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DOI: 10.1055/a-2044-0162
Dysbiotische Co-Faktoren des Zervixkarzinoms. Der Einfluss des Mikrobioms auf die Entstehung zervikaler intraepithelialer Neoplasien (CIN)
Artikel in mehreren Sprachen: English | deutsch- Zusammenfassung
- Einleitung
- Die bakterielle Vaginose begünstigt HPV-Infektionen und CIN-Läsionen
- Neue technische Möglichkeiten
- Das vaginale Mikrobiom
- Dysbiotische Faktoren für Viruspersistenz und Entstehung von CIN-Läsionen
- Potenzielle Mechanismen des vaginalen Mikrobioms bei der viralen Infektion und der Entstehung der CIN-Läsionen
- Ableitung einer Individualisierten Therapie
- Indikation zur Bestimmung des Mikrobioms
- Schlussfolgerung
- References/Literatur
Zusammenfassung
Die Infektion mit humanen Papillomaviren (HPV) ist für die Entstehung des Zervixkarzinoms eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung. Die dysbiotische Verschiebung des zervikovaginalen Mikrobioms stellt offensichtlich einen wesentlichen Co-Faktor in der Karzinogenese dar. Neue Analysemethoden, wie das Next-Generation-Sequencing (NGS), erlauben die Bestimmung der Gesamtheit der vaginalen Mikroorganismen und damit die Ableitung individueller Therapieoptionen. Der Zusammenhang von bakterieller Vaginose und Karzinogenese sowie mögliche Indikationen für den Einsatz der Mikrobiom-Analyse werden diskutiert.
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Einleitung
Nach Einführung der organisierten Krebsfrüherkennung (oKFE) für das Zervixkarzinom („ZK“) in 2020 wird bei allen Frauen ab dem 35. Lebensjahr in einem 3-jährigen Intervall im Rahmen der Zervixkarzinomfrüherkennungsuntersuchung ein sogenannter Co-Test durchgeführt. Dies bedeutet, dass sowohl ein Zervixabstrichpräparat zytologisch begutachtet als auch eine Laboruntersuchung für den genetischen Nachweis der verschiedenen Hochrisiko-Typen des humanen Papillomavirus (HPV) durchgeführt wird. Bei den unter 35-jährigen Vorsorgeteilnehmerinnen erfolgt weiterhin das jährliche zytologische Screening. Bei allen Frauen mit dem zytologischen Befund einer höhergradigen Dysplasie oder dem Verdacht auf eine solche Dysplasie ist unabhängig vom HPV-Testergebnis eine kolposkopische Abklärungsuntersuchung vorgeschrieben; in diesem Rahmen erfolgt in der Mehrzahl der Fälle auch eine Gewebsentnahme von der Zervix für die histologische Befunderhebung [1].
Genetisches Material insbesondere von Hochrisiko-HPV-Typen ist in fast allen Fällen eines Zervixkarzinoms im Tumorgewebe nachweisbar. Die HPV vermittelte Karzinogenese wird dabei vor allem durch die beiden viralen Onkoproteine E6 und E7 induziert. Diese treiben die infizierten Zellen in den ungeregelten Zellzyklus und erzeugen eine Zellvermehrung mit Akkumulation genetischer Aberrationen im Epithel [2].
Eine HPV-Infektion ist jedoch für die Entstehung des Zervixkarzinoms nicht ausreichend, denn über 90 % dieser Infektionen sind transient und bilden sich von selbst zurück („Clearance“) [3]. Offensichtlich bedarf es weiterer Faktoren, damit im infizierten Epithel ein Karzinom oder eine Karzinomvorstufe entsteht. Eine wichtige Voraussetzung ist die jahrelange Persistenz der HPV-Infektion in den Schleimhautepithelien. In den letzten Jahren hat sich das Mikrobiom als ein weiterer wichtiger Faktor für die Persistenz von HPV-Infektionen und die Entstehung von zervikal-intraepithelialen Neoplasien (CIN) erwiesen.
