Schlüsselwörter
schlafbezogene Atmungsstörung - obstruktive Schlafapnoe - Nervus hypoglossus - Neurostimulation
- Stimulation der oberen Atemwege
Keywords
sleep-disordered breathing - obstructive sleep apnoea - hypoglossal nerve - neurostimulation
- upper airway stimulation
Einführung
Erkrankung
Das Aussetzen der Atmung (Apnoe) ist das Hauptmerkmal der obstruktiven Schlafapnoe
(OSA). Die Apnoe ist bei dieser chronischen schlafbezogenen Atmungsstörung (SBAS)
durch die Obstruktion der oberen Atemwege infolge einer abnormen Muskelerschlaffung
in diesem Bereich während des Schlafs bedingt. Dies behindert den Luftstrom in den
oberen Atemwegen und führt zu Sauerstoffmangel im Blut.
Prävalenz/Schweregrad/Symptome/Risiken
Die OSA ist die häufigste schlafbezogene Atmungsstörung [1]. Zur Einteilung der Schweregrade werden die Phasen mit eingeschränkter Atmung (Hypopnoe)
bzw. Atempausen (Apnoe) während des Schlafs gezählt. Anhand des resultierenden Apnoe-Hypopnoe-Indexes
(AHI) wird die OSA in 3 Schweregrade eingeteilt, bei der die leichte OSA (AHI ≥5 bis
<15 Ereignisse/Std.), mittelschwere OSA (AHI ≥15 bis <30 Ereignisse/Std.) und schwere
OSA (AHI ≥30 Ereignisse/Std.) unterschieden werden [2]. Die Angaben zur Prävalenz der OSA variieren und liegen gemäß Franklin und Lindeberg
bei 22% (9–37%) für Männer und bei 17% (4–50%) für Frauen [3]. Von den ca. 26 Mio. Menschen (zwischen 30 und 69 Jahren) in Deutschland mit einer
OSA sind ca. 14 Mio. an einer mittelschweren oder schweren OSA (AHI ≥15 Ereignisse/Std.)
erkrankt [4]. Die Patienten leiden v.a. an der Tagesschläfrigkeit, dem häufigsten und wichtigsten
Symptom der OSA [3]. Zusätzliche Risiken entstehen durch Folgeerkrankungen wie z.B. Schlaganfall, Herzinfarkt
und Bluthochdruck, Diabetes mellitus Typ II und psychiatrische Erkrankungen [3]
[5]. Die Sterblichkeit ist bei OSA erhöht [5]. Das Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko steigt mit dem Schweregrad der OSA [5].
Behandlung
Die Behandlung mit Continuous Positive Airway Pressure (CPAP) stellt den Goldstandard
zur Behandlung der OSA dar [6]
[7]. Chirurgische resezierende Operationsmethoden [8]
[9] und konservative Verfahren wie die Gewichtsreduktion, Unterkieferprotrusionsschienen
(UPS), Verfahren zur Erhöhung des Muskeltonus und Lagetherapie [9] bieten ergänzende Behandlungsmöglichkeiten.
Herausforderung/Zielsetzung
Manche Patienten können weder mit CPAP noch mit den weiteren Methoden ausreichend
behandelt werden. Bspw. ist durch eine mangelnde Therapieadhärenz der pneumatischen
Schienung mit CPAP die erfolgreiche Behandlung der OSA mit erheblichen Herausforderungen
verbunden [10]
[11]
[12]. Viele Patienten bleiben unzureichend behandelt und benötigen eine Behandlungsalternative
[13]
[14]
[15]. Die Hypoglossusnerv-Stimulation (HGNS) ist ein Neurostimulationsverfahren, für
das sich mittlerweile mehrere Technologien etabliert haben. Die HGNS wird als eine
langfristig wirksame und sichere Therapiealternative für Patienten mit mittelschwerer
bis schwerer OSA angesehen [16]
[17]
[18]. Darüber hinaus ist die HGNS, anders als die resezierenden chirurgischen Verfahren,
vollständig reversibel [17]
[19].
Anhand eines systematischen Literaturreviews wird in diesem Artikel die Hypoglossusnerv-Stimulation
unter Einbeziehung unterschiedlicher Neurostimulationstechnologien als Behandlungsalternative
für die OSA bezüglich ihrer Wirksamkeit und Sicherheit überprüft. Dabei werden die
Parameter Tagesschläfrigkeit (ESS), Lebensqualität, Adhärenz, Apnoe-Hypopnoe-Index
(AHI), Sauerstoffdesaturationsindex (Oxygen Desaturation Index, ODI) und Sicherheit
dargestellt.
Die Hypoglossusnerv-Stimulation
Die Hypoglossusnerv-Stimulation
Wirkprinzip/Anwendung
Die elektrische Stimulation des Nervus hypoglossus bewirkt Kontraktionen der Zungenmuskulatur,
insbesondere des Musculus genioglossus [20]
[21]. Durch die resultierende Protrusion der Zunge kann die Obstruktion der oberen Atemwege
verhindert bzw. vermindert werden [21]
[22].
Nach operativer Implantation des Stimulationssystems und Einstellung der Stimulationsparameter
(Titrierung) wendet der Patient die HGNS eigenständig zur regelmäßigen nächtlichen
Stimulation im häuslichen Umfeld an. Er kann die Stimulation nach Bedarf aktivieren
bzw. deaktivieren.
Technologie vs. Methode
Der Impulsgenerator sendet elektrische Impulse an die Stimulationselektrode. Hierfür
ist eine Energiequelle erforderlich. Die Stimulationselektrode ist am Nervus hypoglossus
platziert, sodass die Stimulation des Nervs zur Aktivierung der Muskulatur führt.
Die Stimulationsparameter werden über eine Software eingestellt.
Zur Anwendung der HGNS stehen unterschiedliche Technologien mit unterschiedlichen
Stimulationsarten zur Verfügung. Die Unterschiede zwischen den Technologien betreffen
insbesondere:
-
einseitige/beidseitige Stimulation
-
atmungsabhängige/-unabhängige Stimulation
-
Energiequelle implantiert/extern
-
einteilige/mehrteilige Gerätekonstruktion.
Die einseitige Stimulation kann sowohl atmungsabhängig über einen Drucksensor in der
Brustwand [23]
[24] als auch als kontinuierliche Stimulation, bei welcher eine ständige Rotation des
elektrischen Feldes regelmäßig Erholungspausen zulässt [25], ausgeführt werden. Bei der beidseitigen Stimulation wird durch zyklische Stimulationsrhythmik
ein Wechsel zwischen Stimulationsimpulsen und Ruhephasen erzielt [26]
[27].
Die Energieversorgung erfolgt je nach Technologie unterschiedlich. Die Energiequelle
kann als wiederaufladbare oder nicht wiederaufladbare Batterie implantiert werden.
Alternativ wird die Energie während der Stimulation von außen über die Haut appliziert.
Die Lebensdauer der Energiequelle liegt zwischen 11 und 15 Jahren [28]
[29].
Es kam in der Vergangenheit teilweise vor, dass verschiedene Stimulationssysteme zur
Durchführung der HGNS separat – wie eigene Methoden – betrachtet wurden. Umgekehrt
wurde bei gemeinschaftlicher Auswertung der Verdacht einer möglichen Verzerrung von
Ergebnissen durch unterschiedliche Stimulationssysteme geäußert [30]. Die Unterscheidung von Methode und dafür benötigtem Medizinprodukt spielt insbesondere
im Rahmen der Abrechnung und Vergütung in der stationären Versorgung in Deutschland
auf Basis des Sozialgesetzbuches V (SGB V) eine Rolle, denn es werden hier grundsätzlich
Behandlungsmethoden und nicht einzelne Produkte vergütet.
Aus klinischer Sicht stellt die Anwendung der HGNS eine Behandlungsmethode bei der
OSA dar, für die verschiedene Stimulationssysteme eingesetzt werden können, die alle
demselben Zweck dienen – nämlich durch die Aktivierung der Zungenmuskulatur die Obstruktion
der oberen Atemwege zu verhindern bzw. vermindern. Dass die einzelnen Produkte im
Sinne einer positiven Nutzen-Risiko-Bewertung sicher und wirksam eingesetzt werden
können, ist bereits durch das unabhängige Bewertungsverfahren der CE-Zertifizierung
als belegt anzusehen.
