Schlüsselwörter
Ersttrimester-Screening - Nackentransparenz - Chromosomenstörungen - Fehlbildungen
- Präeklampsie
5 Screening für Chromosomenstörungen @ 11 – 13+6 SSW
5 Screening für Chromosomenstörungen @ 11 – 13+6 SSW
5.1 Statistische Kennziffern zur Beurteilung der Testgüte von Screeninguntersuchungen
Vierfeldertafel ([Tab. 1])
Tab. 1 Vierfeldertafel.
Testergebnis
|
betroffen
|
nicht betroffen
|
gesamt
|
Sensitivität = a/(a+c)
Spezifität = d/(b+d)
positiver prädiktiver Wert = a/(a+b)
negativer prädiktiver Wert = d/(c+d).
|
positiv
|
(a)
|
(b)
|
a+b
|
negativ
|
(c)
|
(d)
|
c+d
|
total
|
a+c
|
b+d
|
a+b+c+d
|
5.2 Häufigkeit von Chromosomenstörungen
5.3 Beratung vor der Untersuchung
5.4 Ersttrimester-Screening
Grundsätzlicher Ansatz der Risikoberechnung
Eine Risikoberechnung soll erst nach Einschluss aller Risikomarker erfolgen (mütterliches Alter, Nackentransparenz,
Serumbiochemie).
Das Ergebnis soll erst mitgeteilt werden, nachdem alle Risikomarker berücksichtigt
wurden.
Entsprechend soll nur ein Risiko vor dem Test und nach der vollständigen Berechnung mitgeteilt werden,
keine Zwischenschritte.
(Empfehlungsgrad A, Evidenzgrad 1a, starker Konsens 12/12)
5.5 Risikoalgorithmen
Altersrisiko, Gestationsalter und Wiederholungsrisiko
Ultraschallbasierte Untersuchungsverfahren
Fetale Nackentransparenz
Methodik und Messregeln
Messregeln für die Nackentransparenz (FMF London)
-
11 – 13+6 SSW.
-
Scheitel-Steiß-Länge (SSL) 45 – 84 mm.
-
Bildvergrößerung so, dass der fetale Kopf und Thorax den gesamten Bildschirm einnimmt.
-
Mediansagittale Schnittebene: echogene Nasenspitze und rechtwinklige Form des harten
Gaumens anterior, das echoarme Diencephalon in der Schädelmitte und die Nackenmembran
posterior. Leichte Abweichungen von der genauen Mediansagittalen bedeuten, dass die
Nasenspitze nicht sichtbar ist, das Pflugscharbein hingegen schon.
-
Neutrale Lage des Fetus mit dem Kopf in einer Linie mit der Wirbelsäule. Bei Hyperextension
wird die NT zu groß, bei Hyperflexion zu klein gemessen.
-
Es soll sorgfältig zwischen der fetalen Hautoberfläche und dem Amnion unterschieden
werden.
-
Es soll immer die breiteste Stelle der NT gemessen werden.
-
Die Messkreuzpositionierung sollte an den inneren Grenzen der Linien erfolgen, die
die Nackentransparenz begrenzen (ON-ON), auf den weißen Linien, so nah an der Nackentransparenz
wie möglich, ohne darauf zu liegen.
-
Bei der Vergrößerung des Bildes (vor oder nach dem Freeze) ist es wichtig, das Gain
herunterzudrehen. Dadurch wird vermieden, das Messkreuz auf den unscharfen Rand der
Linie zu platzieren, was zu einer Unterschätzung der Nackentransparenz führt.
-
Während der Untersuchung sollte die NT mehrfach gemessen werden und das Bild mit der
höchsten NT, das alle anderen Kriterien erfüllt, für die Auswertung verwendet werden.
-
Liegt die Nabelschnur um den fetalen Nacken, sollten die Messungen davor und dahinter
erfolgen und gemittelt werden. Die Verwendung des höchsten Messwertes führt zu einer
Überschätzung der NT.
(Empfehlungsgrad A, Evidenzgrad 1b, starker Konsens 12/12) ([Abb. 1] und [2], [Tab. 2])
Abb. 1 Sagittalschnitt eines Fetus mit einer normalen Nackentransparenz (NT), Cisterna magna
(CM), Plexus chorioideus (PC), intrakranieller Transparenz (IT), Hirnstamm (HS), Thalamus
(T) und Nasenbein (NB) 12+5 SSW. [rerif]
Abb. 2 Sagittalschnitt eines Trisomie-21-Fetus mit einer erhöhten Nackentransparenz (NT)
und fehlendem Nasenbein (NB). [rerif]
Tab. 2 Häufigkeit von Chromosomenstörungen: Zweittrimester-Schwangerschaften basierend auf
dem mütterlichen Alter am Termin [103].
|
Trisomie 21
|
Trisomie 18
|
Trisomie 13
|
geschlechtschromosomale Aneuploidien (XXX, XY, XYY, 45,X)
|
Microarray oder seltene Chromosomenstörungen
|
alle Chromosomenstörungen
|
Age 20
|
8 per 10 000
1 in 1250
|
2 per 10 000
1 in 5000
|
1 per 10 000
1 in 10 000
|
34 per 10 000
1 in 294
|
37 per 10 000
1 in 270
|
82 per 10 000
1 in 122
|
Age 25
|
10 per 10 000
1 in 1000
|
2 per 10 000
1 in 5000
|
1 per 10 000
1 in 10 000
|
34 per 10 000
1 in 294
|
37 per 10 000
1 in 270
|
84 per 10 000
1 in 119
|
Age 30
|
14 per 10 000
1 in 714
|
4 per 10 000
1 in 2500
|
2 per 10 000
1 in 5000
|
34 per 10 000
1 in 294
|
37 per 10 000
1 in 270
|
91 per 10 000
1 in 110
|
Age 35
|
34 per 10 000
1 in 294
|
9 per 10 000
1 in 1111
|
4 per 10 000
1 in 2500
|
35 per 10 000
1 in 285
|
37 per 10 000
1 in 270
|
119 per 10 000
1 in 84
|
Age 40
|
116 per 10 000
1 in 86
|
30 per 10 000
1 in 333
|
14 per 10 000
1 in 714
|
51 per 10 000
1 in 196
|
37 per 10 000
1 in 270
|
248 per 10 000
1 in 40
|
Normkurve ([Abb. 3] und [4])
Abb. 3 Verteilung des Nackentransparenz abhängig von der Scheitel-Steiß-Länge der FMF-UK
in nicht betroffenen Schwangerschaften. Dargestellt sind Median, 1., 5., 50., 95.
und 99. Perzentilenkurven, logarithmische Skala (a), lineare Skala (b) [120]. [rerif]
Abb. 4 Vergleich der Normwertkurven (FMF UK vs. FMF-D), 5., 50. und 95. Perzentile der FMF
London (– –) mit den Perzentilen der FMF-D (__) [121]. [rerif]
Nackentransparenz bei Trisomie 21, 18 und 13
Wenn ein kombiniertes ETS durchgeführt wird,
soll nicht auf die einzelnen Komponenten mütterliches Altersrisiko, NT und freies beta-hCG und
PAPP-A verzichtet werden,
da die Leistungsfähigkeit eines Algorithmus, der die Marker kombiniert, höher ist
als ein Algorithmus, der nur auf einem Marker basiert.
(Empfehlungsgrad A, Evidenzgrad 2a, starker Konsens 12/12)
Erhöhte NT als Marker für strukturelle Fehlbildungen, genetische Syndrome und andere
Chromosomenstörungen ([Tab. 3])
Tab. 3 Nackentransparenz und Chromosomenstörungen, submikroskopische Störungen und Einzelgenerkrankungen
[129].
|
|
kongenitale Anomalie n (%)
|
|
|
|
erkannte genetische Anomalie (n = 636, 33,3%)
|
|
|
|
|
chromosomal (n = 560, 29,4%)
|
|
|
|
NT (mm)
|
alle Feten
|
alle abnormalen Feten
|
total
|
T21-18-13*
|
andere#
|
submikroskopische‡
|
Einzelgenerkrankungen§
|
strukturell (n = 178, 9,3%)
|
* Trisomie 21 (n = 272), Trisomie 18 (n = 134), Trisomie 13 (n = 50).
# andere Chromosomenstörungen (in der klassischen Karyotypisierung erkennbar).
‡ Submikroskopische Veränderungen < 5 Mb durch Microarrays erkennbar.
