Einleitung
Die gute Nachricht ist, das Interesse an einer ärztlichen Tätigkeit bei den Abiturientinnen
und Abiturienten ist ungebrochen hoch. Für 10056 Medizinstudienplätze gab es im Wintersemester
2021/22 38541 Bewerberinnen und Bewerber [1].
Die schlechte Nachricht ist, dass sich in Deutschland trotzdem ein zunehmender Mangel
an Ärztinnen und Ärzten abzeichnet [2]. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Der demografische Wandel in unserem Land bedeutet,
dass wir zunehmend ältere Menschen und weniger arbeitende Personen haben werden. Das
gilt auch für das ärztliche Personal. Bis 2035 werden nach Angaben des Zentralinstituts
für kassenärztliche Versorgung jedes Jahr 9000 Ärztinnen und Ärzte altersbedingt aus
dem Dienst ausscheiden [3]. Gleichzeitig werden wir es mit immer mehr chronisch kranken und behandlungsaufwendigen
Patienten zu tun haben [4].
Hinzu kommt, dass immer weniger Ärztinnen und Ärzte vollzeitig tätig werden wollen
[5]. Nach Aussagen der Vizepräsidentin der Bundesärztekammer Ellen Lundershausen benötigen
wir derzeit 1,2 Personen, um eine Vollzeitstelle zu besetzen [6]. Der Anteil der Ärztinnen und Ärzte, die weniger als 30 Stunden pro Woche arbeiten
ist seit 2009 von 4% auf 31% gestiegen [6].
Der steigende Anteil an teilzeittätigen Ärztinnen und Ärzten ist u. a. durch die zunehmende
Feminisierung in der Medizin bedingt. Etwa ⅔ der Studienabschließenden sind Frauen
[1]. Mit dem Anstieg der Anzahl berufstätiger Medizinerinnen steigt auch der Anteil
der Teilzeitbeschäftigten [5].
Auch der steigende Leistungsdruck in den Krankenhäusern mit zunehmend schwierigen
Arbeitsbedingungen ist laut dem Marburger Bund ein Grund für viele Ärztinnen und Ärzte,
die Arbeitszeit zu reduzieren [7]. Die jüngeren Generationen legen mehr Wert auf ein ausgewogenes Verhältnis von Arbeit
zu Freizeit und verlassen den Arztberuf endgültig oder suchen weniger belastende Tätigkeitsfelder
in der Forschung oder der Industrie [7].
Der Nachwuchsmangel erscheint aufgrund der beschriebenen Gründe insbesondere für die
chirurgischen Fachdisziplinen eine immer größere Bedeutung zu bekommen [8]. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Ziel, die aktuelle Situation in
Orthopädie und Unfallchirurgie (O und U) zu erfassen und Vorschläge für relevante
Faktoren zur Steigerung der Attraktivität unseres Faches zu erarbeiten.
Methodik
Die vorliegende Umfrage erfolgte als freie und gemeinsame Onlinefragebogenaktion der
Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) vermittelt durch
die Akademie der Unfallchirurgie (AUC) und dem Verband der leitenden Orthopäden und
Unfallchirurgen (VLOU).
Die Umfrage wurde rein webbasiert durchgeführt und richtete sich an Direktoren oder
Chefärzte von orthopädischen- und/oder unfallchirurgischen Kliniken. Die Erhebung
erfolgte mit dem Webtool von „Questionstar“ anonymisiert und freiwillig.
Über die AUC wurden alle 657 deutschen Traumazentren im TraumaNetzwerk der DGU zur
Teilnahme aufgefordert [9]. Über den VLOU wurden alle Mitglieder angesprochen, darunter rund 500 Chefärzte.
Die Kontaktierten wurden im Rahmen einer möglichen Doppelanfrage gebeten, die Umfrage
lediglich einmal zu beantworten.
Die Teilnehmenden hatten vom 22.11.2022 bis zum 5.12.2022 die Möglichkeit, die insgesamt
15 Fragen und Textfelder ganz oder teilweise zu beantworten. Dabei konnte entweder
mit ja/nein, Zahlen oder einer prozentualen Einschätzung geantwortet werden.
Den Antwortenden wurde die Möglichkeit gegeben, die eigene Abteilung hinsichtlich
Versorgungschwerpunkt (O und U, Rehaklinik) und geografischer Lokalisation (über die
ersten 2 Ziffern der Postleitzahl) einzuordnen.
