Abkürzungsverzeichnis
AASLD:
American Association for the Study of Liver Diseases
CEUS:
contrast-enhanced ultrasound
DRG:
Deutsche Röntgengesellschaft
(q)EASL:
(quantitative) European Association for the Study of the Liver
HCC:
hepatozelluläres Karzinom
iRECIST:
immune Response Evaluation Criteria in Solid Tumours
LI-RADS (TR):
Liver Imaging Reporting and Data System (treatment response)
MASH:
metabolic dysfunction-associated steatohepatitis
MVZ:
medizinisches Versorgungszentrum
mRECIST:
modified Response Evaluation Criteria in Solid Tumours
RECIST 1.1:
Response Evaluation Criteria in Solid Tumours 1.1
TACE:
transarterielle Chemoembolisation
Einleitung
Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist die häufigste primäre maligne Tumorerkrankung
der Leber und stellt die dritthäufigste tumorassoziierte Todesursache weltweit dar
[1 ]
[2 ]. Obwohl die Mehrheit der Erkrankungen in Südostasien und Afrika zu verzeichnen ist,
steigt die Inzidenz auch in den westlichen Ländern stetig an [3 ]
[4 ]
[5 ]. Das HCC manifestiert sich in der Regel auf dem Boden einer Leberzirrhose. Eine
Hepatitis-B- oder -C-Infektion, Steatosis hepatis (metabolic dysfunction-associated
steatohepatitis, MASH) sowie Alkoholkonsum sind die wichtigsten ursächlichen Risikofaktoren
[6 ]. Eine Diagnose im Frühstadium der Erkrankung ist essenziell, um den Patienten potenziell
kurative Therapien wie die chirurgische Resektion oder Lebertransplantation ermöglichen
zu können [7 ]. Im Gegensatz zu vielen anderen malignen Erkrankungen kann die Diagnose des HCC
bei Hochrisikopatienten oft alleine anhand spezifischer bildgebender Charakteristika
gestellt werden, ohne dass eine Biopsie notwendig ist [8 ]
[9 ]
[10 ]. Der radiologischen Bildgebung kommt bei der Diagnosestellung, Ausbreitungsdiagnostik
sowie Verlaufskontrolle des HCC unter systemischer und/oder lokaler Therapie somit
eine zentrale Bedeutung zu. Für die Diagnostik und das Therapiemonitoring des HCC
wird sowohl von internationalen als auch der deutschen S3-Leitlinie eine Schnittbildgebung
mit mehreren Kontrastmittelphasen empfohlen, bevorzugt mittels MRT [11 ]
[12 ]. Mitunter sind die Angaben in den Leitlinien zum genauen Bildgebungsprotokoll allerdings
unpräzise, u.a. ohne exakte zeitliche Definition entsprechender Kontrastmittelphasen
und ohne Angabe, welche Kontrastmittelphasen zur initialen Diagnose bzw. nach lokaler
oder systemischer Therapie berücksichtigt werden sollen.
Das Liver Imaging Reporting and Data System (LI-RADS) wurde vom American College of
Radiology (ACR) entwickelt und beabsichtigt eine optimierte Standardisierung der Datenakquisition,
Nomenklatur und Befundinterpretation in der Leberbildgebung mittels MRT, CT und CEUS
(Contrast-Enhanced Ultrasound) [11 ]. Hierdurch soll die Variabilität in der Beurteilung von Leberläsionen verringert,
die Erfolgskontrolle therapeutischer Maßnahmen standardisiert sowie die interdisziplinäre
Kommunikation verbessert werden. LI-RADS ist allerdings lediglich für die Anwendung
bei Patienten ausgelegt, die ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines HCC haben
(Patienten >18 Jahre mit einer Leberzirrhose oder chronischer Hepatitis-B-Infektion
oder Patienten, bei denen bereits ein HCC diagnostiziert wurde). LI-RADS beinhaltet
Bildgebungsempfehlungen mit dedizierten CT- und MRT-Protokollen. So soll in der CT
eine native Phase nur nach lokaler Therapie mittels TACE bei ansonsten üblicher spätarterieller,
portalvenöser und später Kontrastmittelphase akquiriert werden. In LI-RADS werden
Leberläsionen basierend auf einem Bewertungsalgorithmus in entsprechende Kategorien
von LR-1 bis 5 mit steigender HCC-Wahrscheinlichkeit eingeteilt (LR-1: definitiv benigne;
LR-3: unklar; LR-5: definitives HCC) [11 ]. LI-RADS kann darüber hinaus auch qualitativ zur Beurteilung eines Therapieansprechens
als LI-RADS „after treatment“ (LR-TR) angewendet werden. Hierbei wird eine Läsion
bei posttherapeutisch intraläsional persistierendem arteriellen Hyperenhancement als
Hinweis auf vitale Tumoranteile als „LR-TR viable“, bei fehlendem Enhancement als
„LR-TR non-viable“ und in nicht eindeutigen Fällen als „LR-TR equivocal“ eingestuft
[11 ].
