Keywords hemodynamics/flow dynamics - angiocardiography - heart
Einleitung
Die koronare Herzkrankheit (KHK) zählt zu den häufigsten Todesursachen der Gruppe
kardiovaskulärer Todesfälle, im Jahr 2020 war sie die häufigste Todesursache in Deutschland
überhaupt [1 ]
[2 ]. Die technische Weiterentwicklung der Computertomografie des Herzens [3 ]
[4 ]
[5 ] insbesondere der letzten 10 Jahre hat dazu geführt, dass diese den invasiven Linksherzkatheter
mit seinen für die Patienten erhöhten gesundheitlichen Risiken [6 ]
[7 ]
[8 ] als anerkannten Goldstandard zur Evaluation vorliegender Coronararterienstenosen
befundabhängig abgelöst und gemäß aktueller Leitlinien nun eine Klasse-1-Empfehlung
bei Patienten mit unklaren Brustschmerzen und Verdacht auf eine stabile KHK in Abhängigkeit
der Vortestwahrscheinlichkeit (15–50 %) für eine stenosierende KHK erlangt hat [9 ]. Obwohl die cCTA als morphologisches Verfahren an sich einen hohen negativ-prädiktiven
Wert von 97–99 % [10 ] aufweist, ergeben sich Einschränkungen in der Beurteilbarkeit des physiologischen
Aspektes, nämlich bezüglich der Frage, ob die CT-morphologisch abgebildete Koronararterienstenose
überhaupt von klinischer Relevanz ist, also eine Ischämie aufweist, und wenn ja, in
welchem Ausmaß. Um die funktionelle Relevanz der CT-grafisch beschriebenen Stenosen
mit der sich daraus ableitenden weiterführenden Therapie mit allen für den Patienten
belastenden und einschränkenden Konsequenzen und auch dem sich daraus ergebenden wirtschaftlichen
Aspekt besser einschätzen zu können, bietet sich das Verfahren der Bestimmung fraktioneller
Flussreserven (FFR) an. Dieses kann nun auch KI-basiert als nicht-invasives Verfahren
(FFRct ) durchgeführt werden [11 ]. Mit Hilfe dieses Verfahrens kann die Spezifität der alleinigen cCTA erhöht werden
und trägt so in der Gesamtschau mit den klinischen Aspekten sowie der anatomisch-morphologischen
Befunde der cCTA entscheidend zur Evaluation der Relevanz von Stenosen, nämlich der
eigentlichen Ischämie und damit zum therapieentscheidenden Kriterium, bei [12 ]. Der Verzicht auf einen initialen Herzkatheter zugunsten der cCTA birgt dabei kein
erhöhtes Risiko für MACE (Major adverse cardiac events) bei gleichzeitig niedrigerem
Risiko für prozedurale Majorkomplikationen [13 ]. Entsprechende Studien aus dem amerikanischen Raum liegen bereits vor, sodass die
FFRct bereits Bestandteil amerikanischer Leitlinien ist [14 ] und in den ESC-Guidelines zumindest erwähnt wird [15 ].
Ziel unserer Arbeit war es, anhand retrospektiver KI-basierter Analyse der fraktionellen
Flussreserve basierend auf Volumen- Computertomografien des Herzens, die Möglichkeit
zu untersuchen, CT-morphologisch gesicherte Koronararterienstenosen von Patienten
mit stabiler KHK im Bereich von Stenosegraden zwischen 40–90 % unter Hinzunahme von
FFRct im Hinblick auf deren hämodynamische Relevanz einschätzen zu können, um Anhand ihrer
Einordnung mögliche zusätzliche unmittelbare (invasive) Untersuchungen vermeiden und
das sich anschließende therapeutische Prozedere anpassen und optimieren zu können.