§ DNA-Sequenz-Variationen, die Einzelgenerkrankungen verursachen, erkennbar durch Sequenzierung.
|
P95–P99
|
894 (47)
|
190 (21,3)
|
124 (13,8)
|
112 (12,5)
|
12 (1,3)
|
8 (0,9)
|
5 (0,6)
|
53 (5,9)
|
≥P99
|
1007 (53)
|
624 (62)
|
436 (43,2)
|
344 (34)
|
92 (9,1)
|
30 (3)
|
33 (3,3)
|
125 (12,4)
|
3,5 – 4,9
|
492 (26)
|
213 (43,3)
|
138 (28)
|
122 (24,7)
|
16 (3,2)
|
16 (3,2)
|
6 (1,2)
|
53 (10,8)
|
5,0 – 6,4
|
199 (10,5)
|
153 (76,8)
|
113 (56,8)
|
87 (43,5)
|
26 (13)
|
7 (3,5)
|
11 (5,5)
|
22 (11)
|
6,5 – 7,9
|
155 (8,2)
|
129 (83,2)
|
93 (60)
|
79 (50,6)
|
14 (9)
|
5 (3,2)
|
4 (2,6)
|
27 (17,3)
|
≥ 8,0
|
162 (8,5)
|
129 (79,6)
|
92 (56,7)
|
56 (34,4)
|
36 (22,1)
|
2 (1,2)
|
12 (7,4)
|
23 (14,1)
|
total
|
1901
|
814 (43)
|
560 (29,4)
|
456 (23,9)
|
104 (5,4)
|
38 (2,0)
|
38 (2,0)
|
178 (9,3)
|
Bei einer NT von 3,0 mm, spätestens jedoch >3,5 mm, sollte eine invasive Diagnostik angeboten werden.
Wenn die zytogenetische Analyse (DP, PCR, FISH) unauffällig ist, sollte eine molekulargenetische Untersuchung (z. B. Micro-Array, Trio Exom Sequencing) angeboten
werden.
(DP: Direktpräparation der Chorionzotten, PCR: Polymerasekettenreaktion, FISH: Fluorescent
In Situ Hybridization)
(Empfehlungsgrad B, Evidenzgrad 2a, starker Konsens 11/11)
Zusätzliche Risikomarker Nasenbein, Trikuspidalklappenfluss und Ductus-venosus-Blutfluss
Nasenbein
Messregeln für das Nasenbein (FMF London)
-
11 – 13+6 SSW.
-
Scheitel-Steiß-Länge (SSL) 45 – 84 mm.
-
Bildvergrößerung so, dass der fetale Kopf und Thorax den gesamten Bildschirm einnimmt.
-
Mediansagittale Schnittebene: echogene Nasenspitze und rechtwinklige Form des harten
Gaumens anterior, das echoarme Diencephalon in der Schädelmitte und die Nackenmembran
posterior. Leichte Abweichungen von der genauen Mediansagittalen bedeuten, dass die
Nasenspitze nicht sichbar ist, das Pflugscharbein schon.
-
Der Schallkopf sollte parallel zur Nasenoberfläche eingestellt werden und parallel
von einer zur anderen Seite geführt werden, um das Nasenbein sicher von der darüberliegenden
Haut unterscheiden zu können.
-
Die Echogenität des Nasenbeins sollte höher als die der darüberliegenden Haut sein.
Bei korrekter Einstellung des Nasenbeins sollten 3 klar unterscheidbare Linien erkennbar
sein: die ersten beiden, an der Nasenwurzel, verlaufen horizontal und parallel zueinander
(= Zeichen). Die obere Linie ist die Haut, die untere Linie, die dicker und echogener
ist, ist das Nasenbein. Eine dritte Linie, in Verlängerung der Haut der Nasenwurzel,
ist die Nasenspitze.
-
Wenn das Nasenbein als dünne, weniger echogene Linie als die darüberliegende Haut
imponiert, ist es noch nicht ossifiziert und wird daher als fehlend klassifiziert.
(Empfehlungsgrad A, Evidenzgrad 1b, starker Konsens 12/12)
Trikuspidalklappen-Blutfluss
Messregeln für den Trikuspidalklappenfluss (FMF London)
-
11 – 13+6 SSW.
-
Bildvergrößerung so, dass der fetale Thorax nahezu den gesamten Bildschirm einnimmt.
-
Ein apikaler Vierkammerblick sollte gewonnen werden.
-
Das gepulste Doppler Sample Volume (2,0 – 3,0 mm) sollte über die Trikuspidalklappe
positioniert werden, sodass die Flussrichtung < 30° zum Kammerseptum beträgt.
-
Die Diagnose Trikuspidalinsuffizienz wird gestellt, wenn der Rückwärtsfluss >60 cm/s beträgt und mindestens während der halben Diastole beobachtet wird, da der Fluss in Aorta und Pulmonalis zu diesem Zeitpunkt der Schwangerschaft
maximal 50 cm/s beträgt.
-
Die Sweep Speed sollte 2 – 3 cm/s betragen, sodass die Wellenformen gut untersuchbar
sind.
-
Da die Trikuspidalklappe in einem oder mehr der 3 Segel insuffizient sein kann, sollte
das Sample Volume 3-mal über der Klappe platziert werden, in dem Versuch, die gesamte
Klappe zu untersuchen.
(Empfehlungsgrad A, Evidenzgrad 1b, starker Konsens 12/12) ([Abb. 5])
Abb. 5 Trikuspidalklappen-Blutfluss. [rerif]
Ductus-venosus-Blutfluss
Messregeln für den Ductus-venosus-Blutfluss (FMF London)
-
11 – 13+6 SSW.
-
Die Untersuchung soll bei ruhig liegendem Fetus erfolgen.
-
Bildvergrößerung so, dass der fetale Thorax und Abdomen den gesamten Bildschirm einnimmt.
-
Es soll eine parallel leicht nach rechts verschobene ventrale median-sagittale Ebene
des fetalen Rumpfes eingestellt werden, im Farb-Doppler sollen Nabelvene, Ductus venosus
und Herz dargestellt werden.
-
Das gepulste Doppler Sample Volume sollte eng sein (0,5 – 1,0 mm), um eine Kontamination
durch angrenzende Venen zu vermeiden, es sollte in der Gegend des gelblichen Aliasing
platziert werden.
-
Der Insonationswinkel soll < 30° sein.
-
Der Wandfilter soll bei niedriger Frequenz (50 – 70 Hz) eingestellt werden, sodass
die Welle nicht verdeckt wird.
-
Die Sweep Speed soll hoch eingestellt werden (2 – 3 cm/s), Wellenformen auseinandergezogen,
zur leichteren Untersuchbarkeit der A-Welle.
-
Sind diese Kriterien erfüllt, kann die A-Welle qualitativ untersucht werden: positiver,
fehlender oder reverser Fluss.
-
Der Ductus-venosus-PIV kann – nach manuellem Tracing der Wellenform – durch das Ultraschallgerät
gemessen werden.
(Empfehlungsgrad A, Evidenzgrad 1b, starker Konsens 12/12) ([Abb. 6])
Abb. 6 Ductus-venosus-Blutfluss. [rerif]
Die mütterlichen Serummarker freies beta-hCG and PAPP-A sollen an das mütterliche Gewicht, die Ethnizität, die Konzeptionsart, den Raucherstatus, die Parität und die Chorionizität bei Mehrlingen angepasst eingesetzt werden.
(Empfehlungsgrad B, Evidenzgrad 2b, starker Konsens 12/12)
Für die Risikoberechnung im kombinierten ETS sollten nicht mehr als die beiden Biomarker (free beta hCG und PAPP-A) verwendet werden, da dies die Prädiktion nicht erhöht.
(Empfehlungsgrad B, Evidenzgrad 2A, starker Konsens 12/12) ([Tab. 4])
Tab. 4 Verteilung von Nackentransparenz und Ersttrimester-Serumbiochemie und Trisomien 21,
18 und 13 [115].
|
euploid
|
Trisomie 21
|
Trisomie 18
|
Trisomie 13
|
Nackentransparenz (mm) median
|
1,2 – 2,5
|
3,4
|
5,5
|
4,0
|
Nackentransparenz > 95. Perzentile
|
5%
|
71,8%
|
74,8%
|
72%
|
freies beta hCG (MoM) Median
|
1,0
|
2,0
|
0,2
|
0,5
|
PAPP-A (MoM) Median
|
1,0
|
0,5
|
0,2
|
0,3
|
Bei Werten für PAPP-A und/oder freies beta-hCG < 0,2 MoM oder einem beta-hCG > 5,0 MoM soll eine diagnostische Punktion inklusive einer molekulargenetischen Analyse empfohlen
werden.
