KJP up2date 2025; 02(03): 265-280
DOI: 10.1055/a-2409-9510
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Virtuelle Realitäten: Neue Therapiemöglichkeiten bei Angststörungen

Maximilian Schöttler
,
Anna Felnhofer
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Virtuelle Realitäten (VR) eröffnen neue Wege in der Expositionstherapie (ET) von Angststörungen im Kindes- und Jugendalter: Angstbesetzte Situationen lassen sich kontrolliert und individuell angepasst simulieren. Mit ihrer Alltagsnähe, der Induktion ökologisch valider Reaktionen und der Einbindung von Gamification verspricht VRET nicht nur eine effektive Behandlung, sondern auch eine Motivationssteigerung für junge Patienten.

Kernaussagen
  • Vollimmersive VR sind in der Lage, den subjektiven Eindruck zu vermitteln, sich tatsächlich in der gezeigten Realität zu befinden. Dies kann gezielt therapeutisch genutzt werden.

  • Im Allgemeinen reagieren Kinder und Jugendliche wie Erwachsene auf virtuelle Stimuli.

  • Der Forschungsstand bezüglich des Einsatzes therapeutischer VR-Anwendungen hinkt im Kindes- und Jugendbereich derzeit weit hinter der gesammelten Evidenz im Erwachsenenbereich her.

  • Die Angstreaktion, die bei einer Exposition in-vivo erzielt wird, kann in einer virtuellen Umgebung in gleicher Weise erzeugt werden.

  • Für die Behandlung spezifischer Phobien mittels VR liegt eine Empfehlung zur Anwendung laut S3-Leitlinie vor.

  • Vorteile der VRET gegenüber der klassischen Expositionstherapie bestehen in der Kontrollierbarkeit der Exposition, der guten Planbarkeit und der ökonomischen Umsetzung. Insbesondere im Kindes- und Jugendbereich ist darauf zu achten, dass der eigenständige Einsatz von VR in der Therapie nicht empfohlen wird.

  • Die Anwendung sollte stets unter der Betreuung geschulten Fachpersonals erfolgen. Die Kombination professionell betreuter therapeutischer VR mit Elementen der Gamification, wie Belohnungssysteme oder spannende Spielnarrative, können sich positiv auf die therapiebezogene Adhärenz und den Behandlungserfolg auswirken.

  • VR-Interventionen sollten generell in evidenzbasierte Behandlungskonzepte eingebettet sein oder aus ihnen abgeleitet werden. Dabei kann die Kombination mit anderen Technologien wie Biofeedback oder Eye-Tracking bislang ungekannte Therapiemöglichkeiten eröffnen.

  • Der therapeutische Einsatz von VR im Kindes- und Jugendbereich erfordert derzeit noch umfassendere Forschung, darunter insbesondere hochwertige randomisierte Kontrollstudien.



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Article published online:
01 July 2025

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