I Leitlinieninformationen
Leitlinienprogramm der DGGG, OEGGG und SGGG
Informationen hierzu finden Sie am Ende der Leitlinie.
Zitierweise
Bacterial Vaginosis: Guideline of the DGGG, OEGGG and SGGG (S2k-Level, AWMF Registry
No. 015/028, June 2023). Geburtsh Frauenheilk 2023; 83: 1331–1349
Leitliniendokumente
Die vollständige deutsche Langfassung und eine DIA-Version dieser Leitlinien sowie
eine Aufstellung der Interessenkonflikte aller Autoren befinden sich auf der Homepage
der AWMF: http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015-028.html
Leitliniengruppe
Siehe [Tab. 1] und [2].
Table 1 Federführender und/oder koordinierender Leitlinienautor.
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Autor
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AWMF-Fachgesellschaft
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Ap.Prof. Priv.-Doz. Dr. Dr. Alex Farr, MPH
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Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG)
European Society for Infectious Diseases in Obstetrics and Gynecology (ESIDOG)
Österreichische Gesellschaft für Prä- und Perinatale Medizin (ÖGfPPM)
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Table 2 Beteiligte Leitlinienautor/-innen.
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Autor/-in
Mandatsträger/-in
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DGGG-Arbeitsgemeinschaft (AG)/ AWMF/Nicht-AWMF-Fachgesellschaft/ Organisation/Verein
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* Diese Person wurde als Experte (nicht stimmberechtigt im Konsensusverfahren) entsandt.
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Alex Farr
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OEGGG, ÖGfPPM, ESIDOG
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Brigitte Frey Tirri
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SGGG
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Udo Hoyme*
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AGII
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Werner Mendling
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DGGG, AGII
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Inge Reckel-Botzem
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BVF
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Daniel Surbek
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SGGG
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Sonja Swidsinski
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DGHM
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Gisela Walter
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DSTIG, AEGGF
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Birgit Willinger
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OEGHMP
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Die folgenden Fachgesellschaften/Arbeitsgemeinschaften/Organisationen/Vereine haben
Interesse an der Mitwirkung bei der Erstellung des Leitlinientextes und der Teilnahme
an der
Konsensuskonferenz bekundet und Vertreter dafür benannt ([Tab. 2]).
Verwendete Abkürzungen
BV:
bakterielle Vaginose
BVAB:
BV-assoziierte Bakterien
CDC:
Center for Disease Control and Prevention
CFU:
Colony Forming Units
CST:
Community State Types
FISH:
Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung
HIV:
humanes Immundefizienzvirus
HPV:
humane Papillomaviren
HSV:
Herpes-simplex-Virus
IVF:
In-vitro-Fertilisierung
KOH:
Kalilauge
NAAT:
Nucleic Acid Amplification Test
NGS:
Next Generation Sequencing
PID:
Pelvic Inflammatory Disease
spp.:
Abkürzung für Spezies (Plural)
STI:
sexuell übertragbare Infektionen (engl., Sexually Transmitted Infection)
VVC:
Vulvovaginalkandidose
WSW:
Frauen mit gleichgeschlechtlichem Sex von Frau-zu-Frau (engl., Women having Sex with
Women)
III Methodik
Grundlagen
Die Methodik zur Erstellung dieser Leitlinie wird durch die Vergabe der Stufenklassifikation
vorgegeben. Das AWMF-Regelwerk (Version 1.0) gibt entsprechende Regelungen vor. Es
wird zwischen
der niedrigsten Stufe (S1), der mittleren Stufe (S2) und der höchsten Stufe (S3) unterschieden.
Die niedrigste Klasse definiert sich durch eine Zusammenstellung von Handlungsempfehlungen,
erstellt durch eine nicht repräsentative Expertengruppe. Im Jahr 2004 wurde die Stufe
S2 in die systematische evidenzrecherchebasierte (S2e) oder strukturelle konsensbasierte
Unterstufe
(S2k) gegliedert. In der höchsten Stufe S3 vereinigen sich beide Verfahren.
Diese Leitlinie entspricht der Stufe: S2k.
Empfehlungsgraduierung
Die Evidenzgraduierung nach systematischer Recherche, Selektion, Bewertung und Synthese
der Evidenzgrundlage und eine daraus resultierende Empfehlungsgraduierung einer Leitlinie
auf
S2k-Niveau ist nicht vorgesehen. Es werden die einzelnen Statements und Empfehlungen
nur sprachlich – nicht symbolisch – unterschieden ([Tab. 3]).
Table 3 Graduierung von Empfehlungen (deutschsprachig).
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Beschreibung der Verbindlichkeit
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Ausdruck
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starke Empfehlung mit hoher Verbindlichkeit
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soll/soll nicht
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einfache Empfehlung mit mittlerer Verbindlichkeit
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sollte/sollte nicht
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offene Empfehlung mit geringer Verbindlichkeit
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kann/kann nicht
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Statements
Sollten fachliche Aussagen nicht als Handlungsempfehlungen, sondern als einfache Darlegung
Bestandteil dieser Leitlinie sein, werden diese als „Statements“ bezeichnet. Bei diesen
Statements
ist die Angabe von Evidenzgraden nicht möglich.