Die Bestimmung des vaginalen Mikrobioms ist daher – neben der Testung auf HPV – bei bestimmten klinischen Fragestellungen und Befundkonstellationen im Rahmen der Zervixkarzinom-Vorsorgeuntersuchungen sinnvoll.
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Die bakterielle Vaginose begünstigt HPV-Infektionen und CIN-Läsionen
Schon seit Längerem ist bekannt, dass auffällige zytologische Befunde vermehrt bei Frauen mit gestörter Vaginalflora nachweisbar sind [4], was auf einen Zusammenhang von bakterieller Vaginose (BV) und der Entstehung des Zervixkarzinoms hindeutet. Dabei führt die Störung des vaginalen Milieus in etwa der Hälfte der Fälle zu Symptomen wie ammoniakalisch riechendem Ausfluss und Entzündungszeichen wie Rötung, Jucken und Brennen. Es finden sich ein erhöhter vaginaler pH und charakteristische „Clue-cells“ im Abstrichpräparat [5]. Die BV ist die häufigste vaginale Erkrankung der Frauen im gebärfähigen Alter und kann mit gynäkologischen und geburtshilflichen Komplikationen einhergehen, zum Beispiel die Ausbreitung der Entzündung auf den oberen Genitaltrakt („Pelvic Inflammatory Disease [PID]“), Zervizitis, Frühgeburten und Chorioamnionitis.
Obgleich wissenschaftliche Studien unterschiedliche Kriterien zur Diagnose einer BV verwenden, zeigen dennoch mehrere Metaanalysen einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Auftreten bakterieller Vaginosen und CIN-Läsionen [6] [7]. Darüber hinaus bestätigt sich auch, dass die Prävalenz von HPV bei Frauen mit einer BV signifikant höher war als bei Frauen ohne diese Erkrankung [7].
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Neue technische Möglichkeiten
Der Nachweis einer BV ist nicht immer einfach. Neben der Mikroskopie spielt die Anzucht potenzieller Keime traditionell eine große Rolle, um gegebenenfalls einen Keimnachweis mit antibiotischer Austestung (Empfindlichkeitstestung) zu erhalten [8].
Jedoch sind nicht alle Keime, die mit einer BV einhergehen, auf üblichen Kulturmedien anzüchtbar. Deshalb lassen sich relevante Mikroorganismen der bakteriellen Vaginose, wie beispielsweise Atopobium oder Mobiluncus, üblicherweise nicht nachweisen. Diese Keime müssen durch eine molekulargenetische Analyse nachgewiesen werden, etwa mittels einer Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR).
Hinzu kommt, dass in der konventionellen medizinischen Mikrobiologie die Mikroorganismen mit dem Ziel angezüchtet werden, aus der mikrobiellen Gemeinschaft möglichst einen – oder mehrere – potenziell pathogene Erreger zu isolieren. Das Wachstum der übrigen Mikroben wird dabei durch die verwendeten selektiven Medien bewusst unterdrückt. Dabei gehen Informationen über andere Keime, etwa zu den protektiv wirkenden Lactobazillus-Spezies, meist verloren.
Anzucht und PCR liefern jedoch in keinem Fall Informationen zur relativen quantitativen Zusammensetzung der Schleimhautflora, also des Mikrobioms. Dies ist nur möglich durch Einsatz des Next-Generation-Sequencings (NGS), bei dem Gene aller gegebenen Mikroorganismen gleichzeitig sequenziert werden können. Hierfür werden die gewonnenen mikrobiellen Gensequenzen mit umfangreichen Datenbanken abgeglichen, wodurch der prozentuale Anteil („Abundanz“) einzelner Spezies bestimmt werden kann [9].