(Empfehlungsgrad B, Evidenzgrad 1b, starker Konsens 12/12)
Testgüte im Screening auf Trisomie 21, 18 und 13
Die Kombination aus dem mütterlichen Altersrisiko, dem Gestationsalter, der Nackentransparenz
und den Serummarkern freies beta-hCG und PAPP-A (kombiniertes ETS) weist im Screening
auf Trisomie 21 in der Allgemeinbevölkerung ohne zellfreie DNA-Analyse die höchste Testgüte auf und sollte daher das Konzept der ersten Wahl sein.
(Empfehlungsgrad A, Evidenzgrad 2a, starker Konsens 12/12)
Das kombinierte ETS sollte nach Aufklärung und Beratung (GenDG) auch das Risiko für Trisomie 18 und 13 berechnen.
Die Detektionsrate liegt bei etwa 95%.
Die gesamte FPR wird dabei nur minimal um 0,1% erhöht.
(Empfehlungsgrad B, Evidenzgrad 1b, starker Konsens 12/12) ([Tab. 5] und [6])
Tab. 5 Testgüte des Ersttrimester-Screenings [109].
Karyotyp
|
Screen-positiv-Rate (%)
|
normal (n = 108 112)
|
4,6
|
Trisomie 21 (n = 432)
|
92,1
|
Trisomie 18 (n = 166)
|
96,4
|
Trisomie 13 (n = 56)
|
92,9
|
Tab. 6 Detektions- und Falsch-positiv-Rate für unterschiedliche Schwellenwerte im Screening
auf Trisomie 21 mittels kombiniertem ETS [109].
Schwellenwerte
|
Detektionsrate (%)
|
Falsch-positiv-Rate (%)
|
1 : 2
|
51
|
0,14
|
1 : 10
|
73
|
0,67
|
1 : 50
|
86
|
2,32
|
1 : 100
|
90
|
3,90
|
1 : 150
|
92
|
5,25
|
1 : 300
|
96
|
8,62
|
1 : 1000
|
98
|
19,26
|
Zwei-Stufen-Screening mit Nasenbein, Trikuspidalklappen oder Ductus-venosus-Fluss
bei intermediärem Risiko
Wenn bei der Risikoberechnung nach kombiniertem ETS ein intermediäres Risiko zwischen
1 : 50 und 1 : 000 ermittelt wird, sollten ergänzende Untersuchungen angeboten werden.
Dies schließt entweder die Untersuchung des Nasenbeins, des Ductus-venosus-Flusses oder des Trikuspidalklappenflusses oder die cfDNA-Analyse ein.
Der 2-stufige Ansatz mit der cfDNA-Analyse bei Feten mit intermediärem Risiko hat eine etwas höhere Detektionsrate und
eine erheblich niedrigere Falsch-positiv-Rate als die zusätzlichen Ultraschallmarker.
(Empfehlungsgrad B, Evidenzgrad 2b, starker Konsens 12/12)
5.6 Zellfreie DNA-Analyse (cfDNA)
Fetale Fraktion
Die erfolgreiche Durchführung von NIPT ist von der Menge der fetalen Fraktion in der
cfDNA abhängig.
Bei der cfDNA-Analyse sollte daher auf die fetale Fraktion als Qualitätsparameter geachtet werden.
Ein häufiger Cut-off ist 4%, die Mindestgrenze
soll
vom Labor angegeben werden.
(Empfehlungsgrad C, Evidenzgrad 2c, starker Konsens 12/12) ([Tab. 7])
Tab. 7 Detektions-Einflussfaktoren auf die fetale Fraktion [156].
Einflussfaktoren auf die FF
|
Auswirkung auf die FF
|
fetoplazentare
Einflussfaktoren
|
|
zunehmendes Gestationsalter
|
Zunahme
|
zunehmende Scheitel-Steiß-Länge
|
Zunahme
|
Mosaike
|
Abnahme
|
Aneuploidie
|
unterschiedlich
|
Triploidie (digynisch)
|
Abnahme
|
Mehrlingsschwangerschaft
|
totale FF steigt, FF pro Fet sinkt
|
maternale
Faktoren
|
|
zunehmendes mütterliches Gewicht
|
Abnahme
|
Autoimmunerkrankung
|
Abnahme
|
Heparin
|
wahrscheinlich Abnahme
|
zunehmende PAPP-A-Konzentration
|
Zunahme
|
zunehmende beta-hCG-Konzentration
|
Zunahme
|
Ethnizität
|
unterschiedlich
|
künstliche Befruchtung
|
Abnahme
|
zunehmende Parität
|
Abnahme
|
zunehmendes mütterliches Alter
|
Abnahme
|
Bei einer Fetal Fraction unterhalb des testspezifischen Grenzwertes bleibt die cfDNA-Analyse ergebnislos.
Dieser liegt in der Regel bei etwa 4%.
Eine Wiederholung der Untersuchung sollte nach einem Zeitintervall von etwa 2 Wochen erfolgen.
Die Wiederholung führt in etwa 60% der Fälle zu einem Ergebnis.
(Empfehlungsgrad B, Evidenzgrad 2b, starker Konsens 12/12)
Bei wiederholt nicht auswertbaren cfDNA-Tests besteht ein erhöhtes Risiko für Chromosomenstörungen, insbesondere für
Trisomie 18, 13 und Triploidie.
Als weiterführende Abklärungsmaßnahmen sollte eine diagnostische Punktion oder alternativ eine erneute sonografische Risikoevaluation
(kombiniertes ETS) durch einen erfahrenen Pränatalmediziner erfolgen.
(Empfehlungsgrad B, Evidenzgrad 2b, starker Konsens 12/12) ([Tab. 8])
Tab. 8 Testgüte im Screening auf Trisomie 21, 18 und 13 mittels cfDNA-Analyse [167].
|
Trisomie 21
|
Trisomie 18
|
Trisomie 13
|
Detektionsrate %
(95%-KI)
|
98,8
(97,8 – 99,3)
|
98,8
(95,4 – 99,7)
|
100
(0 – 100)
|
Falsch-positiv-Rate %
(95%-KI)
|
0,04
(0,02 – 0,08)
|
0,07
(0,03 – 0,17)
|
0,04
(0,02 – 0,08)
|
PPV %
(95%-KI)
|
91,8
(88,4 – 94,2)
|
65,8
(45,3 – 81,7)
|
37,2
(26,1 – 49,9)
|
NPV %
(95%-KI)
|
100
(99,99 – 100)
|
100
(100 – 100)
|
100
(100 – 100)
|
Die cfDNA-Analyse zeichnet sich, unabhängig von der verwendeten Technologie, durch
eine Detektionsrate für Trisomie 21 von etwa 99% und einer Falsch-positiv-Rate von etwa 0,1% aus.
Die Detektionsraten für Trisomie 18 und 13 sind etwas niedriger.
(Empfehlungsgrad A, Evidenzgrad 2a, starker Konsens 12/12)
Trotz hoher Detektionsraten und niedriger Falsch-positiv-Raten
soll NIPT als Screening-Test, nicht als diagnostisches Verfahren der Trisomiedetektion
betrachtet werden.
Vor einem Schwangerschaftsabbruch
soll ein positiver Test durch eine invasive Diagnostik abgeklärt werden.
(Empfehlungsgrad A, Evidenzgrad 2a, starker Konsens 12/12)
5.7 Sinnvolle Verwendung der verschiedenen Methoden
Zwei-Stufen-Modell
Im Rahmen eines 2-Stufen-Ansatzes kann nach Berechnung des kombinierten ETS-Risikos eine cfDNA-Analyse im intermediären
Risikokollektiv erfolgen.
Dies führt zu einer Erhöhung der Testgüte im Vergleich zum eigentlichen kombinierten
ETS.
(Empfehlungsgrad A, Evidenzgrad 1b, starker Konsens 12/12)
[Tab. 9] fasst die relevanten Screening-Optionen zusammen und gibt die Testgüte im Screening
auf Trisomie 21, 18 und 13 an.
Tab. 9 Screening-Optionen und Testgüte im Screening auf Trisomie 21, 18 und 13 (modifiziert
nach [2]).