Material und Methoden
Patientenkollektiv
Das Patientenkollektiv unserer retrospektiven Analyse umfasst die pseudonymisierten
Daten von 63 Patienten in unserem Krankenhaus am Standort Köln, darunter 13 Frauen
(20,6 %) und 50 Männer (79,4 %), bei denen im Zeitraum von März bis Oktober 2022 eine
FFRct durchgeführt worden war. Die Indikation hierzu war entsprechend der Klasse-2a-Empfehlung
der amerikanischen Leitlinien (2021 AHA/ACC Chest Pain Guideline [9 ]) gestellt worden für Patienten, bei denen im Rahmen der Abklärung unklarer Brustschmerzen
und Verdacht auf eine stabile KHK mittels cCTA mindestens an einer der drei großen
Koronararterien LAD, CX oder RCA eine mittel- bis höhergradige (40–90 %) Stenose detektiert
worden war, wobei wir die Stenosegrade analog zur Einteilungsempfehlung der AHA nach
0 = keine Stenose (< 25 %), 1 = leichtgradige Stenose (25–50 %), 2 = mittelgradige
Stenose (50–75 %), 3 = hochgradige Stenose (75–90 % und > 90 %) und 4 = kompletter
Gefäßverschluss (100 %) einteilten. Patienten mit Hinweis auf eine instabile Angina
oder ein akutes Koronarsyndrom wurden ausgeschlossen und leitlinienkonform zum Krankheitsbild
[9 ] weiterbehandelt. Da es sich bei der FFRct wie auch bei der Herz-CT im Rahmen der Diagnostik bei stabiler KHK (noch) um keine
Kassenleistung handelt, umfasst unser Patientenkollektiv nur Selbstzahler und Privatpatienten.
Der Computertomograf
Die cCTA-Datensätze wurden gemäß klinischer Routine mit DLIR (TrueFidelity.GE Healthcare)
auf hohen (DLIR-H) Niveaus (unter Verwendung von HD-kennels) rekonstruiert. Die Scanparameter
waren wie folgt: 100 kVp Röhrenspannung, ein Rauschindex von 37,8, eine 256 × 0,625 mm
große Detektorkollimation mit dynamischer Brennfleckbildgebung und eine Gantry-Rotationszeit
von 230 ms. Das Protokoll der KM-Gabe wurde wie folgt durchgeführt: 70 ml KM mit einem
Flow von 6 ml/s, gefolgt von 40 ml NaCl mit einem Flow von 3,5 ml/s.
Die Software
Die Technologie zur Gewinnung der FFRct wurde über die Firma HeartFlow aus Mountain View, Californien, bereitgestellt, die
auf dem neuesten Stand der KI-Technik im Bereich Bildanalyse arbeitet. Unter Bezugnahme
auf die multizentrische Studie von Nørgaard et al. von 2014 [12 ], bei der die aus der cCTA gewonnenen Berechnungen der FFR als FFRct mit der als Referenzstandard herangezogenen invasiven FFR verglichen wurden, gibt
der Hersteller für seine Berechnungen der FFRct eine Genauigkeit von 86 % an [11 ]. Der Ablauf ist standardisiert. Anhand vorbeschriebener Algorithmen wird ein digitales
individuelles Modell der Koronararterien des jeweiligen Patienten erstellt, das dann
von entsprechend ausgebildeten Analysten überprüft und ggf. überarbeitet wird. Als
Endergebnis erhält man ein farbiges digitales 3-D-Modell der Koronarien, anhand dessen
die Relevanz von Stenosen durch die Einschränkungen des Blutflusses sichtbar gemacht
wird.
Ein FFR-Wert < 0,75 deutet laut Studienlage verlässlich auf eine hämodynamisch relevante
Stenose hin, während ein Wert > 0,8 eine relevante Stenose ausschließt [16 ]. Etabliert hat sich ein Cut-off-Wert von 0,8. Dies gilt sowohl für die invasive
Messung wie auch für die KI-basierte Bestimmung: Bei gleichen Referenzwerten findet
die Druckmessung 2 cm distal der vorbeschriebenen Läsion statt, basierend auf KI-nutzender
Technik, die es erlaubt, aus der cCTA den physiologischen Aspekt und damit den koronaren
Blutfluss in den Gefäßen zu simulieren [17 ].
Statistische Verfahren
Die statistischen Auswertungen erfolgten mittels IBM-SPSS-Software Version 29.0. Kategoriale
Variablen wurden als relative und absolute Häufigkeiten dargestellt, ordinale und
schief verteilte numerische Variablen in Form von Quartilen. Die unabhängigen Subgruppen
dieser Variablen wurden mit einem Mann-Whitney-U-Test verglichen. Um den Zusammenhang
ordinaler mit metrischen Variablen darzustellen, erfolgte die Berechnung mittels einer
nichtparametrischen Korrelation nach Spearman. Normalverteilte metrische Variablen
wurden als Mittelwert ± Standardabweichung angezeigt. Mittels t-Test für unabhängige
Stichproben wurden je 2 Gruppen intervallskalierter Variablen auf Mittelwertunterschiede
getestet. Um den Zusammenhang metrischer Variablen zu untersuchen, wurde die Korrelation
nach Pearson angewendet. Ein p-Wert ˂ 5 % (0,05) gilt als signifikant, ein p-Wert
von 1 % (0,01) und kleiner wird als hochsignifikant betrachtet.