Die Befragten wurden gebeten, die ärztliche Personalstruktur in der Abteilung (Oberärzte,
Fachärzte ohne OA-Position, Assistenzärzte) in Zahlen anzugeben. Im Anschluss wurden
offene Stellen in einzelnen Hierarchiestufen und eine Einschätzung der Bewerbersituation
abgefragt. Außerdem wurde die Anzahl ausländischer Ärzte abgefragt, die Deutsch nicht
als Muttersprache haben.
Abschließend wurde die Möglichkeit gegeben, Kommentare im Freitext zu machen.
Ergebnisse
Angeschrieben wurden die Leiter von insgesamt 1219 Kliniken (617 über die AUC und
687 über den VLOU). Nach Ausschluss von 85 doppelt kontaktierten Klinikleitern blieben
1134 Krankenhäuser übrig. Von diesen haben 185 (16%) Kliniken den Onlinefragebogen
beantwortet.
Unter den Antwortenden befanden sich ca. 20% Universitätskliniken und Maximalversorger
sowie ein Drittel Schwerpunktversorger bzw. Grund- und Regelversorger ([Abb. 1]). Hinsichtlich der Gesamtbettenzahl zeigte sich ein ausgewogenes Verhältnis mit
je einem Drittel 100–300, 300–500 und > 500 Betten.
Abb. 1
Einordnung der Krankenhäuser.
Auch bei der Beurteilung der Lokalisation zeigte sich eine gleichmäßige Verteilung
über die gesamte Republik ([Abb. 2]).
Abb. 2
Verteilung der antwortenden Kliniken nach den ersten 2 Stellen der Postleitzahlen.
Bei der Ausrichtung der Klinik fanden sich vor allem Kliniken mit einem Schwerpunkt
in O und U. Kliniken, die sich einzig einem der beiden Schwerpunkte zuordnen ließen
oder orthopädische Rehabilitationskliniken waren mit knapp 10% in der Minderheit.
Im Median hatten die antwortenden Kliniken 15 ärztliche Mitarbeiter. Mehr als die
Hälfte (55%) der Abteilungen gab an, unbesetzte Stellen zu haben. Freie Oberarztstellen
gab es in 47% (in 37% mehr als 1 Stelle) der Abteilungen mit offenen Stellen, freie
Facharztstellen in 33% (in 17% mehr als 1 Stelle) und freie Assistenzarztstellen in
89% (in 72% als mehr 1 Stelle; [Tab. 1]).
Tab. 1
Unbesetzte Stellen in den Kliniken mit offenen Stellen.
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unbesetzte Stelle
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ja
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mehr als 1 unbesetzte Stelle
|
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Oberarztstellen
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47%
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37%
|
|
Facharztstellen
|
33%
|
17%
|
|
Assistenzarztstellen
|
89%
|
72%
|
In den Universitätskliniken und den maximalversorgenden Kliniken wurden mit 31%–41%
im Vergleich zu den anderen O- und U-Kliniken am wenigsten offene Stellen angegeben
([Tab. 2]).
Tab. 2
Kliniken mit unbesetzten Stellen nach Klinikkategorie.
|
Klinikkategorie
|
Anteil an Kliniken mit offenen Stellen
|
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Universitätsklinik
|
41%
|
|
Maximalversorger
|
31%
|
|
Schwerpunktversorger
|
59%
|
|
Grund- und Regelversorger
|
65%
|
Allerdings war unter den Unikliniken mit Ärztemangel die Menge an fehlenden Ärzten
mit 3,8 offenen Stellen (vs. 2,7) besonders hoch.
Bezüglich der Einschätzung der Bewerbersituation durch die Chefärzte zeigten sich
durchwegs negative Resultate bei allen Fragen ([Abb. 3]).
Abb. 3
Einschätzung der Bewerbersituation.
Von den befragten Klinikleiterinnen und -leitern gaben 70% an, Ärztinnen und Ärzte
zu beschäftigen, die Deutsch nicht als Muttersprache haben. In Krankenhäusern mit
ausländischen Ärzten hatten 94% der Abteilungen unter den Assistenzärztinnen und -ärzten
ein oder mehrere Kolleginnen und Kollegen einen Migrationshintergrund ([Tab. 3]).
Tab. 3
Ärztinnen und Ärzte ohne Deutsch als Muttersprache.