Konsensusfindung und Konsensusstärke
Im Rahmen einer strukturierten Konsenskonferenz nach dem NIH-Typ (S2k/S3-Niveau) stimmen
die berechtigten Teilnehmer der Sitzung die ausformulierten Statements und Empfehlungen
ab. Der
Ablauf war wie folgt: Vorstellung der Empfehlung, inhaltliche Nachfragen, Vorbringen
von Änderungsvorschlägen, Abstimmung aller Änderungsvorschläge. Bei Nichterreichen
eines Konsensus
(> 75% der Stimmen), Diskussion und erneute Abstimmung. Abschließend wird abhängig
von der Anzahl der Teilnehmer die Stärke des Konsensus ermittelt ([Tab. 4]).
Table 4 Einteilung zur Zustimmung der Konsensusbildung.
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Symbolik
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Konsensusstärke
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prozentuale Übereinstimmung
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+++
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starker Konsens
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Zustimmung von > 95% der Teilnehmer
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++
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Konsens
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Zustimmung von > 75 – 95% der Teilnehmer
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+
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mehrheitliche Zustimmung
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Zustimmung von > 50 – 75% der Teilnehmer
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–
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kein Konsens
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Zustimmung von < 51% der Teilnehmer
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Expertenkonsens
Wie der Name bereits ausdrückt, sind hier Konsensusentscheidungen speziell für Empfehlungen/Statements
ohne vorige systemische Literaturrecherche (S2k) oder aufgrund von fehlender Evidenzen
(S2e/S3) gemeint. Der zu benutzende Expertenkonsens (EK) ist gleichbedeutend mit den
Begrifflichkeiten aus anderen Leitlinien wie „Good Clinical Practice“ (GCP) oder „klinischer
Konsensuspunkt“ (KKP). Die Empfehlungsstärke graduiert sich gleichermaßen wie bereits
im Kapitel Empfehlungsgraduierung beschrieben ohne die Benutzung der aufgezeigten
Symbolik, sondern rein
semantisch („soll“/„soll nicht“ bzw. „sollte“/„sollte nicht“ oder „kann“/„kann nicht“).
IV Leitlinie
1 Zusammenfassung der Empfehlungen
Die bakterielle Vaginose (BV) ist durch eine stark erhöhte Bakterienzahl, vor allem
von Gardnerella (G.) species (spp.), eine hohe bakterielle Diversität an anaeroben
und fakultativ
anaeroben Bakterienarten sowie durch die Verdrängung potenziell protektiver Laktobazillen
im Vaginalsekret gekennzeichnet.
Bei der BV sind Gardnerella spp. die prädominanten Bakterienarten und jene mit dem
höchsten Virulenzpotenzial. Sie sind in eine Biofilm-Matrix mit weiteren BV-assoziierten
Bakterienarten
(BVAB) integriert, was für ein eventuelles Therapieversagen und chronisch rezidivierende
Verläufe verantwortlich zu sein scheint. Von einer chronisch-rezidivierenden BV, welche
auf eine
biofilmbedingte Genese der Erkrankung hinweisen kann, spricht man bei einer Erkrankungshäufigkeit
von zumindest 3 Episoden pro Jahr. Es existieren bestimmte Risiken für eine BV, denen
besondere Aufmerksamkeit bei der Abklärung eingeräumt werden sollte. Sofern möglich,
sollte das Ausschalten von prädisponierenden Wirtsfaktoren angestrebt werden.
In der klinischen Routine sollen Frauen mit vulvovaginalen Beschwerden, vor allem
bei dünnflüssigem, homogen gräulichem Ausfluss (mit oder ohne Amingeruch) und alkalischem
vaginalen pH-Wert
bezüglich einer BV abgeklärt werden. Hierbei soll die orientierende Diagnostik anhand
von Anamnese, Klinik und dem mikroskopischen Nachweis von Schlüsselzellen (Clue Cells)
im Nativpräparat,
ggf. auch mit Beurteilung der Amsel-Kriterien, erfolgen. Die Labordiagnostik sollte
die Gram-Färbung mit einer quantitativen Gegenüberstellung verschiedener Morphotypen
im Sinne des
Nugent-Scores umfassen. Die Labordiagnostik mittels molekulargenetischer Verfahren
spielt eine untergeordnete Rolle und sollte derzeit noch speziellen Fällen vorbehalten
sein.
