Schlüsselwörter Frauenmilch - Frühgeborene - Strukturen - Muttermilch - Laktation - Milchbanken
Key words donor human milk - preterm infants - donor milk bank - network - lactation support
- operating model
Einleitung
Gespendete Muttermilch (Frauenmilch) aus Frauenmilchbanken (FMB) ist die empfohlene
enterale Ersatzernährung für Frühgeborene, falls Milch der
eigenen Mutter (Muttermilch) nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung
steht [1 ]. Frauenmilchbanken sind
Einrichtungen, in denen gespendete Milch unter definierten Mindestanforderungen
angenommen, untersucht, gelagert und an bestimmte Frühgeborene und kranke
Neugeborene, denen keine Muttermilch zur Verfügung steht, ausgegeben wird
[2 ].
Die Begriffe Spendemilch, Spenderinnenmilch und Donormilch bzw. Humanmilchbank werden
im deutschen Sprachraum ebenfalls verwendet und sind in diesem Kontext als jeweils
synonym anzusehen. Die Zweckbestimmung der Milch für ein anderes als das
eigene Kind grenzt die historisch gewachsene Bezeichnung Frauenmilch vom Begriff
Muttermilch (Milch für das eigene Kind) ab. Im Gegensatz dazu ist der
übergeordnete Begriff Humanmilch weniger gebräuchlich. Die Begriffe
Frauenmilch und Frauenmilchbank leiten sich von denjenigen Einrichtungen ab, welche
in Deutschland erstmals ab 1919 gespendete Milch für Neugeborene sammelten
(Frauenmilchsammelstellen). Für eine ausführliche Darstellung der
Historie des Frauenmilchbankwesens wird auf die weiterführende Literatur
verwiesen [3 ].
Nach der Schließung aller westdeutschen FMB bis Ende 1980 erlebte das
Frauenmilchbankwesen im vergangenen Jahrzehnt eine gesamtdeutsche Renaissance, da
die Versorgung Frühgeborener mit Muttermilch in neonatologischen Abteilungen
insgesamt weiterhin mangelhaft ist [4 ]. Neben
der Etablierung neuer Frauenmilchbanken an einzelnen Perinatalzentren steht das
Frauenmilchbankwesen vor der Frage, in welcher Form eine flächendeckende und
nachhaltige Versorgung mit Frauenmilch gewährleistet werden kann.
Die in diesem Beitrag zusammengefassten Ergebnisse einer offenen Podiumsdiskussion
im
Rahmen des 3. Symposiums der Frauenmilchbank-Initiative e.V. vom
25.11.–26.11.2022 in Nürnberg sollen aktuelle Strukturen und
Betreibermodelle im deutschen Frauenmilchbankwesen sowie ihre
Adaptationsfähigkeit auf aktuelle und zukünftige Anforderungen
darstellen. Diese Übersicht soll die bedarfsorientierte Planung einer
flächendeckenden Versorgung von Frühgeborenen mit humaner Milch
unterstützen.
Aktuelle Betreibermodelle von Frauenmilchbanken
Aktuelle Betreibermodelle von Frauenmilchbanken
Die Frauenmilchbank als Einrichtung einer neonatologischen Abteilung ist das
vorherrschende Betreibermodell von Frauenmilchbanken in Deutschland und den
europäischen Nachbarländern. Eine Umfrage unter 26
europäischen Ländern ergab, dass in 23 Ländern
Frauenmilchbanken als Einrichtungen neonatologischer Abteilung, durch Blut- und
Gewebebanken (n=3) oder durch Klinikapotheken (n=1) betrieben werden
(Mehrfachnennungen waren möglich). Das Modell einer nicht
profitorientierten, unabhängig von institutionellen Gesundheitseinrichtungen
betriebenen Frauenmilchbank stellt in Europa eine Ausnahme dar [5 ].
