Schlüsselwörter
Geburtshilfe - Haus- und Praxisgeburt - neonatales Outcome
Einleitung
Wenngleich in Österreich beinahe alle Frauen im klinischen Setting entbinden, hält
sich
der Anteil der außerklinisch stattfindenden Geburten bei rund 1,5% [1]. Folgende Tabelle ([Tab. 1]) zeigt die Anzahl der Lebendgeborenen in
Österreich in den Jahren 2017 bis 2021 sowie eine Zuteilung der Geburten hinsichtlich
des
Entbindungsortes. Außerklinisch durchgeführte Geburten können in Österreich als Hausgeburt
am
Wohnsitz der Mutter oder als Geburt in einer Hebammenpraxis (der Begriff Geburtshaus
wurde im
Rahmen einer Gesetzesnovellierung aufgehoben) organisiert werden [2].
Tab. 1
Lebendgeborene in Österreich sowie Entbindungsort 2017–2021 (eigene
Darstellung).
Lebendgeborene
|
2017
|
2018
|
2019
|
2020
|
2021
|
Österreich insgesamt
|
86987
|
84804
|
84222
|
82950
|
85329
|
Entbindungsort (Basis Lebendgeborene insgesamt)
|
Krankenanstalt
|
85626
|
83473
|
82915
|
81381
|
83635
|
Entbindungsheim/Hebammenpraxis
|
303
|
247
|
273
|
278
|
314
|
Wohnsitz der Mutter
|
1012
|
987
|
940
|
1180
|
1253
|
am Transport
|
33
|
31
|
33
|
33
|
43
|
sonstiger Entbindungsort
|
13
|
66
|
61
|
78
|
84
|
Krankenanstaltsgeburten in %
|
98.4
|
98.4
|
98.4
|
98.1
|
98
|
außerklinische Geburtshilfe in % (Entbindungsheim, Hebammenpraxis, Wohnsitz der
Mutter)
|
1.51
|
1.46
|
1.44
|
1.76
|
1.84
|
Die österreichische Gesetzgebung regelt im Bundesgesetz über den Hebammenberuf
(Hebammengesetz – HebG) [2] die Beiziehung einer Hebamme zur Geburt und zur Versorgung des Kindes als
Pflicht jeder Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerin (HebG idgF § 3, Abs. 1) und definiert
den
eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereich der Hebamme (HebG idgF § 2, Abs. 1). Dies
schafft im
klinischen und außerklinischen Setting die rechtliche Basis, bei unauffälliger Anamnese
und
regelrechten Verläufen die Betreuung, Beratung und Pflege von Frauen während Schwangerschaft,
Geburt und im Wochenbett eigenverantwortlich durchzuführen. Die im Hebammengesetz
festgeschriebenen Grenzen des eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereichs der Hebammen
verpflichten diese, bei Verdacht oder Auftreten von für die Mutter oder das Kind regelwidrigen
und gefahrdrohenden Zuständen unverzüglich ärztlichen Beistand hinzuzuziehen und die
Pflege
und Betreuung nur nach ärztlicher Anordnung sowie in Zusammenarbeit mit einer Ärztin
oder
einem Arzt durchzuführen (HebG idgF § 4, Abs. 1). Demzufolge ist bei Verdacht oder
Auftreten
von Regelwidrigkeiten oder gefahrdrohenden Zuständen die Haus- oder Praxisgeburt abzubrechen
und die Gebärende unverzüglich in eine Klinik zu verlegen. Dieser gesetzliche Rahmen
ist eine
wesentliche Grundlage, die potenziellen Risiken einer Haus- oder Praxisgeburt für
Mutter und
Kind maßgeblich zu minimieren.
Die Beweggründe der Schwangeren, als Geburtsort ein außerklinisches Setting zu
präferieren, wurden in unterschiedlichen, in Australien von Sassine et al. [3] und Hauck et al. [4] durchgeführten Studien
erhoben. Neben der Intention, bei Hausgeburten nicht notwendige medizinische Eingriffe
und
strukturelle Routine umgehen zu können, nannten Schwangere vor allem auch die kontinuierliche
Betreuung von einer Hebamme, eine ungestörte Bondingphase, eine bessere Stillförderung
durch
frühes Anlegen des Neugeborenen und die freie Wahl der Gebärposition als Gründe für
die
Entscheidung zu einer Hausgeburt [3]
[4]. Im Qualitätsbericht zur außerklinischen Geburtshilfe in Deutschland
wurden Selbstbestimmung, vertraute Umgebung und vertraute Hebamme als entscheidende
Motivationsgründe für eine Geburt außerhalb des klinischen Settings genannt [5].
Mit dem Recht der Frau auf eine freie Wahl des Geburtsortes werden die Meinungsbilder
zur
außerklinischen Geburtshilfe und das mit der Haus- bzw. Praxisgeburt verbundene
Risikopotenzial unterschiedlich diskutiert [6]
[7]. Auch wenn die Ergebnisse der nachfolgend
angeführten Studien ohne Betrachtung der jeweils vorherrschenden gesundheitspolitischen
Rahmenbedingungen nicht direkt auf Österreich übertragbar sind, machen diese dennoch
die
unterschiedlichen Positionen deutlich.