Ergebnisse
Wir untersuchten 63 Patienten, darunter 13 Frauen (20,6 %) und 50 Männer (79,4 %).
Das durchschnittliche Alter der Patienten betrug 70 Jahre mit einer Standardabweichung
von 8,8 Jahren. Die Männer waren mit 70,5 Jahren im Median [63–77] deskriptiv jünger
als die Frauen, deren Altersdurchschnitt bei 76 Jahren lag [63,5–78,0]. Mit einem
medianen BMI von 26,3 [24,1–27,8] waren die männlichen Patienten signifikant schwerer
(p < 0,001), und auch die Analyse des Kalkscores zeigte eine Signifikanz hinsichtlich
der Geschlechterverteilung. Der Kalkscore war bei Männern signifikant höher (p = 0,041).
Zusammengefasst dargestellt sind die demografischen Daten in [Tab. 1 ].
Tab. 1
Demografie und Risikofaktoren der Patienten.
Männer (n = 50)
Frauen (n = 13)
Gesamt (n = 63)
Alter
70,5 [63,0–77,0]
76,0 [63,5–78,0]
71 [63–77]
BMI
26,8 [25,3–28,1]
22,7 [22,4–24,9]
26,3 [24,1–27,8]
Kalkscore
440 [163–982]
130 [65–521]
389 [108–827]
Männer hatten im Vergleich zu Frauen deskriptiv häufiger mindestens mittelgradige
Stenosen (≥ 50 %), und das an allen drei Gefäßen. Die in der cCTA gefundenen Stenosegrade
der Koronararterien und der maximale Grad im Geschlechtervergleich sind in [Tab. 2 ] nach dem Chi-Quadrat-Test aufgeführt.
Tab. 2
Stenosegrade in der cCTA unterteilt nach Geschlecht.
Stenosegrad cCTA
f
m
total
LAD
0 (< 25 %)
0 (0 %)
3 (6,0 %)
3 (4,8 %)
1 (25–50 %
4 (30,8 %)
15 (30,0 %)
19 (30,2 %)
2 (50–75 %)
8 (61,5 %)
15 (30,0 %)
23 (36,5 %)
3 (75–90 % und > 90 %)
1 (7,7 %)
16 (32,0 %)
17 (27,0 %)
4 (100 %)
0 (0 %)
1 (2,0 %)
1 (1,6 %)
CX
0 (< 25 %)
7 (46,2 %)
14 (29,2 %)
20 (32,8 %)
1 (25–50 %)
6 (46,2 %)
13 (27,1 %)
19 (31,1 %)
2 (50–75 %)
1 (7,7 %)
13 (27,1 %)
14 (23,0 %)
3 (75–90 % und > 90 %)
0 (%)
8 (16,7 %)
8 (13,1 %)
4 (100 %)
0 (0 %)
0 (0 %)
0 (0 %)
RCA
0 (< 25 %)
8 (61,5 %)
18 (36,0 %)
26 (41,3 %)
1 (25–50 %)
0 (0 %)
11 (22,0 %)
11 (17,5 %)
2 (50–75 %)
4 (30,8 %)
16 (32,0 %)
20 (31,7 %)
3 (75–90 % und > 90 %)
1 (7,7 %)
5 (10,0 %)
6 (9,5 %)
4 (100 %)
0 (0 %)
0 (0 %)
0 (0 %)
MaxCoro
0 (< 25 %)
0 (0 %)
2 (4,0 %)
2 (3,2 %)
1 (25–50 %)
3 (23,1 %)
8 (16,0 %)
11 (17,5 %)
2 (50–75 %)
8 (61,5 %)
19 (38,0 %)
27 (42,9 %)
3 (75–90 % und > 90 %)
2 (15,4 %)
20 (40,0 %)
22 (34,9 %)
4 (100 %)
0 (0 %)
1 (2,0 %)
1 (1,6 %)
Die in der cCTA beschriebenen Stenosen der LAD und der CX waren bei den Männern deskriptiv
hochgradiger als bei den Frauen, jedoch nicht signifikant.