Jede dieser oben erwähnten Betreibermodelle weisen klassische
prozessorientierte Stärken auf, die teilweise mittlerweile in allen drei
Modellen anzutreffen sind ([Tab. 1 ]). Eine
Verankerung der Frauenmilchbereitstellung in ein institutionelles Leistungsangebot
kann mit entsprechend hinterlegtem Personalschlüssel eine kontinuierliche
und nachhaltige Verfügbarkeit von Frauenmilch gewährleisten.
Tab. 1 Klassische Expertisen unterschiedlicher
Frauenmilchbankbetreiber.
Neonatologie
Blut-/Gewebebank
Kliniksapotheke
Laktationsberatung
GMP
GMP
Lebensmittelverarbeitung
AMG
AMG
Pasteurisierung
Digitalisierung
Digitalisierung
Spendemanagement
Spendemanagement
Reinraumherstellung
Qualitätsmanagement
Qualitätsmanagement
Qualitätsmanagement
AMG, Arzneimittelgesetz; GMP, Good Manufacturing Practice
Auch wenn das klassische Model der Frauenmilchbank an einer Kinderklinik eine lange
Tradition in Deutschland aufweist, ist im Rahmen von Neueinrichtungen die geeignete
Wahl der Betriebsform in erster Linie abhängig von standortspezifischen
baulichen und personellen Ressourcen. Zu beachten ist dabei, dass der Betrieb von
Frauenmilchbanken den Betrieb einer lebensmittelverarbeitenden Einrichtung
darstellt. Ebenfalls handelt es sich bei der zu verarbeitenden Muttermilch um eine
Substanz mit einer physiologischen bakteriellen Besiedelung. Diese Umstände
sind bei der Verortung einer Frauenmilchbank in noch anderweitig genutzten
Produktionsräumen wie beispielsweise Reinräumen zur
Medikamentenherstellung zu berücksichtigen. Spezifische Zertifizierungen
für den Betrieb von Frauenmilchbanken liegen bisher nicht vor.
Versorgungsstrukturen des Frauenmilchbankwesens
Versorgungsstrukturen des Frauenmilchbankwesens
Frauenmilchbanken werden an 41 Standorten bundesweit vorgehalten (Stand März
2023) und mittels oben beschriebener Modelle betrieben ([Tab.2 ]).
Tab. 2 Operierende Frauenmilchbanken in Deutschland (Stand
01.03.2023).
Gründungsjahra
Anzahl
Standorte
vor 2012
15
Magdeburg, Greifswald, Neubrandenburg, Leipzig, Dresden, Erfurt,
Cottbus, Chemnitz, Halle, Görlitz, Berlin, Frankfurt
(Oder), Jena, Potsdam, Schwerin
2012
16
München
2015
17
Dortmund
2017
21
Freiburg, Passau, Hamburg, Saarbrücken
2018
23
Vechta, Augsburg
2019
27
Frankfurt (Main), Hannover, Wolfsburg, Ulm
2020
29
Winnenden, Essen
2021
34
Bremen, Braunschweig, Kiel, Lübeck, Detmold
2022
41
Homburg (Saar), Bielefeld, Münster, Regensburg, Itzehoe,
Lörrach, Stuttgart
FMB, Frauenmilchbanken. a Jahr der offiziellen Eröffnung.
Träger der jeweiligen FMB: siehe unter www.frauenmilchbank.de/frauenmilchbanken-in-deutschland
Die überwiegende Mehrzahl dieser Frauenmilchbanken dienen
ausschließlich der Versorgung der jeweils eigenen neonatologischen
Abteilungen (single-unit -Prinzip). Nach einer Umfrage versorgten im Jahr 2018
lediglich sieben FMB, zumindest zeitweise, insgesamt 11 weitere neonatologische
Abteilungen mit Frauenmilch (multi-unit -Prinzip) [6 ].
Frauenmilch wird hierbei von Müttern, deren Kinder sich in
stationärer Behandlung derselben Abteilung befanden (interne Spenderinnen)
und teilweise auch von Frauen ohne vorherigen Bezug zur Abteilung (externe
Spenderinnen) gespendet.