Die Kritik an Hausgeburten oder Geburten im Entbindungsheim ist vor allem dem in einigen
Studien nachgewiesenen signifikant erhöhten Risiko für neonatale Morbidität und Mortalität
geschuldet. Die Studien von Wax et al. [8], Cheng et al. [9] und Grünebaum et al. [10] zu diesem Thema zeigten, dass bei geplanten
Hausgeburten niedrigere Raten an mütterlichen Interventionen wie Epiduralanalgesie,
Episiotomie und operative Entbindungen, seltener Geburtsverletzungen, postpartale
Blutungen
und Infektionen nachweisbar waren. Allerdings zeigten die Ergebnisse im Vergleich
zum
klinischen im außerklinischen Setting höhere Raten an neonatalen Komplikationen, niedrigere
5-Minuten-Apgar-Werte, Krampfanfälle sowie höhere Raten an neonataler Mortalität [8]
[9]
[10].
Zu gegenteiligen Ergebnissen kommen Studien von Homer et al. [11], Jansen et al. [12], Cox et al. [13] oder Kataoka et al. [14], die der
außerklinischen Geburtshilfe aufgrund niedrigerer peripartaler Interventions- und
Komplikationsraten ein mit der klinischen Geburtshilfe vergleichbares neonatales Outcome
zuschreiben. So konnten in den Studien keine Unterschiede bei den Raten an perinataler
Mortalität, niedrigen 5-Minuten-Apgar-Scores, Mekonium-Aspiration oder der Notwendigkeit
einer
Verlegung des Neugeborenen festgestellt werden [11]
[12]
[13]
[14].
Hirazumi und Suzuki [15] verweisen in ihrer Studie auf keine negativen perinatalen Ergebnisse bei
von Hebammen betreuten, außerklinisch durchgeführten Geburten. Zudem wurde in den
Studien von
Hildingsson et al. [16] und Forster et al. [17] die kontinuierliche Betreuungsqualität und
das Geburtserlebnis bei Geburten im außerklinischen Setting als zufriedenstellender
dargestellt als bei Geburten im Krankenhaus.
Die Ergebnisse über die Verlegungsraten von Frauen sub partu bei geplanter Hausgeburt
in
eine Klinik variieren stark. So konnten Anderson et al. [18] in ihrer Studie eine Transferrate sub partu
von 8% festmachen, während Amelink-Verburg et al. [19] eine Transferrate von 31,9% angeben, wobei
die Häufigkeit einer Verlegung sub partu bei Erstgebärenden mit 22,5%–56,3% deutlich
höher ist
als bei Mehrgebärenden mit 4,4%–16,1% [20]. Als häufigste Indikationen für den Abbruch einer geplanten Hausgeburt
wird in der Literatur ein protrahierter Geburtsverlauf, der Wunsch nach Schmerzmedikation,
der
Verdacht auf bzw. das Auftreten von fetalem Stress sowie Lage- oder Einstellungsanomalie
angegeben [21].
Eine in Deutschland von Andraczek et al. [22] durchgeführte Studie analysierte das
fetomaternale Outcome von Geburten im außerklinischen Setting mit Geburten im
hebammengeleiteten Kreißsaal nach einer notwendigen peripartalen Weiterleitung in
die Klinik.
Ihren Ergebnissen zufolge war nach einer Verlegung sowohl das maternale als auch das
neonatale
Outcome in der Gruppe der geplanten außerklinischen Geburten mit höheren Raten an
sekundären
Sectiones, längeren Eröffnungsperioden, höheren Raten an postpartaler Hämorrhagie,
höheren
Raten an 5-Minuten-Apgar-Werten ≤ 7 Punkten sowie häufigeren neonatologischen Verlegungen
signifikant schlechter [22].
Während die Interventionsraten sowie die mütterliche und neonatale Morbidität und
Mortalität bei klinisch und außerklinisch durchgeführten Geburten in unterschiedlichen
Studien
analysiert wurden, ist die Datenlage zum mütterlichen und neonatalen Outcome bei abgebrochenen
Haus- und Praxisgeburten für Österreich kaum aufbereitet und stark limitiert. Die
Analyse der
Ergebnisqualität nach abgebrochener Haus- oder Praxisgeburt würde allerdings wichtige
Informationen zur Prozessqualität der außerklinischen Geburtshilfe liefern.
Mit der Intention, einen Beitrag zur Schließung dieser Forschungslücke zu leisten,
ist das
Ziel dieser Arbeit, das mütterliche und neonatale Outcome nach abgebrochenen Haus-
und
Praxisgeburten in Österreich zu analysieren.
Material und Methode
Stichprobe
Als Methode wird eine Auswertung von Daten aus dem Geburtenregister Österreich (GRÖ)
des
Epidemiologischen Instituts der Tirol Kliniken (IET) gewählt. Zur Analyse werden die
Daten
jener Kliniken herangezogen, die das Dokumentationsfeld weitergeleitete Haus- und
Praxisgeburt für die Berichterstattung verwenden (66 von 79 geburtshilflichen Abteilungen).