Die Therapie der BV soll nur nach einer korrekt durchgeführten und ärztlich gesicherten
Diagnose erfolgen. Frauen mit vulvovaginalen Beschwerden und gesicherter BV sollen
leitliniengerecht
behandelt werden, wobei die Therapie mit oralem oder topischem Clindamycin oder Metronidazol
erfolgen soll. Alternativ können lokale Antiseptika zur Anwendung kommen. Die Therapie
der
bakteriellen Vaginose während der Schwangerschaft soll primär mit vaginalem Clindamycin
oder Antiseptika erfolgen. Im Falle einer chronisch rezidivierenden BV sollte mit
lokalen Antiseptika
oder einer suppressiven Erhaltungstherapie mit topischem Metronidazol behandelt werden,
gefolgt von vaginalen Probiotika, um die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs zu reduzieren.
Milchsäure und Probiotika scheinen sich positiv auf die Therapie und Rezidivprophylaxe
auszuwirken und können nach Therapieabschluss zur Regeneration der Laktobazillen-Flora
komplementär
angewendet werden. Bei chronisch rezidivierenden Verläufen kann eine Partnerbehandlung
erwogen werden, wobei die Evidenz hierzu begrenzt ist. In jedem Fall sollen Frauen
mit BV darüber
aufgeklärt werden, welche Maßnahmen dem Wiederauftreten der bakteriellen Vaginose
in ihrem Fall vorbeugen können. Frauen mit BV und unmittelbar bevorstehendem Kinderwunsch
sollten behandelt
werden, auch wenn sie asymptomatisch sind. Dasselbe gilt für Frauen mit einer aeroben
oder desquamativen inflammatorischen Vaginitis.
Die zukünftige Forschung im Bereich im Bereich der BV sollte sich darauf konzentrieren,
die hohe Rate an Rückfällen und chronisch rezidivierenden Verläufen zu vermeiden.
2 Begriffsdefinition
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Konsensbasiertes Statement 2.S1
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Die bakterielle Vaginose ist durch stark erhöhte Bakterienzahlen, vor allem von Gardnerella
species, eine hohe bakterielle Diversität an anaeroben und fakultativ anaeroben
Bakterienarten sowie durch die Verdrängung potenziell protektiver Laktobazillen im
Vaginalsekret gekennzeichnet.
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Konsensbasierte Empfehlung 2.E1
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Die chronisch-rezidivierende bakterielle Vaginose ist durch eine Erkrankungshäufigkeit
von zumindest 3 Episoden pro Jahr definiert und kann auf eine biofilmbedingte Genese
hinweisen.
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Die BV ist das weltweit häufigste Krankheitsbild der Vagina mit einer Prävalenz zwischen
23% und 29% bei sexuell aktiven Frauen [1]. Sie wurde bisher als
Dysbiose verstanden, bei der die Vaginalmikrobiota im Vergleich zu gesunden Frauen
ohne BV deutliche Veränderungen aufweisen, wie stark erhöhte Bakterienzahlen besonders
von Gardnerella
spp., eine hohe bakterielle Diversität an fakultativ und strikt anaeroben Bakterien,
sowie die Verdrängung von protektiven Laktobazillen. Es existieren Hinweise auf einen
Biofilm auf dem
Vaginalepithel, der hauptsächlich aus Gardnerella spp. besteht, aber auch eine Vielzahl
weiterer BVAB enthält. Dieser Biofilm erklärt einige der Veränderungen der Vaginalmikrobiota
und gilt
als pathogenetischer Faktor [2].
3 Mikrobiologie
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Konsensbasiertes Statement 3.S2
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Bei der bakteriellen Vaginose sind Gardnerella species die prädominanten Bakterienarten
und jene mit dem höchsten Virulenzpotenzial. Sie sind in eine Biofilm-Matrix mit weiteren
BV-assoziierten Bakterienarten integriert und scheinen für ein eventuelles Therapieversagen
und chronisch rezidivierende Verläufe verantwortlich zu sein.
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Bei 95 – 100% der Frauen mit BV sind Gardnerella spp. die prädominanten Bakterienarten
[3] mit 4 unterschiedlichen Spezies namens G. vaginalis, G. piotii, G.
leopoldii, G. swidsinskii und weiteren 9, bisher unbenannten Spezies [4]. Gardnerella spp. sind grampositive Bakterien, die zur Familie der Bifidobacteriaceae
gehören [5]. In gramgefärbten Präparaten erscheinen sie wegen ihrer ungewöhnlich dünnen Zellwand
als gramnegative oder gramlabile kokkoide Stäbchenbakterien
[6]. Als besondere Virulenzfaktoren von Gardnerella spp. gelten ihr ausgeprägtes Adhäsionsvermögen
an Vaginalepitelzellen und die Fähigkeit zur Biofilmbildung
[7]. Der BV-Biofilm wird hauptsächlich von dicht gepackten, nebeneinander liegenden
Gardnerella spp. gebildet. In deren Matrix sind stets eine Vielzahl
weiterer, sehr unterschiedlicher BVAB integriert. Ihre Keimkonzentration liegt deutlich
höher als in der normalen Vaginalmikrobiota, aber niedriger als die Gardnerella-spp.-Konzentration.