Die verfügbaren Neurostimulationssysteme erlauben eine differenzierte, an den Erfordernissen
des Einzelfalls ausgerichtete Durchführung der Behandlungsmethode „HGNS“. Das jeweils
verwendete Neurostimulationssystem mit seinen spezifischen Eigenschaften begründet
im Kontext des SGB V keine eigenständige Methode. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA)
als oberstes Gremium der Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen bestätigt
diese Einschätzung in seinem Beschluss vom 5. März 2020 gemäß 2. Kapitel § 38 Abs.
2 Satz 1 der Verfahrensordnung [31]. Der G-BA stellt fest, dass – bezogen auf Technologien mit implantierter bzw. externer
Energiequelle – weder hinsichtlich des Wirkprinzips noch des Anwendungsgebiets ein
wesentlicher Unterschied besteht und ein System mit externer Energiequelle kein neues
theoretisch-wissenschaftliches Konzept begründet [32]. Hieraus ergibt sich für den G-BA, dass die „vorliegenden Erkenntnisse zum Nutzen
einschließlich etwaiger Risiken“, die mit den unterschiedlichen Technologien gesammelt
wurden, jeweils übertragbar sind [32].
Darüber hinaus wird die Behandlung mit der HGNS in der Begründung an keiner Stelle
anhand unterschiedlicher Stimulationstechnologien oder -rhythmen differenziert [32]. Der G-BA sieht das einheitliche Wirkprinzip der HGNS in der „elektrischen Stimulation
des Nervus hypoglossus mittels in räumlicher Nähe implantierter Elektroden mit dem
Ziel, das Zusammenziehen und Anheben des Zungenmuskels zu erwirken“ [32]. Diese Eigenschaft trifft auf alle in den Studien untersuchten Stimulationssysteme
zu. Die Auswertung von Studien zur HGNS, unabhängig von der verwendeten Stimulationstechnologie,
ist demnach zur Beurteilung der Methode der HGNS geeignet.
Voraussetzungen für HGNS
Die fundierte Indikationsstellung bildet die Basis für ein gutes Ansprechen auf die
HGNS [33]. Für eine erfolgreiche Indikationsstellung sind gemäß Leitlinien [2] und übereinstimmenden Angaben in der Literatur insbesondere folgende Kriterien zu
berücksichtigen und zu prüfen:
-
mittelschwere bis schwere OSA (AHI von 15–65 Ereignisse/Std.)
-
CPAP-Unverträglichkeit bzw. -Ineffektivität
-
Übergewicht bis zu einem BMI von 35 kg/m2
-
fehlende anatomische Auffälligkeiten.
Darüber hinaus spielen bei der Auswahl der Stimulationstechnologie weitere Kriterien
eine Rolle, die sich am jeweiligen Patienten orientieren. Hierzu gehören z.B. die
MRT-Fähigkeit des Stimulationssystems, ein kompletter konzentrischer Kollaps der oberen
Atemwege, die Handhabung des Geräts und die Präferenz des Patienten (z.B. Wunsch,
keine Batterie zu implantieren).
Material und Methoden
Einschlusskriterien
Die Einschlusskriterien für den systematischen Literaturreview wurden mithilfe des
PICOS (Patient/Intervention/Comparison/Outcome/Study-type)-Schemas [34] definiert ([Tab. 1]).
Tab. 1 PICOS-Kriterien für die systematische Literatursuche und -auswahl.
|
Population
|
Erwachsene Patienten mit moderater bis schwerer OSA bei Unverträglichkeit bzw. Unwirksamkeit
oder Nonadhärenz der Behandlung mit CPAP. (Anmerkung: Studien in spezifischen Subpopulationen, die nicht der typischen Versorgungssituation
in Deutschland entsprechen, wurden nicht einbezogen [z.B. Kriegsveteranen, Patienten
mit Down-Syndrom]).
|
|
Intervention
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Stimulation des Nervus hypoglossus mit einem implantierbaren Neurostimulationssystem.
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Comparison
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Keine oder herkömmliche (bestmögliche) konservative Behandlung (keine Stimulation
des Nervus hypoglossus und keine Behandlung mit CPAP und keine anderweitige chirurgische
OSA-Behandlung) – sofern eine Kontrollgruppe vorhanden ist.
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Outcomes
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Wirksamkeit
|
Verbesserung der OSA per Tagesschläfrigkeit (z.B. ESS), gesundheitsbezogene Lebensqualität
(z.B. FOSQ), kardiovaskuläre Ereignisse, Mortalität, Adhärenz, AHI, Sauerstoffdesaturationsindex
(ODI), Schlafarchitektur.
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Sicherheit
|
Unerwünschte Ereignisse: schwerwiegende und nicht schwerwiegende Ereignisse mit bzw.
ohne Verbindung zum Implantat, zur Implantationsprozedur oder zur Stimulation.
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Studientyp
|
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Wirksamkeit
|
Metaanalysen, randomisierte kontrollierte Studien, nicht randomisierte kontrollierte
Studien, Kohortenstudien, Fallserien mit mind. 20 Studienteilnehmern, prospektive
und retrospektive Registerstudien.
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Sicherheit
|
Metaanalysen, randomisierte kontrollierte Studien, nicht randomisierte kontrollierte
Studien, Kohortenstudien, Fallserien mit mind. 20 Studienteilnehmern, prospektive
und retrospektive Registerstudien.
|
Literaturrecherche
Die systematische Literaturrecherche wurde in zwei unterschiedlichen Datenbanken
(Medline via PubMed und The Cochrane Library) mit jeweils angepassten Suchalgorithmen
durchgeführt. Beide Suchen wurden zuletzt am 19.09.2021 aktualisiert. Die Suchalgorithmen
basieren auf den zuvor definierten PICOS-Kriterien. Im Ergebnis wurden damit insgesamt
812
Quellen identifiziert.
Literaturauswahl
Die Auswahl der Publikationen wurde von zwei Untersuchern unabhängig voneinander
durchgeführt. Automatisierte Unterstützungssysteme wurden nicht angewendet. Abweichende
Beurteilungen wurden von den beiden Untersuchern diskutiert und entweder im Konsens
oder
durch Hinzuziehen einer dritten Person gelöst.
Der Auswahlprozess folgt dem PRISMA (Preferred Reporting Items for Systematic reviews
and Meta-Analyses)-Prinzip [35]. Es wurden deutsch- und englischsprachige Volltextpublikationen eingeschlossen,
die nicht früher als 2011 publiziert wurden. Nach Ausschluss von Duplikaten erfüllten
33 Quellen die Einschlusskriterien ([Abb. 1]).
Abb. 1 PRISMA-Ablaufdiagramm der Literaturauswahl.
Bewertung des Evidenzlevels
Die Studien wurden hinsichtlich ihres Evidenzniveaus nach den Vorgaben des in Deutschland
für Nutzenbewertungen federführenden Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) eingeordnet
[36]. Die Einteilung und Definition der Evidenzlevel ist mit denen des Oxford Centre
for Evidence-based Medicine vergleichbar [37].
Beschreibung der Parameter
Tagesschläfrigkeit, Lebensqualität, Adhärenz, AHI, ODI und Sicherheit werden als relevante
Endpunkte zur Beurteilung der Fragestellung gewählt.
Tagesschläfrigkeit
Die Tagesschläfrigkeit ist das wichtigste und häufigste Symptom der OSA [3] und dient zur Beurteilung des therapeutischen Nutzens einer Therapie [38]. Der Epworth Sleepiness Scale (ESS)-Fragebogen erfasst mit Werten zwischen 0 und
24 die Angaben der Patienten zur Tagesschläfrigkeit. Werte bis zu 10 gelten als normal
[39]. Der minimale klinisch relevante Unterschied (MCID) auf der ESS entspricht einer
Reduktion um einen Wert zwischen 2 und 3 Punkten [40] bzw. um 2 Punkte [41].