Auch die fraktionelle Flussreserve in der FFRct war bei den weiblichen Patienten durchschnittlich höher, wie der Mann-Whitney-U-Test
zeigt. Hier fand sich der signifikante Unterschied nicht nur in der CX (p = 0,002),
sondern auch in der LAD (p = 0,005), und ebenso bei MinFFRct (p = 0,021), [Tab. 3 ].
Tab. 3
Mittlere Flussreserve bei Koronargefäßen im Geschlechtervergleich.
Arterie
Geschlecht
N
Mittelwert
SD
LAD (FFR CT)
weiblich
13
0,84
0,07
männlich
50
0,76
0,14
CX (FFR CT)
weiblich
13
0,92
0,06
männlich
50
0,85
0,09
RCA (FFR CT)
weiblich
13
0,89
0,07
männlich
49
0,88
0,09
MinFFR
weiblich
13
0,82
0,07
männlich
50
0,75
0,14
Des Weiteren fand sich in der nichtparametrischen Korrelation nach Spearman eine hochsignifikante
positive Korrelation zwischen der Ausprägung der Stenosegrade und dem jeweiligen Kalkscore
([Tab. 4 ]).
Tab. 4
Zusammenhang der Stenosegrade und dem Kalkscore in der Korrelation nach Spearman.
CT Kalkscore
LAD (CTA)
CX (CTA)
RCA (CTA)
MaxCoro (CTA)
Korrelationskoeffizient ρ
0,348[** ]
0,599[** ]
0,566[** ]
0,388[** ]
Sig. (2-seitig)
0,005
0,000
0,000
0,002
** signifikant auf dem Niveau von 1 %.
Die Korrelationskoeffizienten zeigten einen negativen mittelstarken hochsignifikanten
Zusammenhang der Werte der FFRct mit den Werten der jeweiligen Stenosegrade der cCTA, was bedeutet, dass die FFRct die Ergebnisse der cCTA grundsätzlich gut widerspiegelt ([Tab. 5 ]).
Tab. 5
Zusammenhang cCTA und FFRct .
LAD (FFR CT)
CX (FFR CT)
RCA (FFR CT)
MinFFR
(Minimum der FFRct-Werte)
LAD (CoroCT)
Korrelationskoeffizient
–0,542[** ]
–0,394[** ]
–0,394[** ]
–0,540[** ]
Sig. (2-seitig)
0,000
0,001
0,002
0,000
CX (CoroCT)
Korrelationskoeffizient
–0,399[** ]
–0,540[** ]
–0,511[** ]
–0,572[** ]
Sig. (2-seitig)
0,001
0,000
0,000
0,000
RCA (CoroCT)
Korrelationskoeffizient
–0,102
–0,274*
–0,604[** ]
–0,344[** ]
Sig. (2-seitig)
0,428
0,030
0,000
0,006
MaxCoro (Maximum der CoroCT-Werte)
Korrelationskoeffizient
–0,433[** ]
–0,530[** ]
–0,615[** ]
–0,596[** ]
Sig. (2-seitig)
0,000
0,000
0,000
0,000
** signifikant auf dem Niveau von 1 %.
Die in der cCTA gefundenen Stenosegrade zeigten in der FFRct für die einzelnen Koronargefäße folgende hämodynamische Relevanz ([Tab. 6 ]):
Tab. 6
Hämodynamische Relevanz der Stenosegrade nach cCTA je Koronargefäß.
Stenosegrade cCTA
FFRct > 0,8
(hämodynamisch nicht-relevant)
FFRct ≤ 0,8
(hämodynamisch relevant)
LAD
0 (< 25 %)
3 (100 %)
0 (0 %)
1 (25–50 %)
17 (89,5 %)
2 (10,5 %)
2 (50–75 %)
15 (65,2 %)
8 (34,8 %)
3 (75–90 % und > 90 %)
5 (29,4 %)
12 (70,6 %)
4 (100 %)
0 (0 %)
1 (100 %)
CX
0 (< 25 %)
20 (100 %)
0 (0 %)
1 (25–50 %)
19 (100 %)
0 (0 %)
2 (50–75 %)
10 (71,4 %)
4 (28,6 %)
3 (75–90 % und > 90 %)
4 (50,0 %)
4 (50,0 %)
4 (100 %)
0 (0 %)
0 (0 %)
RCA
0 (< 25 %)
26 (100 %)
0 (0 %)
1 (25–50 %)
11 (100 %)
0 (0 %)
2 (50–75 %)
17 (85,0 %)
3 (15,0 %)
3 (75–90 % und > 90 %)
2 (33,3 %)
4 (66,7 %)
4 (100 %)
0 (0 %)
0 (0 %)
Bei der LAD zeigten sich 65,2 % der in der cCTA beschriebenen mittelgradigen Stenosen
(Grad 2) in der FFRct als hämodynamisch nicht relevant, in den als hochgradig vorbeschriebenen Stenosen
(Grad 3) waren es 29,4 % ([Abb. 1 ]). Die [Abb. 1 ], [2 ], [3 ] veranschaulichen den Anteil der mittels FFRct als hämodynamisch relevant oder nicht-relevant eingestuften Stenosen der jeweiligen
Stenosegrade nach cCTA.