Screening-Strategie
|
Beschreibung
|
DR/FPR (%)*
Trisomie 21
|
DR/FPR (%)
Trisomie 18/13
|
NT = Nackentransparenz
MA = mütterliches Altersrisiko
GA = Gestationsalter
NB = Nasenbein
TR = Trikuspidalklappenfluss
DV = Ductus-venosus-Fluss
DR = Detektionsrate
FPR = Falsch-positiv-Rate
|
kombiniertes ETS
|
MA+GA, fetale NT
freies β-hCG u. PAPP-A
bei allen Patientinnen
Cut-off: 1 : 100 [109]
|
92/4,6 [109]
|
96,4 und 92,9 [109]
(kein Anstieg der FPR)
|
kombiniertes ETS
intermediäres Risiko
zusätzliche US-Marker
NB, TR, DV
|
kombiniertes ETS
mit NB, oder TR oder DV
Risiko
1 : 50 – 1 : 1000
|
93 – 96/2,5 [111]
|
Trisomie 18: 91,8 [111]
Trisomie 13: 100 [111]
(kein Anstieg der FPR)
|
kombiniertes ETS
intermediäres Risiko
zusätzliche cfDNA-Analyse
|
kombiniertes ETS
mit cfDNA-Analyse
Risiko
1 : 10 – 1 : 1000
|
98,4/0,7 [171]
|
keine Daten
|
NT u. frühe Fehlbildungsdiagnostik
zusätzliche cfDNA-Analyse
|
NT u. frühe Fehlbildungsdiagnostik gefolgt von cfDNA-Analyse
CVS bei NT > 3,5 mm oder Fehlbildungen, sonst cfDNA-Testversagen = Reflex-Test:
(freies β-hCG u. PAPP-A)
|
100/0,1 +
(add. 2,5% FPR, wenn NT > 3,5 mm oder Fehlbildungen) [162]
|
Trisomie 18: 100% [162]
Trisomie 13: 100% [162]
|
5.8 NIPT nicht ohne ETS
Zusammenfassend zeigt die aggregierte Evidenz, dass der Zeitpunkt 11–13+6 SSW ein
Screening für viele Schwangerschaftskomplikationen ermöglicht, das nicht wahrgenommen
werden kann, ohne ein wie in dieser LL beschriebenes ETS.
5.9 Screening auf anderen Chromosomenstörungen mittels cfDNA-Analyse
Ein Screening auf seltene und strukturelle Chromosomenstörungen, Mikrodeletionen/-duplikationen oder monogene Defekte mittels cfDNA sollte aktuell nicht empfohlen werden.
(Empfehlungsgrad C, Evidenzgrad 2b, starker Konsens 12/12)
5.10 Screening auf gonosomale Chromosomenstörungen mittels cfDNA-Analyse
Ein Screening auf gonosomale Chromosomenstörungen mittels cfDNA sollte aktuell nicht unselektiv erfolgen.
(Empfehlungsgrad C, Evidenzgrad 2, starker Konsens 12/12)
5.11 Screening auf seltene autosomale Trisomien mittels cfDNA-Analyse
Ein Screening auf seltene autosomale Trisomien (RATs) mittels cfDNA-Analyse sollte aktuell nicht unselektiv erfolgen.
(Empfehlungsgrad C, Evidenzgrad 2, starker Konsens 12/12)
5.12 Screening auf Mikrodeletionen/-duplikationen mittels cfDNA-Analyse
Die Validität des Screenings auf Mikrodeletion 22q11 mittels cfDNA-Analyse weist nur eine beschränkte Evidenz auf.
Die eingeschränkte Aussagekraft zur Detektion, zur Falsch-positiv-Rate und prognostischen
Aussagekraft sollte in die Aufklärung der Schwangeren erläutert werden.
(Empfehlungsgrad C, Evidenzgrad 2, starker Konsens 12/12)
5.13 Screening auf strukturelle Chromosomenstörungen (Genome wide Screening) mittels
cfDNA-Analyse
Ein Screening auf strukturelle Chromosomenstörungen mittels cfDNA-Analyse sollte aktuell
nicht unselektiv erfolgen.
(Empfehlungsgrad C, Evidenzgrad 2, starker Konsens 12/12)
5.14 Zusammenfassung
Aus dieser Übersicht wird deutlich, dass die Konzentration auf die gängigen Trisomien
allein nicht gerechtfertigt ist. Insbesondere bei den jüngeren Patientinnen sollte
das Gesamtspektrum der Chromosomenstörungen berücksichtigt werden. Dies gilt sowohl
für die möglichen Screening-Untersuchungen als auch bei der Abklärung von strukturellen
Auffälligkeiten. Daher kann ein sinnvolles Screening im ersten Trimenon nur auf einer
detaillierten Ultraschalluntersuchung basieren.
6 Qualitätssicherung und Audit @ 11 – 13+6 SSW
6 Qualitätssicherung und Audit @ 11 – 13+6 SSW
Folgende Komponenten des Ersttrimester-Screenings
sollen Beachtung finden:
RL Vorgeburtliche Risikoabklärung:
Beratung durch verantwortliche Ärztliche Person (Arztvorbehalt)
-
Beratung vor der Untersuchung: Risikoberechnung vs. diagnostischer Test
-
Schriftliche Einwilligung
-
Beratung nach der Untersuchung
Qualität: anerkannter Stand von Wissenschaft und Technik
Externe jährliche Qualitätssicherung (alle diagnostischen Schritte): Ultraschall: Bilder, Messwerteverteilung (Vergleich Referenzwerte)
laboratoriumsmedizinische Untersuchungen
Algorithmus
Gesamtperformance
(Empfehlungsgrad EK, RL, starker Konsens 10/10)
(I) Scoring-Systeme zur Bildbewertung (qualitativ)
(II) statistische Methoden zur Bewertung der Messwerteverteilung (quantitativ)
(III) Prüfung der Gesamtperformance
Die Reproduzierbarkeit der Nackentransparenz-Messung hängt von Training, Standardebenen, jährlicher Qualitätskontrolle (Ultraschallbilder und Messwerteverteilung, DR u. FPR) und individuellem kontinuierlichem Feedback ab.
Nur bei Einhaltung der FMF-UK-Kriterien können die in Studien publizierten Detektionsraten erreicht werden (Empfehlungen
5.2, [Abb. 1]).
Das jährliche externe Audit soll sicherstellen, dass die Qualitätsanforderungen erreicht werden (Empfehlungen 4.1 – 5,
5.2, [Abb. 1])
(Empfehlungsgrad A, Evidenzgrad 1, starker Konsens 10/10)
7 Screening für Präeklampsie und FGR @ 11 – 13+6 SSW
7 Screening für Präeklampsie und FGR @ 11 – 13+6 SSW
7.1 Screening für Präeklampsie
Risikoalgorithmen
Hintergrundsrisiko ([Tab. 10])
Tab. 10 Risikofaktoren für die Entstehung einer Präeklampsie, gepooltes relatives Risiko
und 95%-Konfidenzintervall (95%-KI) verglichen mit normalen Kontrollen < 16 SSW, modifiziert
nach Bartsch et al., 2016 [228].
Risikofaktor
|
relatives Risiko (RR)
|
95%-KI
|
aPL: Antiphospholipidantikörpersyndrom, ART: assistierte reproduktive Techonologien,
BMI: Body-Mass-Index, IUFT: intrauteriner Fruchttod, SLE: systemischer Lupus erythematodes,
PE: Präeklampsie
|
Z. n. PE
|
8,4
|
7,1 – 9,9
|
chronische Hypertonie
|
5,1
|
4,0 – 6,5
|
Prägestationsdiabetes
|
3,7
|
3,1 – 4,3
|
Mehrlingsschwangerschaft
|
2,9
|
2,6 – 3,1
|
aPL
|
2,8
|
1,8 – 4,3
|
Prägestations-BMI > 30
|
2,8
|
2,6 – 3,1
|
SLE
|
2,5
|
1,0 – 6,3
|
Z. n. Totgeburt (IUFT)
|
2,4
|
1,7 – 3,4
|
Prägestations-BMI > 25
|
2,1
|
2,0 – 2,2
|
Nulliparität
|
2,1
|
1,9 – 2,4
|
Z. n. vorzeitiger Plazentalösung
|
2,0
|
1,4 – 2,7
|
Konzeption durch ART
|
1,8
|
1,6 – 2,1
|
chronische Nierenerkrankung
|
1,8
|
1,5 – 2,1
|
maternales Alter > 40
|
1,5
|
1,2 – 2,0
|
Z. n. FGR
|
1,4
|
0,6 – 3,0
|
maternales Alter > 35
|
1,2
|
1,1 – 1,3
|
Ultraschall
Tab. 11 Detektionsraten für das Präeklampsie-Screening in Low-Risk- und High-Risk-Schwangerschaften
@11 – 13+6 SSW [231].