Gesundheitsbezogene Lebensqualität
Die gesundheitsbezogene Lebensqualität ist ein weiterer für den Patienten relevanter
Parameter und zur Beurteilung des therapeutischen Nutzens geeignet [38]. Der „Functional Outcome of Sleep Questionnaire“ (FOSQ)-Fragebogen wird überwiegend
zur Bewertung der Lebensqualität bei OSA verwendet [42]. Auf der Skala von 5–20 gelten Punktwerte unterhalb von 17,9 als abnormale schlafbezogene
Lebensqualität [43].
Adhärenz
Die Adhärenz gilt als Voraussetzung für eine wirkungsvolle Behandlung. Da die pneumatische
Schienung mit CPAP häufig an mangelnder Adhärenz scheitert [10]
[11], ist sie auch für den Vergleich der HGNS mit der CPAP-Therapie relevant. Die Adhärenz
kann bei der HGNS durch den Patienten selbst oder als Aufzeichnung über das Gerät
erfasst werden. Die Ergebnisse sind auf die Dauer der Anwendung pro Nacht oder auf
die Anzahl der Nächte mit Anwendung der HGNS bezogen. Als Referenz dient die auf verschiedenen
Studien basierende Mindestanwendung für CPAP von mindestens 4 Stunden pro Nacht an
mindestens 5 Nächten (bzw. 70% der Nächte) pro Woche [6]
[10]
[11]
[27].
Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI)
Der AHI stellt einen zentralen Parameter in der Diagnostik der OSA dar und dient zur
Einteilung des Schweregrades der OSA. Er beschreibt die mittlere Anzahl der Apnoe-
und Hypopnoe-Ereignisse von jeweils mindestens 10 Sekunden Dauer bezogen auf eine
Stunde Schlafzeit [9]
[44].
Sauerstoffdesaturationsindex (ODI)
Der ODI beschreibt die Häufigkeit eines Abfalls der Sauerstoffsättigung im Blut um
mindestens 4% innerhalb einer Stunde. Im Zuge dieser Ereignisse kann es als Folge
der OSA
zu einer Hypoxämie kommen, die schädliche Auswirkungen in den verschiedenen Organen
hat.
Mit dem ODI steht ein zusätzlicher Parameter zur Einschätzung der Schwere der OSA
zur
Verfügung.
Sicherheit
Um zu beurteilen, wie sicher die Anwendung der HGNS für die Patienten ist, werden
die während der Studien aufgetretenen unerwünschten Ereignisse (UE) ausgewertet. Hierbei
sind insbesondere UE mit Bezug zum Implantat, zur Implantationsprozedur und zur Stimulation
von Bedeutung, da sie spezifisch für die Risiken der HGNS sind.
Die Ergebnisse der verschiedenen Parameter werden so, wie in den ausgewerteten Quellen
angegeben, beschrieben – typischerweise als Mittelwert mit Standardabweichung bzw.
95%-Konfidenzintervall (KI) und dem Signifikanzwert (p).
Ergebnisse
Es wurden 33 Publikationen ausgewertet, welche 25 prospektive und 3 retrospektive
klinische Studien mit mehr als 1300 Teilnehmern, 2 randomisierte kontrollierte Studien
(RCTs)
mit 46 bzw. 86 Teilnehmern und eine Parallelgruppenstudie sowie 2 Datenbankauswertungen
zu
Nebenwirkungen der HGNS umfassen ([Tab. 2]). Die Auswahlkriterien für die Studienpopulationen sind vergleichbar (mindestens
mittelschwere OSA) und stimmen insbesondere darin überein, dass eine CPAP-Unverträglichkeit
bzw. -Ineffektivität vorliegen muss. Zur Bewertung der Parameter wird v.a. auf die
Ergebnisse
mit dem höchsten Evidenzgrad, in diesem Fall den RCTs von Heiser et al. [45] und Woodson et al. [46] eingegangen. Die RCT von Heiser et al. ist als Cross-over-Studie mit 2 Gruppen,
die
abwechselnd für jeweils 1 Woche statt der therapeutischen eine Placebostimulation
erhalten
haben, aufgebaut [45]. Nachfolgend wird auf diese Studie als die „Cross-over-Studie“ referenziert. Bei
Woodson et al. wurde ein 1-wöchiger Entzug der HGNS-Therapie randomisiert kontrolliert
untersucht [46]. Die Ergebnisse der weiteren Studien werden überwiegend in zusammengefasster Form
dargestellt. Im Falle mehrerer Publikationen zur selben Studienpopulation im Zeitverlauf
(STAR-Studie und German Post-Market-Studie sowie Real-World-Daten aus dem ADHERE-Register)
werden v.a. die jeweils jüngsten Studien mit dem längsten Zeitverlauf angeführt, da
diese
aufgrund der längeren Dauer die größte Aussagekraft erwarten lassen und Langzeitergebnisse
für
die Behandlung einer chronischen Erkrankung wie der OSA eine besondere Relevanz haben.
Eine
Übersicht über alle ausgewerteten Publikationen findet sich in [Tab. 3].
Tab. 2 Zuordnung der ausgewerteten Publikationen zu den Evidenzstufen gemäß der Verfahrensordnung
des G-BA [36].
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Evidenzstufe
|
Definition
|
Publikationen
|
|
Ia
|
systematische Übersichtsarbeiten von Studien der Evidenzstufe Ib
|
keine
|
|
Ib
|
randomisierte klinische Studien
|
n = 2 [45]
[46]
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IIa
|
systematische Übersichtsarbeiten von Studien der Evidenzstufe IIb
|
keine
|
|
IIb
|
prospektive vergleichende Kohortenstudien
|
n = 1 [47]
|
|
III
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retrospektive vergleichende Studien
|
keine
|
|
IV
|
Fallserien und andere nicht vergleichende Studien
|
n = 25 einarmige Kohortenstudien/Registerstudien/Fallserien [18]
[23]
[24]
[48]
[49]
[50]
[51]
[52]
[53]
[54]
[55]
[56]
[57]
[58]
[59]
[60]
[61]
[62]
[63]
[64]
[65]
[66]
[67]
[68]
[69]
n = 3 systematische Übersichtsarbeiten [70]
[71]
[72]
n = 2 retrospektive Datenbankanalysen [73]
[74]
|
|
V
|
Assoziationsbeobachtungen, pathophysiologische Überlegungen, deskriptive Darstellungen,
Einzelfallberichte, nicht mit Studien belegte Meinungen anerkannter Expertinnen und
Experten, Berichte von Expertenkomitees und Konsensuskonferenzen
|
keine
(bereits in der Literaturrecherche ausgeschlossen)
|
Tab. 3 Übersicht über die 33 ausgewerteten Studien.
|
Autor und Jahr
|
Art der Studie (verwendetes Stimulationssystem)
|
Patienten/Einschlusskriterien
|
max. Beobach-tungszeitraum
|
berichtete Ergebnisparameter
|
|
Eastwood et al. 2011 [67]
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multizentrische, prospektive, open-label, einarmige Behandlungsstudie; 4 Zentren:
Australien (HGNS, Apnex Medical, Inc., St. Paul, MN, USA)
|
n = 21; CPAP-Versagen; BMI ≤40 kg/m2; AHI 20–100 Ereignisse/Std.
|
6 Monate
|
Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Lebensqualität (mittels FOSQ, SAQLI), Adhärenz,
AHI, ODI, Sicherheit
|
|
Van de Heyning et al. 2012 [24]
|
internationale, multizentrische, prospektive, nicht-randomisierte klinische Studie
in 2 konsekutiven Teilen (Inspire II, lnspire Medical Systems, Inc., Maple Grove,
MN, USA)
|
Teil 1:
n = 22; CPAP-Versagen; BMI <35 kg/m2; AHI ≥25 Ereignisse/Std.