Abb. 1 Stenosegrade und hämodynamische Relevanz der fraktionellen Flussreserve im Ramus
interventrikularis anterior (left anterior descending, LAD).
Abb. 2 Stenosegrade und hämodynamische Relevanz der fraktionellen Flussreserve im Ramus
circumflexus (CX).
Abb. 3 Stenosegrade und hämodynamische Relevanz der fraktionellen Flussreserve in der Arteria
coronaria dextra (right coronary artery, RCA).
In der CX fand sich bei 28,6 % der Patienten mit mittelgradigen Stenosen eine hämodynamische
Relevanz, während diese bei 71,4 % ausgeschlossen wurde. Bei den hochgradigen Stenosen
zeigten sich 50 % hämodynamisch relevant, bei den anderen 50 % konnte eine hämodynamische
Relevanz ausgeschlossen werden ([Abb. 2 ]).
Auch bei der RCA stimmte die Beurteilung der mittels cCTA beschriebenen Stenosegrade
0 (nicht stenosiert) und 1 (leichtgradige Stenose) überein, und eine hämodynamische
Relevanz wurde jeweils ausgeschlossen. Bei den mittelgradigen Stenosen zeigten sich
in der FFRct 85 % als nicht-relevant und 15 % als hämodynamisch relevant. Bei den hochgradigen
Stenosen wurde bei 33,3 % keine hämodynamische Relevanz nachgewiesen ([Abb. 3 ]).
Exemplarisch ist die invasive Bestätigung bei nicht nachgewiesener Stenose in [Abb. 4 ] sowie nachgewiesener Stenose in [Abb. 5 ] dargestellt.
Abb. 4 Invasive Bestätigung des Ergebnisses der FFRct durch invasive FFR am Beispiel einer
nicht-relevanten Koronararterienstenose.
Abb. 5 Invasive Bestätigung des Ergebnisses der FFRct durch invasive FFR am Beispiel einer
relevanten Koronararterienstenose.
Schlussfolgerung
In unserer Arbeit konnte nachgewiesen werden, dass die Werte der FFRcr hochsignifikant mit denen der cCTA korrelieren, die FFRct also die Ergebnisse der cCTA grundsätzlich gut widerspiegelt.
Weiterhin wurde nachgewiesen, dass gefäßabhängig in gut einem Drittel aller computertomografisch
als hochgradig beschriebenen Stenosen die Beurteilung der hämodynamischen Relevanz
durch FFRct vom Schweregrad der in der cCTA diagnostizierten Stenose abwich. Diese Abweichungen
waren für alle 3 Gefäße am größten im Bereich der mittel- bis hochgradigen Stenosen,
während die Ergebnisse in den Randbereichen „keine Stenose/Gefäßverschluss“ jeweils
zu 100 % übereinstimmten.
Die vorliegenden Zahlen veranschaulichen, dass die durch die Studienlage [13 ]
[18 ]
[19 ] entsprechend in der Literatur als validierte Methode angesehene FFRct als Ergänzung zur cCTA gemäß den nationalen und internationalen Leitlinien für die
Therapie der KHK einen entscheidenden Beitrag zur weiteren Therapieplanung leisten
kann.
Diskussion
Die rasanten technischen Weiterentwicklungen insbesondere der letzten 10–15 Jahre
erforderten ein Umdenken gerade auch in der Diagnostik der KHK. Parallel zu den Möglichkeiten,
die die Einführung der Volumen-Computertomografie boten [20 ], änderten sich mit der Zeit auch die Empfehlungen der Leitlinien, national wie international
[9 ]
[14 ]
[15 ]. Auf Basis von Studienergebnissen bei entsprechender Datenlage wechselten die Empfehlungen
in der Diagnostik von Patienten mit unklaren Brustschmerzen und dem Verdacht auf eine
stabile KHK bei niedriger bis mittlerer Vortestwahrscheinlichkeit langsam, aber stetig.