In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass strukturierte Befunde den Freitextbefunden
in Bezug auf Vollständigkeit, Klarheit, Verständlichkeit und Qualität überlegen sind.
So wurde die LI-RADS-Kategorie bei der Verwendung von Freitextbefunden in nur 18,4%
der HCCs angegeben, jedoch in 98,3% bei der Verwendung strukturierter Vorlagen [13 ]. Hierbei zeigte sich ferner, dass die Hauptmerkmale für die HCC-Diagnose im Vergleich
zum üblichen Freitextbefund im strukturierten Befund deutlich häufiger berichtet wurden
(arterielles Hyperenhancement 80,8% vs. 97,8% sowie „Washout“ 74,4% vs. 98,3%).
Die Response Evaluation Criteria In Solid Tumors (RECIST 1.1) sind im klinischen Studiensektor
fest etabliert und erlauben anhand standardisierter Mess- und Bewertungskriterien
definierter Tumorläsionen eine quantitative Einschätzung des Therapieansprechens anhand
der Summe der Läsionsmessungen (Progressive Disease (PD ≥20%), Partial Response (PR
≤30%), Stable Disease (weder PD, PR) oder Complete Response (CR)) [14 ]
[15 ]. Das Therapieansprechen von HCC-Herden kann aufgrund möglicher lediglich therapiebedingter
Minderperfusionen und aufgrund von Devaskularisationen oder Nekrosearealen jedoch
nur unzureichend mittels der alleinigen Größenmessung durch RECIST 1.1 abgebildet
werden [16 ]. Aus diesem Grund wurden 2010 modifizierte RECIST-Kriterien (mRECIST) für das Therapiemonitoring
des HCC entwickelt, die sich auf die Messung des vitalen, arteriell hypervaskularisierten
Tumoranteils fokussieren [16 ]
[17 ]. In zahlreichen klinischen Studien konnte der Vorteil von mRECIST für die standardisierte
Beurteilung des radiologischen Therapieansprechens in frühen und mittleren HCC-Stadien
demonstriert werden, u.a. mit höheren objektiven Ansprechraten bei Patienten, die
mit molekularen und/oder immunmodulierenden Therapien behandelt wurden [18 ]
[19 ]
[20 ].
So wurde mRECIST für das Therapiemonitoring in die deutsche S3-Leitlinie sowie in
andere europäische, amerikanische und asiatische Leitlinien aufgenommen. LI-RADS wurde
bereits 2018 in die klinische Leitlinie zum HCC der American Association for the Study
of Liver Diseases (AASLD) aufgenommen [2 ], hingegen aber bis 2023 noch nicht in die Empfehlungen der deutschen S3-Leitlinie
integriert. Eine im Jahr 2020 durchgeführte interdisziplinäre Umfrage der AG Gastrointestinal-
und Abdominaldiagnostik der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG) zum Bekanntheitsgrad
und Nutzungsverhalten von LI-RADS [21 ] ergab, dass LI-RADS zwar außerhalb der S3-Leitlinie bereits relativ bekannt war
(bei 73% der Teilnehmer), aber mit 26% tatsächlich nur selten klinisch angewandt wurde.
Dies steht insgesamt im Gegensatz zu dem allgemeinen Wunsch nach zunehmender standardisierter
Befundung in der Radiologie [22 ]
[23 ].