Die gewählte Stichprobe umfasst die Daten von Einlingsgeburten am Termin (ausgenommen
primäre Sectiones, Früh- und Mehrlingsgeburten, vaginale Geburten in Beckenendlage
und
Geburten von Neugeborenen unter einem Geburtsgewicht von 1500 g) im Zeitraum von 01.01.2017
bis 31.12.2021 (n = 286056) und wird in 2 zu vergleichende Gruppen unterteilt: geplante
Klinikgeburten und die im Register als abgebrochene Haus- und Praxisgeburten markierten
Klinikgeburten (weitergeleitete Haus- und Praxisgeburten).
Datenauswertung
Die 2 zu vergleichenden Gruppen werden hinsichtlich der vorab definierten Variablen
Parität und Alter der Mutter, Interventionen sub partu (Oxytocin, Epidural- bzw.
Periduralanästhesie, Mikroblutgasanalyse [MBU], Tokolyse), Blasensprung vor Wehenbeginn,
Entbindungsmodus (spontan, vaginal-operativ, sekundäre Sectio, Notsectio), verstärkte
Blutung post partum, Plazentalösungsstörungen, Geschlecht und Gewicht der Neugeborenen,
Apgar-Score des Neugeborenen (5 min, 10 min), Nabelschnur-pH-Werte, Verlegungen auf
Neugeborenenabteilung, NIMCU und NICU und neonatale Mortalitätsraten (ante partum,
sub
partu, post partum) in Relation gesetzt.
Die statistische Datenauswertung erfolgt zuerst mittels deskriptiver Abbildung der
Häufigkeiten sowie univariater Analysen und wird mittels Odds Ratio (OR) präsentiert.
Zur
spezifischeren Vorhersage der kindlichen Outcome-Parameter (Apgar-Wert, pH-Wert,
Verlegungsrate) und der mütterlichen Outcome-Parameter (postpartale Blutung,
Plazentalösungsstörungen) werden multivariate und bivariate logistische Regressionsanalysen
durchgeführt. Diese Ergebnisse werden mithilfe der Relative Risk Ratio (RRR) dargestellt.
Dabei werden die Items Alter der Mutter, Parität, Entbindungsmodus, Gewicht des Kindes,
Oxytocin, Tokolyse, MBU, Epiduralanästhesie, Blasensprung vor Wehenbeginn und abgebrochene
Haus- und Praxisgeburt als unabhängige Variablen adjustiert und ein vorhersagbares
Risiko
abgeleitet.
Das Forschungsvorhaben wurde dem Ethikkomitee der FH Gesundheitsberufe Oberösterreich
vorgelegt und als unbedenklich freigegeben (Ethikantrag: A-2021–055). Die statistische
Auswertung wurde mittels STATA (StataCorp. 2013. Stata Statistical Software: Release
13.
College Station, TX: StataCorp LP) am IET durchgeführt.
Ergebnisse
Population
Entsprechend den von Statistik Austria insgesamt erfassten und der im Geburtenregister
Österreich dokumentierten weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten kann eine Rate
von
abgebrochenen Haus- und Praxisgeburten von 16,14% bis 23,08% festgemacht werden.
[Tab. 2] zeigt die Anzahl
und den Anteil der geplanten Klinikgeburten bzw. der nach abgebrochener Haus- und
Praxisgeburt in die Klinik weitergeleiteten Geburten der verwendeten Stichprobe.
Tab. 2
Anzahl und Anteil der geplanten Klinikgeburten und
weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten, Alter und Parität der Mutter.
|
gesamt
|
geplante Klinikgeburt
|
in die Klinik weitergeleitete Haus- und Praxisgeburten
|
|
n
|
%
|
n
|
%
|
n
|
%
|
Jahr
|
2017
|
58214
|
100
|
57961
|
99,57
|
253
|
0,43
|
2018
|
56651
|
100
|
56411
|
99,58
|
240
|
0,42
|
2019
|
56613
|
100
|
56249
|
99,36
|
364
|
0,64
|
2020
|
56360
|
100
|
56016
|
99,39
|
344
|
0,61
|
2021
|
58218
|
100
|
57826
|
99,33
|
392
|
0,67
|
gesamt
|
286056
|
100
|
284463
|
99,44
|
1593
|
0,56
|
Alter Mutter
|
< 20 Jahre
|
4338
|
1,52
|
4327
|
1,52
|
11
|
0,69
|
20–34 Jahre
|
218950
|
76,54
|
217805
|
76,57
|
1145
|
71,88
|
35–39 Jahre
|
52330
|
18,29
|
51978
|
18,27
|
352
|
22,1
|
40–44 Jahre
|
9891
|
3,46
|
9806
|
3,45
|
85
|
5,34
|
≥ 45 Jahre
|
502
|
0,18
|
502
|
0,18
|
|
|
Missing Values
|
45
|
0,02
|
45
|
0,02
|
|
|
gesamt
|
286056
|
100
|
284463
|
100
|
1593
|
100
|
Parität
|
Erstpara
|
143743
|
50,25
|
142784
|
50,19
|
959
|
60,2
|
Mehrpara
|
142300
|
49,75
|
141666
|
49,8
|
634
|
39,8
|
Missing Values
|
13
|
0
|
13
|
0
|
|
|
gesamt
|
286056
|
100
|
284463
|
100
|
1593
|
100
|
Bei der Analyse der Alterskohorten der beiden zu vergleichenden Gruppen ([Tab. 2]) zeigen sich ähnliche
prozentuelle Verteilungen in den Alterskohorten 20–34 Jahre, 35–39 Jahre und 40–44
Jahre.