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Das vaginale Mikrobiom
NGS-Daten zur Untersuchung des vaginalen Mikrobioms ergaben, dass sich dieses in sogenannten „Community State Types“ (CST) organisiert [10]. Dabei werden 4 CSTs von einzelnen Lactobazillus-Spezies dominiert: L. crispatus (CST I), L. gasseri (CST II), L. iners (CST III) und L. jensenii (CST V). L.-crispatus-Dominanz geht beispielsweise einher mit einem gesunden vaginalen Mikrobiom, hoher Produktion von Lactat und der Bildung protektiver Peptide.
Der CST IV zeichnet sich hingegen durch den weitgehenden Verlust von Lactobazillen aus, wobei zumeist anaerobe Bakterien wie Gardnerella, Atopobium, Mobiluncus oder Prevotella in größeren Anteilen bzw. dominierend nachweisbar sind. Dadurch wird das Mikrobiom vielfältiger bzw. diverser, d. h., die Lactobazillen verschwinden oder verlieren ihre Dominanz und werden durch zahlreiche andere Bakterien-Spezies ersetzt. Diese Zunahme der Diversität lässt sich mathematisch berechnen und wird als alpha-Diversität oder Shannon-Index angegeben.
In neueren Untersuchungen wird diese medizinisch bedeutende Gruppe weiter unterteilt in A–C, je nach vorherrschender Keimkonstellation, wobei von noch deutlich mehr Untergruppen ausgegangen werden kann [11] [12] – siehe [Tab. 1].
* BVAV1: Bacterial Vaginosis Associated Bacterium 1 |
CST IV-A: hohe/moderate relative Abundanz von G. vaginalis u. BVAV1* |
CST IV-B: hohe/moderate relative Abundanz von G. vaginalis und A. vaginae |
CST IV-C: niedrige relative Abundanz von G. vaginalis, BVAB1* und Lactobacillus spp. und C0: relativ ähnlicher Anteil von Prevotella spp. C1: dominiert von Streprococcus spp. C2: dominiert von Enterococcus spp. C3: dominiert von Bifidobacterium spp. C4: dominiert von Staphylococcus spp. |
Der Verlust der Lactobazillus-Dominanz signalisiert eine medizinisch relevante Fehlbesiedelung bzw. Dysbiose, denn die Gruppe IV geht auch mit einem veränderten vaginalen pH und einem erhöhten Nugent-Score als Hinweis auf das Vorliegen einer bakteriellen Vaginose einher [10].
Auch CST III ist medizinisch bedeutsam, da L. iners einige Besonderheiten aufweist: er produziert nur geringe Mengen von Lactat und offensichtlich wenig bis keine protektiven Peptide. Deswegen wird er auch als „vergifteter Apfel“ bezeichnet, der zumeist auf ein Mikrobiom des Überganges hinweist: aus einer Dysbiose bzw. CST IV heraus oder in diese hinein [13].
Als wesentlicher Faktor für die Veränderung des Besiedlungstyps gilt der menstruelle Zyklus: während der Ovulation ist die CST-Stabilität am größten, wohingegen sie mit der Menstruation am stärksten abnimmt. Darüber hinaus ist die sexuelle Aktivität ein Faktor für eine Mikrobiom-Änderung, ebenso wie das Hygieneverhalten (alkalische Seifen etc.).
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Dysbiotische Faktoren für Viruspersistenz und Entstehung von CIN-Läsionen
Der bereits beschriebene Zusammenhang von Dysbiose bzw. BV und HPV-Infektion bzw. zervikaler intraepithelialer Neoplasie (CIN) wurde inzwischen durch zahlreiche fundierte NGS-Studien untermauert und präzisiert [6] [14].