Dieser Artikel beruht auf einer bundesweiten Umfrage der AG Onkologische Bildgebung
der DRG aus dem Jahr 2023 zu CT-Protokollen im Rahmen der Ausbreitungsdiagnostik verschiedener
Tumorerkrankungen. Bezogen auf das HCC war das zusätzliche Ziel der Umfrage, den aktuellen
Stand zur Bildgebung in Deutschland insbesondere im Hinblick auf die Übereinstimmung
mit den Protokollempfehlungen der S3-Leitlinie in Version 4.0 (Stand August 2023)
zu erfassen sowie das Nutzungsverhalten von mRECIST und LI-RADS abzufragen und dies
mit den Ergebnissen der Umfrage aus dem Jahr 2020 zu vergleichen. In einer ergänzend
durchgeführten Onlineumfrage im Jahr 2024 sollten die Gründe für eine fehlende Anwendung
der strukturierten Befundung mittels mRECIST und LI-RADS sowie mögliche Lösungsansätze
zur besseren Integration in den klinischen Alltag erörtert werden.
Material und Methoden
Fragebogenentwicklung, -validierung und -implementierung
Nach vorbereitender Diskussion unter allen beteiligten Mitgliedern aus der AG Onkologische
Bildgebung wurden zunächst jene Tumorentitäten definiert, deren Stagingroutinen im
Rahmen der Befragung erhoben werden sollten. Im Rahmen dieses Artikels wird ausschließlich
das HCC betrachtet. Weitere und im Folgenden nicht näher thematisierte Tumorentitäten
waren: 1) das kolorektale Karzinom, 2) das Ösophagus- und Magenkarzinom, 3) das Pankreaskarzinom,
4) das Mammakarzinom, 5) das Ovarialkarzinom, 6) das Bronchialkarzinom, 7) das Nierenzellkarzinom,
8) das Urothelkarzinom, 9) das maligne Melanom sowie 10) Kopf-Hals-Tumore.
Der Fragebogen wurde in ein durch die DRG zur Verfügung gestelltes Webtool auf Surveymonkey
(Surveymonkey Inc., San Mateo, California, USA, https://www.surveymonkey.de ) eingepflegt und zunächst intern hinsichtlich Verständlichkeit und technisch zuverlässiger
Durchführbarkeit durch 15 Testpersonen validiert. Die ergänzende Umfrage wurde in
Google Forms (Google LLC, Mountain View, California, USA) erstellt.
Fragebogenaufbau
Die Reihenfolge der Fragen pro Tumorentität orientierte sich für jede Entität an einem
festen und sich wiederholenden Schema. Zu Beginn wurde zunächst erfragt, wie häufig
ein Initialstaging für die entsprechende Tumorentität in der eigenen Institution erfolgt.
Danach folgten insgesamt sechs Fragen zum Einsatz verschiedener Bildgebungsmodalitäten,
dem Einsatz von oralem, rektalem, und intravenösem (i.v.) Kontrastmittel, der Körperabdeckung
in der CT-Diagnostik sowie dem dedizierten CT-Protokoll des Abdomens inklusive Nennung
der verschiedenen Kontrastmittelphasen bei fortgeschrittenem Lokalstaging und indizierter
Ausbreitungsdiagnostik gefolgt von zwei abschließenden HCC-spezifischen Zusatzfragen
zum Nutzungsverhalten von LI-RADS bzw. strukturierter Beurteilung eines Therapieansprechens.