Nur elf Frauen unter 20 Jahren und keine Frau über 45 Jahren werden in der Gruppe
der
weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten gezählt.
Eine Analyse der Daten mit Fokus auf die Parität der Frauen ([Tab. 2]) zeigt, dass bei Erstgebärenden mit einer
Rate von 60,2% eine geplante Haus- oder Praxisgeburt deutlich häufiger abgebrochen
und in
eine Klinik transferiert werden muss als bei Mehrgebärenden mit 39,8%.
Interventionen sub partu
Oxytocin sub partu ([Tab. 3]) kommt in der Gruppe der weitergeleiteten Haus- und
Praxisgeburten prozentuell um 0,39% weniger oft zur Anwendung, ein signifikantes Ergebnis
konnte in dieser Kategorie nicht ermittelt werden (OR 0,97; KI 0,84–1,12).
Tab. 3
Interventionen sub partu, Entbindungsmodus, postpartale Blutung
und Plazentalösungsstörung geplante Klinikgeburten und weitergeleitete Haus- und
Praxisgeburten.
|
gesamt (n = 286056)
|
geplante Klinikgeburt
|
in die Klinik weitergeleitete Haus- und Praxisgeburten
|
OR
|
95%-KI
|
n
|
%
|
n
|
%
|
n
|
%
|
(1) Referenzkategorie: keine Intervention
(2) Referenzkategorie: Entbindungsmodus = spontan
(3) Referenzkategorie: keine pp Blutung
(4) Referenzkategorie: keine Plazentalösungsstörungen
** p < 0,01, *** p < 0,001
|
Interventionen (1)
|
Oxytocin sub partu
|
41887
|
14,64
|
41660
|
14,65
|
227
|
14,25
|
0,97
|
0,84–1,12
|
MBU
|
11180
|
3,91
|
11090
|
3,9
|
90
|
5,65
|
1,48***
|
1,19–1,83
|
Tokolyse sub partu
|
14787
|
5,17
|
14657
|
5,15
|
130
|
8,16
|
1,64***
|
1,37–1,96
|
Epi-/Periduralanästhesie
|
55356
|
19,35
|
55004
|
19,34
|
352
|
22,1
|
1,18**
|
1,05–1,33
|
Blasensprung vor Wehenbeginn
|
73995
|
25,87
|
73573
|
25,86
|
422
|
26,49
|
1,03
|
0,92–1,15
|
Entbindungsmodus
|
spontan
|
215394
|
75,3
|
214349
|
75,35
|
1045
|
65,6
|
|
|
Vakuum (2)
|
26352
|
9,21
|
26161
|
9,2
|
191
|
11,99
|
1,5***
|
1,28–1,75
|
Forzeps (2)
|
158
|
0,06
|
156
|
0,05
|
2
|
0,13
|
2,63
|
0,65–10,62
|
sekundäre Sectio (2)
|
41211
|
14,410
|
40878
|
14,37
|
333
|
20,9
|
1,67***
|
1,48–1,89
|
Akutsectio (2)
|
2733
|
0,96
|
2718
|
0,96
|
15
|
0,94
|
1,13
|
0,68–1,89
|
keine Angabe
|
208
|
0,07
|
201
|
0,07
|
7
|
0,44
|
|
|
gesamt
|
286056
|
100
|
284463
|
100
|
1593
|
100
|
|
|
pp Blutung (3)
|
1293
|
0,45
|
1283
|
0,45
|
10
|
0,63
|
1,39
|
0,75–2,60
|
Plazentalösungsstörungen (4)
|
8684
|
3,04
|
8642
|
3,04
|
42
|
2,64
|
0,86
|
0,64–1,18
|
Eine MBU zur Zustandsbeurteilung des Fetus ([Tab. 3]) wird in der Gruppe der weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten
mit 5,65% statistisch signifikant häufiger als in der Gruppe der nicht weitergeleiteten
Klinikgeburten mit 3,9% durchgeführt (OR 1,48, KI 1,19–1,83).
Während der Geburt wurde mit 8,16% in der Gruppe der weitergeleiteten Haus- und
Praxisgeburten signifikant öfter eine Tokolyse verabreicht ([Tab. 3]) als mit 5,5% in der Gruppe der nicht
weitergeleiteten Geburten (OR 1,64, KI 1,37–1,96).
In der Gruppe der weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten kam bei 22,1% der Frauen
eine Epiduralanästhesie zur Anwendung ([Tab. 3]), demgegenüber lag die Rate an Epiduralanästhesien bei Frauen der
Gruppe der geplanten Klinikgeburten bei 19,34% (OR 1,18, KI 1,05–1,33).