Keine der Non-Gardnerella-Spezies, mit der Ausnahme von Fannyhessia vaginae (vormals
Atopobium vaginae), ist in > 60% der BV-Biofilme enthalten. Das Spektrum der BVAB
ist enorm und
umfasst neben Fannyhessia vaginae, Fusobacterium nucleatum, Mobiluncus mulieris, Mycoplasma
hominis, Prevotella bivia, Ureaplasma urealyticum als den häufigsten Vertretern, auch
Laktobazillen wie L. iners [8], [9]. Der Gardnerella-spp.-dominierte polymikrobielle Biofilm bedingt eine erhöhte Resistenz
gegenüber Wasserstoffperoxid, Milchsäure, Bakterioziden bzw. der Wirtsimmunabwehr
[10] und ist eine wesentliche Ursache für die hohe Rate an Versagen der
Standard-Antibiotikatherapie bzw. BV-Rezidiven [11]. Auch STI-Erreger profitieren von ökologischen Interaktionen mit dem BV-Biofilm.
Das Risiko, an sexuell
übertragbaren Infektionen zu erkranken, ist bei Frauen mit BV signifikant höher als
bei Frauen mit normalen Vaginalmikrobiota [12], [13]. Frauen mit BV sind auch anfälliger für andere genitale Infektionen [14].
4 Wirts-, Virulenz- und Risikofaktoren
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Konsensbasierte Empfehlung 4.E2
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Es existieren bestimmte Risiken für eine bakterielle Vaginose, denen besondere Aufmerksamkeit
bei der Abklärung eingeräumt werden sollte. Sofern möglich sollte ein Ausschalten
von
prädisponierender Wirtsfaktoren angestrebt werden.
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Ein eindeutiger Genlocus, der für die Entstehung einer BV mitverantwortlich ist, wurde
bisher noch nicht beschrieben [15]. Ein Zusammenhang mit der
ethnischen Zugehörigkeit der Frau ist jedoch schon beschrieben [16], [17]. Frauen aus Süd- und Ostafrika leiden etwa häufiger
an BV als Frauen in Westafrika, Europa, Australien oder Neuseeland. In den USA wurde
bei Afroamerikanerinnen eine BV-Prävalenz von 51% beschrieben, während diese bei Hispanierinnen
bei 32%,
bei weißen US-Amerikanerinnen bei 23% und bei Frauen indianischer Herkunft bei 33%
lag [11], [18], [19]. Zu den exogenen Wirtsfaktoren der BV zählen u. a. Rauchen, übertriebene vaginale
Hygiene, chronischer Stress, häufige Partner*innenwechsel, oder das zeitnahe Vorhandensein
der
Menstruation [18], [20] – [22]. Brookheart et al. [23]
berichteten ebenso über ein gehäuftes Auftreten von BV im Zusammenhang mit einem erhöhten
Körpergewicht bzw. Body-Mass-Index. Es gibt Hinweise für eine sexuelle Übertragung
von BV-Biofilmen.
Ebenso haben Frauen, die aufgrund einer BV behandelt wurden, ein erhöhtes Risiko für
ein Rezidiv, wenn sie mit demselben Partner ohne Kondomnutzung wieder Verkehr haben
[24], [25], [26]. Frauen mit gleichgeschlechtlichem Sex (WSW, engl., Women having Sex with Women)
haben per se ein erhöhtes Risiko für BV [27]. Die Einnahme von kombinierten oralen Kontrazeptiva ist mit einer niedrigeren Prävalenz
von BV verbunden [28], [29], [30], wobei dies vor allem mit dem Vorhandensein des Östradiols vergesellschaftet zu
sein scheint [31]. Die Anwendung von Kupfer-Intrauterinpessaren scheint jedenfalls mit einem erhöhten
Risiko für BV vergesellschaftet zu sein [32].
5 Symptomatik
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Konsensbasierte Empfehlung 5.E3
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Frauen mit vulvovaginalen Beschwerden, vor allem bei dünnflüssigem, homogen gräulichem
Ausfluss (mit oder ohne Amingeruch) und alkalischem vaginalen pH-Wert, sollen bezüglich
einer bakteriellen Vaginose abgeklärt werden.
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Das charakteristische Symptom der BV ist der verstärkte, meist homogene vaginale Fluor
[33], [34]. Der Ausfluss ist
dünnflüssig und von gräulicher, leicht milchiger Farbe gekennzeichnet [35], [36], [37].