Die acht Einzelfragen zum hepatozellulären Karzinom lauteten im Wortlaut wie folgt:
Häufigkeit der Durchführung eines Initial-Stagings (Ausbreitungsdiagnostik/nicht Lokalstaging)
für das hepatozelluläre Karzinom in der Tätigkeitsstätte: 1: nie 2: selten 3: gelegentlich 4: häufig 5: sehr häufig
Die regelhaft eingesetzte Bildgebungsmethode bei fortgeschrittenem Lokalstaging und
indizierter Ausbreitungsdiagnostik ist: (Hinweis: Mehrfachantwort)
1: CT 2: cMRT 3: MRT (Thorax + Abdomen) 4: Ultraschall 5: Röntgen 6: Hybrid (PET/CT bzw. PET/MR)
Das CT-Protokoll wird mit/ohne Kontrastmittel durchgeführt: 1: ausschließlich nativ 2: mit i.v.-Kontrastmittel 3: Nativ + mit i.v.-Kontrastmittel
Wird ein orales Kontrastmittel verwendet? 1: ja, ein negatives (Wasser) 2: ja, ein positives (jodhaltig) 3: nein
Das CT-Protokoll deckt hierbei folgende Körperregionen ab: (Hinweis: Mehrfachantwort)
1: Schädel 2: Hals 3: Thorax 4: Abdomen 5: Becken
Das CT-Protokoll des Abdomens beinhaltet folgende Kontrastmittelphasen: (Hinweis: Mehrfachantwort)
1: Nativ 2: Virtuell-nativ 3: Arteriell (um 15–20 s) 4: Portalvenös (um 60 s) 5: Venös (80–120 s) 6: Urografisch 7: Spät-venös (3–4 min)
Erfolgt eine Befundung und Klassifikation der Leberherde nach LI-RADS in der Vorsorge
bzw. Staging? 1: Nein 2: Teilweise (optional) 3: Immer (Routine)
Erfolgt eine strukturierte Befundung des Therapieansprechens bei bekanntem HCC? (Hinweis: Mehrfachantwort)
1: Nein 2: RECIST teilweise (optional) 3: RECIST immer (Routine) 4: mRECIST teilweise (optional) 5: mRECIST immer (Routine) 6: iRECIST teilweise (optional) 7: iRECIST immer (Routine) 8: LI-RADS teilweise (optional) 9: LI-RADS immer (Routine) 10: EASL teilweise (optional) 11: EASL immer (Routine) 12: qEASL teilweise (optional) 13: qEASL immer (Routine)
Nach Beantwortung aller Tumorentitäten wurden folgende demografische Informationen
freiwillig von den Teilnehmern erfasst: Geschlecht, Alter, berufliche Erfahrung, berufliche
Position (Assistenzarzt/-ärztin, Facharzt/-ärztin oder Leitung), Art der Arbeitsstätte
(Unversitätsklinik, Krankenhaus der Maximalversorgung, kleines/mittelgroßes Krankenhaus,
Praxis/MVZ, sonstige) und ob in der Arbeitsstätte ein Schwerpunkt auf onkologischer
Bildgebung liegt.
In der ergänzenden Umfrage wurden erneut demografische Informationen abgefragt (Alter,
berufliche Position, Art der Arbeitsstätte). Zusätzlich wurden im Wortlaut folgende
Fragen zum Nutzungsverhalten strukturierter Befundungssysteme gestellt:
Ich kenne (nicht/etwas/gut/keine Angabe): 1: RECIST 1.1 2: mRECIST 3: LI-RADS
Ich finde die Anwendung der Kriterien in der täglichen Routine (nicht machbar/unpraktikabel/prinzipiell
machbar/ich weiß es nicht): 1: RECIST 1.1 2: mRECIST 3: LI-RADS Vorsorge 4: LI-RADS Therapieansprechen
Ich nutze LI-RADS in der Vorsorge/Screening im CT und/oder MRT: 1: Nein, ich beschreibe die Befunde in Freitextformat 2: Teilweise (optional) 3: Immer (Routine) 4: Keine Angabe
Ich nutze zur Beurteilung des Therapieansprechens bei bekanntem HCC (nie/teilweise/immer/keine
Angabe): 1: RECIST 1.1 2: mRECIST 3: LI-RADS
Eine Einführung von mRECIST, RECIST 1.1 und/oder LI-RADS in die tägliche Befundung
ist problematisch, da (trifft sehr zu/trifft zu/kann mitunter zutreffen/eher unproblematisch/unproblematisch/keine
Angabe): 1: mRECIST ist nur für Studien definiert und weist Unklarheiten für die Anwendung