Doppler-Index
|
n=
|
Sensitivität
(95%-KI) %
|
Spezifität
(95%-KI) %
|
Pos. Likelihood Ratio (95%-KI)
|
Neg. Likelihood Ratio (95%-KI)
|
gesamte PE
|
|
|
|
|
|
PI
|
4966
|
25 (20 – 31)
|
25 (20 – 31)
|
5,4 (4,1 – 6,7)
|
0,78 (0,72 – 0,84)
|
Bilat. Notching
|
626
|
90 (73 – 98)
|
70 (66 – 74)
|
3,0 (2,4 – 3,3)
|
0,14 (0,05 – 0,36)
|
Uni/Bilat. Notching
|
869
|
93 (87 – 98)
|
46 (43 – 48)
|
1,7 (1,6 – 1,8)
|
0,16 (0,04 – 0,28)
|
schwere PE
|
|
|
|
|
|
PI
|
433
|
40 (12 – 74)
|
90 (87 – 93)
|
4,0 (1,6 – 7,3)
|
0,67 (0,35 – 0,93)
|
Messregeln für die Aa. uterinae (FMF London)
-
11 – 13+6 SSW
-
Sagittalschnitt des Uterus,
-
Darstellung des Zervikalkanals und Os internum
-
sanfte Parallelbewegungen
-
Farb-Doppler, um beide Aa. uterinae seitlich von Cervix und Uterus auf der Höhe des
Os internum zu identifizieren
-
gepulster Doppler, Sample Gate 2 mm, um gesamtes Gefäß zu erfassen
-
Insonationswinkel < 30°
-
Messung des PI nach Darstellung von 3 ähnlichen konsekutiven Wellenformen
-
Berechnung des PI-Mittelwertes der linken u. rechten A. uterina
(Empfehlungsgrad B, Evidenzgrad 1b, starker Konsens 12/12) ([Abb. 7])
Abb. 7 A. uterina Dopppler-Fluss-Profil [237]. [rerif]
Tab. 12 Assoziation von Serumbiomarkern mit der PE, gepoolte Odds Ratio und 95%-Konfidenzintervalle
(95%-KI) für das Auftreten einer PE zu jeglichem Zeitpunkt in der Schwangerschaft,
ORs in abnehmender Höhe [238].
Serumparameter
|
Odds Ratio
|
95%-KI
|
P-Selectin (1 Studie)
|
6,36
|
2,53 – 15,98
|
Pentraxin (1 Studie)
|
5,31
|
1,88 – 15,01
|
PP 13
|
4,42
|
2,86 – 6,84
|
Inhibin A
|
3,57
|
1,68 – 7,61
|
VEGF (1 Studie)
|
2,44
|
0,99 – 6,0
|
PAPP-A
|
2,05
|
1,62 – 2,59
|
PLGF
|
1,94
|
0,8 – 14,67
|
sFlt-1
|
1,30
|
1,02 – 1,65
|
Endoglin
|
1,23
|
0,79 – 1,94
|
β-hCG
|
1,09
|
0,86 – 1,39
|
Biophysikalische Untersuchungen
Software-Algorithmen
Es soll jeder Schwangeren ein Screening für Präeklampsie @ 11 – 13+6 SSW angeboten werden.
Das Screening für Präeklampsie @ 11 – 13+6 SSW soll durch den Algorithmus der Fetal Medicine Foundation durchgeführt werden.
Der A.-uterina-Doppler soll nach Fetal Medicine Foundation UK-Kriterien erfolgen.
(Empfehlungsgrad A, Evidenzgrad 1b, starker Konsens 12/12)
7.2 Screening für FGR (keine Plazentainsuffizienz)
Tab. 13 Detektionsraten für das Screening für fetale intrauterine Wachstumsrestriktion in
low-risk- und spezifizierten Schwangerschaften @11 – 13+6 SSW basierend auf dem A.-uterina-Doppler [231] (LoE 1a).
Doppler-Index
|
n=
|
Sensitivität
(95%-KI), %
|
Spezifität
(95%-KI), %
|
Pos. Likelihood Ratio (95%-KI)
|
Neg. Likelihood Ratio (95%-KI)
|
gesamte FGR
|
|
|
|
|
|
RI
|
1008
|
67 (35 – 90)
|
75 (72 – 78)
|
2,7 (1,6 – 3,5)
|
0,44 (0,18 – 0,81)
|
PI
|
3045
|
12 (8 – 16)
|
96 (95 – 96)
|
2,7 (1,9 – 3,8)
|
0,92 (0,88 – 0,96)
|
Bilat. Notching
|
1420
|
74 (55 – 93)
|
42 (0 – 84)
|
1,3 (0,6 – 2,0)
|
0,62 (0,25 – 0,98)
|
Uni/Bilat. Notching
|
866
|
85 (80 – 91)
|
47 (45 – 50)
|
1,6 (1,5 – 1,7)
|
0,30 (0,19 – 0,42)
|
schwere FGR
|
|
|
|
|
|
PI
|
999
|
24 (12 – 41)
|
95 (94 – 97)
|
5,3 (2,8 – 9,5)
|
0,79 (0,64 – 0,91)
|
Multifaktorielles Screening
7.3 Screening für Totgeburten
7.4 Prävention von Präeklampsie und Wachstumsrestriktion
Schwangere mit einem Präeklampsie-Risiko von > 1 : 100 durch den Algorithmus der Fetal
Medicine Foundation @11 – 13+6 SSW sollen ab sofort mit Aspirin 150 mg jeden Abend bis 36+0 SSW therapiert werden.
(Empfehlungsgrad A, Evidenzgrad 1b, starker Konsens 12/12)
8 Screening für Frühgeburt @ 11 – 13+6 SSW
8 Screening für Frühgeburt @ 11 – 13+6 SSW
8.1 Screening
Ultraschall
Zervixlänge
Zervix-Elastografie
Die Detektionsrate der Frühgeburt durch die vaginale Ultraschallmessung der Zervix
@11 – 13+6 SSW ist 54,5% (FPR 10%) für einen Cut-off von 28 mm.
Die Elastografie der vorderen Muttermundslippe hat eine höhere OR (53,8) als die Zervixlänge
und -weite.
(Empfehlungsgrad B, Evidenzgrad 1b, starker Konsens 11/11)
Biochemische Marker
Pregnancy Associated Plasma Protein-A (PAPP-A)
Freies beta-HCG (f-βhCG)
Placental Growth Factor (PLGF)
Placenta Protein 13 (PP13)
Vitamin D
Das PAPP-A, f-bhCG, PLGF und PP13 @11 – 13+6 SSW besitzen jeweils eine geringe Prädiktion für Frühgeburt, für das PP13 ist die Sensitivität 51% und die Spezifität 88% (Frühgeburt
< 37 SSW).
Vitamin-D-Mangel @11 – 13+6 SSW erhöht nicht das Risiko für Frühgeburt.
(Empfehlungsgrad A, Evidenzgrad 1a, starker Konsens 11/11)
Maternale und sonografische Parameter
Mütterliche Hämodynamik
Bakterielle Vaginose
8.2 Ersttrimester Prävention und Therapie von Frühgeburten @11 – 13+6 SSW
Progesteron (vaginal, i. m., oral)
Schwangeren nach Frühgeburt, Blutung oder verkürzter Cervix kann im ersten Trimenon orales oder vaginal mikronisiertes Progesteron angeboten werden.