Teil 2:
n = 9; CPAP-Versagen; BMI ≤32 kg/m2; AHI 20–50 Ereignisse/Std.
|
6 Monate
|
Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Lebensqualität (mittels FOSQ), AHI, ODI, Sicherheit
|
|
Kezirian et al. 2014 [69]
|
internationale, multizentrische, prospektive, open-label, einarmige
Behandlungsstudie; 8 Zentren: Australien, USA (HGNS, Apnex Medical, Inc., St. Paul,
MN, USA)
|
n = 32; CPAP-Versagen; BMI ≤40 kg/m2 (Australien) bzw. ≤37
kg/m2 (USA); AHI 20–100 Ereignisse/Std.
|
12 Monate
|
Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Lebensqualität (mittels FOSQ, SAQLI), Adhärenz,
AHI, ODI, Sicherheit
|
|
Friedman et al. 2016 [57]
|
internationale, multizentrische, prospektive, open-label, einarmige
Kohortenstudie; 7 Zentren: USA, Deutschland, Belgien (Aura6000, lmThera Medical, Inc.,
San Diego, CA, USA)
|
n = 46; CPAP-Versagen; BMI ≤37 kg/m2; AHI ≥20 Ereignisse/Std.
|
6 Monate
|
Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Lebensqualität (mittels SAQLI), AHI, ODI, Sicherheit
|
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Heiser et al. 2017a [53]
|
monozentrische, prospektive, einarmige klinische Studie; Deutschland (Inspire II,
lnspire Medical Systems, Inc., Maple Grove, MN, USA)
|
n = 31; CPAP-Versagen; BMI >35 kg/m2; AHI >15 und <65
Ereignisse/Std.
|
12 Monate
|
Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Adhärenz, AHI, ODI, Sicherheit
|
|
Huntley et al. 2017 [55]
|
multizentrische, retrospektive Kohortenstudie; 2 Zentren: USA (Inspire System, Inspire
Medical Systems, Minneapolis, MN, USA)
|
n = 97; CPAP-Versagen; 1. Zentrum: BMI 29,29±3,72 kg/m2; AHI 35,88±20,82 Ereignisse/Std.; 2. Zentrum: BMI 27,74±3,66 kg/m2; AHI 35,29±15,33 Ereignisse/Std.
|
2 Monate
|
Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Adhärenz, AHI, Sicherheit
|
|
Weeks et al. 2018 [58]
|
monozentrische, retrospektive Fallserie; USA (Inspire System, Inspire Medical Systems,
Minneapolis, MN, USA)
|
n = 22; CPAP-Versagen; BMI ≤28,96±5,0 kg/m2; AHI 35,9±19,1 Ereignisse/Std.
|
56–141 Tage nach Implantation
|
Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Adhärenz, AHI, Sicherheit
|
|
Bohorquez et al. 2020 [54]
|
monozentrische, retrospektive Studie (Auswertung von Patientenakten); USA (Inspire
II, lnspire Medical Systems, Inc., Maple Grove, MN, USA)
|
n = 35; CPAP-Versagen; BMI 30,0±0,56 kg/m2; AHI 36,8±2,4 Ereignisse/Std.
|
2 Monate
|
Adhärenz, AHI, Sicherheit
|
|
Eastwood et al. 2020 [68]
|
internationale, multizentrische, prospektive, open-label, nicht-randomisierte,
einarmige Behandlungsstudie; 7 Zentren: Frankreich, Australien (Genio-System, Nyxoah
SA, Mont-Saint-Guibert, Belgium)
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n = 27; CPAP-Versagen;
BMI ≤32 kg/m2; AHI 20–60 Ereignisse/Std.
|
6 Monate
|
Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Lebensqualität (mittels FOSQ-10), Adhärenz, AHI,
ODI, Sicherheit
|
|
Vonk et al. 2020 [56]
|
monozentrische, retrospektive, deskriptive Kohortenstudie; Niederlande (Inspire Medical
Systems, Golden Valley, MN, USA)
|
n = 44; CPAP-Versagen; BMI <32 kg/m2; AHI 15–65 Ereignisse/Std.
|
2 Monate
|
AHI, ODI, Sicherheit
|
|
Heiser et al. 2021 [45]
|
multizentrische, randomisierte, doppelt verblindete Cross-over-Studie mit subtherapeutischer
Placebostimulation (sham-controlled); 3 Zentren: Deutschland (Inspire Medical Systems,
Golden Valley, MN, USA)
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n = 89; CPAP-Versagen; BMI 29,2±4,4 kg/m2; AHI 8,3±8,9 Ereignisse/Std. (unter HGNS)
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2 Wochen
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Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Lebensqualität (mittels FOSQ), AHI, ODI, Sicherheit
|
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Stimulation Therapy for Apnea Reduction-Studie (STAR-Studie) (Inspire System, Inspire Medical Systems, Minneapolis, MN, USA)
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Strollo et al. 2014 [51]
|
internationale, multizentrische, prospektive, einarmige, nichtrandomisierte
Studie; 22 Zentren: USA, Frankreich, Deutschland, Niederlande, Belgien
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n = 126; CPAP-Versagen; BMI 28,4±2,6 kg/m2; AHI ≥20 oder ≤50
Ereignisse/Std.
|
12 Monate
|
Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Lebensqualität (mittels FOSQ), Adhärenz, AHI, ODI,
Sicherheit
|
|
Woodson et al. 2014 [46]
|
multizentrische, prospektive, randomisierte, kontrollierte Studie (RCT)
|
n = 46; CPAP-Versagen; BMI >32,0 kg/m2; mind. 50% Reduktion des AHI
im Vergleich zum Ausgangswert und AHI <20 Ereignisse/Std. (unter HGNS)
|
18 Monate (RCT-Phase: 1 Woche)
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Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Lebensqualität (mittels FOSQ), AHI, ODI
|
|
Strollo et al. 2015 [23]
|
internationale, multizentrische, prospektive, einarmige Studie; 22 Zentren: USA,
Frankreich, Deutschland, Niederlande, Belgien
|
n = 126; CPAP-Versagen; BMI >32,0 kg/m2; AHI ≥20 oder ≤50
Ereignisse/Std.
|
18 Monate
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Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Lebensqualität (mittels FOSQ), AHI, ODI, Sicherheit
|
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Soose et al. 2016 [65]
|
internationale, multizentrische, prospektive, einarmige Studie; 22 Zentren: USA,
Frankreich, Deutschland, Niederlande, Belgien
|
n = 126; CPAP-Versagen; BMI 28,4±2,6 kg/m2; AHI ≥20 oder ≤50
Ereignisse/Std.
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24 Monate
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Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Lebensqualität (mittels FOSQ)
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Woodson et al. 2016 [52]
|
internationale, multizentrische, prospektive, einarmige Studie; 22 Zentren: USA,
Frankreich, Deutschland, Niederlande, Belgien
|
n = 126; CPAP-Versagen;
BMI 28,4±2,6 kg/m2;
AHI ≥20 oder ≤50 Ereignisse/Std.
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36 Monate
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Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Lebensqualität (mittels FOSQ), Adhärenz, AHI, ODI,
Sicherheit
|
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Gillespie et al. 2017 [50]
|
internationale, multizentrische, prospektive, einarmige Studie; 22 Zentren: USA,
Frankreich, Deutschland, Niederlande, Belgien
|
n = 126; CPAP-Versagen; BMI 28,6±2,7 kg/m2; AHI ≥20 oder ≤50
Ereignisse/Std.
|
48 Monate
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Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Lebensqualität (mittels FOSQ), Adhärenz, Sicherheit
|
|
Woodson et al. 2018 [66]
|
Internationale, multizentrische, prospektive, einarmige Studie; 22 Zentren: USA,
Frankreich, Deutschland, Niederlande, Belgien
|
n = 126; CPAP-Versagen; BMI 28,6±2,5 kg/m2; AHI ≥20 oder ≤50
Ereignisse/Std.
|
5 Jahre
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Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Lebensqualität (mittels FOSQ), Adhärenz, AHI, ODI,
Sicherheit
|
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German Post-Market Studie (GPM-Studie) (Inspire II, lnspire Medical Systems, Inc., Maple Grove, MN, USA)
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Heiser et al. 2017b [49]
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multizentrische, prospektive, einarmige Behandlungsstudie; 3 Zentren:
Deutschland
|
n = 60; CPAP-Versagen; BMI >35 kg/m2; AHI 15–65 Ereignisse/Std.