Begleitet wird er von einem fischigen Geruch („Amingeruch“) und einem pH-Wert des
Scheidensekrets von pH > 4,5 [34]. Zusätzlich können Irritationen im
Intimbereich wie Brennen, Rötung, Juckreiz, Dyspareunie oder Dysurie auftreten. Viele
Frauen stellen sich u. a. wegen Blutungsstörungen oder Symptomen einer Harnwegsinfektion
vor [33], [38]. Während der Schwangerschaft kann sich die BV durch Symptome wie vorzeitige Wehen,
Zervixverkürzung oder einen
vorzeitigen Blasensprung bemerkbar machen [39], [40]. Bei Frauen mit sexuell übertragbaren Infektionen, einschließlich
HIV-Infektion, können Symptome einer BV die Diagnostik erschweren [41], [42], [43]. Die
Vulvovaginalkandidose (VVC) ist die wichtigste Differenzialdiagnose, wobei deren Hauptsymptom
der vestibuläre Juckreiz ist [44], [45]. Bei einer Trichomoniasis hingegen ist die Mehrheit der betroffenen Frauen (85%)
asymptomatisch [46], [47], wobei
ein Drittel dieser Frauen innerhalb von 6 Monaten symptomatisch wird [48]. Zu den klassischen Symptomen gehören ebenso vaginaler Ausfluss, der sich jedoch
oft
übelriechend und gelbgrün präsentiert, begleitet von Dysurie, Juckreiz und Bauchschmerzen.
Im Gegensatz zur BV ist eine Infektion mit Chlamydia trachomatis meistens durch einen
gering
ausgeprägten zervikalen Fluor, Kontaktblutungen der Portio, Urethritis, Blutungsstörungen,
ggf. auch durch eine Endometritis, Salpingitis und Unterbauchschmerzen gekennzeichnet
[44].
6 Diagnostik
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Konsensbasierte Empfehlung 6.E4
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Die orientierende Diagnostik der bakteriellen Vaginose soll anhand von Anamnese, Klinik
und dem mikroskopischen Nachweis von Schlüsselzellen (Clue Cells) im Nativpräparat,
ggf.
auch mit Beurteilung der Amsel-Kriterien, erfolgen.
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Konsensbasierte Empfehlung 6.E5
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Die Labordiagnostik der bakteriellen Vaginose sollte nach erfolgter orientierender
Diagnostik die Gram-Färbung mit einer quantitativen Gegenüberstellung von verschiedenen
Morphotypen im Sinne des Nugent Scores umfassen.
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Konsensbasierte Empfehlung 6.E6
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Die Labordiagnostik der bakteriellen Vaginose mittels molekulargenetischer Verfahren
spielt in der klinischen Routine eine untergeordnete Rolle und sollte derzeit nur
speziellen
Fällen vorbehalten sein.
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Die korrekte Diagnostik der BV ist bei Frauen mit rezidivierenden Verläufen, ebenso
wie nach Versagen einer First-Line-Therapie [49], sowie bei Frauen mit
Kinderwunsch bzw. Frühgeburtenanamnese [50], [51] von besonderer klinischer Relevanz. Bis heute werden klassische
mikroskopische Verfahren wie das Nativ- oder Gram-Präparat als Referenzmethoden empfohlen
[49], [50]. Diese Verfahren können
jedoch lediglich Morphotypen bestimmen, und lassen somit nur orientierende Aussagen
über die vorliegenden Veränderungen der Vaginalmikrobiota zu. In den letzten Jahren
sind
molekulargenetische Verfahren für die BV-Diagnostik etabliert worden (FISH, NAAT/PCR,
NGS), welche die Veränderungen der Vaginalmikrobiota wesentlich genauer abbilden und
damit eine exaktere
Diagnostik und gezieltere Therapie ermöglichen [52].
Bei Patientinnen mit den typischen Beschwerden einer BV kann die Diagnose anhand der
Anamnese, des Lokalbefundes, der Begutachtung des Nativpräparats und der Bestimmung
des vaginalen
pH-Werts erhoben werden [44]. Das Nativpräparat des vaginalen Fluors (Phasenkontrast × 400) zeigt bei der BV
reichlich kurze, kokkoide Stäbchenbakterien, die
überwiegend auf den Vaginal-Epithelzellen gelagert sind und von Gardner als „Schlüsselzellen“
(Clue Cells) benannt wurden [53]. Laktobazillen und andere
Morphotypen bzw. Leukozyten sind kaum oder nicht nachweisbar [44]. Die Amsel-Kriterien liegen vor, wenn 3 der 4 folgenden Merkmale zutreffen: homogener,
grau-weißlicher Fluor genitalis, pH-Wert des Vaginalsekrets > 4,5, fischiger Amingeruch
des Fluors, insbesondere nach Zugabe eines Tropfens 10%iger Kalilauge (KOH) und/oder
der Nachweis
von mindestens 20% Schlüsselzellen im Verhältnis zur Gesamtheit der pro Blickfeld
sichtbaren Vaginal-Epithelzellen im Nativpräparat [54].
Der Nugent Score stellt ein standardisiertes Bewertungsverfahren für gramgefärbte
Vaginalabstriche mit einem Punktesystem von 0 bis 10 dar, welches auf einem Abstufungssystem
für die
semiquantitative Bewertung von grampositiven Stäbchen (0 bis 4), kleinen gramvariablen
und gramnegativen Stäbchen (0 bis 4) und gekrümmten, „Mobiluncus-ähnlichen“ Stäbchen
(0 bis 2) beruht
[55]. Bei Anwendung dieses Systems weisen Frauen mit klinischen BV-Symptomen in der Regel
Werte von 7 bis 10 auf, während Gesunde Werte von 0 bis 3 zeigen.