Lactobazillus-Dominanz geht offensichtlich mit einer natürlichen Clearance von HPV einer. Dabei wird vornehmlich L. crispatus gefunden [15]. In einer longitudinalen Studie zeigte auch L. gasseri eine erhöhte Clearance von HPV [16]. Ein Lactobazillus-dominiertes Mikrobiom zeigte in einer Follow-up-Studie auch eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass CIN2-Läsionen sich zurückbildeten; eine langsamere Rückbildung wurde bei Lactobazillus-Verlust festgestellt, typischerweise mit Zunahme von BV-Keimen [17]. Dominanz von L. crispatus zeigte dabei die schnellste Regression von CIN-Läsionen [17]. Während Lactobazillen also protektiv wirken, gehen Gardnerella und eine erhöhte mikrobielle Diversität mit einer CIN2-Progression einher [18]. L. iners bildet hingegen unter den Lactobazillen eine Ausnahme: er wurde bei HPV-positiven Frauen und bei Frauen mit Dysplasien vermehrt gefunden [19].
Sowohl für die HPV-Infektion und -Persistenz als auch Entstehung und Fortschreiten der CIN-Läsionen weist das vaginale Mikrobiom also ein typisches Muster auf, das dem der bakteriellen Vaginose ähnelt: Verlust der Lactobazillus-Dominanz, Zunahme der mikrobiellen Diversität mit dem Nachweis typischer anaerober Bakterien (CST IV) [17]; darüber hinaus ist auch L. iners (CST III) mit der Entstehung von CIN-Läsionen vergesellschaftet [19], möglicherweise auch deshalb, weil er ein transitorisches Mikrobiom anzeigt, das in den CST IV übergehen kann [13].
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Potenzielle Mechanismen des vaginalen Mikrobioms bei der viralen Infektion und der Entstehung der CIN-Läsionen
Die Komplexität des zervikovaginalen Mikroenvironments bei der HPV-Infektion bzw. CIN-Läsion wird nicht nur durch das lokale Mikrobiom bestimmt, sondern auch durch ein Zusammenspiel mit den epithelialen und immunologischen Abwehrreaktionen der Patientin.
Lactobazillen produzieren zahlreiche protektive Peptide und Stoffwechselprodukte. Im Vordergrund steht die Milchsäure (Lactat), die durch Verstoffwechselung von Glykogen produziert wird. Diese hemmt die Anheftung und das Wachstum pathogener Bakterien, besonders der BV-assoziierten Keime [20]. Produziert werden die Isomere D- bzw. L-Lactat; die D-Form wird dabei im Wesentlichen von L. crispatus, L. jensenii, und L. gasseri hergestellt, wohingegen die L-Form von L. iners und anaeroben Keime produziert wird. Bei Patientinnen mit vorherrschender L.-iners-Besiedelung überwiegt somit das L-Lactat, was zur Aktivierung der Metalloproteinase 8 (MMP8) führt und dadurch die Aufnahme von HPV in die basalen Keratinozyten erleichtert [21]. Herrscht L. crispatus hingegen vor, nimmt die Viskosität des zervikovaginalen Mukus zu, was wiederum die Anheftung der HP-Viren daran fördert [20] [22].
Weitere Faktoren, die von Lactobazillen zur Abwehr pathogener Bakterien exprimiert werden, sind bakteriozid und bakteriostatisch wirkende Peptide. Bacteriocin beispielsweise zeigt eine hemmende Wirkung auf typische pathogene Keime, insbesondere Gardnerella vaginalis [20]. Hydrogenperoxid (H2O2) greift Bakterien wie beispielsweise Prevotella und Gardnerella an, die selbst keine protektiven Enzyme produzieren, um dieses Molekül zu degradieren. Solche Mechanismen sorgen also für den Schutz des zervikalen Epithels und verhindern den Zugang von Pathogenen wie HPV zu den basalen Keratinozyten [23].