Zukünftig ist die Etablierung von regionalen Netzwerken zu erwägen,
in denen leistungsstarke Frauenmilchbanken (hubs ) Muttermilch nicht nur von
internen und/oder externen Spenderinnen, sondern ebenfalls aus externen
Depots beziehen könnten ([Abb. 1 ]).
Diese Depots befänden sich in kooperierenden Fachabteilungen, welche
ihrerseits wiederum interne und ggf. auch externe Spenderinnen akquirieren
könnten. Die gesammelte Milch würde dann nach einer Zwischenlagerung
zur Verarbeitung an die zentrale FMB weitergeleitet. Von dort würde die
Milch nach Aufbereitung wieder an die kooperierende, die eigene und an weitere
Abteilungen abgegeben ([Abb. 1 ]). Bei dieser
zentralen Aufarbeitung würden durch die gemeinsame Nutzung einer technischen
und digitalen Infrastruktur Ressourcen effizienter ausgelastet. Gleichzeitig ist die
beziehende Abteilung nicht einseitig auf die externe Gewährleistung der
Verfügbarkeit von Frauenmilch angewiesen, sondern könnte
bedarfsgerecht eigene Spenderinnen akquirieren. Anfallende
Überschüsse könnten über den jeweiligen Hub weiteren
Kliniken zugutekommen. Die anfallenden laufenden Kosten der zentralen Einrichtung
könnten beispielsweise durch eine nicht profitorientierte finanzielle
Beteiligung der kooperierenden Abteilungen refinanziert werden.
Abb. 1 Versorgungsstrukturen von Frauenmilchbanken (FMB). a
Klassisches Single Unit- Prinzip: interne (und ggf. externe) Spenderinnen
(blau) versorgen ausschließlich Neugeborene der eigenen Abteilung
(Beispiele: FMB Itzehohe, Regensburg). b Multi-unit-Prinzip: FMB
versorgt weitere Abteilungen regional oder überregional (Beispiele:
FMB Berlin, Leipzig, Freiburg). c Zukünftige
Versorgungsnetzwerke: Zentrale FMB („Hub“) bezieht
Frauenmilch über Spenderinnen vor Ort und externe Kliniken (diese
teilweise mit eigenen Spenderinnen, teilweise mit Selbstversorgung als
eigenständige Frauenmilchbank), bereitet Milch auf, versorgt
multiple Abteilungen und steht mit weiteren Hubs in Verbindung.
Belastbare Daten zur Versorgungskontinuität und zur Anzahl der insgesamt in
Deutschland mit Frauenmilch versorgten Neugeborenen liegen bisher nicht vor. Nach
einer nichtrepräsentativen Erhebung von 2020 setzen lediglich 14 von 118
Abteilungen (12%) standardmäßig Frauenmilch für ein
definiertes Kollektiv in ihren Abteilungen ein [7 ]. Eine Erhebung repräsentativer und aussagekräftigen
Daten über die unterschiedlichen Ernährungsformen
Frühgeborener in Deutschland erscheint als Grundlage einer strukturierten
Bedarfsplanung von Frauenmilch für Frühgeborene notwendig und sollte
in geeigneter Form in etablierte Neonatalerhebungen integriert werden.
Grundsätzlich würde die überwiegende Mehrheit der deutschen
Neonatolog*innen Frauenmilch gegenüber Formulanahrung bevorzugen
[6 ]. Regionale Versorgungsnetzwerke
könnten unabhängig von den jeweiligen Betreibermodellen zur
flächendeckenden Bereitstellung von Frauenmilch beitragen.
Finanzierung der Frauenmilchbereitstellung
Finanzierung der Frauenmilchbereitstellung
Im Rahmen der dualen Krankhausfinanzierung muss die Einrichtung einer Frauenmilchbank
mit weiteren klinischen Infrastrukturmaßnahmen konkurrieren.
Landesförderprogramme jedoch führten bspw. in Niedersachsen und dem
Saarland über gezielte Anschubfinanzierungen zur erstmaligen Einrichtung von
mehreren Frauenmilchbanken in diesen Bundesländern [8 ].