in der klinischen Routine auf. 2: RECIST 1.1 ist nur für Studien definiert und weist Unklarheiten für die Anwendung
in der klinischen Routine auf. 3: LI-RADS v2018 weist Unklarheiten für die Anwendung in der klinischen Routine auf. 4: Die deutschsprachige Version von LI-RADS v2018 ist unverständlich. 5: Die englischsprachige Version von LI-RADS v2018 ist unverständlich. 6: Es fehlt eine deutschsprachige Befundvorlage. 7: Bei Risikopatienten für eine Leberzirrhose ist die Anwendung der strukturierten
Befundung von der S3-Leitlinie nicht klar gefordert (nicht als „Muss“ definiert). 8: In der Therapiekontrolle ist die Anwendung von mRECIST, RECIST 1.1 und/oder LI-RADS
von der S3-Leitlinie nicht klar gefordert (nicht als „Muss“ definiert). 9: Integration der strukturierten Befundung nach mRECIST, RECIST 1.1 und/oder LI-RADS
ist in meiner lokalen IT-Infrastruktur schwierig. 10: Integration der strukturierten Befundung nach mRECIST, RECIST 1.1 und/oder LI-RADS
ist zu teuer. 11: Die Anwendung von mRECIST, RECIST 1.1 und/oder LI-RADS in der täglichen Routine
dauert zu lange, Freitext ist schneller. 12: Die Anwendung von mRECIST, RECIST 1.1 und/oder LI-RADS in der täglichen Routine
wird nicht zusätzlich vergütet (keine Zusatzziffer). 13: Ich hatte noch keine Zeit, mich mit den Kriterien zu befassen bzw. mich mit meinen
Kollegen abzustimmen. 14: Ich sehe keinen Nutzen in der Anwendung der strukturierten Befundung nach mRECIST,
RECIST 1.1 und/oder LI-RADS.
Um mRECIST, RECIST 1.1 und/oder LI-RADS zukünftig in der täglichen Routine anzuwenden,
würde ich mir wünschen (sehr wünschenswert/wünschenswert/kann hilfreich sein/eher
nicht wichtig/unwichtig/keine Angabe): 1: Bereitstellung von konsentierten und klinisch anwendbaren Befundvorlagen. 2: Bessere Bewerbung und Erläuterung in deutschsprachigen Übersichtsartikeln (medizinische
Zeitschriften). 3: Bessere Weiterbildung mit Fallbeispielen „hands-on“ in Präsenz (Kurse/Kongresse). 4: Bessere Weiterbildung mit Fallbeispielen „hands-on“ in Online-Vorträgen (Kurse/Kongresse). 5: Moderne Weiterbildung mit kurzen Videos und/oder interaktiven Online-Fallbeispielen
zum Eigenstudium. 6: Eine zwingende Empfehlung in der S3-Leitlinie („Muss“ Empfehlung). 7: Einfach zu integrierende IT-Lösungen. 8: Preiswerte IT-Lösungen.
Würden Sie sich wünschen, dass mRECIST, RECIST 1.1 und/oder LI-RADS bei Ihnen (mehr)
Anwendung findet? 1: Ja 2: Nein 3: Noch unentschieden
Fragebogenverteilung
Als Zielgruppe wurden alle in der ambulanten oder stationären Versorgung tätigen Radiologinnen
und Radiologen definiert. Einladungen zur Teilnahme an der anonymen Befragung wurden
über folgende Verteiler versandt: Newsletter der DRG, Newsletter der AG Onkologische
Bildgebung der DRG, Newsletter des Forums Junge Radiologie der DRG. Weitere Werbekanäle
umfassten eine Anzeige in der Zeitschrift RöFo sowie die Bewerbung über die digitale
Karriereplattform LinkedIn (LinkedIn Corporation, Dublin, Ireland). Die Umfrage konnte
im Zeitraum zwischen 10/2022 und 06/2023 ausgefüllt werden. Die ergänzende Umfrage
wurde über den Newsletter der DRG und den Newsletter der AG Onkologische Bildgebung
der DRG beworben und konnte im Zeitraum zwischen 06/2024 und 08/2024 bearbeitet werden.
Statistische Auswertung
Die statistische Analyse wurde mit SAS, Version 9.4 (SAS Institute, Cary NC) durchgeführt.