Mit einer Rate von 26,49% wurde in der Gruppe der weitergeleiteten Haus- und
Praxisgeburten der Blasensprung vor Wehenbeginn beinahe gleich oft festgestellt ([Tab. 3]) wie in der Gruppe der
geplanten Klinikgeburten mit 25,86% (OR 1,03, KI 0,92–1,15).
Geburtsmodus, Plazentalösungsstörung und postpartale Blutung
In der Gruppe der weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten ist die Rate der
Spontangeburten mit 65,6% deutlich geringer als in der Vergleichsgruppe mit 75,35%.
Gleichzeitig sind die Raten an vaginal-operativen Geburten (Vakuum 11,99% gegenüber
9,2%, OR
1,5, KI 1,28–1,75 und Forceps 0,13% gegenüber 0,05%, OR 2,63, KI 0,65–10,62) und sekundären
Sectiones mit 20,9% gegenüber 14,37% (OR 1,67, KI 1,48–1,89) erhöht. Die Indikation
zur
Notsectio wurde in der Gruppe der geplanten Klinikgeburten mit einer Rate von 0,96%
und in
der Gruppe der weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten mit 0,94% (OR 1,13, KI 0,68–1,89)
in etwa gleich häufig beobachtet ([Tab. 3]).
Bei 10 der weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten wurde eine postpartale Hämorrhagie
dokumentiert ([Tab. 3]). Dies
entspricht 0,63% und ist somit nicht signifikant erhöht im Vergleich zu der Gruppe
der
geplanten Klinikgeburten mit 0,45% (OR 1,39, KI 0,75–2,60).
Die Rate an Plazentalösungsstörungen ([Tab. 3]) war mit 3,04% der Geburten in der Gruppe der geplanten
Klinikgeburten nicht signifikant höher als bei 2,64% der Geburten in der Gruppe der
weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten vor (OR 0,86, KI 0,64–1,18).
Bei der multifaktoriellen Regressionsanalyse zeigt sich für die mütterlichen
Outcome-Parameter postpartale Blutung (RRR 1,33; KI 0,71–2,49) und Plazentalösungsstörung
(RRR 0,84; KI 0,62–1,14) keine signifikante Risikoerhöhung in der Gruppe der abgebrochenen
Haus- und Praxisgeburten.
Outcome-Parameter der Neugeborenen
Wie in [Tab. 4] ersichtlich
unterscheiden sich die Neugeborenen beider Gruppen hinsichtlich des Geschlechts und
des
Geburtsgewichts nur unwesentlich.
Die 5-Minuten-Apgar-Werte ([Tab. 4]) in der Gruppe der weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten
zeigen im Vergleich zur Gruppe der geplanten Klinikgeburten signifikant schlechtere
Werte.
So wird ein Apgar-Wert zwischen 0 und 4 Punkten bei 2,32% (OR 10,51, KI 7,52–14,67)
der
Geburten, zwischen 5 und 8 Punkten bei 5,59% (OR 1,62, KI 1,31–2,01) und ein Wert
von 9 oder
10 bei 89,45% der Geburten angegeben. Im Vergleich dazu liegen in der Gruppe der geplanten
Klinikgeburten die Raten bei einem Apgar-Wert von 0 bis 4 Punkten bei 0,24%, bei 5
bis 8
Punkte 3,69% und bei 9 und 10 Punkte 95,87%.
Tab. 4
Geschlecht und Gewicht der Neugeborenen, Apgar-Werte nach 5 und
10 Minuten, pH-Werte, neonatale Verlegung und perinatale Mortalität.
|
gesamt
|
geplante Klinikgeburt
|
in Klinik weitergeleitete Haus- und Praxisgeburten
|
OR (1)
|
95%-KI
|
n
|
%
|
n
|
%
|
n
|
%
|
(1) Referenzkategorie: Apgar5 = 9,10
(2) Referenzkategorie: Apgar10 = 9,10
(3) Referenzkategorie: NapH < 7,25
(4) Referenzkategorie: Kind verlegt = nein
** p < 0,01, *** p < 0,001
|
Geschlecht
|
männlich
|
146306
|
51,15
|
145495
|
51,15
|
811
|
50,91
|
|
|
weiblich
|
139746
|
48,85
|
138964
|
48,85
|
782
|
49,09
|
|
|
keine Angabe
|
4
|
0
|
4
|
0
|
|
|
|
|
gesamt
|
286056
|
100
|
284463
|
100
|
1593
|
100
|
|
|
Geburtsgewicht
|
1500–2499
|
4159
|
1,45
|
4138
|
1,45
|
21
|
1,32
|
|
|
2500–3999
|
253336
|
88,56
|
251950
|
88,57
|
1386
|
87,01
|
|
|
4000–6500
|
28561
|
9,98
|
28375
|
9,97
|
186
|
11,68