Die Abbildung der laufenden Kosten einer Frauenmilchbereitstellung ist im
DRG-Entgeltsystem bisher nicht möglich. Diese Aufwendungen sind laut dem
Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) bereits durch die
bestehenden DRG-Fallpauschalen zur Säuglingsernährung abgegolten
[9 ]. Diese Einschätzung
berücksichtigt jedoch nicht die im Vergleich zur Formulanahrung
höheren Kosten der Bereitstellung von Frauenmilch [10 ]. Wiederholte Anträge zur Einstufung
von Frauenmilch für Frühgeborene als neue Untersuchungs- und
Behandlungsmethode (NUB) mit dem Ziel der Refinanzierung der Betriebskosten von
Frauenmilchbanken wurden vom InEK abgelehnt [11 ]. Ebenso wurden zwei Anträge auf die Aufnahme eines
spezifischen Kodes für die Ernährung Neugeborener mit Frauenmilch in
den OPS-Katalog abgewiesen.
Die fehlende Kostenerstattung der Bereitstellung von Frauenmilch spiegelt sich in
europäischen Nachbarländern wider [12 ]. Nach einer aktuellen Erhebung erfolgt eine anteilige
Kostenerstattung nur in drei europäischen Ländern, entweder
abhängig von der Zahl der versorgten Neugeborenen oder von der generierten
Menge Frauenmilch [5 ]. Zusammenfassend ist die
Finanzierung der Frauenmilchbereitstellung trotz zahlreicher Aktivitäten
unterschiedlicher Akteure weiterhin nicht zufriedenstellend
gewährleistet.
Personal in Frauenmilchbanken
Personal in Frauenmilchbanken
Das Personal in Frauenmilchbanken setzt sich aus verschiedenen Berufsgruppen des
Gesundheitswesens zusammen, besteht jedoch zumeist aus
Kinderkrankenpflegekräften [6 ]. Die
Mindestanforderungen an das Personal entsprechen dabei denjenigen, die an
Beschäftigte in Gesundheitseinrichtungen und nahrungsmittelverarbeitenden
Betrieben gestellt werden, und beschränken sich im Wesentlichen auf die
gesundheitliche Eignung und hygienische Aspekte [13 ]. Während das Berufsbild des „human milk
technician “ in einzelnen Einrichtungen im anglosächsischen
Raum punktuell etabliert ist, besteht in Deutschland keine einheitliche
Mindestqualifizierung für das Personal von Frauenmilchbanken [14 ]. Ein strukturiertes und standardisiertes
Fortbildungscurriculum zur Tätigkeit in Frauenmilchbanken könnte zur
Qualitätssicherung und einer außenwirksamen Aufwertung der
Tätigkeitsprofils der Mitarbeitenden beitragen.
In rund der Hälfte der muttermilchverarbeitenden Einrichtungen steht Personal
exklusiv zur Verarbeitung von Säuglingsnahrung zur Verfügung, in
allen übrigen Abteilungen muss diese zeitintensive Tätigkeit
zeitgleich zur Pflege am Bett ausgeübt werden [6 ]. In diesem Sinne sind Betreibermodelle
vorteilhaft, welche eine klare Trennung zwischen den direkt patientenbezogenen
Tätigkeiten und der Bereitstellung von Säuglingsnahrung, inklusive
einem entsprechenden personellen Ausfallkonzept, vorsehen.
Regulation und Klassifikation von Frauenmilch
Regulation und Klassifikation von Frauenmilch
Nach Einschätzung des Bundesministeriums für Ernährung und
Landwirtschaft (BMEL) handelt es sich bei der Abgabe von Frauenmilch an andere als
das eigene Kind um ein Inverkehrbringen von Milch im Sinne des Lebensmittelrechts
(Kommunikation des BMEL an die für Lebensmittelüberwachung
zuständigen obersten Landesbehörden, 25.02.2016, BMEL). Dieser
Einschätzung haben sich im Rahmen der Neueinrichtung von Frauenmilchbanken
zahlreiche Bundesländer angeschlossen. Aus der länderspezifischen
Klassifikation als Lebensmittel leiten sich die regulatorischen Auflagen im Umgang
mit Frauenmilch ab, bspw. die Anforderung an die Lebensmittelsicherheit (Richtlinie
178/2002/EG) oder die Hygienebestimmungen (RL
852/2004/EG).