(Empfehlungsgrad A, Evidenzgrad 1a, starker Konsens 11/11)
Aspirin
Cerclage
Früher totaler Muttermundsverschluss (fTMMV)
Pessar
8.3 Ersttrimester-Screening für Spätgeburt @ 11 – 13+6 SSW
9 Screening für Abnormal Invasive Placenta (AIP) und Placenta Accreta Spectrum (PAS)
@ 11 – 13+6 SSW
9 Screening für Abnormal Invasive Placenta (AIP) und Placenta Accreta Spectrum (PAS)
@ 11 – 13+6 SSW
9.1 Narbenschwangerschaft und Plazentaanomalien
9.2 Die abnormal invasive Plazenta (AIP) und das Placenta-accreta-Spektrum (PAS)
Bei Indikation für ein Screening für AIP/PAS zwischen 11 – 13+6 SSW sollte auf folgende Parameter geachtet werden:
-
Sectionarbe nicht darstellbar
-
Unterbrechung der Blasenwand
-
dünnes retroplazentare Myometrium
-
intraplazentare Lakunen
-
retroplazentarer arterieller trophoblastischer Blutfluss
-
irreguläre Plazentagefäße
(Empfehlungsgrad A, Evidenzgrad 1b, starker Konsens 11/11)
10 Screening für Insertio velamentosa und Vasa praevia @ 11 – 13+6 SSW
10 Screening für Insertio velamentosa und Vasa praevia @ 11 – 13+6 SSW
10.1 Insertio velamentosa und Vasa praevia
Bei tiefer Insertion der Nabelschnur im ersten Trimenon sollte im ersten und frühen zweiten Trimenon ein Screening mit vaginalen Ultraschall und
Farb-Doppler für Vasa praevia erfolgen.
(Empfehlungsgrad A, Evidenzgrad 1b, starker Konsens 11/11)
11 Screening für Diabetes mellitus und LGA @ 11 – 13+6 SSW
11 Screening für Diabetes mellitus und LGA @ 11 – 13+6 SSW
11.1 Ersttrimester-Screening für abnormalen Glukosemetabolismus
11.2 Screening für GDM/iGDM @ 11 – 13+6 SSW
Wird ein GDM-Screening im ersten Trimester durchgeführt, soll dies durch einen 75-g – oGTT erfolgen.
(Empfehlungsgrad B, Evidenzgrad 1b, starker Konsens 10/10)
11.3 Screening für Typ 1 Diabetes mellitus @ 11 – 13+6 SSW
11.4 Screening für LGA-Feten (nicht diabetisch) @ 11 – 13+6 SSW
Ein LGA-(Makrosomie-)Screening im ersten Trimenon sollte durchgeführt werden, wenn:
(Empfehlungsgrad EK, starker Konsens 10/10)
Wird ein LGA-(Makrosomie-)Screening im ersten Trimenon durchgeführt, soll dies basierend auf mütterlichen Charakteristika, der NT, dem freien beta hCG und PAPP-A erfolgen.
Damit werden ca. 35% der LGA-Feten für eine FPR von 10% erkannt.
(Empfehlungsgrad B, Evidenzgrad 1b, starker Konsens 9/9)
Ein LGA-(Makrosomie-)Screening beginnend im ersten Trimenon kann durch mütterliche Faktoren und serielle Biometrie erfolgen.
Die Berücksichtigung von Biomarkern erhöht die DR nicht.
Das Screening basierend auf den mütterlichen Faktoren hat eine DR von 44% für eine FPR von 10%.
Wird zusätzlich eine Biometrie zu den Zeitpunkten 19 – 24, 30 – 34 und 35 – 37 SSW
durchgeführt, sind die entsprechenden DR 51%, 56% und 73% für eine FPR von 10%.
(Empfehlungsgrad B, Evidenzgrad 2b, starker Konsens 10/10)
11.5 Frühe Intervention des GDM < 20 SSW
12 Wichtige Forschungsfragen
12 Wichtige Forschungsfragen
Gestationsdiabetes mellitus
13 Appendix
13.1 Zehn goldene Regeln im Umgang mit NIPT [355]
Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) hat Empfehlungen
für einen ausgewogenen Umgang mit dem cfDNA-Screening veröffentlicht. Diese wurden
unter den „10 goldenen Regeln“ zusammengefasst [355].
Diese sind wie folgt:
-
NIPT erfordert eine ärztliche Aufklärung und genetische Beratung nach Gendiagnostikgesetz
(GenDG).
-
NIPT erlaubt derzeit zuverlässige Aussagen zur Wahrscheinlichkeit einer Trisomie 21,
18, 13, aber keine Aussagen zu strukturellen Fehlbildungen. Diese machen jedoch den
Großteil der perinatal relevanten Anomalien aus. Auch lassen sich die meisten anderen
Chromosomenstörungen und syndromale Erkrankungen nicht erkennen.
-
NIPT erfordert eine qualifizierte Ultraschalluntersuchung, idealerweise vor der Blutabnahme
und nach 12 SSW.
-
Bei sonografisch nachgewiesenen Fehlbildungen oder erhöhter Nackentransparenz ist
die diagnostische Punktion (CVS oder Amniozentese) Mittel der Wahl, um Chromosomenstörungen
erkennen zu können und einen unnötigen Zeitverlust bis zur endgültigen Diagnose zu
vermeiden.
-
Im Rahmen einer NIPT-Untersuchung sollte grundsätzlich der fetale bzw. schwangerschaftsspezifische
Anteil an der zellfreien DNA angegeben werden. Die „Fetal Fraction“ ist ein Qualitätsparameter
mit großem Einfluss auf die Testgüte.
-
Ein ergebnisloser NIPT ist ein abklärungsbedürftiger Befund. In diesem Kollektiv finden
sich mehr Chromosomenstörungen, insbesondere Trisomien 13 und 18 sowie Triploidien.
-
NIPT ist ein Screening-Test. Bei einem auffälligen NIPT ist eine diagnostische Punktion
obligat anzubieten. Die Indikationsstellung zum Schwangerschaftsabbruch darf nicht
auf einem isolierten NIPT-Befund beruhen.
-
NIPT auf Veränderungen der Geschlechtschromosomen sollte nicht routinemäßig durchgeführt
werden.
-
Der Einsatz von NIPT zur Bestimmung des Risikos für seltene autosomale Aneuploidien,
strukturelle Chromosomenstörungen, insbesondere Mikrodeletionen und monogenetische
Erkrankungen beim Fetus kann derzeit nicht generell empfohlen werden.
-
Bei Zwillingsschwangerschaften, nach künstlicher Befruchtung und bei Adipositas hat
NIPT eine höhere Versagerquote, und es liegen nur eingeschränkt Daten zur Testgüte
vor.
13.2 Wegweiser auffälliger NIPT [356]
Die DEGUM hat zudem Basics im Umgang mit auffälligen cfDNA-Tests veröffentlicht:
1. Der rechtliche Rahmen
Sollte ein cfDNA-Test ein erhöhtes Risiko für eine Chromosomenstörung anzeigen, müssen
insbesondere das Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) und das Gendiagnostik-Gesetz
(GenDG) berücksichtigt werden. Das Ergebnis ist durch die verantwortliche ärztliche
Person mitzuteilen, die den Test veranlasst hat. Gleichzeitig muss sichergestellt
sein, dass die Schwangere zeitnah eine Aufklärung und genetische Beratung zum Testergebnis
durch eine fachkundige und qualifizierte ärztliche Person erhält.
2. Ein auffälliger cfDNA-Test ist keine Diagnose
Der cfDNA-Test auf Trisomie 21 stellt einen Screening-Test mit einer Detektions- und
Falsch-positiv-Rate von etwa 99% und 0,1% dar. Er sollte nicht mit der Sicherheit
einer echten Chromosomenanalyse, die mittels Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie
ermöglicht wird, verwechselt werden. Bei einer Prävalenz der Trisomie 21 von 1 : 500
sind nur etwa zwei Drittel der auffälligen cfDNA-Befunde richtig positiv. Bei einer
niedrigeren Prävalenz der Erkrankung oder einer geringeren Testgüte (z. B. bei Veränderungen
der Geschlechtschromosomen oder bei strukturellen Chromosomenstörungen) sinkt der
positive Vorhersagewert weiter ab. Daher ist zur weiteren Abklärung eine diagnostische
Punktion dringend zu empfehlen. Sie ist zwingend erforderlich, wenn als Konsequenz
eines auffälligen Befundes ein Abbruch der Schwangerschaft erwogen wird.
3. Mithilfe einer Ultraschalluntersuchung kann das Risiko einer fetalen Chromosomenstörung
weiter differenziert werden
Nach einem auffälligen cfDNA-Test soll immer eine strukturierte frühe Fehlbildungsdiagnostik
erfolgen. Wenn sich hier Auffälligkeiten für die entsprechende Chromosomenstörung
zeigen, steigt das Risiko einer Chromosomenstörung. Gleichzeitig sinkt es aber auch
bei unauffälliger Sonoanatomie. Es sinkt jedoch nie so weit ab, dass eine diagnostische
Punktion zur Abklärung nicht gerechtfertigt ist.