|
|
|
gesamt
|
286056
|
100
|
284463
|
100
|
1593
|
100
|
|
|
Apgar5/Gruppen (1)
|
0–4
|
711
|
0,25
|
674
|
0,24
|
37
|
2,32
|
10,51***
|
7,52–14,67
|
5–8
|
10592
|
3,7
|
10503
|
3,69
|
89
|
5,59
|
1,62***
|
1,31–2,01
|
9–10
|
274137
|
95,83
|
272712
|
95,87
|
1425
|
89,45
|
|
|
keine Angabe
|
616
|
0,22
|
574
|
0,2
|
42
|
2,64
|
|
|
gesamt
|
286056
|
100
|
284463
|
100
|
1593
|
100
|
|
|
Apgar10/Gruppen (2)
|
0–4
|
626
|
0,22
|
607
|
0,21
|
19
|
1,19
|
5,84***
|
3,69–9,25
|
5–8
|
3209
|
1,12
|
3177
|
1,12
|
32
|
2,01
|
1,88***
|
1,32–2,67
|
9–10
|
281597
|
98,44
|
280097
|
98,47
|
1500
|
94,16
|
|
|
keine Angabe
|
624
|
0,22
|
582
|
0,2
|
42
|
2,64
|
|
|
gesamt
|
286056
|
100
|
284463
|
100
|
1593
|
100
|
|
|
NapH/Gruppen (3)
|
< 7,0
|
896
|
0,31
|
884
|
0,31
|
12
|
0,75
|
2,74**
|
1,54–4,87
|
7–7,1
|
60132
|
21,02
|
59804
|
21,02
|
328
|
20,59
|
1,11
|
0,97–1,26
|
7,2–7,25
|
69218
|
24,2
|
68897
|
24,22
|
321
|
20,15
|
0,94
|
0,83–1,07
|
> 7,25
|
146642
|
51,26
|
145920
|
51,3
|
722
|
45,32
|
|
|
keine Angabe
|
9168
|
3,2
|
8958
|
3,15
|
210
|
13,18
|
|
|
gesamt
|
286056
|
100
|
284463
|
100
|
1593
|
100
|
|
|
Kind verlegt (4)
|
nein
|
275660
|
96,37
|
274156
|
96,38
|
1504
|
94,41
|
|
|
ja
|
10396
|
3,63
|
10307
|
3,62
|
89
|
5,59
|
1,57***
|
1,27–1,95
|
gesamt
|
286056
|
100
|
284463
|
100
|
1593
|
100
|
|
|
Todeszeitpunkt
|
Tod ante partum/IUFT
|
257
|
0,09
|
256
|
0,09
|
1
|
0,06
|
|
|
sub partu
|
7
|
0
|
6
|
0
|
1
|
0,06
|
|
|
post partum
|
82
|
0,03
|
78
|
0,03
|
4
|
0,25
|
|
|
lebt
|
285710
|
99,88
|
284123
|
99,88
|
1587
|
99,62
|
|
|
gesamt
|
286056
|
100
|
284463
|
100
|
1593
|
100
|
|
|
Signifikant schlechtere Apgar-Werte der Neugeborenen der Gruppe der weitergeleiteten
Haus- und Praxisgeburten sind auch beim 10-Minuten-Apgar ([Tab. 4]) feststellbar. Der Kategorie 0–4 Punkte
sind 1,19% gegenüber 0,21% (OR 5,84, KI 3,69–9,25) der Geburten zuzurechnen, der Kategorie
5–8 Punkte 2,01% gegenüber 1,12% (OR 1,88, KI 1,32–2,67) und der Kategorie 9 und 10
Punkte
94,16% gegenüber 98,47%.
Ein Nabelschnur-pH-Wert < 7,0 zeigt sich bei 12 Neugeborenen (0,75%, OR 2,74, KI
1,54–4,87) der Gruppe der weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten und stellt somit
eine
signifikant höhere Häufigkeit als bei Neugeborenen der Gruppe der geplanten Klinikgeburten
mit 0,31%. Bei Betrachtung aller Neugeborenen mit einem Nabelschnur-pH-Wert zwischen
7,01–7,10 finden sich annähernd gleiche Raten in beiden Gruppen ([Tab. 4]).
Mit einer Rate von 5,59% (OR 1,57, KI 1,27–1,95) werden Neugeborene aus der Gruppe
der
weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten signifikant öfter auf eine Überwachungsstation
verlegt als Neugeborene der Gruppe der geplanten Klinikgeburten (3,62%) ([Tab. 4]).
Insgesamt wurden in der Gruppe der weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten 1 Todesfall
ante partum, 1 Todesfall sub partu und 4 Todesfälle post partum beobachtet ([Tab. 4]).
Die multifaktorielle Regressionsanalyse zeigt für weitergeleitete Haus- und
Praxisgeburten ([Tab. 5]) bei
den Apgar-Werten nach 5 und 10 Minuten sowohl in der Gruppe 0–4 Punkte als auch in
der
Gruppe 5–8 Punkte signifikant schlechtere Ergebnisse. Ebenso signifikant erhöht ist
das
Risiko für einen schlechten Nabelschnur-pH-Wert in der Gruppe < 7,0 (RRR 2,13; KI
1,16–3,91) bei weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten. Mit einer RRR von 1,41 (KI
1,14–1,76) sind auch die Verlegungsraten der Neugeborenen nach abgebrochener Haus-
und
Praxisgeburt signifikant erhöht.