Werte von 4 bis 6 gelten als „intermediär“ und lassen keine klinisch relevanten Aussagen
zu [56]. Alternativ wird der Hay-Ison Score empfohlen, der 5
Kategorien (Grad 0 bis 4) unterscheidet, wobei Grad 0 das ausschließliche Vorhandensein
von Epithelzellen ohne Laktobazillen oder Hinweis auf BV beschreibt. Grad 1 beschreibt
den
Normalzustand mit der Prädominanz vaginaler Laktobazillen, Grad 2 eine intermediäre
Mischflora mit teilweisem Vorhandensein von Gardnerella und Mobiluncus-Morphotypen,
Grad 3 die typische BV
mit Clue Cells und Dominanz der Anaerobier (ohne oder wenig Laktobazillen). Grad 4
beschreibt ein Bild grampositiver Kokken, ohne Hinweis auf BV oder Laktobazillus-Morphotypen
[57].
Die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) ermöglicht es, eine taxonomisch eindeutige
Identifizierung von Mikroorganismen, die Beurteilung ihrer räumlichen Anordnung sowie
der
morphologischen Besonderheiten des Untersuchungsmaterials vorzunehmen [58]. Next Generation Sequencing (NGS) ermöglicht die genotypische Identifizierung von
Mikroorganismen in mikrobiellen Gemeinschaften, auch wenn sie in einer klinischen
Probe nur in geringer Menge vorhanden sind [59]. Mit der quantitativen
Multiplex Polymerase-Kettenreaktion (qPCR) kann eine Sensitivität von 80% und Spezifität
von 92% erreicht werden [60]. Diese Methode sollte jedoch Frauen mit
Kinderwunsch, Schwangerschaft, IVF oder zum Screening bei Patienten mit erhöhtem STI-Risiko
vorbehalten sein. Weitere Labormethoden umfassen den BD Affirm VPIII Assay als synthetischen
Oligonukleotid-Sondentest [61], [62], [63], [64] sowie diverse
Point-of-Care Tests, wie etwa den OSOM BVBLUE Test, der auf dem Nachweis der Sialidase-Aktivität
basiert [65], [66], und den
FemExam Test, der Trimethylamin als Stoffwechselprodukt und die Aktivität der Prolin-Aminopeptidase
nachweist [64], [67].
7 Therapie
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Konsensbasierte Empfehlung 7.E7
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Frauen mit vulvovaginalen Beschwerden und gesicherter bakterieller Vaginose sollen
leitliniengerecht behandelt werden.
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Konsensbasierte Empfehlung 7.E8
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Die Therapie der bakteriellen Vaginose soll mit oralem oder topischem Clindamycin
oder mit Metronidazol erfolgen. Alternativ können lokale Antiseptika zur Anwendung
kommen.
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Konsensbasierte Empfehlung 7.E9
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Die Therapie der chronisch-rezidivierenden bakteriellen Vaginose sollte mit lokalen
Antiseptika oder einer suppressiven Erhaltungstherapie mit topischem Metronidazol,
gefolgt von
vaginalen Probiotika erfolgen, um die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs nach der Therapie
zu reduzieren.
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Konsensbasierte Empfehlung 7.E10
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Frauen mit symptomatischer bakterieller Vaginose in der Schwangerschaft sollen zwecks
Beschwerdereduktion sowie Reduktion von Schwangerschafts- und Wochenbettkomplikationen
behandelt werden.
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Konsensbasierte Empfehlung 7.E11
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Die Therapie der symptomatischen bakteriellen Vaginose während der Schwangerschaft
soll primär mit Clindamycin erfolgen. Alternativ können vaginale Antiseptika zur Anwendung
kommen.
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Konsensbasierte Empfehlung 7.E12
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Die Therapie der bakteriellen Vaginose soll nur nach einer korrekt durchgeführten
und ärztlich gesicherten Diagnose erfolgen.
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Konsensbasierte Empfehlung 7.E13
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Milchsäure und Probiotika scheinen sich positiv auf die Therapie und Rezidivprophylaxe
der bakteriellen Vaginose auszuwirken und können daher komplementär angewendet werden.
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Konsensbasiertes Statement 7.E14
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Bei chronisch rezidivierenden Verläufen einer bakteriellen Vaginose kann eine Partnerbehandlung
erwogen werden, wobei die Evidenz hierzu begrenzt ist.
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Konsensbasierte Empfehlung 7.E15
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Frauen mit bakterieller Vaginose sollen darüber aufgeklärt werden, welche Maßnahmen
dem Wiederauftreten der bakteriellen Vaginose in ihrem Fall vorbeugen können.
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Konsensbasierte Empfehlung 7.E16
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Frauen mit bakterieller Vaginose und unmittelbar bevorstehendem Kinderwunsch sollten
behandelt werden, auch wenn diese asymptomatisch sind. Dasselbe gilt für Frauen mit
aerober
oder desquamativer inflammatorischer Vaginitis.