Stetige Variablen werden als Mittelwert und Standardabweichung angegeben. Boxplots
visualisieren die beobachteten Verteilungen. Kategoriale Variablen werden als absolute
und relative Häufigkeiten angegeben. Gruppierte bzw. gestapelte Säulendiagramme werden
zur Darstellung der relativen Häufigkeiten verwendet. Die Ergebnisse werden rein deskriptiv
präsentiert.
Ergebnisse
Insgesamt haben 106 Personen an der Umfrage teilgenommen, darunter 10 Teilnehmer mit
inkomplett ausgefülltem Frageborgen. Bei den aktiven Teilnehmern der Umfrage handelte
es sich zu 54,2% um Assistenzärzte/-innen (n=52), zu 30,2% um Fachärzte/-innen (n=29)
und zu 15,6% um Ärzte/-innen in Leitungsfunktion (n=15), mit einer jeweiligen durchschnittlichen
Berufserfahrung von 3,4 Jahren, 8,7 Jahren bzw. 23,4 Jahren ([Abb. 1 ]). 35,4% der Teilnehmer arbeiteten an einem Universitätsklinikum (n=34), 14,6% an
einem Krankenhaus der Maximalversorgung (n=14), 36,5% an kleineren und mittelgroßen
Krankenhäusern (n=35) und 13,5% in Praxen oder MVZ (n=13). Ein onkologischer Schwerpunkt
der Arbeitsstätte wurde von der Mehrzahl der Teilnehmer bejaht, der größte Anteil
lag bei den Universitätskliniken mit 97,1% (n=33) und bei den Krankenhäusern der Maximalversorgung
mit 92,2% (n=13), der niedrigste Anteil hingegen bei Praxen/MVZ mit 53,8% (n=7).
Abb. 1 Demografie der Befragten. Berücksichtigt wurden nur Befragte, die ein Initialstaging
als mindestens „selten“ berichtet haben. N: nicht fehlende Antworten; n: Anzahl der
Antworten; MW: Mittelwert; SD: Standardabweichung; (%): Prozente basierend auf N für
Kategorie „Gesamt“ und auf n (Gesamt) für alle anderen Kategorien.
Die Antworten auf die Frage nach der Häufigkeit der Durchführung eines Initialstagings
des HCC fielen relativ gleichmäßig aus ([Abb. 2 ]a und [Abb. 3 ]a): 23,6% (n=25) der Teilnehmer gaben an, „sehr häufig“, 30,2% (n=32) „häufig“, 24,5%
(n=26) „gelegentlich“ und 21,7% (n=23) „selten“ ein Initialstaging durchzuführen.
Passend zu den Angaben eines onkologischen Schwerpunkts der Arbeitsstätte werden Initialstagings
am häufigsten in Universitätskliniken durchgeführt (47,1% „sehr häufig“ und 35,3%
„häufig“, nur 2,9% „selten“), während diese in Praxen/MVZ am seltensten erfolgen (nur
kombiniert 23,1% „sehr häufig“ und „häufig“, hingegen 53,8% „selten“).
Abb. 2 Generelle Darstellung der Häufigkeit der Durchführung, Untersuchungsregion und Bildgebungmodalitäten
beim HCC. a Häufigkeit der Durchführung des Initialstagings. N: Anzahl der Antworten, mindestens
„selten“; n: Anzahl der gegebenen Antworten je Kategorie; Prozente basierend auf N.
b Körperabdeckung des CT-Protokolls zum Initialstaging. N: Anzahl der Befragten; n:
Anzahl der Antworten; Prozente basierend auf Befragten, die eine entsprechende Antwort
abgegeben haben. Mehrfachantworten möglich. c Regelhaft eingesetzte Bildgebungsmodalitäten zum Initialstaging. N: Anzahl der Befragten;
n: Anzahl der Antworten; Prozente basierend auf N. Mehrfachantworten möglich.