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6 Monate
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Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Lebensqualität (mittels FOSQ), Adhärenz, AHI, ODI,
Sicherheit
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Hofauer et al. 2017 [48]
|
monozentrische Studie im Rahmen der German-Post-Market-Studie; Deutschland
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n = 26; CPAP-Versagen; BMI 29,0±3,1 kg/m2; AHI 15–65 Ereignisse/Std.
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3 Monate
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Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), AHI, ODI
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Steffen et al. 2018 [64]
|
multizentrische, prospektive, einarmige Behandlungsstudie; 3 Zentren:
Deutschland
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n = 60; CPAP-Versagen; BMI 28,8±3,6 kg/m2; AHI 15–65 Ereignisse/Std.
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12 Monate
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Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Lebensqualität (mittels FOSQ), Adhärenz, AHI, ODI,
Sicherheit
|
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Hasselbacher et al. 2018 [62]
|
multizentrische, prospektive, einarmige Behandlungsstudie; 3 Zentren:
Deutschland
|
n = 60; CPAP-Versagen; BMI 28,8±3,6 kg/m2; AHI 15–65 Ereignisse/Std.
|
12 Monate
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Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Lebensqualität (mittels FOSQ), Adhärenz, AHI, Sicherheit
|
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Hofauer et al. 2019 [63]
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multizentrische Studie im Rahmen der German-Post-Market-Studie: 2 Zentren: Deutschland
|
n = 102; CPAP-Versagen; BMI 29,4±4,3 kg/m2; AHI 15–65 Ereignisse/Std.
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36 Monate
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Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Lebensqualität, Adhärenz, AHI, ODI, Sicherheit
|
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Steffen et al. 2020 [18]
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multizentrische, prospektive, einarmige Behandlungsstudie; 3 Zentren:
Deutschland
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n = 60; CPAP-Versagen; BMI 28,9±3,5 kg/m2; AHI 15–65 Ereignisse/Std.
|
36 Monate
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Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Adhärenz, AHI, ODI, Sicherheit
|
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Metaanalysen (Inspire II, lnspire Medical Systems, Inc., Maple Grove, MN, USA; HGNS, Apnex Medical,
Inc., St. Paul, MN, USA; Aura6000 System lmThera Medical, Inc., San Diego, CA, USA)
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Certal et al. 2015 [70]
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systematische Literaturrecherche mit qualitativer und quantitativer Auswertung
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6 Studien, n = 200
|
6–12 Monate
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Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), AHI, ODI, Sicherheit (qualitativ)
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Kompelli et al. 2019 [72]
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systematische Literaturrecherche mit qualitativer und quantitativer Auswertung
|
16 Studien, n = 381
|
6–12 Monate
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Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Lebensqualität (mittels FOSQ, SAQLI), AHI, ODI,
Sicherheit
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Costantino et al. 2020 [71]
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aystematische Literaturrecherche mit qualitativer und quantitativer Auswertung
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12 Studien (prospektiv), n = 350
|
6–12 Monate
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Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), AHI, ODI, Sicherheit (qualitativ)
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Adherence and Outcome of Upper Airway Stimulation for OSA International Registry (ADHERE-Register,
Internationales, multizentrisches, nichtinterventionelles Register) (Inspire System, Inspire Medical Systems, Minneapolis, MN, USA)
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Boon et al. 2018 [60]
|
multizentrische, retrospektive und prospektive Studie; 10 Zentren: USA, Deutschland
|
n = 301; CPAP-Versagen; BMI 29,2±3,8 kg/m2; AHI 15–65 Ereignisse/Std.
|
im Mittel 134 Tage
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Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Adhärenz, AHI, Sicherheit
|
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Thaler et al. 2020 [61]
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Kohortenstudie; 10 Zentren: USA, Deutschland
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n = 640; CPAP-Versagen; BMI 29,3±3,9 kg/m2; AHI 15–65 Ereignisse/Std.
|
12 Monate
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Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Adhärenz, AHI, Sicherheit
|
|
Mehra et al. 2020 [47]
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prospektive, vergleichende Parallelgruppenstudie; 9 Zentren: USA (6), Deutschland
(3)
|
n = 350; CPAP-Versagen; BMI 29,8±3,9 kg/m2 bzw. 29,3±3,9 kg/m2; AHI 15–65 Ereignisse/Std.
|
24 Monate
|
Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Lebensqualität (mittels FOSQ-10), Adhärenz, AHI,
ODI, Sicherheit
|
|
Coca et al. 2021 [59]
|
retrospektive Datenbankanalyse
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n = 2.090; CPAP-Versagen; BMI ≤35 kg/m2; AHI 15–65
Ereignisse/Std.
|
12 Monate
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Tagesschläfrigkeit (mittels ESS), Adhärenz, AHI, ODI
|
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Manufacturer and User Facility Device Experience database (MAUDE-Datenbank) (Inspire System, Inspire Medical Systems, Minneapolis, MN, USA)
|
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Bestourous et al. 2020 [73]
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retrospektive Auswertung der „Manufacturer and User Facility Device Experience (MAUDE)
database“
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180 Berichte zu 196 unerwünschten Ereignissen
|
entfällt
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Sicherheit
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Bellamkonda et al. 2021 [74]
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retrospektive Auswertung der „Manufacturer and User Facility Device Experience (MAUDE)
database“
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132 Berichte zu 134 unerwünschten Ereignissen
|
entfällt
|
Sicherheit
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Tagesschläfrigkeit
Die Tagesschläfrigkeit wurde in 29 der 33 ausgewerteten Publikationen anhand der ESS
untersucht und berichtet. Unter Behandlung mit der HGNS lagen die Werte in allen Studien
im Normbereich der ESS zwischen 5,3 ± 4,6 [18] und 8,3 ± 4,4 Punkten [57].
RCTs
Der Entzug der HGNS über die Dauer von 1 Woche führte zu einem Wiederanstieg der Tagesschläfrigkeit
auf das Niveau vor Beginn der HGNS-Behandlung [46] und lag im Vergleich zur Gruppe mit fortgeführter Stimulation um 4,5 (95%-KI: –7,5;
–1,4) Punkte höher (p=0,005) [46]. In der Folgeuntersuchung nach Wiederaufnahme der HGNS verbesserte sich die Tagesschläfrigkeit
wieder und es gab keinen signifikanten Unterschied mehr zwischen den Gruppen (p=0,9)
[46].
In der Cross-over-Studie betrug die Differenz zwischen den Gruppen mit therapeutischer
und Placebostimulation nach der ersten Woche 4,6 (95%-KI: 3,1; 6,1) Punkte (p=0,001),
entsprechend einer großen Effektstärke (Cohenʼs d 1,07) sowie Überlegenheit (Schwellenwert:
2 Punkte) der therapeutischen Stimulation über die Placebostimulation, womit einer
der beiden koprimären Endpunkte erreicht wurde [45]. Nach der zweiten Woche lag die Differenz der Tagesschläfrigkeit zwischen den Gruppen
für alle Patienten bei 3,3 (95%-KI: −4,4; −2,2) Punkten (p<0,001) [45] bei einer Zunahme (Verschlechterung) unter Placebostimulation um 3,5 (95%-KI: 2,6;
4,4) Punkte [45].
Weitere Studien
Mit 7,0 ± 4,0, 7,0 ± 5,0, 7,3 ± 4,9 und 6,9 ± 4,7 Punkten nach 18, 36, 48 und 60 Monaten
bleibt die Tagesschläfrigkeit auch im Langzeitverlauf der STAR-Studie konsistent im
Normbereich [23]
[50]
[66]. Weitere Langzeitdaten zeigen ebenfalls stabile Ergebnisse im Normbereich nach bis
zu 36 Monaten (7,0 ± 4,5 Punkte nach 12 Monaten, 5,3 ± 4,6 Punkte nach 24 Monaten
und 6,0 ± 3,2 Punkte nach 36 Monaten) [18].