Innerhalb der Europäischen Union (EU) unterliegt Frauenmilch
unterschiedlichen Klassifikationen und inhomogenen Regulierungen (Lebensmittel,
Medizinprodukt, u.a.), jedoch fehlen in der überwiegenden Mehrheit der
EU-Mitgliedsstaaten jegliche staatlichen Kontrollmechanismen [5 ]. Zum Schutz von Spenderinnen und
Empfängern sowie zur allgemeinen Qualitätssicherung plant die
EU-Kommission daher die Regulierung von humaner Milch im Rahmen der Novellierung und
Zusammenlegung der EU-Verordnungen betreffend von Blut und Blutbestandteilen (RL
2002/98/RG) und Geweben und Zellen menschlichen Ursprungs (RL
2004/23/EG) [15 ]
[16 ]. In einer ersten öffentlichen
Konsultation zur Folgenabschätzung in 2020 hatten jeweils die FMBI und die
European Foundation for the Care of Newborn Infants (EFCNI) eine
grundsätzliche Regulierung begrüßt, jedoch auch auf
potentiell nachteilige und zu vermeidende Auswirkungen hingewiesen [17 ]
[18 ].
Der erste seit 2022 vorliegende Entwurf der geplanten Gesetzgebung fasst die
Regulierung humaner Milch (d.h. Muttermilch und Frauenmilch) im selben Rahmen wie
die Regulierung von Blut, Gewebe und Zellen als Substance of Human Origin
(SoHO ) zusammen [19 ]. Die
Einbindung von humaner Milch in jeglichen Rechtsrahmen birgt Chancen und
Herausforderungen, welche sich letztendlich aus der daraus folgenden Ausgestaltung
und Umsetzung einer konkreten nationalen Regulation ergibt. Der vorliegende Entwurf
wurde dementsprechend auf Aufforderung des Bundesministeriums für Gesundheit
in einem gemeinsamen Statement pädiatrischer Fachgesellschaften und
Interessensverbänden kommentiert [20 ].
Der nationale Umsetzungsprozess nach Annahme einer endgültigen EU-Verordnung
muss kritisch und konstruktiv begleitet werden. Aus dem laufenden Verfahren sind
momentan jedoch keine konkreten Handlungsempfehlungen ableitbar.
Zur Frage, ob humane Milch grundsätzlich reguliert und einer der bestehenden
Klassifikationen von Substanzen menschlichen oder tierischen Ursprungs zugeordnet
werden sollte oder ob es sich nicht eher um eine Substanz sui generis
handelt, sei auf die ausführliche Diskussion von Cohen verwiesen [21 ].
Förderung des Frauenmilchbankwesens in Deutschland
Förderung des Frauenmilchbankwesens in Deutschland
Neben dem individuellen Aufbau von Frauenmilchbanken an einzelnen Kliniken und der
Arbeit der Frauenmilchbank-Initiative e.V. (siehe Infokasten) existieren weitere
Initiativen zur Förderung des Frauenmilchbankwesens in Deutschland. Die
EFCNI publizierte 2018 Empfehlungen zur Förderung von Frauenmilchbanken im
deutschsprachigen Raum, erstellte ein Handbuch und organisiert Workshops zum Aufbau
von Frauenmilchbanken [22 ]
[23 ].
Im Rahmen des durch den Innovationsfond des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA)
geförderten Projekts NEO-MILK wird unter anderem die Etablierung von
Frauenmilchbanken wissenschaftlich begleitet, hierbei soll eine Datengrundlage
für eine generelle Bewertung des Konzeptes geschaffen werden [24 ].