Durch den Rückgang der Lactobazillen im Rahmen einer bakteriellen Vaginose bzw. CST IV werden nicht nur pathogene anaeroben Bakterien vorherrschend, sondern es kommen auch die genannten Abwehrmechanismen (Lactat, Bacteriocin etc.) zum Erliegen. Dadurch können pathogene Mikroorganismen das Epithel kolonisieren und eine Entzündung mit Synthese proinflammatorischer Zytokine begünstigen [24]. Auf diese Weise wird die Integrität des Epithels geschädigt und die Empfänglichkeit einer HPV-Infektion deutlich erhöht; das Fortbestehen der Entzündung begünstigt also die HPV-Persistenz. Wird die begleitende Entzündung chronisch, ermöglicht dies die Entstehung und Persistenz von CIN-Läsionen und begünstigt deren Fortschreiten. Die Entstehung des Zervixkarzinoms wird dabei offensichtlich von einer gleichartigen dysbiotischen Mikrobiom-Verschiebung begleitet wie die Entstehung der CIN-Läsionen [14] – siehe [Abb. 1].
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Ableitung einer Individualisierten Therapie
Die Mikrobiom-Analytik erlaubt nicht nur die Bestimmung einer möglichen Dysbiose, sondern auch die Ableitung einer individualisierten Therapie.
Bei hochgradigen Dysbiosen bzw. bakteriellen Vaginosen ist eine antibiotische Therapie oftmals angeraten [25]. Diese lässt sich entsprechend dem vorherrschenden Keimspektrum (siehe [Abb. 1]) modifizieren. Die Mikrobiom-Analyse liefert – im Gegensatz zur klassischen Mikrobiologie – Angaben zu den prozentualen Anteilen einzelner Keime: eine Gardnerella-Dominanz wird demzufolge antibiotisch anders behandelt als der hochabundante Nachweis von Enterokokken.
Die antibiotische Therapie ist jedoch mit einer hohen Rückfallquote behaftet [25]. Die Gabe von L. crispatus nach antibiotischer Behandlung mit Metronidazol kann das Wiederauftreten der bakteriellen Vaginose signifikant reduzieren [26]. Daher gilt die Wiederherstellung bzw. Normalisierung des vaginalen Mikrobioms als aussichtsreiche Strategie. Die Gabe lebender vaginaler Lactobazillen (Probiotika) hat sich als wirksam in der Therapie der bakteriellen Vaginose erwiesen: Längere Behandlungen (1–3 Monate) zeigen sich sogar in aktuellen Metaanalysen der Antibiose überlegen [27]. Da L. iners ein transitorisches Mikrobiom anzeigt, kann bei CST III eine probiotische Stabilisierung ratsam sein, ein weiteres individualisiertes, therapeutisch nutzbares Ergebnis der Mikrobiom-Analyse. In weiteren präklinischen Studien wurden antitumorigene Aktivitäten von Probiotika gezeigt [28]. Es gibt darüber hinaus auch klinische Hinweise, dass Probiotika die Rückbildung von CIN-Läsionen begünstigen [29].
Darüber hinaus konnte in weiteren Studien die Wirksamkeit von Präbiotika gezeigt werden. Dies sind zumeist Kohlenhydrate, die möglichst selektiv das Wachstum von günstigen Mikroorganismen in der Vagina unterstützen. Beispiele dafür sind Fructo-Oligosaccharide (FOS) oder Gluco-Oligosaccharide (GOS), die das Wachstum von Lactobazillen begünstigen, wohingegen G. vaginalis diese Zucker nicht als Energiequelle nutzen kann [30]. Intravaginal gegebenes GOS erbrachte bei BV-Patientinnen nach Metronidazol-Gabe eine deutliche Verbesserung des Nugent-Scores [23].
Eine interessante Perspektive eröffnet die Gabe von Lactoferrin, ein humanes Peptid, das auf unterschiedlichen Schleimhäuten des Körpers sezerniert wird. Dieses Molekül spielt bei der Abwehr von Bakterien, aber auch zahlreichen Viren, eine wichtige Rolle. Interessanterweise besitzt Lactoferrin auch Aktivität gegen HPV [31]. In einer intravaginalen Anwendungsstudie konnte gezeigt werden, dass sich die Mikrobiom-Komposition bei BV-Patienten ändert: Rückgang von Gardnerella und Prevotella und Zunahme von Lactobazillen [32].