Mit einer Sensitivität von 93 % und einer Spezifität von 86 % [21 ] hat sich die Herz-CT auch aufgrund der zunehmend geringeren Strahlenbelastung [4 ] als echte Alternative zur Herzkatheteruntersuchung entwickelt. Als rein morphologisches
Verfahren fehlt ihr jedoch der physiologische Aspekt, also die Beurteilung der eigentlichen
hämodynamischen Relevanz einer detektierten Stenose. Hier rückte die FFRct als nicht-invasives Verfahren zur KI-basierten Bestimmung der hämodynamischen Relevanz
immer mehr in den Fokus. Durch Berechnung der fraktionellen Flussreserve aus den erhobenen
Daten der Herz-CT kann sie die hämodynamische Relevanz einer Stenose nachweisen und
in Folge entsprechend den Leitlinienempfehlungen entscheidend zur weiteren Therapieplanung
beitragen.
Auch wenn der einstige Goldstandard, die Herzkatheteruntersuchung, in der Nationalen
Versorgungsleitlinie der Chronischen KHK als invasives Verfahren nur noch eine Empfehlung
im therapeutischen, nicht mehr im diagnostischen Bereich findet [5 ], ist bis jetzt nur der Herzkatheter eine Kassenleistung. Die Herz-CT nicht. Dabei
besteht auf medizinisch-fachlicher Ebene breiter Konsens, und sowohl der Zugang zu
High-End-Geräten als auch die Gewährleistung der erforderlichen fachlichen Expertise
durch in diesem Fachgebiet qualifizierte Radiologen und Kardiologen ist deutschlandweit
mittlerweile flächendeckend sichergestellt [22 ].
Die breite Studienlage [13 ]
[18 ]
[19 ] hat schließlich dazu geführt, dass die FFRct in den amerikanischen Leitlinien von 2021 bereits eine Klasse-2a-Empfehlung in der
Diagnostik von Patienten mit unklaren Brustschmerzen und dem Verdacht auf eine stabile
KHK erhalten hat, und in den Europäischen Leitlinien von 2019 immerhin bereits erwähnt
wird. In der Nationalen Versorgungsleitlinie von 2022 gibt es (noch) keine Empfehlung
[9 ]
[14 ]
[15 ].
Die Ergebnisse unserer Arbeit zeigen vor dem Hintergrund der Studienlage [13 ]
[18 ]
[19 ] und der jeweiligen Leitlinienempfehlungen [9 ]
[14 ]
[15 ] den Nutzen einer Kombination von cCTA und FFRct , und somit die Optimierung der Befunde durch Ergänzung des morphologischen um den
physiologischen Aspekt, um in der Diagnostik unklarer Brustschmerzen und dem V. a.
eine stabile KHK bei einer Vortestwahrscheinlichkeit von 15–50 % auf unnötige invasive,
risikobehaftete und kostenintensive Verfahren verzichten und trotzdem eine hohe Sensitivität
als auch Spezifität erreichen zu können bei gleichzeitig nachgewiesen nicht erhöhtem
Risiko für die Patienten [13 ]
[23 ]
[24 ]
[25 ].
Die abschließende Beurteilung dieser auf höchstem Qualitätsniveau erhobenen Befunde
obliegt qualifizierten Fachärzten aus dem Bereich Radiologie und Kardiologie, die
im interdisziplinären Konsens für jeden Patienten individuell das weitere Procedere
festlegen.
Klinische Relevanz der Studie
Die Herz-CT gewinnt aufgrund der technischen Weiterentwicklungen zunehmend an Relevanz
und kann in ihrer morphologischen Beurteilung durch FFRct bezüglich des physiologischen Aspektes, nämlich der hämodynamischen Relevanz der vorbeschriebenen
Stenose, ergänzt werden.
Durch Erhöhung der Spezifität der Herz-CT durch die KI-basierte Berechnung der hämodynamischen
Relevanz einer Stenose, die FFRct , kann auf unnötige invasive, risikobehaftete und kostenintensive Verfahren verzichtet
werden bei nachgewiesen nicht erhöhtem Risiko für die Patienten.
Die Ergebnisse dieser Studie können dazu beitragen, dass die FFRct analog zu den amerikanischen und europäischen Leitlinien des Jahres 2021 respektive
2019 zukünftig auch in der Nationalen Versorgungsleitlinie in Ergänzung zur Herz-CT
zumindest Erwähnung finden wird.