In den 3 eingeschlossenen Metaanalysen wurden Verbesserungen der Tagesschläfrigkeit
nach 12 Monaten mit Werten von 4,8 (95%-KI: 4,2; 5,4) Punkten [72], 5,01 (KI: 4,18; 5,83) Punkten [71] bzw. 4,42 (95%-KI: 5,39; 3,44) Punkten [70] (alle p<0,00001) dargestellt. Im internationalen ADHERE-Register lag die
Tagesschläfrigkeit im Vergleich zu Patienten ohne HGNS-Behandlung nach 360 ± 171 Tagen
im
Normbereich bei 7,2 ± 4,8 vs. 12,8 ± 5,2 Punkten (p<0,001), was einer klinisch
relevanten Verbesserung (>3 Punkte) entspricht [47].
Lebensqualität
In 21 der 33 ausgewerteten Publikationen wird die gesundheitsbezogene Lebensqualität
berichtet. In der Zusammenschau der Studien zeigt sich eine mit der Dauer der Behandlung
steigende Lebensqualität. Nach bis zu 6 Monaten war die Lebensqualität im FOSQ auf
Werte zwischen 16,7 ± 2,2 [67] und 17,2 ± 3,0 Punkten [68], nach 12 Monaten zwischen 17,0 ± 2,4 [69] und 17,5 ± 3,0 Punkten [64] und nach mehr als 12 Monaten zwischen 17,2 ± 0,3 (Standardfehler) [65] bis in den Normbereich mit 18,0 ± 2,2 Punkten [66] angestiegen.
RCTs
Die RCTs zeigten einen klinisch relevanten Unterschied der Lebensqualität zugunsten
der HGNS-Behandlung gegenüber einer 1-wöchigen Placebostimulation [45] bzw. Therapieentzug [46] von 2,1 (95%-KI: 1,4; 2,8) Punkten (p<0,001) [45] bzw. 2,9 (95%-KI: 0,8; 5,0) Punkten (p=0,008) [46].
Weitere Studien
Die Patienten im ADHERE-Register bewerteten die Lebensqualität nach durchschnittlich
360 ± 171 Tagen Behandlung mit der HGNS mit 17,1 ± 3,2 Punkten höher als die Patienten
ohne HGNS (12,4 ± 3,7 Punkte nach durchschnittlich 272 ± 278 Tagen) (p<0,001) [47].
Adhärenz
Zur Adhärenz liegen Daten aus 20 der 33 ausgewerteten Publikationen vor.
Zur Beurteilung der Adhärenz sind insbesondere Daten über längere Beobachtungszeiträume
relevant. Im Langzeitverlauf nutzten nach 12, 36 und 60 Monaten 86, 81 und 80% der
Patienten die HGNS täglich [66]. Mit wöchentlich 40,3 ± 40,7 Stunden nach 24 Monaten und wöchentlich 41,0 ± 13,9
Stunden nach 36 Monaten lag die Nutzungsdauer der HGNS in der multizentrischen deutschen
Post-Market-Studie auf konstant hohem Niveau (etwa doppelt so hoch wie die für CPAP
geforderte Mindestanwendung) und blieb nach 36 Monaten bei 89,5% der Patienten bei
mindestens 20 Stunden pro Woche [18] entsprechend der geforderten Mindestnutzung von CPAP [6]
[10]
[11]
[27].
Auch in den weiteren Studien wurden Anwendungszeiten oberhalb der Mindestanwendungsdauer
von CPAP mit Werten von 5,6 ± 2,1 [62] bis 7,0 ± 1,9 Stunden pro Nacht [58] nach 12 bzw. 3 Monaten angegeben bzw. eine Nutzung von mehr als 5 Nächten pro Woche
bei 91% der Patienten nach 6 Monaten [68] und von 6,8 ± 0,9 Nächten pro Woche nach 12 Monaten [63].
Die im ADHERE-Register von 382 Patienten aufgezeichneten objektiven Nutzungsdaten
zeigten nach 12 Monaten HGNS-Behandlung eine durchschnittliche Nutzungsdauer von 5,6
± 2,1 Stunden pro Nacht [61].
Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI)
Angaben zum AHI wurden in 30 der 33 ausgewerteten Publikationen gemacht. In allen
Studien verbesserte sich der AHI signifikant unter Behandlung mit der HGNS.
RCTs
In den randomisierten Studien trat – ausgehend von einem unter Behandlung mit der
HGNS
reduzierten AHI – unter Placebostimulation [45] bzw. Aussetzen der Stimulation [46] eine signifikante Verschlechterung des AHI ein. Die Differenz zwischen Behandlung
und Placebostimulation betrug –15,5 (95%-KI: −18,3; −12,8) Ereignisse/Std. (p<0,001)
[45] und zwischen Behandlung und Therapieentzug –16,9 (95%-KI: –24,7; –9,0)
Ereignisse/Std. (p<0,001) [46]. Die Cross-over-Studie ergab nach 1 Woche therapeutischer Stimulation eine
Responderrate (AHI ≤15 Ereignisse/Std.) von 73,7% (33 von 45 Patienten) und mit
Placebostimulation von 29,5% (13 von 44 Patienten) [45]. Die Verbesserung des AHI war in der Cross-over-Studie konsistent über alle
Schlafphasen (Non-REM- [N1, N2, N3] und REM-Schlafphasen) und unabhängig von der Lage
des
Patienten [45].
Weitere Studien
Die Auswertungen aus dem ADHERE-Register zeigten eine stärkere Verbesserung des AHI
unter HGNS-Behandlung von –19,1 ± 15,8 Ereignisse/Std. im Vergleich zur Kontrolle
mit –8,1 ± 20,9 Ereignisse/Std. (p<0,001) [47]. Der AHI blieb auch über längere Studienzeiträume in der GPM-Studie (bis zu 36 Monate)
[18] und der STAR-Studie (bis zu 60 Monate) [66] signifikant verbessert.
Sauerstoffdesaturationsindex (ODI)
Der ODI wurde in 23 der 33 ausgewerteten Studien berichtet und weist konsistent eine
signifikante Reduktion im Sinne einer Verbesserung der OSA unter der Behandlung mit
der HGNS auf.
RCTs
Der Wechsel von therapeutischer auf Placebostimulation in der Cross-over-RCT zeigte
einen Anstieg des ODI im Mittel um 12,7 (95%-KI: 10,3; 15,2) Ereignisse/Std. [45]. Die Differenz zwischen den Gruppen betrug –12,2 (95%-KI: –14,8; –9,6) Ereignisse/Std.
(p<0,001) [45]. Nach einem einwöchigen Therapieentzug lag der ODI mit einem Wert von 23,0 ± 15,6
Ereignisse/Std. wieder im Bereich des Ausgangswerts vor Beginn der HGNS [46]. Der Unterschied zwischen den Gruppen mit und ohne HGNS betrug –15,1 (95%-KI: –22,7;
–7,5) Ereignisse/Std. (p<0,001) [46].
Weitere Studien
In der Auswertung des ADHERE-Registers lag der ODI mit HGNS-Behandlung bei 14,1 ±
14,1 Ereignisse/Std. vs. 25,5 ± 17,9 Ereignisse/Std. ohne HGNS-Behandlung (p<0,001)
[47]. Im Verlauf über 36 Monate [18] bzw. 60 Monate [66] blieb die signifikante Verbesserung des ODI auf gleichbleibendem Niveau erhalten.
Sicherheit
Zu unerwünschten Ereignissen als Parameter für die Sicherheit der HGNS finden sich
Angaben in 26 der 33 ausgewerteten Publikationen. Zwei davon sind gerätespezifische
Auswertungen der Manufacturer and User Facility Device Experience (MAUDE) database
in den USA [73]
[74].
In 3 Studien war eine verbesserte Positionierung oder ein Austausch der Sensor- bzw.