Abb. 3 Detaillierte Informationen zur Häufigkeit der Durchführung, Untersuchungsregion, Bildgebungsmodalitäten
und Kontrastmittelphasen beim Staging des HCC. a Häufigkeit des Initialstagings nach Tätigkeitsort. n: Anzahl der Antworten je Kategorie;
Prozente basierend auf gegebenen Antworten je Tätigkeitsort. b Körperabdeckung des CT-Protokolls nach Tätigkeitsort. n: Anzahl der Antworten; Prozente
basierend auf Antworten je Tätigkeitsort. c Eingesetzte Bildgebungsmodalitäten nach Tätigkeitsort. n: Anzahl der Antworten; Prozente
basierend auf gegebenen Antworten je Tätigkeitsort. Mehrfachantworten möglich. Hybrid
beinhaltet PET/CT bzw. PET/MRT. d Kontrastmittelphasen im CT-Initialstaging nach Tätigkeitsort. n: Anzahl der Antworten;
Prozente basierend auf Antworten je Tätigkeitsort.
Bei der Frage nach der Körperabdeckung des CT-Protokolls zum Staging eines HCC ([Abb. 2 ]b) gaben sämtliche Teilnehmer an, dass das Abdomen abgedeckt wird, während der überwiegende
Anteil der Teilnehmer (87,9%) ebenfalls den Thorax im CT-Protokoll einschließt. Bei
der nach Arbeitsstätte getrennten Betrachtung zeigt sich, dass unabhängig vom Tätigkeitsort
in mehr als 80% sowohl das Abdomen als auch der Thorax im Bildgebungsprotokoll abgedeckt
werden ([Abb. 3 ]b).
Im Gesamtkollektiv der Befragten ist die CT mit 93,4% das weitaus am häufigsten angewandte
Bildgebungsverfahren zur Durchführung des Initialstagings, allerdings wird auch die
MRT des Körperstamms mit 44,3% häufig eingesetzt, während andere Bildgebungsmodalitäten
eher nachrangig verwendet werden ([Abb. 2 ]c). Dieses Ergebnis entspricht bei der getrennten Betrachtung der Arbeitsstätten
([Abb. 3 ]c) den Angaben der Befragten aus Universitätskliniken und kleineren und mittleren
Krankenhäusern. In Krankenhäusern der Maximalversorgung wird die MRT vergleichsweise
häufiger, sogar ebenso häufig wie die CT angewandt (78,6%). In Praxen/MVZ hingegen
liegt der Anteil der CT (84,6%) und der MRT des Körperstamms (30,8%) etwas niedriger,
während häufiger andere Verfahren wie Ultraschall oder Röntgen eingesetzt werden (jeweils
23,1%).
Unabhängig von der Arbeitsstätte beinhaltet das CT-Protokoll zum Staging des HCC in
nahezu sämtlichen Fällen eine arterielle Kontrastmittelphase ([Abb. 3 ]d), während die portalvenöse Phase demgegenüber etwas seltener, jedoch ebenfalls
beim überwiegenden Anteil der Befragten angewandt wird, so liegt der Anteil der portalvenösen
Phase etwa in Universitätskliniken bei 84,8%. Demgegenüber ist die Häufigkeit der
Anwendung einer „venösen“ oder „spätvenösen“ Phase insgesamt deutlich geringer und
variiert zwischen den Tätigkeitsstätten, so liegt beispielsweise die Quote in Universitätskliniken
für die venöse Phase bei 36,4% und die spätvenöse Phase bei 69,7%, hingegen bei kleinen
und mittelgroßen Krankenhäusern nur bei 20,6% bzw. 26,5%. Unabhängig von der Arbeitsstätte
wird zudem häufig eine native Phase im CT-Protokoll angewandt, in Universitätskliniken
liegt dieser Anteil am höchsten mit 60,6% der Befragten.
Eine strukturierte Befundung nach der LI-RADS-Klassifikation wird in der Vorsorge
bzw. im Staging des HCC unter den Befragten unabhängig von der Tätigkeitsstätte nur
selten angewandt ([Abb. 4 ]). Selbst in Universitätskliniken und Krankenhäusern der Maximalversorgung gaben
nur 20,6% bzw. 14,3% an, LI-RADS immer zu verwenden, während der Anteil derjenigen,
die LI-RADS nicht verwenden, bei 29,4% bzw. 35,7% lag. In Praxen/MVZ und kleinen und
mittleren Krankenhäusern gaben sogar 69,2% bzw. 71,4% der Befragten an, LI-RADS überhaupt
nicht zu verwenden.
