitig mit Eingriffen an den Sehnen verbunden werden. Zur Operation der
Gelenke werden eingesetzt:
Synovialektomie
Kapsel- und Bandraffung
Bandnaht
Kapsel- und Bandplastik
Tenodese
Arthroplastik
Arthrodese
Auch an den Gelenken ist der wichtigste Eingriff die Synovialektomie. Durch
rechtzeitige Artikulosynovialektomie können die oft verheerenden
Spätfolgen vermieden werden [10] Aber
auch im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung ist die Artikulosynovialektomie
noch sinnvoll, da man dadurch oft noch eine weitere Verschlechterung des
Gelenkzustandes verhindern und die Schmerzen lindern kann. Bei der Ablösung
der Gelenkkapsel und der Exstirpation der proliferirernden Synovialmembran werden
zwangsläufig zahlreiche zum Gelenk ziehende Nervenfasern unterbrochen. Diese
Denervierung ist ein willkommener Nebeneffekt der Artikulosynovialektomie, die
diesem ihre schmerzlindernde Wirkung verdankt.
Kapsel- und Bandraffung
Hat der synovialitische Erguß die Gelenkkapsel ausgeweitet und den
Bandapparat überdehnt, so müssen im Anschluß an die
Synovialektomie die Gelenkkapsel und Bänder gerafft oder wenn
möglich gedoppelt und dadurch verstärkt werden.
Kapsel- und Bandplastik
Sind die Bänder oder die Gelenkkapsel rupturiert oder defekt, so
können sie manchmal durch Naht wiederhergestellt werden. Meist ist jedoch
das Gewebe so stark entzündlich narbig umgewandelt, dass es durch eine
Bandplastik oder Kapselplastik ersetzt werden muss ([Abb. 5]).
Abb. 5
a+b Schwanenhalsdeformation vor und nach
Seitzügelverlagerung an den Mittelgelenken.
Bei der Ulnarabweichung der Langfinger kann über eine Rezentrierung der
Strecksehnen mit Raffung der radialen Seitenbändern und Lösung der
intrinsischen Muskulatur eine Korrektur mit Funktionsverbesserung erreicht werden.
Bei der JIA ist eine Radialisierung der Langfinger nicht selten und kann in der
Adoleszenz dann zur Korrektur führen.
Arthroplastik
Bei Zerstörung der Gelenkflächen kann die Gelenkfunktion durch die
Arthroplastik erhalten oder wiederhergestellt werden. Am häufigsten wird das
Verfahren am Radiokarpalgelenk und an den Langfingergrundgelenken, seltener am
Daumensattelgelenk und an den Fingermittelgelenken angewendet.
Bei der autologen Arthroplastik wird nach der Synovialektomie und Resektion der
Gelenkflächen mit dem angrenzenden Knochen körpereigenes Gewebe
(Sehne, Faszie, Gelenkkapsel) zwischen die Knochenflächen eingelagert. Damit
wird eine knöcherne Überbrückung vermieden. Gleichzeitig
müssen, falls erforderlich, Sehnen und Bänder rekonstruiert werden,
um ausreichende Stabilität zu gewährleisten. Am Handgelenk ist dies
durch eine Caput ulnae Teilentfernung oder Komplettresektion des Ellenkopfes bei
entsprechender Zerstörung sinnvoll. Ebenso sind bei sekundärer
Degeneration des Daumensattelgelenkes eine arthroplastische Umformung z. B.
mit einer APL-Sehne hilfreich. Durch die Möglichkeiten der Alloarthroplastik
ist die autologe Vorgehensweise an den Fingergrund- und -Mittelgelenken nur noch die
Ausnahme.