Tab. 5
Multivariate Regressionsanalyse kindliche
Outcome-Parameter.
in Klinik weitergeleitete Haus- und Praxisgeburten
|
|
RRR
|
95%-KI
|
|
RRR
|
95%-KI
|
(1) Referenzkategorie: Apgar1 = 9,10
(2) Referenzkategorie: Na-pH > 7,25
(3) Referenzkategorie: Verlegung nein
* p < 0,05, ** p < 0,01, *** p < 0,001
|
Apgar5-Gruppen (1)
|
Apgar10-Gruppen (1)
|
0 bis 4
|
10,24***
|
7,26–14,44
|
0 bis 4
|
5,95***
|
3,70–9,55
|
5 bis 8
|
1,37**
|
1,10–1,70
|
5 bis 8
|
1,56*
|
1,10–2,23
|
Na-pH arteriell (2)
|
< 7,0
|
2,13*
|
1,16–3,91
|
|
|
|
7–7,1
|
1,10
|
0,94–1,24
|
|
|
|
7,2–7,25
|
0,97
|
0,85–1,11
|
|
|
|
Verlegung Kind (3)
|
ja
|
1,41*
|
1,14–1,76
|
|
|
|
Diskussion
Das österreichische Hebammengesetz § 4(1) gibt vor, dass „bei Verdacht oder Auftreten
von
für die Mutter oder das Kind regelwidrigen und gefahrdrohenden Zuständen“ die
eigenverantwortliche Ausübung des Hebammenberufes endet. Dies bedingt den Abbruch
der Haus-
oder Praxisgeburt und den Transfer von Mutter und Kind in die nächste geburtshilfliche
Klinik.
Dem vorliegenden Datensatz zufolge kam es bei 16,4% bis 23,08% der geplanten Haus-
oder
Praxisgeburten zu einem Abbruch und einem Transfer in eine Klinik. Mit einer durchschnittlich
fast 18,92%igen Verlegungsrate liegen unsere Ergebnisse zwischen den Studienergebnissen
von
Anderson et al. [18]
mit einer 8%igen Verlegungsrate und den von Amelink-Verburg et al. [19] mit einer fast 32%igen
Verlegungsrate.
Ähnlich der Daten von Blix et al. [20] zeigen unsere Ergebnisse, dass mit einer Verlegungsrate von 60,2% knapp
⅔ der transferierten Gebärenden Primiparae waren.
Wird eine Haus- oder Praxisgeburt abgebrochen, reagiert die Hebamme aufgrund des
Verdachtes auf oder aufgrund auftretender Regelwidrigkeiten und transferiert die Mutter
in
eine Klinik. So gestellte (Verdachts-)Diagnosen bedingen im klinischen Setting eine
höhere
Dichte an diagnostischen Verfahren oder Interventionen. Während in der Gruppe der
weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten prozentuell weniger oft Oxytocin zur Anwendung
kam,
waren die Raten an durchgeführten Mikroblutgasanalysen, verabreichten Tokolysen und
Epiduralanästhesien erhöht ([Tab. 6]). Wenngleich die genauen Indikationen und Diagnosen aus den
Registerdaten fehlen, weisen die gesetzten Interventionen darauf hin, dass, wie auch
bei Blix
et al. [21]
beschrieben, die häufigsten Indikationen für einen Abbruch einer geplanten Haus- oder
Praxisgeburt ein protrahierter Geburtsverlauf, der Wunsch oder die Notwendigkeit nach
einer
Schmerzindikation sowie der Verdacht bzw. das Auftreten einer drohenden intrauterinen
Asphyxie
darstellen.
Tab. 6
Zusammenfassung der Interventionen sub partu.
|
gesamt
|
geplante Klinikgeburt
|
in Klinik weitergeleitete Haus- u. Praxisgeburt
|
OR
|
95%-KI
|
n
|
%
|
n
|
%
|
n
|
%
|
**p < 0,01, ***p < 0,001
Referenzkategorie: (1) Oxytocin = nein; (2) MBU = nein; (3) Tokolyse = nein; (4)
Epiduralanästhesie = nein
|
Oxytocin sub partu
|
41887
|
14,64
|
41660
|
14,65
|
227
|
14,25
|
0,97 (1)
|
0,84–1,12
|
MBU
|
11180
|
3,91
|
11090
|
3,9
|
90
|
5,65
|
1,48*** (2)
|
1,19–1,83
|
Tokolyse
|
14787
|
5,17
|
14657
|
5,15
|
130
|
8,16
|
1,64*** (3)
|
1,37–1,96
|
PDA
|
55356
|
19,35
|
55004
|
19,34
|
352
|
22,1
|
1,18** (4)
|
1,05–1,33
|
Ebenso waren die Raten an vaginal-operativen Geburten und sekundären Sectiones in
der
Gruppe der weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten erhöht. Das begründet sich als
eine
logische Konsequenz der Geburtsbeendigung bei zuvor gesetzten Interventionen wie Tokolyse,
MBU
bzw. Epiduralanästhesie. Mit 0,94% durchgeführten Notsectiones in der Gruppe der
weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten ist die Rate vergleichbar mit der von 0,96%
in der
Gruppe der geplanten Klinikgeburten. Wie lange die Gebärenden bis zur Indikation der
Akutsectio bereits in klinischer Betreuung waren, kann den Registerdaten nicht entnommen
werden.