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Die Therapie der BV ist bei allen Patientinnen mit vulvovaginalen Beschwerden indiziert
[49]. Allerdings profitieren auch asymptomatische Frauen mit einer BV
durch die Risikoreduktion von Endometritis, PID und STI mit ggf. folgender Infertilität
indirekt von einer Therapie [68]. Bei Frauen mit rezidivierenden
Verläufen oder Versagen der First-Line-Therapie kann dies zu einer signifikanten Beeinträchtigung
in deren Lebensqualität führen, ebenso wie zu einer oft schwierigen und langwierigen
Therapie.
Bei der First-Line-Therapie der BV mit Metronidazol führen die Resistenzmechanismen
von Gardnerella spp. häufig zu einem Therapieversagen [69]. Bei einer
oralen Therapie mit Metronidazol 500 mg wird dieses 2-mal täglich für 7 Tage oder
für 2 g 1- bis 2-malig innerhalb von 48 Stunden empfohlen. Weniger häufig durch Resistenzen
eingeschränkt
ist die Therapie mit Clindamycin 300 mg 2- bis 3-mal täglich für 7 Tage. Als alternative
topische Therapien können vaginales Metronidazol oder 2%ige Clindamycin-Crème 1-mal
täglich für
7 Tage empfohlen werden, ebenso wie vaginale Clindamycin-Ovula für 3 Tage. In einigen
randomisiert kontrollierten Studien zeigten Antiseptika, wie etwa Dequaliniumchlorid
10 mg 1-mal täglich
für 6 Tage, Octenidin-Vaginalspray oder jodhaltige Präparate gute Ergebnisse bei der
Behandlung einer BV [70] – [74].
Antiseptika als Therapiealternative einzusetzen erscheint – insbesondere in Anbetracht
des im BV-Biofilm oft unwirksamen Metronidazol sowie zunehmender Antibiotikaresistenzen
– sinnvoll,
wiewohl durch Antiseptika der bei BV ohnehin geringe Anteil an Laktobazillen weiter
reduziert wird [75] – [77]. Seltenere
Therapiealternativen sind Secnidazol 2 g oral als Einmaltherapie oder Tinidazol 2 g
oral für 2 Tage bzw. 1 g oral für 5 Tage. Die auf eine antibiotische bzw. antiseptische
Therapie
nachfolgende Gabe von Probiotika soll dazu dienen, die vaginale Mikrobiota wiederaufzubauen
[78]. Das Risiko, nach Beendigung einer First-Line-BV-Therapie
wiederholt an derselben Symptomatik zu leiden, ist hoch. Übersichtsartikel führen
etwa eine Rezidivrate von 80% innerhalb von 3 – 12 Monaten nach Therapie an [34], [79]. Die für die Rezidive häufig verantwortlichen Biofilme können mit den First-Line
antibiotischen Methoden nicht aufgelöst werden [80], [81], wobei in vitro z. B. bei Dequaliniumchlorid entsprechende Effekte beobachtet wurden
[82]. Lokale Antiseptika können daher bei rezidivierenden Verläufen eine sinnvolle Alternative
darzustellen [72]. Es wurden einige Regime zur
Unterdrückung von Rezidiven versucht, die jedoch durchwegs keinen anhaltenden Erfolg
zeigten, sodass – ähnlich wie bei der chronisch rezidivierenden VVC – suppressive
Erhaltungstherapien
vorgeschlagen werden können. Hierzu kann etwa topisches Metronidazol 2-mal wöchentlich
für insgesamt 16 Wochen einen Therapieversuch darstellen [83].
Während einer Schwangerschaft ist die antibiotische Behandlung einer BV effektiv,
wobei das Gesamtrisiko einer Frühgeburt dadurch wohl nicht signifikant reduziert werden
kann [84]. Die Therapie wird jedenfalls allen symptomatischen schwangeren Frauen empfohlen,
um die Beschwerden zu verringern und da eine symptomatische BV während der
Schwangerschaft u. a. mit dem Auftreten eines vorzeitigen Blasensprungs, Frühgeburt,
Amnioninfektionssyndrom und postpartaler Endometritis in Zusammenhang gebracht wurde
[85] – [87]. Neben den symptomatischen Frauen gibt es Hinweise, dass die Diagnostik und Therapie
einer asymptomatischen BV vor der
23. Schwangerschaftswoche die Rate an Frühgeburten senken kann [88]. Clindamycin erscheint aufgrund seiner antiinflammatorischen und zytokinhemmenden
Wirkung
sowie aufgrund seines breiten antibiotischen Spektrums während der Schwangerschaft
besser geeignet zu sein als Metronidazol [49]. Die Gabe von Tinidazol
während der Schwangerschaft sollte vermieden werden. Aufgrund der klinisch vergleichbar
guten Wirksamkeit können alternativ auch Antiseptika wie Dequaliniumchlorid oder Octenidin
als
geeignete Alternativen angesehen werden [71], [73]. Auf die Gabe von Povidon-Jod sollte während der Schwangerschaft jedoch
verzichtet werden.