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Indikation zur Bestimmung des Mikrobioms
Aus klinischer Sicht bestehen 2 Hauptindikationen für eine Bestimmung des Mikrobioms mit dem Ziel einer Senkung des Krebsrisikos durch Sanierung der zervikovaginalen Flora.
Einerseits ist dies ein persistierend positiver HPV-Test-Befund, der im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung mit dem Co-Test bei Frauen ab dem 35. Lebensjahr festgestellt wurde, in den Fällen, in denen weder ein positiver Abstrichbefund nachgewiesen noch eine dysplastische oder malignitätsverdächtige Läsion kolposkopisch und/oder histologisch nachgewiesen werden kann. Das Ziel ist es, durch die Normalisierung (Eubiose bzw. Lactobazillus-Dominanz) der ortsständigen bakteriellen Flora eine Bewältigung der HPV-Manifestation im Epithel zu begünstigen und einer Neuinfektion oder Entstehung dysplastischer Epithelveränderungen vorzubeugen.
Andererseits besteht ein sinnvoller Ansatz der Mikrobiom-Analyse bei Fällen, in denen HPV-induzierte, niedriggradige Epithelläsionen oder zweifelhafte Befunde bei Frauen vor dem 35. Lebensjahr festgestellt werden und die Indikation zu einer operativen Sanierung durch eine Exzision („Konisation“) nicht oder noch nicht induziert ist. In derartigen Fällen ist die Rückbildungstendenz epithelialer Läsionen hoch und eine positive präventive und protektive Wirkung durch die Beseitigung einer bestehenden Dysbiose nach aktueller Studienlage wahrscheinlich. Die Verkürzung zum Teil langdauernder HPV-Persistenzen bei fehlendem histo- oder zytomorphologischem Korrelat bzw. die Persistenz niedriggradiger HPV-induzierter Epithelläsionen kann somit die Dauer der Kontrolluntersuchungen und Anzahl der wiederholt notwendigen, kolposkopischen Kontrollen verkürzen. Für die betroffenen Patientinnen würde dies ein Gewinn von Lebensqualität und für das Gesundheitssystem die Einsparung wertvoller Ressourcen bedeuten.
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Schlussfolgerung
Die Persistenz von HPV ist notwendig für die Entstehung des Zervixkarzinoms, aber nicht ausreichend. Die dysbiotische Verschiebung des vaginalen Mikrobioms stellt offensichtlich einen wesentlichen Co-Faktor in der Karzinogenese dar. In einer systematischen Aufarbeitung der Literatur und einer Metaanalyse wurde die Assoziation von zervikovaginalen Lactobazillen mit genitalen High-Risk-HPV-Infektionen, einer CIN und eines Zervixkarzinoms untersucht. Es wurden 11 Studien mit 1230 Patientinnen ausgewertet [33]. Die Ergebnisse dieser Metaanalyse bestätigen die protektive Bedeutung von Lactobazillen beim Schutz vor einer Infektion mit High-Risk-HPV und den dadurch verursachten Präneoplasien und Neoplasien der Zervix.
Die Analyse des vaginalen Mikrobioms durch die moderne NGS-Methodik erfasst die gesamte mikrobielle Gemeinschaft und deren prozentualen Anteil, was zur Ableitung einer individuellen Therapie beiträgt und zur Prophylaxe einer progressiven karzinogenen Epitheltransformationen dienen kann.
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Conflict of Interest
The authors declare that they have no conflict of interest.
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References/Literatur
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Correspondence
Publikationsverlauf
Eingereicht: 09. Dezember 2022
Angenommen nach Revision: 20. Februar 2023
Artikel online veröffentlicht:
04. Mai 2023
© 2023. The Author(s). This is an open access article published by Thieme under the terms of the Creative Commons Attribution-NonDerivative-NonCommercial-License, permitting copying and reproduction so long as the original work is given appropriate credit. Contents may not be used for commercial purposes, or adapted, remixed, transformed or built upon. (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/).
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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References/Literatur
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