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Hierarchiestufe
|
ja
|
mehr als eine Ärztin/ein Arzt
|
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Oberärzte/-innen
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71%
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41%
|
|
Fachärzte/-innen
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58%
|
29%
|
|
Assistenzärzte/-innen
|
96%
|
78%
|
Diskussion
Mehr als die Hälfte der O- und U-Kliniken weisen im Median 2,7 offene Stellen auf.
Das sind etwa 20% der vorhandenen Stellen einer Abteilung. Gleichzeitig scheint nach
Einschätzung der befragten Chefärzte bzw. Klinikdirektoren nicht nur die Zahl der
Bewerber und Bewerberinnen, sondern auch der Grad der Qualifikation und die Motivation,
wissenschaftlich zu arbeiten, deutlich abzunehmen. Auch in den Freitextkommentaren
wurden zu einem großen Teil schwierige Personalsituationen in den Abteilungen beschrieben.
Der Kommentar eines Chefarztes gibt exemplarisch die Stimmung vieler der Antwortenden
wieder: „Das Personalproblem in unserer Klinik ist eines der Top-3-Probleme das ich
habe und das mich zeitlich mehr in Anspruch nimmt, als jede andere Fragestellung“.
Um dem Ärztemangel in O und U entgegenzutreten, müssten zum einen allgemeine Probleme
des Medizinermangels angegangen werden, zum anderen muss rechtzeitig unter den Studierenden
das Interesse und Begeisterung für eine Laufbahn in O und U gesteigert werden.
Hinsichtlich des allgemein zunehmenden und eingangs beschriebenen Ärztemangels geht
die Bundesärztekammer davon aus, dass die Anzahl der Medizinstudienplätze um mindestens
3000 (bis zu 5000) Plätze gesteigert werden sollte [3].
Dabei besteht allerdings das Problem, dass die Bundesländer für die deutlich vermehrten
Kosten der zusätzlich einzurichtenden Medizinstudienplätze aufkommen müssten. Entsprechend
einer Aussage des Bundestages betragen diese mindestens 170000 € für ein abgeschlossenes
Studium der Humanmedizin [10]. Somit ist fraglich, ob wir in den nächsten Jahren hier eine entscheidende Steigerung
sehen werden.
Um den Ärztemangel abzufangen, integriert das deutsche Gesundheitssystem seit Jahren
zunehmend Ärzte aus dem Ausland. Im Jahr 2021 betrug der Anteil ausländischer Ärzte
57200 [11]. Auch in mehr als ⅔ der O- und U-Kliniken arbeiten Kolleginnen und Kollegen, die
Deutsch nicht als Muttersprache haben. Dennoch zeigt sich, dass trotz der breitflächigen
Integration ein relevanter ärztlicher Personalmangel in den O- und U-Kliniken besteht.
Neben einer Steigerung der Anzahl ausgebildeter Medizinerinnen und Mediziner müssen
die Arbeitsbedingungen insbesondere in den Krankenhäusern durch Bürokratieabbau (z. B.
Digitalisierung), Reduktion der Arbeitsbelastung (z. B. Dienstbelastung), Verbesserung
der Weiterbildungsmöglichkeiten und ggf. Anpassung der Vergütung optimiert werden,
um möglichst viele Ärztinnen und Ärzte in Vollzeit (oder möglichst langer Wochenarbeitszeit)
zu halten.
Nach Untersuchungen von Marktforschern gehen viele angehende Medizinerinnen und Mediziner
davon aus, dass in der Klinik wenig Freizeit (61%), ein starker ökonomischer Druck
(68%) und eine hohe Arbeitsbelastung vorherrschen (78%). Für einen Großteil kommt
deshalb auch eine Tätigkeit im Bereich Chirurgie bzw. O und U nicht infrage [12].
Unter den schwierigen aktuellen Bedingungen bleibt für O und U neben der Einforderung
einer Anhebung der Studienplatzanzahl und einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen
trotz allem nur die Möglichkeit, durch eine attraktive Lehre die Begeisterung für
eine Facharztausbildung in O und U zu erhöhen.