Stimulationselektrode oder Ersatz entsprechender Teile erforderlich, um Beschwerden
oder Fehlfunktionen erfolgreich zu beheben, welche als schwerwiegendes UE (SUE) mit
Bezug zum Stimulationssystem berichtet wurden [18]
[61]
[66].
Die Häufigkeit von UE in Verbindung mit der operativen Implantation des Neurostimulators
variiert stark zwischen z.B. 3% von 250 Patienten des ADHERE-Registers (2020) [47] und 71% von 21 Patienten (2011) [67]. Die UE entsprechen Ereignissen wie sie bei einer Vielzahl von chirurgischen Eingriffen
auftreten können, z.B. Schmerzen, Schwellung, Hämatom, Serom oder Verletzung eines
Blutgefäßes [73]. Sie wurden über die ausgewerteten Studien hinweg überwiegend als mild oder moderat
bzw. nicht schwerwiegend eingestuft und bildeten sich meist ohne Intervention oder
unter konservativer Behandlung zurück.
Infektionen können ein Grund für die Explantation des Neurostimulators sein [73]
[74]. In den klinischen Studien zählten sie zu den selteneren UE.
Leichte bis mittelgradige UE treten bei der HGNS über alle Studien hinweg auf. Beschwerden
durch die elektrische Stimulation zählten zu den häufigsten nicht schwerwiegenden
UE [17]
[51]
[60]
[61]. Dazu zählten z.B. Abschürfungen an der Zunge, ungewöhnliche Empfindungen, Parästhesien,
veränderter Speichelfluss und Lippenschwäche [72].
Über den Zeitraum der verschiedenen Studien nahm die Anzahl der UE mit Bezug zur Behandlung
bzw. dem Stimulationssystem jeweils stark ab [49]
[57]
[66]
[67]
[68]. Im fünften Jahr der STAR-Studie wurden noch 20 UE dokumentiert im Vergleich zu
279 im ersten Jahr [66]. Die Rückbildung der UE wurde in den unterschiedlichen Studien überwiegend mit der
Gewöhnung an die Therapie, durch die Anpassung der Stimulationsparameter oder durch
die Verwendung eines Zahnschutzes erklärt.
In den 33 Publikationen wurde von keinem Todesfall mit Bezug zur Behandlung mit der
HGNS berichtet.
Diskussion
In diesem systematischen Literaturreview von 33 Publikationen erweist sich die HGNS-Behandlung
als wirksames und sicheres Neurostimulationsverfahren zur langfristigen Behandlung
der OSA. Die Auswertung der Evidenz erfolgte technologieübergreifend, da sich aus
unterschiedlichen Neurostimulationssystemen, die gleichermaßen auf die Kontraktion
der Zungenmuskeln zur Vermeidung der Obstruktion der oberen Atemwege ausgerichtet
sind, keine neuen Methoden begründen. Dieses Vorgehen folgt der Einschätzung des in
Deutschland für Nutzenbewertungen verantwortlichen G-BA, dass die mit unterschiedlichen
Technologien gesammelten Studienergebnisse übertragbar sind [32]. Das bedeutet, dass nach Ansicht des G-BA nicht mit Verzerrungen bei der technologieübergreifenden
Bewertung der Methode der HGNS zu rechnen ist.
In den ausgewerteten Studien wurde eine signifikante Verbesserung über alle untersuchten
Parameter hinweg festgestellt. Die Ergebnisse beruhen auf Studien des Evidenzlevels
Ib (n = 2), IIb (n = 1) und IV (n = 30). Damit sind einerseits Ergebnisse aus hochwertigen
vergleichenden Studien enthalten und andererseits aus einer umfangreichen Anzahl von
Studien aus mehreren unterschiedlichen Ländern. Teilweise beziehen sich die Publikationen
auf dieselbe Patientenpopulation im Zeitverlauf, wodurch Langzeitdaten bis zu 5 Jahren
zur Verfügung stehen [18]
[66].
Insgesamt fällt auf, dass die Ergebnisse der einzelnen Studien sehr konsistent sind
und somit die Effekte der HGNS unabhängig von der verwendeten Technologie in Art und
Ausprägung vergleichbar. Mit den beiden RCTs konnte die Wirksamkeit der HGNS auf die
untersuchten Endpunkte methodisch hochwertig belegt werden [45]
[46]. Die anderen, meist internationalen, multizentrischen Studien zeigen, dass die Ergebnisse
in unterschiedlichen Gesundheitssystemen unter unterschiedlichen Bedingungen reproduzierbar
sind.
Die ausgewertete Evidenz zeigt damit, dass die OSA mit der HGNS wirksam behandelt
werden kann. Darüber hinaus liegen bereits Daten für die Anwendung der HGNS außerhalb
von Studienbedingungen vor. Mit mehreren Registerauswertungen, die auch eine vergleichende
Studie enthalten [47], wurde die Übertragbarkeit der Studienergebnisse in die klinische Routine in Art
und Ausprägung bestätigt [47]
[59]
[60]
[61].
Eine besondere Relevanz für die Anwendung der HGNS im Einzelfall ergibt sich daraus,
dass
die Studien mit unterschiedlichen Geräten unterschiedlicher Hersteller durchgeführt
wurden.
Dabei ergaben sich keine Hinweise auf eine Heterogenität der Wirksamkeit aufgrund
unterschiedlicher Stimulationstechnologien. Das bedeutet, dass die Auswahl am individuellen
Bedarf des Patienten ausgerichtet werden kann, wo z.B. Kriterien wie die MRT-Fähigkeit,
die
Handhabung oder ein konzentrischer Kollaps der Atemwege ausschlaggebend für die Auswahl
des
Geräts sein können. Die unterschiedlichen Technologien stellen somit eine Möglichkeit
der
Therapieoptimierung im Einzelfall dar, von der zu erwarten ist, dass sie die Wirksamkeit
der
Methode der HGNS insgesamt erhöht. Mit der Verbesserung der Tagesschläfrigkeit und
der
gesundheitsbezogenen Lebensqualität kann die Wirksamkeit der HGNS auf zwei wichtige
patientenrelevante Endpunkte [3]
[38] dargestellt werden. Die Werte für die Tagesschläfrigkeit lagen unter der
HGNS-Behandlung in allen ausgewerteten Studien im Normbereich der ESS. Sowohl der
Therapieentzug als auch die Placebostimulation führten in den RCTs zu einer signifikanten
Verschlechterung der Tagesschläfrigkeit bzw. zu einem signifikanten und klinisch relevanten
Unterschied in der Lebensqualität im Vergleich zur HGNS [45]
[46]. Die Lebensqualität zeigte einen mit der Dauer der Anwendung der HGNS ansteigenden
Trend bis in den Normalbereich [64]
[65]
[66]
[67]
[68]
[69], was besonders für einen nachhaltigen Nutzen für die Patienten spricht.
Insbesondere zur Beurteilung der Therapieadhärenz sind Langzeitdaten relevant, um
zu
erkennen, ob die Therapie bei einer chronischen Erkrankung wie der OSA so angewendet
wird,
dass eine dauerhafte Wirksamkeit erzielt werden kann. Für die HGNS bestätigt die
Literaturauswertung eine konstant hohe Nutzungsdauer der HGNS über 36 Monate mit 90%
Anwendung
≥20 Stunden pro Woche [18] bzw. über 60 Monate mit 80% täglicher Anwendung [66]. Eine hohe Adhärenz stellte sich auch bei der Anwendung in der klinischen Routine
mit
einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von 5,6 ± 2,1 Stunden pro Nacht nach 12 Monaten
[61] dar. Die hohe Adhärenz der HGNS stellt einen entscheidenden Vorteil gegenüber der
CPAP-Behandlung dar. Denn für die CPAP-Behandlung beträgt die Adhärenz ca. 50% [6]
[15]
[27], sodass etwa die Hälfte der Patienten nicht erfolgreich therapiert werden können.
Die
Studienergebnisse zeigen, dass die Mindestanforderungen an die Nutzungsdauer der
CPAP-Anwendung (≥5 Nächte/Woche und ≥4 Std./Nacht) von der Mehrzahl der Patienten
mit HGNS
deutlich übererfüllt werden. Mit der hohen Adhärenz der HGNS geht eine sehr positive
Einschätzung der Behandlung durch die Patienten einher [47]
[61]
[62]
[63].