Nach bisherigen Erkenntnissen kann eine voll entwickelte oder auch eine chronisch
rezidivierende BV mit Milchsäure oder Laktobazillus-Präparaten alleine nicht geheilt
werden [89]. Plummer et al. [90] berichten in ihrem systematischen Review, dass wegen divergierender Methoden und
Ergebnisse keine klare
Empfehlung für oder gegen die Anwendung von Milchsäure zur Prophylaxe oder Therapie
der BV gegeben werden kann. Ebenso wird der Einsatz vaginal oder oral applizierter
Laktobazillen und
Probiotika zur Prophylaxe bzw. Therapie einer BV kontrovers beurteilt [91], [92], [93],
wiewohl einzelne Studien signifikante Vorteile für die Anwendung von Probiotika bei
oder nach BV zeigten [78]. Orale Probiotika sind jedenfalls erst etwa
1 – 2 Wochen später in der Scheide nachweisbar und bleiben dort, solange sie weiter
oral eingenommen werden [94], [95].
Weitere alternative und komplementäre Therapeutika umfassen etwa ein vaginales Präparat
mit Ascorbinsäure [96] und ein Polymer aus einer Kombination der Aloe
barbadensis und Milchsäure [97].
Die Rezidivrate der BV hängt von einigen Faktoren ab, wobei die Re-Infektion mit BVAB,
die Re-Infektion durch endogene Quellen oder aber auch durch den Sexualpartner/in
eine Rolle spielen
[31], [98]. Das Center for Disease Control and Prevention (CDC) empfiehlt jedoch keine routinemäßige
Mitbehandlung des
Partners im Falle einer rezidivierenden BV. Eher kann durch die Vermeidung anderer
prädisponierender Wirts- bzw. Risikofaktoren, wie etwa Stressvermeidung, gesunder
Lebensstil und normales
Körpergewicht, die Rezidivrate gesenkt werden [99]. Es besteht ein Zusammenhang zwischen BV und Unfruchtbarkeit, wobei der genaue Pathomechanismus
noch unklar
ist. Einerseits haben Frauen mit BV ein erhöhtes Risiko für aszendierende Infektionen
wie Zervizitis, Endometritis und Pelvic Inflammatory Disease (PID) [68].
Eine chronische Endometritis kann oft über Jahre klinisch inapparent bestehen bleiben
und inflammatorische Prozesse nach sich ziehen, welche die Implantation der befruchteten
Eizelle
beeinträchtigen und etwa zu tubarer Sterilität führen können [100], [101], [102], [103], [104]. Andererseits scheinen auch bei der Fertilität BV-Biofilme eine Rolle zu spielen
[58]. Insgesamt wurden etwa schlechte IVF-Outcomes bei Frauen mit einer geringen mikrobiellen
Diversität und jenen mit einem höheren Anteil an abnormer vaginaler Mikrobiota berichtet
[105]. Die antibiotische Therapie mit Doxycyclin nach Hysteroskopie und Strichkürettage
verbessert die Schwangerschaftsrate [106].
8 Ausblick
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Konsensbasierte Empfehlung 8.E17
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Expertenkonsens
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Konsensusstärke +++
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Die zukünftige Forschung im Bereich der bakteriellen Vaginose sollte sich darauf konzentrieren,
die hohe Rate an Rückfällen und chronisch rezidivierenden Fällen zu vermeiden.
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Die Vermeidung von Resistenzen und chronisch rezidivierenden Fällen, sowie die Prävention
der BV stehen daher ganz oben auf der Agenda der zukünftigen Forschung. Die Wirksamkeit
alternativer Therapien und der derzeitige Behandlungsplan sollten anhand der Ergebnisse
neuer klinischer Studien zu modernen Verfahren und Präzisionsmedizin ausgebaut und
ergänzt werden
[28], [31], [107], [108]. Die Behandlung mit Lactobacillus
crispatus CTV-05 (Lactin-V) könnte ebenso interessant werden, da gezeigt werden konnte,
dass die Anwendung von Lactin-V nach der Behandlung mit vaginalem Metronidazol nach
12 Wochen zu einer
signifikant geringeren Rückfallrate der BV führte [109]. Ebenso ist bisher die Evidenz zu Astodrimer relativ begrenzt [110], [111], ebenso wie jene zum vaginalen Medizinprodukt Polycarbophil, welches zuversichtliche
Daten in der Reduzierung der BV-Rezidivrate lieferte
[112], [113]. Ergebnisse klinischer Studien mit TOL-463, einem auf Borsäure basierenden Antiseptikum,
das speziell gegen
vaginale Biofilme von Bakterien und Pilzen wirksam ist, bleiben abzuwarten [114], [115]. Schlussendlich rückt auch die
Partnerbehandlung immer mehr in den Fokus der Forschung [116].