Bei der Alloarthroplastik wird zum Ersatz des zu resezierenden Gelenkes eine
Gelenkprothese aus Metall oder Kunststoff implantiert. Auch hier ist eine
sorgfältige Rekonstruktion der ligamentären Strukturen notwendig. Am
besten bewährt haben sich flexibele Kunststoffimplantate, die
allmählich von einer festen Bindegewebeshülle umschlossen
(Enkapsulation) und dadurch stabilisiert und fixiert werden, aber auch metallische
ungekoppelte Implantate zeigen gute mittelfristige Ergebnisse [6]
[29]
[30]
Diese Eingriffe sind bei jungen Rheumatikern unter 18 Jahren nicht indiziert,
können aber nach Abschluß der Wachstumsfugen diskutiert werden.
Arthrodese
In Situationen , in denen Stabilität wichtiger als Mobilität ist (
Daumengrund- und –endgelenk) oder an Gelenken, für die sich die
Arthroplastik nicht eignet oder nicht bewährt hat (Fingermittel- endgelenke,
Handgelenk) kann durch Arthrodese die Belastbarkeit des Gelenkes verbessert werden
[8]
[16]
[17] Nach Synovialektomie und
Gelenkresektion werden die Knochenflächen in gebrauchsgünstiger, den
individuellen Erfordernissen angepasster Stellung aufeinandergesetzt und durch eine
stabile Osteosynthese (Kirschnerdrähte, Zuggurtung, Platten, Verschraubung)
fixiert [27] Gleichzeitig werden dabei
Fehlstellungen korrigiert, die Gelenkschmerzen dauerhaft beseitigt und das Aussehen
verbessert.
Eingriffe an den Muskeln
Bei langdauernder Fehlstellung eines Gelenkes schrumpfen die nicht mehr von ihren
Antagonisten gedehnten Muskeln und werden schließlich kontrakt. Am
häufigsten ist die Flexionskontraktur des Handgelenks, die bei Defekt oder
Luxation des Ellenköpfchens mit einer Ulnarabduktionskontraktur kombiniert
sein kann.
Bei der arthritischen Destruktion und Luxation des Daumensattelgelenkes kommt es zur
Adduktionskontraktur des Daumens. Entzündliche Veränderungen der
Handbinnenmuskulatur führen zur kontrakten Schwanenhalsdeformation.
Die Verlängerung der Sehne am muskulotendinösen Übergang, die
Ablösung des Muskels am Ursprung oder Ansatz oder die Resektion der
kontrakten Sehne schaffen die Voraussetzung für einen wiederherstellenden
Gelenkgriff, mit dem die Fehlstellung beseitigt wird.
Eingriffe an den Nerven
Nerven , die in enger Nachbarschaft von Gelenken und Sehnenscheiden verlaufen,
können durch den synovialitischen Erguß oder das proliferierende
Synovialgewebe komprimiert werden. Dies ist am häufigsten im Karpalkanal der
Fall. Hier wird der Nervus medianus durch den Erguß in den Sehenenscheiden
der neun Beugesehenen komprimiert, was zu Schmerzen sowie sensiblen und motorischen
Ausfällen (Karpaltunnelsyndrom) führt. Durch Spaltung des
Retinaculum flexorum und Flexortenosynovialektomie wird der Nerv dekomprimiert. Das
Schmerzsyndrom verschwindet oft schlagartig.
Weniger häufig ist der Nervus ulnaris in seinem Verlauf am Handgelenk in der
Loge de Guyon betroffen, wo er durch eine synovialitische Kapselhernie der
interkarpalen Reihe komprimiert werden kann. Am Ellenbogen kann der Nervus ulnaris
in der Nervenrinne durch synovialitische Schwellung oder arthritische Deformierung
des Ellenbogengelenkes beeinträchtigt werden.
Selten kann einmal eine Synovialhernie des Ellenbogengelenkes den Ramus profundus
nervi radialis an seinem Eintritt in den Musculus supinator komprimieren und zu
einer distalen motorischen Radialislähmung (Supinator-Syndrom)
führen.