Diesbezüglich zeigt sich allerdings, dass während des Studiums das Interesse an einer
späteren chirurgischen Tätigkeit deutlich abnimmt. Bei einer Evaluation zum Richtungsentscheid
bei Studierenden der Medizin an der Universität Würzburg mit 465 Teilnehmern konnte
die Arbeitsgruppe um Sarah König aufzeigen, dass eine Tätigkeit im Gesamtbereich der
Chirurgie zunächst für 30% der Studierenden infrage kommt [13]. Allerdings fand sich eine signifikante Abnahme des Interesses zum Ende des Studiums
(nach dem Praktischen Jahr [PJ]). Während des Studiums ging zunächst das Interesse
bei den Studentinnen verloren, bei den männlichen Kollegen ging das Interesse vor
allem nach dem PJ zurück [13].
Gleichermaßen konnte Michael Frink an der Universität Marburg aufzeigen, dass unter
613 befragten Studienanfängern 55% eine Facharztausbildung in einem chirurgischen
Fach erwogen. Zum Ende des Studiums fiel der Anteil dann auf 14% Studentinnen und
Studenten mit Interesse an einem chirurgischen Fach ab [14].
Als relevante Inhalte für eine Entscheidung zu einer chirurgischen Tätigkeit werden
von den Studienanfängern die sichtbaren Erfolge (85%), die manuelle Herausforderung
(67%) und die Weiterbildungsinhalte (47%) benannt. Nach dem PJ werden dann aber lange
Arbeitszeiten (41%), Zeitmangel (z. B. für die Familie; 36%) und ein hoher Verwaltungsanteil
(40%) als Gründe für eine Entscheidung gegen ein chirurgisches Fach angegeben [14].
Mit Blick auf den Zeitpunkt, wann sich Studierende der Medizin für eine Fachrichtung
entscheiden, war vor allem die Zeit während des Studiums (bei 34% der Befragten) und
dem PJ (57%) von Bedeutung. Was zum einen die Bedeutung der Lehre, aber auch das Erleben
in der klinischen Routine im PJ hervorhebt. Im Laufe des Studiums spielt außerdem
die Work-Life-Balance eine zunehmend starke Rolle [13].
Besonders problematisch ist diese Entwicklung deshalb, weil der zunehmende Mangel
an Fachärzten in O und U in den nächsten Jahrzehnten auf eine ansteigende Zahl an
Patienten mit Erkrankungen und Verletzungen des Bewegungsapparates trifft. Dieser
Anstieg begründet sich in der demografischen Entwicklung unseres Landes und betrifft
sowohl die degenerativen Erkrankungen des Bewegungsapparates als auch die osteoporoseassoziierten
Frakturen [15]
[16]. So steigerte sich bspw. bereits die Inzidenz von proximalen Femurfrakturen von
2008 gegenüber 2018 um 8% [17]. Zusätzlich muss davon ausgegangen werden, dass bei zunehmender Alterung der Gesellschaft
auch die Schwere der Zusatzerkrankungen ansteigen wird, was zu einer weiteren Belastung
des Gesundheitssystems führen wird [17].
Selbstverständlich sind damit einhergehend auch für den Bereich der ambulanten Versorgung
und der konservativen Therapie deutliche Behandlungssteigerungen zu erwarten.
Um der Entwicklung eines zunehmenden Facharztmangels an O- und U-Kliniken entgegenzuwirken,
muss unmittelbar gehandelt werden. Hier sind insbesondere die ausbildenden universitären
Abteilungen, aber auch die Lehrkrankenhäuser und -praxen gefragt, durch eine attraktive
Lehre das Interesse und die Begeisterung für das Fach zu wecken. Dabei steht eindeutig
fest, dass O und U eine ganze Reihe von Möglichkeiten bietet, um im Studium die Attraktivität
des Faches wie bspw. die spannende Verknüpfung von manuellen und intellektuellen Anforderungen,
abzubilden.