4. Der sonografische Befund bestimmt den Abklärungsmodus
Die im Rahmen der cfDNA-Analyse ausgewerteten schwangerschaftsspezifischen DNA-Fragmente
entstammen primär der Plazenta. Dies sollte bei der Auswahl der diagnostischen Punktion
(Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie) berücksichtigt werden. Zeigen sich bei der
Ultraschalluntersuchung Hinweiszeichen auf eine entsprechende Chromosomenstörung,
kann eine Chorionzottenbiopsie durchgeführt werden. Bei unauffälliger Sonoanatomie
oder unklarer Befundkonstellation sollte eine Amniozentese erfolgen, da in dieser
Situation die Auswertung fetaler Zellen notwendig ist.
5. Ein ergebnisloser cfDNA-Befund erfordert eine weitere Abklärung
Eine ergebnislose cfDNA-Analyse kann viele Ursachen haben. Häufig ist sie durch mütterliche
Einflussfaktoren bedingt. Dennoch müssen auch fetale Chromosomenstörungen als Ursache
eines Testversagens in Betracht gezogen werden. Bei einem nicht auswertbaren cfDNA-Test
sollte daher ebenfalls zunächst eine strukturierte frühe Fehlbildungsdiagnostik erfolgen.
Fallen Fehlbildungen oder Hinweiszeichen für Chromosomenstörungen auf, sollte eine
diagnostische Punktion erwogen werden. Bei primär zu niedrigem schwangerschaftsspezifischen
DNA-Anteil („Fetal Fraction“, FF) kann nach etwa 2 Wochen der cfDNA-Test mit der Erwartung
wiederholt werden, dass dann die cfDNA-Analyse durch den natürlichen Anstieg der FF
möglich ist. Ist der cfDNA-Test weiterhin nicht auswertbar, sollte ebenfalls eine
diagnostische Punktion diskutiert werden.
14 Zusammensetzung der Leitliniengruppe
14 Zusammensetzung der Leitliniengruppe
14.1 Leitlinienkoordinator/Ansprechpartner
Leitlinienkoordinator:
Univ.-Prof. Dr. med. Constantin von Kaisenberg
Leitliniensekretariat:
Univ.-Prof. Dr. med. Constantin von Kaisenberg
Klinik für Frauenheilkunde, Geburtshilfe & Reproduktionsmedizin
Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover
Tel.: 0176 1532 3454, 0511 532 6040
Fax: 0511 532 8004
E-Mail: vonkaisenberg.constantin@mh-hannover.de
14.2 Beteiligte Fachgesellschaften und Organisationen ([Tab. 14], [Abb. 8])
Tab. 14 Mitglieder der Leitliniengruppe.
Mandatstragende
|
Fachgesellschaft/Organisation
|
Zeitraum
|
Prof. Dr. Constantin von Kaisenberg
|
DEGUM
|
gesamter Zeitraum
|
Prof. Dr. Peter Kozlowski
|
DEGUM
|
gesamter Zeitraum
|
Prof. Dr. Oliver Kagan
|
DGGG
|
gesamter Zeitraum
|
Prof. Dr. Markus Hoopmann
|
DGGG
|
gesamter Zeitraum
|
PD Dr. Kai-Sven Heling
|
DGPM
|
gesamter Zeitraum
|
Prof. Dr. Rabih Chaoui
|
DGPGM
|
gesamter Zeitraum
|
Prof. Dr. Philipp Klaritsch
|
ÖGGG
|
gesamter Zeitraum
|
Prof. Dr. Barbara Pertl
|
ÖGUM
|
gesamter Zeitraum
|
PD. Dr. Tilo Burkhardt
|
SGUMGG
|
gesamter Zeitraum
|
Prof. Dr. Sevgi Tercanli
|
SGGG
|
gesamter Zeitraum
|
Dr. Jochen Frenzel
|
BVF
|
bis Dezember 2022
|
weitere Teilnehmende
|
Funktion u. Fachgesellschaft/Organisation
|
Zeitraum
|
Frau Dr. med. Christine Mundlos
|
ACHSE
|
27.5.2023
|
Frau Dr. Monika Nothacker
|
AWMF
|
gesamter Zeitraum
|
Abb. 8 Guideline Group.
14.3 Patientinnen/Bügerinnenbeteiligung
Frau Dr. med. Christine Mundlos, M.Sc., Stellv. Geschäftsführerin, ACHSE Lotsin für
Ärzte und Therapeuten (Leiterin ACHSE Wissensnetzwerk und Beratung) wurde angefragt
und hat in der Leitliniensitzung über Chromosomenstörungen am 27.5.2023 teilgenommen.
14.4 Methodische Begleitung
Bei der Erstellung wurde die Leitlinie durch Frau Dr. Monika Nothacker sowie Herrn
Prof. Dr. Constantin von Kaisenberg, AWMF Leitlinienberater, methodisch begleitet.
15 Informationen zu dieser Leitlinie
15 Informationen zu dieser Leitlinie
15.1 Methodische Grundlagen
Die Methodik zur Erstellung dieser Leitlinie richtet sich nach dem AWMF-Regelwerk
(Version 1.1 vom 27.02.2013).
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF)
– Ständige Kommission Leitlinien. AWMF-Regelwerk „Leitlinien“. 1. Auflage 2012: http://www.awmf.org/leitlinien/awmf-regelwerk.html
15.2 Systematische Recherche und Auswahl der Evidenz
Die Gliederung und Überschriften zu dieser LL wurde aus der ISUOG Practice Guideline:
performance of the 11 – 14 week ultrasound scan übernommen und modifiziert (Bilardo
et al., 2023). Die PICO-Fragen wurden durch eine systematische Literaturrecherche
beantwortet, die gefundenen Studien wurden in Evidence Tables übernommen. Die Bewertung
der Qualität der Studien wurde für die Erstellung der Handlungsanweisungen und Hintergrundtexte
berücksichtigt. Eine ausführliche Beschreibung zur Recherche und Auswahl der Evidenz
finden Sie im Leitlinienreport dieser Leitlinie. Dort sind die PICO-Fragen dargestellt.
https://register.awmf.org/assets/guidelines/085-002m_S2e_Ersttrimester-Diagnostik-Therapie@11-13_6_Schwangerschaftswochen_2024-01_1.pdf
15.3 Kritische Bewertung der Evidenz
Die Ergebnisse der Analyse zu den jeweiligen Inhaltspunkten wurden in tabellarischer
Kompaktform dargestellt. Die Formvorlagen entsprechen den Vorgaben der internationalen
Arbeitsgruppe Grading of Recommendations Assessment Development and Evaluation (GRADE) bzw. des Guidelines International Network in einer modifizierten
deutschen Version der AWMF vom 20.07.2011. Die Details der Bewertungen zu den jeweiligen
Inhaltspunkten sind im Methodenreport geschildert.
Die Bewertung der Evidenz erfolgte nach den Richtlinien des Centre for Evidence-Based
Medicine der Universität Oxford (The Oxford 2011 Levels of Evidence). Diese Richtlinien
enthalten Bewertungsklassifikationen für verschiedene Arten von Studien. In dieser
Recherche wurden die Evidenzklassifikationen für diagnostische und therapeutische Studien verwendet.
Bei der Bewertung von systematischen Reviews und Metaanalysen wurde besonders Wert auf die Qualität der eingeschlossenen Studien gelegt. In denjenigen
Fällen, für die die Autoren selbst keine Bewertung durch anerkannte Richtlinien vorgenommen
hatten (QUADAS, QUIPS, Cochrane, Newcastle-Ottawa, STROBE, AMSTAR etc.), wurde die
Studienqualität mithilfe der OXFORD-Kriterien bewertet. Die Sequenz der Literatursuche
wurde in einem PRISMA-Diagramm beschrieben.
Randomisiert kontrollierte klinische Studien (RCT) wurden nach GRADE bewertet. Die Bewertungen wurden nach PICO-Fragen/Interventionen
gruppiert. Soweit möglich erfolgte innerhalb einer PICO-Frage eine Bündelung der analysierten
Studien nach Outcomes. Eine GRADE-Bewertung erfolgte bei allen RCTs, auch wenn diese
Teil von systematischen Reviews und Metaanalysen waren.