Die frühzeitige Dekompression des Nerven gegebenenfalls mit Nervenverlagerung
und die Synovialektomie der angrenzenden Sehnen und Gelenke beheben die
neurologische Störung meist vollständig.
Eingriffe an der Haut
Wie die Muskulatur, so kann auch die Haut bei langdauernder Fehlstellung eines
Gelenkes schrumpfen und einen rekonstruktiven Gelenkeingriff behindern. In solchen
Fällen ist es notwendig, bei der Gelenkoperation gleichzeitig durch
Schwenklappen- oder Z-Plastik oder durch freie Hauttransplantation die Hautbedeckung
wiederherzustellen. Auch bei ausgedehnten, vernarbten oder ulzerierten Rheumaknoten
ist es manchmal notwendig, den geschädigten Hautbezirk zu exzidieren und den
Defekt plastisch zu decken. Im Allgemeinen genügt es jedoch, die
Rheumaknoten, die sich meist an den wenig gepolsterten und druckbelasteten Stellen
der Hand ausbilden, zu exzidieren und die Stelle zu vernähen. (Streckseiten
der Fingergelenke, Beugeseite des Daumengrund- und –endgelenkes).
Vor- und Nachbehandlung
Nahezu alle operativen Eingriffe an der rheumatischen Hand bedürfen einer
konsequenten, oft langwierigen und mühseligen krankengymnastischen und
ergotherapeutischen Nachbehandlung [3]. In
vielen Fällen ist auch eine präoperative Behandlung unter Anwendung
dynamischer Handorthesen, die nach der Operation weiterverwendet werden,
erforderlich [14] Die krankengymnastische
Nachbehandlung muss möglichst früh nach der Operation (manchmal noch
am Operationstag) einsetzen. Sie muss unter Vermeidung von Schmerzen und
unterstützt durch lokale Kryotherapie allmählich gesteigert werden,
wobei aktiven Bewegungen der Vorrang vor passiven zu geben ist. Sehr wichtig ist
dabei, die Motivation des Patienten zu stärken und ihn zu
selbständigem Üben anzuleiten. Sobald die Wunde verheilt ist und die
postoperative Schmerzhaftigkeit nachgelassen hat, wird die krankengymnastische
Behandlung durch Ergotherapie ergänzt und später ersetzt. Dabei
sollen die wiederhergestellten Funktionen der Gelenke durch den gezielten Gebrauch
der Hand geübt und gekräftigt werden. Die Hand wird so auf den
Einsatz im täglichen Leben und bei der beruflichen Arbeit vorbereitet.
Unterstützt werden diese Bemühungen durch den Einsatz von
Hilfsmitteln, durch Selbsthilfetraining und durch Maßnahmen des
Gelenkschutzes.
Komplikationen
Wie jeder operative Eingriff, so ist auch die operative Behandlung der rheumatischen
Hand mit Risiken behaftet. Reduzierter Allgemeinzustand, entzündliche
Dysproteinämie und begleitende Mikroangiopathie erhöhen das Risiko
einer Wundheilungsstörung, [18] die
sich hauptsächlich in Wundrandnekrosen äußert. Tiefe
Wundinfektionen sind glücklicherweise an der Hand sehr selten [5]., sind jedoch beim Rheumatiker statistisch
häufiger zu erwarten als beim Arthrotiker insbesondere unter TNF-
Alpha-Therapie [6] Sekundäre
Sehnenrupturen und Gelenksteifen können nach einer Synovialektomie
auftreten, wenn der Befund bei der Operation schon fortgeschritten war und sich das
entzündlich geschädigte Gewebe nach der Operation nicht erholt.