Es gilt dabei aber immer zu berücksichtigen, dass die Lehre und das Vorbild derer,
die die Fachrichtung verkörpern, einen erheblichen (positiven wie negativen) Einfluss
auf den Fachrichtungswunsch haben. Trotz der vielfältigen Möglichkeiten digitaler
Medien darf nicht vergessen werden, dass die arbeitsplatzbasierte Ausbildung eine
sehr wichtige Bedeutung für die Berufswahl hat. Nur hier können die Studentinnen und
Studenten erleben, welche persönlichen Konsequenzen diese Entscheidung für das spätere
(Berufs-)Leben mit sich bringt. Die Studierenden nehmen dabei entscheidende Faktoren
wahr, die abgesehen von der fachspezifischen Behandlung eine sehr hohe Bedeutung für
die Berufswahl haben. Hierzu gehören ein kooperativer Führungsstil, eine flexible
Arbeitskultur, ein gutes Teamklima, die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung und eine
hohe Diversität am Arbeitsplatz. Neben der guten medizinischen Versorgungsqualität
gehören eine strukturierte Weiterbildung, mitarbeiterorientierte
Unternehmenskultur, Mentoring, Feedbackgespräche, Unterstützung beim Erwerb von Zusatzqualifikationen,
flexible Arbeitszeiten (Kitas, Elternzeit etc.) zu den Faktoren, die für Studierende
eine sehr große Bedeutung haben.
Leider gelingt es in den O- und U-Kliniken nicht immer, ein solches positives Bild
zu vermitteln. Eine Umfrage zur Arbeitssituation unter Assistenzärzten aus O und U
zeigt, dass mehr als 70% der Befragten mehr als 5 Bereitschaftsdienste pro Monat absolvierten.
Geregelte Arbeitszeiten gaben nur 13% der Befragten an. Weitere Kritikpunkte waren,
dass ein Drittel der Arbeitszeit aus patientenferner Tätigkeit bestand und nur bei
16% der Kliniken ein Weiterbildungskonzept vorlag. Insgesamt konnten nur 58% der Ärzte
in Weiterbildung das Fach Orthopädie und Unfallchirurgie weiterempfehlen [18].
Problematisch ist dabei, dass die angehenden Ärztinnen und Ärzte das chirurgische
Fach wählen, weil sie operativ tätig sein wollen. Während arztfremde Tätigkeiten immer
weiter zunehmen (je nach Erhebung bis zu 50%), nimmt aber die Möglichkeit, operativ
ausgebildet zu werden, immer mehr ab. Insbesondere die gesetzlich vorgeschriebene
Reduktion der Arbeitszeit definiert den zeitlichen Rahmen, in dem ausgebildet werden
kann. Während die fortschreitende Spezialisierung die Effekte z. T. abfederte, ist
eine breite Ausbildung des Faches unter den aktuellen Rahmenbedingungen immer schwieriger
geworden. Diese Rahmenbedingungen werden von den Studentinnen und Studenten während
des Studiums, aber vor allen im PJ sehr wohl wahrgenommen.
Die Erwartungen an Abteilungen mit Verantwortung in der studentischen Ausbildung sind
hoch. Schließlich gilt es heute mehr denn je, nicht nur das prüfungsrelevante Fachwissen
zu vermitteln, sondern auch bei möglichst vielen angehenden Kolleginnen und Kollegen
die Begeisterung für das Fach O und U zu wecken. An vielen Ausbildungsstandorten befindet
man sich damit in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite soll eine qualitativ hochwertige,
zügige und wirtschaftliche Krankenversorgung bei meist knappen Personalressourcen
erfolgen. Auf der anderen Seite soll eine motivierende und vor allem eine, hinsichtlich
des „Role Models“ der/des beruflich zufriedenen Ärztin/Arztes, begeisternde Lehre
durchgeführt werden.
Auch wenn in universitären Einrichtungen die Bewerberlage besser ist (nur 37% haben
offene Stellen), sollten diese Abteilungen berücksichtigen, dass der Nachwuchs auch
für alle anderen Kliniken und Praxen generiert werden muss.
Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie hat sich deshalb gemeinsam
mit dem Konvent der Universitätsprofessoren von Orthopädie und Unfallchirurgie (KLOU)
zum Ziel gesetzt, neben den bestehenden Förderprogrammen (Tag der Studierenden; Summerschool)
die studentische Ausbildung mit dem Ziel einer Steigerung der Begeisterung für unser
Fach zu unterstützen.
Dazu gehören die Bereitstellung besonderer ausgewählter Lehrkonzepte aus O und U,
die finanzielle und inhaltliche Unterstützung bei der Gestaltung von Wahlfächern aus
O und U und die Erarbeitung eines Mentoring-Programms. Gefragt sind aber nicht nur
die Universitäten, sondern alle in O und U tätigen Ärzt*innnen, die mit Studierenden
in Kontakt kommen, um die einmalige Chance zu nutzen, diese für unser Fach zu begeistern.