In der Praxis wurde nur eine Bewertung nach OXFORD vorgenommen, da praktisch alle
Studien diagnostische Studien waren ([Tab. 15]).
Tab. 15 Qualitätskriterien (GRADE) für RCTs.
Qualitätskriterien (GRADE) für RCTs
|
inhaltliche Aspekte
|
Bias-Risiko
|
-
keine Verblindung
-
unvollständige Berichterstattung (Protokollabweichungen, Probandenausfall)
-
selektive Outcome-Berichterstattung
-
frühe Beendigung (< 200 dichotome bzw. < 500 kontinuierliche Events)
-
nicht validierte Methoden zur Outcome-Erfassung (Befragung, Surrogat-Endpunkte)
-
Rekrutierungs-Bias (Verschiebung von Probanden zwischen Testgruppen)
-
Übertragung von Effekten bei Cross-over-Studiendesign
|
Inkonsistenz
|
-
breite Streuung der Messergebnisse zwischen den Studien
-
keine Überlappung der Konfidenzintervalle zwischen den Studien
-
inkonsistente Signifikanzwerte (grenzwertige p-Werte)
|
Indirektheit
|
-
unterschiedliche bzw. heterogene Studienpopulationen
-
unterschiedliche Interventionen
-
unterschiedliche klinische Endpunkte
-
indirekte Vergleiche (z. B. zu historischen Daten, Allgemeinpopulation)
|
Ungenauigkeit
|
-
< 300 dichotome Events, < 400 kontinuierliche Events
-
grenzüberschreitende Konfidenzintervalle
-
Nichterreichen der kalkulierten Stichprobenstärke (underpower)
-
kleine Stichproben bzw. geringe Zahl von Zielevents (z. B. Mortalität)
|
Publikations-Bias
|
|
Die Kohorten- und Beobachungsstudien wurden nach OXFORD-Kriterien in Evidenztabellen
zu einzelnen PICO-Fragen bewertet. Studien, die als Bestandteile von systematischen
Reviews und Metaanalysen fungieren, wurden keiner gesonderten Bewertung unterzogen.
Entsprechend wurden die Literaturverzeichnisse zu jeder PICO-Frage, wie folgt, organisiert:
a) Referenzliste der in Evidenztabellen bewerteten Studien und b) Referenzliste der
Studien, die in systematischen Reviews und Metaanalysen analysiert wurden.
15.4 Konsensfindung
Es wurde in einem Online-Abstimmungsverfahren eine Vorabstimmung der Handlungsanweisungen
und Hintergrundtexte durchgeführt. War der Konsens > 95%, erfolgte keine weitere Abstimmung.
War dies nicht der Fall, wurde unter neutraler Moderation während einer Onlinesitzung
oder Präsenzveranstaltung eine erneute Abstimmung durchgeführt.
15.5 Empfehlungsgraduierung und Feststellung der Konsensstärke
Festlegung des Empfehlungsgrades
Neben der methodisch aufbereiteten Evidenz wurden bei der Graduierung der Empfehlung
die klinische Erfahrung und die Patientenpräferenz berücksichtigt. Zusätzlich wurden
weitere Kriterien wie Konsistenz der Studienergebnisse; klinische Relevanz der Endpunkte
und Effektstärken; Nutzen-Schaden-Verhältnis; ethische, rechtliche, ökonomische Verpflichtungen;
Patientenpräferenzen; Anwendbarkeit auf die Patientenzielgruppe und das deutsche Gesundheitssystem,
Umsetzbarkeit im Alltag/in verschiedenen Versorgungsbereichen bei der Graduierung
der Empfehlung berücksichtigt.
In [Tab. 16] ist die verwendete Empfehlungsgraduierung dargestellt.
Tab. 16 Beispiel 1: 3-stufiges Schema zur Graduierung von Empfehlungen.
Empfehlungsgrad
|
Beschreibung
|
Ausdrucksweise
|
Symbol (fakultativ)
|
A
|
starke Empfehlung
|
soll/soll nicht
|
⇑⇑/⇓⇓
|
B
|
schwache Empfehlung
|
sollte/sollte nicht
|
⇑/⇓
|
0
|
Empfehlung offen
|
kann erwogen/verzichtet werden
|
⇔
|
Feststellung der Konsensstärke
Die Konsensstärke wurde gemäß [Tab. 17] klassifiziert.
Tab. 17 Feststellung der Konsensstärke.
Klassifikation der Konsensusstärke
|
starker Konsens
|
> 95% der Stimmberechtigte
|
Konsens
|
> 75 – 95% der Stimmberechtigte
|
mehrheitliche Zustimmung
|
> 50 – 75% der Stimmberechtigte
|
keine mehrzeitliche Zustimmung
|
< 50% der Stimmberechtigte
|
16 Redaktionelle Unabhängigkeit
16 Redaktionelle Unabhängigkeit
16.1 Finanzierung der Leitlinie
Die DEGUM hat diese LL mit 25 000,– € und die DGGG mit 5000,– € unterstützt.
Diese Gelder wurde fast ausschließlich für die Durchführung der systematischen Literaturrecherche
und Evidenzbewertung benötigt.
Die Besuche für die Präsenzmeetings in der Repräsentanz der DEGUM wurden durch die
entsendenden Fachgesellschaften bezahlt.
16.2 Darlegung von Interessen und Umgang mit Interessenkonflikten
Die Mitglieder der LL-Gruppe haben eine Interessenkonflikterklärung abgegeben. Hier
wird auf Appendix 5 Conflict of Interest (Tabelle zur Erklärung von Interessen und
Umgang mit Interessenkonflikten) im Methodenreport verwiesen.
Die Interessenkonflikterklärungen wurden durch Frau Dr. Monika Nothacker sowie dem
LL-Koordinator Prof. Dr. Constantin von Kaisenberg gemeinsam durchgesprochen und bewertet.
Bei thematischem Bezug zur Leitlinie wurden Vorträge für die Industrie als gering
(führt zur Limitierung von Leitungsfunktion), Berater- und Gutachtertätigkeit/Drittmittelforschung
als moderat (führt zur Stimmenthaltung) und Eigentümerinteressen wie Patente sowie
eine überwiegende Tätigkeit für die Industrie als hoch zu kategorisieren (keine Teilnahme
an thematisch relevanten Beratungen und keine Abstimmung). kein: 5/12; gering: 6/12;
moderat: 2/12; hoch: 0/12.
Als protektive Faktoren, die einer Verzerrung durch Interessenkonflikte entgegenwirken,
können die pluralistische Zusammensetzung der Leitliniengruppe, die strukturierte
Konsensfindung unter neutraler Moderation, die Diskussion zu den Interessen und Umgang
mit Interessenkonflikten zu Beginn der Konsenskonferenz und eine öffentliche Konsultationsfassung
gewertet werden.
17 Externe Begutachtung und Verabschiedung
17 Externe Begutachtung und Verabschiedung
Eine externe Begutachtung erfolgte in Form einer öffentlichen Konsultation über 4
Wochen auf der Website der AWMF. Nach Abschluss der Frist wurden alle eingegangenen
Kommentare gelesen. Falls neue Studien und hochwertige Evidenz vorgetragen wurden,
wurden Handlungsempfehlungen/Hintergrundtexte erneut in der Leitliniengruppe besprochen,
und, wo erforderlich, angepasst. Dieser Prozess ist zudem Gegenstand des Leitlinienreports.
Die Leitlinie wurde im Zeitraum vom 01.10.2023 bis zum 31.12.2023 von den Vorständen
der beteiligten Fachgesellschaften verabschiedet.
18 Gültigkeitsdauer und Aktualisierungsverfahren
18 Gültigkeitsdauer und Aktualisierungsverfahren
Die Leitlinie ist ab 01.01.2024 bis zum 31.12.2028 (5 Jahre) gültig. Vorgesehen sind
regelmäßige Aktualisierungen; bei dringendem Änderungsbedarf werden diese gesondert
publiziert. Kommentare und Hinweise für den Aktualisierungsprozess sind ausdrücklich
erwünscht und können an das Leitliniensekretariat gesendet werden.
Hinweis
Die Leitlinie wird gleichzeitig in den offiziellen Zeitschriften beider Fachgesellschaften
(d. h. Geburtshilfe und Frauenheilkunde für die DGGG und Ultraschall in der Medizin/European
Journal of Ultrasound für die DEGUM) veröffentlicht.