Weitere Faktoren, die für eine flächendeckende Versorgung von
Früh- und kranken Neugeborenen mit Frauenmilch förderlich
wären, sind nachfolgend zusammengefasst (siehe Liste). Eine
S2k-AWMF-Leitlinie unter Federführung der Gesellschaft für
Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin (GNPI) befindet sich zum
Zeitpunkt der Drucklegung dieses Beitrags in der abschließenden Abstimmung
[25 ].
Maßnahmen zur Förderung des Frauenmilchbankwesens in
Deutschland
Kostenerstattung der Bereitstellung von Frauenmilch
Einheitliche regulatorische Rahmenbedingungen auf
Länderebene
Nationale Leitlinie zum Einsatz von Frauenmilch
Strukturierte Fortbildungen zur Einführung eines
institutionellen Frauenmilchprogramms
Still- und Laktationsförderung
Still- und Laktationsförderung
Grundsätzlich bildet eine gute Still- und Laktationsförderung die
Basis für die Verfügbarkeit von Frauenmilch. Das
Frauenmilchbankwesen ist jedoch kein Selbstzweck an sich, wünschenswert
wäre vielmehr eine suffiziente still- und laktationsmedizinische
Unterstützung von Eltern, die den Einsatz von Frauenmilch nur in
Ausnahmefällen notwendig macht. Neben der Aufnahme einer verbindlichen
präpartalen Beratung zum Stillen in die Mutterschafts-Richtlinien des G-BA
sowie der Abbildung laktationsmedizinischer Aspekte in pädiatrischen
Weiterbildungsordnungen, wäre ebenfalls die Verankerung einer qualifizierten
und bedarfsgerechten Stillberatung in der Qualitätssicherungs-Richtlinie
Früh- und Reifgeborene (QFR-RL) des G-BA grundlegende und unterschiedliche
Zielgruppen adressierende Maßnahmen der Still- und
Laktationsförderung.
Zusammenfassung
Die Versorgungslage mit Frauenmilch in Deutschland ist für die
leitliniengerechte enterale Ernährung von Frühgeborenen als
unzureichend anzusehen, valide Daten für eine Bedarfsplanung sind jedoch
ausstehend.
Unterschiedliche Betreibermodelle können durch die Berücksichtigung
individueller Infrastrukturen und spezifischer regionaler Bedürfnisse einen
wichtigen Beitrag zur Bereitstellung von Frauenmilch leisten.
Neben der Einrichtung von Frauenmilchbanken an Einrichtungen mit hohen Fallzahlen
sollte Frauenmilch durch leistungsstarke Milchbanknetzwerke flächendeckend
für alle neonatologischen Abteilungen bundesweit vorgehalten werden. Hierzu
sind Kooperationskonzepte zu entwickeln und das benötigte Personal mittels
geeigneter Curricula zu schulen. Ziel ist die Sicherstellung einer steten
Verfügbarkeit von Frauenmilch für Frühgeborene und kranke
Neugeborene.
Eine optimale Still- und Laktationsförderung ist dabei sowohl für die
Versorgung eigener Kinder mit Muttermilch als auch für die Gewinnung von
Frauenmilch essentiell.
Die in 2018 gegründete
Frauenmilchbank-Initiative e.V. (FMBI) mit Sitz in Hamburg ist ein
gemeinnütziger und interprofessioneller Verein zur Förderung des
Frauenmilchbankwesens und vertritt die Interessen der in ihr organisierten deutschen
Frauenmilchbanken. Die FMBI informiert die Öffentlichkeit und Fachkreise
über die Vorteile der Ernährung mit humaner Milch und
fördert den praktischen Erfahrungsaustausch und wissenschaftlichen Diskurs.
Die FMBI berät Gesundheitseinrichtungen, Behörden und politische
Entscheidungsträger zum Aufbau von Frauenmilchbanken. Die FMBI kooperiert
dabei eng mit medizinischen Fachverbänden, Fachkundigen und weiteren
Interessensvertretungen aus dem im In- und Ausland (www.fmbi.de ).