Die Rate an postpartaler Hämorrhagie war in der Gruppe der weitergeleiteten Haus-
und
Praxisgeburten um 0,18 Prozentpunkte erhöht, die Rate an Plazentalösungsstörungen
hingegen um
0,40 Prozentpunkte niedriger. Bei der multifaktoriellen Regressionsanalyse konnte
für diese
Kategorien keine signifikante Erhöhung des Risikos festgestellt werden (RRR 1,33,
p = 0,712).
Die Apgar-Werte nach 5 und 10 Minuten der Neugeborenen in der Gruppe der abgebrochenen
Haus- und Praxisgeburten weisen in den Kategorien 0–4 Punkte, 5–8 Punkte sowie 9 und
10 Punkte
signifikant schlechtere Werte auf. Ebenso zeigen die Ergebnisse in der Gruppe der
weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten schlechtere Nabelschnur-pH-Werte in der
Kategorie
< 7,0, annähernd gleiche Ergebnisse zeigen sich bei Nabelschnur-pH-Werten von 7,01
bis
7,10. Als weiterer Outcome-Parameter wurden die Verlegungsraten in die Kinderklinik
herangezogen, auch hier zeigen sich um 1,97% mehr Verlegungen in der Gruppe der
weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten. Die multifaktorielle Regressionsanalyse
zeigt bei
allen neonatalen Outcome-Parametern signifikant höhere Risiken für Apgar-Werte in
den Gruppen
0–4 Punkte und 5–8 Punkte, pH-Werte < 7 sowie höhere Verlegungsraten.
Für die dokumentierten Mortalitäten (1× ante partum, 1× sub partu, 4× post partum)
können
aus den Registerdaten keine entsprechenden Diagnosen und Hintergründe entnommen werden.
Inwiefern diese Todesfälle bei geplanter Klinikgeburt hätten verhindert werden können,
kann an
dieser Stelle leider nicht beantwortet werden.
Limitationen
Bei Analyse von Registerdaten ist immer die Problematik der Datenqualität als Limitation
anzuführen, da Merkmale fehlerhaft dokumentiert werden können. Zudem können weder
Gründe der
Weiterleitung einer Haus- oder Praxisgeburt noch Verlegungszeiten eruiert oder Kausalitäten
nachgewiesen werden. Die Daten von 13 (von 79) geburtshilflichen Abteilungen in Österreich
konnten für die Analyse nicht verwertet werden, da zu dem Merkmal weitergeleitete
Haus- und
Praxisgeburt keine validen Ergebnisse abgeleitet werden konnten.
Als weitere Limitation der Analyse ist der Performance-Bias aufgrund der gewählten
Kohorten zu nennen. Während der Geburt kommt es in der Kohorte der abgebrochenen Haus-
und
Praxisgeburten zum Verdacht auf oder Auftreten von für Mutter und Kind gefahrdrohenden
Zuständen, weshalb die Frauen in eine Klinik verlegt werden. Wie hoch der Anteil der
Frauen
mit denselben Merkmalsausprägungen in der Gruppe der geplanten Klinikgeburten ist,
konnte aus
den Registerdaten nicht eruiert werden.
Schlussfolgerungen
In Österreich werden durchschnittlich 18,92% der geplanten Haus- und Praxisgeburten
abgebrochen und in eine Klinik transferiert, wobei 60,2% davon Erstgebärende sind.
Wird eine
Haus- oder Praxisgeburt abgebrochen, reagiert die Hebamme aufgrund des Verdachtes
auf oder
aufgrund auftretender Regelwidrigkeiten und transferiert die Mutter in eine Klinik.
So
gestellte (Verdachts)Diagnosen bedingen im klinischen Setting eine höhere Dichte an
diagnostischen Verfahren oder Interventionen. So weisen abgebrochene Haus- und Praxisgeburten
im Vergleich zu geplanten Klinikgeburten höhere Raten an Interventionen sub partu
(MBU,
Tokolyse, Epiduralanästhesien), höhere Raten an Vakuumextraktionen und sekundären
Sectiones
auf. Zudem konnten schlechtere neonatale Outcome-Parameter (Apgar, Na-pH-Wert,
Verlegungsraten) in der Gruppe der weitergeleiteten Haus- und Praxisgeburten aufgezeigt
werden.
Aus der Perspektive der klinischen Geburtsmedizin ist es verständlich, dass selbst
bei
Schwangeren aus dem Niedrig-Risiko-Kollektiv eine außerklinische Geburt im Rahmen
der
Geburtsmodus-Beratung nicht empfohlen werden kann. Das basiert auf dem Hintergrund,
dass sich
im Rahmen einer Entbindung und/oder in der Plazentaperiode jederzeit eine akute
Hochrisiko-Situation ergeben kann, die gegebenenfalls sofortige lebensrettende Interventionen
für Kind und/oder Mutter notwendig macht.