Ein CRPS (chonisch regionales Schmerzsyndrom) ist ebenfalls eher selten [1]
Diskussion
Durch die verbesserten medikamentösen Optionen heutzutage ist ein
Rückgang der „Reihensynovialektomien“ festzustellen. Die
symmetrischen Befallsmuster, die die Rheumatoide Arthritis und die JIA in der
Vergangenheit charakterisierten, sind durch frühzeitige konsequente
medikamentöse Therapie weniger zu finden [23]
[24]. Isolierte
„Spots“ sind hingegen des Öfteren therapieresistent und
können dann einer operativen Sanierung zugeführt werden. Die
medikamentöse Neueinstellung kann sich dadurch wesentlich vereinfachen
(Resttastenphänomen). Die Tenosynovialektomie hat nach wie vor einen hohen
Stellenwert in Bezug auf die langfristige Sehnenfunktion [21]
[22].
Die Orientierung an die radiologische Larsenklassifikation lässt eine
gelenkerhaltende Therapie bis zum Stadium II erlauben [20], ab Stadium III sind rekonstruktive
Verfahren die zielführendere Vorgehensweise [23] Am Handgelenk ist bei beginnender Skapholunärer
Instabilität eine Teilversteifung der körpernahen Karpalia
(Radiolunär, Radiol-skapholunär) erfolgreich, [27]
[28]
seltener ist die interkarpale Fusion oder Teilfusion indiziert. Die
Bajonettfehlstellung mit Verlust der karpalen Höhe lässt sich
über eine Komplettarthrodese dauerhaft stabilisieren und schmerzmidern [[22]
[24]
[27]
[28]
Endoprothesen am rheumatischen Handgelenk sind nur temporär erfolgreich,
[31] münden rasch über
eine meist körperferne Lockerung in die Arthrodese. Der
„golden“ Standard bei der Arthroplastik der Fingergrund- und
-mittelgelenke ist seit Jahrzehnten der Silikonkautschukplatzhalter [29]
[30],
der unterschiedlich lange Standzeiten aufweist, einer Revision mit Wechsel aber
meist gut zugänglich ist. Ungekoppelte Endoprothesen an Fingergrundgelenken
sind nur bei intakten Seitenbändern ohne Luxation der Gelenke indiziert, die
Standzeiten erreichen nicht die Dimension der Silikonplatzhalter.
An den Mittelgelenken sind ungekoppelte Endoprothesen [26] in breiteren Zeitfenstern möglich,
die Intaktheit der Seitenband- und des Kapselsehnenapparates limitiert auch hier die
Standzeiten. Bei jungen Rheumatikern ist die Endoprothetik sehr
zurückhaltend zu indizieren.
Die Arthrodese ist an den Endgelenken und insbesondere am Daumengrundgelenk ein
dankbarer Eingriff [14], zur Verbesserung der
Griffkraft und zur Reduzierung der Schmerzen verbunden mit wiederkehrender
Stabilität.
Fazit für die Praxis
Die operative Behandlung der rheumatischen Hand ist eine lokale Maßnahme, die
keinen Einfluß auf die Grunderkrankung hat. Eine Besserung der allgemeinen
Krankheitsaktivität ist deshalb vom handchirurgischen Eingriff nicht zu
erwarten.
Leider können bei hoher Aktivität Rezidive der Synovialitis nach
Synovialektomie nicht ausgeschlossen werden. Reinterventionen sind insbesondere bei
Beginn der Erkrankung in der Jugend oder im jugendlichen Erwachsenenalter nicht
allzu selten angezeigt. Lokal kann jedoch durch den Eingriff das Fortschreiten der
entzündlichen Zerstörung aufgehalten und in vielen Fällen
Funktion und Form verbessert werden. Entscheidend ist, dass die Indikation zur
Operation rechtzeitig gestellt wird, die allgemeine rheumatologische Behandlung und
Betreuung gesichert ist, eine konsequente krankengymnastische und ergotherapeutische
Behandlung in Zusammenarbeit mit dem Operateur möglich ist und durch eine
geschickte psychologische Führung des Patienten dessen Gesundungswillen und
Mitarbeit gestärkt wird. Unter diesen Voraussetzungen sind die
Erfolgsaussichten der oft technisch schwierigen und langwierigen Eingriffe
günstig.