Der in den RCTs signifikant verbesserte AHI bei therapeutischer Stimulation gegenüber
dem
Therapieentzug [46] und der Placebostimulation [45] verdeutlicht die Wirksamkeit der HGNS-Behandlung. Nach 60 Monaten Beobachtungszeit
erfüllten 75% der Patienten die anhand des AHI definierten Sher-Kriterien [75] einer erfolgreichen Behandlung [66]. Da das Mortalitätsrisiko bei schwerer OSA (AHI ≥30 Ereignisse/Std.) im Vergleich
zu
keiner OSA um das Dreifache erhöht ist [3], kann die effektive Senkung des AHI, wie sie mit der HGNS erzielt wird, einen
erheblichen Nutzen für den Patienten bedeuten. Mit dem signifikant reduzierten ODI
unter
HGNS-Behandlung wird gezeigt, dass die HGNS einen direkten Effekt auf die Sauerstoffversorgung
des Körpers hat [3].
Zudem zeigen die Studienergebnisse, dass sich die HGNS als sicheres Neurostimulationsverfahren
bewährt hat. SUE traten auch im Langzeitverlauf [18]
[66] und außerhalb von Studienbedingungen (ADHERE-Register [47]
[59]
[60]
[61]) selten auf und ließen sich durch Maßnahmen wie Repositionierung von Elektroden
oder Austausch von Geräten mit vertretbaren Risiken beheben. Die meisten dokumentierten
UE traten vorübergehend auf oder konnten durch nichtinvasive Maßnahmen behoben werden
[17]
[51]
[57]
[68]. Die Art und Schwere der UE war in den unterschiedlichen Studien und bei Verwendung
unterschiedlicher Stimulationssysteme vergleichbar [50]
[51]
[57]
[67]
[68]
[69]. Mögliche Erklärungen für eine unterschiedliche Häufigkeit von UE können sich neben
anwendungsindividuellen Ursachen z.B. auch daraus ergeben, wie viel Erfahrung mit
der Anwendung der HGNS insgesamt zum Zeitpunkt der Studiendurchführung vorlag. Ein
Einfluss des verwendeten Stimulationssystems kann anhand der vorliegenden Auswertung
nicht ausgeschlossen werden, die CE-Zertifizierung und die technologieübergreifende
Bewertung der HGNS durch den G-BA [32] machen dies aber unwahrscheinlich.
Die Explantation von Systemen zur HGNS wurde ebenfalls beschrieben, womit die HGNS-Behandlung
als vollständig reversibles Verfahren gelten kann [19]
[66]
[74]. Damit bietet die HGNS einen Vorteil gegenüber chirurgischen Behandlungen, mit denen
die der Obstruktion zugrunde liegenden Strukturen (z.B. Tonsillenhyperplasie) reseziert
werden. Die dauerhaften und irreversiblen Veränderungen der Anatomie bedeuten relevante
Risiken für die Patienten [76] bei begrenzter Evidenz für die Wirksamkeit [8]
[76]
[77]
[78].
Zusammenfassend ergibt der systematische Literaturreview, dass die HGNS helfen kann,
eine Lücke in der Versorgung von Patienten mit OSA zu schließen. Die HGNS bietet Vorteile,
wo andere Methoden wie CPAP Schwächen haben. Mit der HGNS kann eine deutlich höhere
Adhärenz und Akzeptanz erzielt werden als mit dem Goldstandard CPAP-Behandlung, bei
der die limitierte Adhärenz eine große Herausforderung darstellt [6]
[15]
[27]. Gegenüber den klassisch-chirurgischen Behandlungen werden mit der HGNS Risiken
durch bleibende anatomische Veränderungen vermieden. Zusätzlich lässt sich die HGNS
nach Implantation jederzeit durch Adjustierung der Stimulationsparameter veränderten
Bedingungen anpassen [1]. Die Kombinierbarkeit mit weiteren Therapiemethoden, z.B. Gewichtsreduktion, Lagetherapie
oder Unterkieferprotrusionsschienen, bietet die Möglichkeit, die Wirksamkeit der Behandlung
zu erhöhen [79].
Bereits Dedhia et al. und Mashaqi et al. zogen in ihren Reviews anhand einer viel
geringeren Anzahl von Publikationen den Schluss, dass die HGNS einen wesentlichen
Beitrag zur
Verbesserung der Versorgung von Patienten mit OSA darstellen kann [13]
[27]. In weiteren Publikationen wird die Einschätzung geteilt, dass die HGNS eine wirksame
Ergänzung der therapeutischen Optionen zur Behandlung der OSA darstellt [6]
[80]
[81]
[82]. Ein kürzlich erschienener Review mit Metaanalyse von mehr als 30 Studien zeigt,
dass
die HGNS signifikante und anhaltende Verbesserungen patientenrelevanter Endpunkte
bewirkt, und
stellt fest, dass die Verbesserung der Tagesschläfrigkeit mit HGNS stärker ist als
für CPAP
beschrieben [30]. Diese Einschätzungen und Ergebnisse werden durch den hier beschriebenen umfangreichen
Review bestätigt.
Limitationen
Die Literaturauswertung weist mehrere Einschränkungen auf. Dazu gehört die Dauer der
Untersuchung, welche nur in einer Studie 5 Jahre beträgt. In der Cross-over-Studie
(RCT) konnten trotz Studiendesign mit doppelter Verblindung 92% der Patienten und
90% der Ärzte die Gruppenzuordnung korrekt einschätzen [45], was als Hinweis auf eine generelle Herausforderung für die Verblindung bei Neurostimulationsverfahren
wie der HGNS gewertet werden kann.
In der anderen RCT wurde der Entzug der HGNS unverblindet durchgeführt [46]. Inwiefern sich die Verblindung verbessern lässt, ist fraglich, da die Patienten
je nach verwendetem Stimulationssystem z.B. durch Ausbleiben von bestimmten Bewegungen
der Zunge leicht wahrnehmen können, wenn keine therapeutische Stimulation stattfindet.
Weder die Mortalität noch kardiovaskuläre Ereignisse als weitere patientenrelevante
Endpunkte wurden in den ausgewerteten Studien berichtet. Hierfür sind im Langzeitverlauf
weitere hochwertige Studiendaten notwendig, um den Nutzen für den Patienten noch besser
darstellen zu können.
Schlussfolgerung
Der umfangreiche systematische Review von 33 Publikationen bestätigt die HGNS als
wirksame
und sichere Behandlungsalternative für die OSA nach erfolgloser CPAP-Therapie. Die
signifikante und klinisch relevante Verbesserung patientenrelevanter Endpunkte wird
durch zwei
RCTs belegt und über alle Studien inkl. Langzeit- und Real-World-Daten hinweg mit
konsistenten
Ergebnissen bestätigt. Die technologieübergreifende Auswertung der Evidenz zeigt in
den
einzelnen Studien in Art und Ausmaß vergleichbare Ergebnisse.
Als vollständig reversibles Neurostimulationsverfahren, das im Laufe der Behandlung
an die patientenindividuellen Erfordernisse angepasst werden kann und von den Patienten
dauerhaft wirksam eingesetzt wird, leistet die HGNS einen wesentlichen Beitrag dazu,
die Versorgungslücke in der Behandlung der OSA zu schließen. Die Auswahl unterschiedlicher
Stimulationstechnologien ermöglicht eine Optimierung der Therapie, indem sie am individuellen
Patientenbedarf, z.B. in Bezug auf die Handhabung des Gerätes, ausgerichtet werden
kann.
Mithilfe weiterer anwendungsbegleitender Real-World-Daten sollte untersucht werden,
wie sich die Anwendung der HGNS auf die Versorgung der Bevölkerung und insbesondere
auf die langfristigen Komorbiditäten der OSA auswirkt und wie der Indikations- und
Anwendungsprozess in der Praxis optimiert werden kann.