Abb. 4 Befundung und Klassifikation nach LI-RADS in der Vorsorge bzw. Staging nach Tätigkeitsort.
n: Anzahl der Antworten; Prozente basierend auf Antworten je Tätigkeitsort.
Bei der Frage nach strukturierter Befundung eines Therapieansprechens des HCC ergibt
sich ein ähnliches Bild ([Abb. 5 ]), beispielsweise wird an Universitätskliniken nur bei 26,5% der Befragten mRECIST
und bei 14,7% der Befragten LI-RADS in der Routine zur Responsebeurteilung angewandt,
in kleineren Tätigkeitsstätten findet gar keine Anwendung in der Routine statt. Bei
der optionalen Verwendung von mRECIST und LI-RADS ergeben sich zwischen den Tätigkeitsstätten
deutliche Unterschiede; in größeren Arbeitsstätten wird häufiger optional eine strukturierte
Responsebeurteilung betrieben als in kleineren. In Praxen/MVZ wird mRECIST überhaupt
nicht verwendet, während LI-RADS bei 23,1% der Befragten zumindest optional verwendet
wird. RECIST 1.1 zeigt bezogen auf die Gesamtheit der Arbeitsstätten die größte Verbreitung
und wird etwa in Universitätskliniken optional bei 38,2% der Befragten angewandt.
Abb. 5 Strukturierte Befundung des Therapieansprechens nach Tätigkeitsstätte. N: Anzahl der
Befragten je Tätigkeitsstätte; n: Anzahl der Antworten; Prozente basierend auf N.
Mehrfachantworten möglich.
An der ergänzenden Umfrage haben insgesamt 70 Personen teilgenommen, darunter 27,1%
Assistenzärzte/-innen (n=19), 37,1% Fachärzte/-innen (n=26) und 30% Ärzte/-innen in
Leitungsfunktion (n=21). Mit 64,3% (n=45) arbeitete der größte Anteil der Teilnehmer
an einem Universitätsklinikum, 17,1% (n=12) arbeiteten in einer Praxis bzw. einem
MVZ und 10% (n=7) an einem kleinen oder mittelgroßen Krankenhaus.
Der Großteil der Befragten gab an, jeweils RECIST 1.1, mRECIST und LI-RADS „gut“ zu
kennen; dabei lag der Anteil bei RECIST 1.1 am höchsten (65,7% bei RECIST 1.1, 51,4%
bei mRECIST und 62,8% bei LI-RADS). Auch hat, bezogen auf die verschiedenen Systeme
der strukturierten Befundung, jeweils der Großteil der Teilnehmer dafür gestimmt,
dass deren Anwendung in der klinischen Routine „machbar“ sei, wobei dieser Anteil
bei der Verwendung von LI-RADS in der Vorsorge am höchsten lag (61,4%).
Ähnlich zur Hauptumfrage gab mit 31,4% nur ein geringer Anteil der Befragten an, LI-RADS
in der Vorsorge „immer“ anzuwenden. Auch bezüglich der Beurteilung eines Therapieansprechens
wurde bei allen Systemen der strukturierten Befundung nur von einer Minderheit der
Befragten angegeben, diese „immer“ zu verwenden (30% bei LI-RADS, 20% bei mRECIST
und 10% bei RECIST 1.1). Demgegenüber wünscht sich mit 58,6% der größte Anteil der
Teilnehmer, dass mRECIST, RECIST 1.1 und/oder LI-RADS in ihrer Tätigkeitsstätte mehr
Anwendung findet.
Auf die Frage, weshalb die Einführung von mRECIST, RECIST 1.1 und/oder LI-RADS in
der Routine problematisch ist, wurde vorwiegend angegeben („trifft sehr zu“), dass
die strukturierte Befundung zu lange dauert und Freitextbefunde schneller zu erstellen
sind (31,9%), dass die strukturierte Befundung nicht zusätzlich vergütet wird (30,4%),
dass die Integration in die lokale IT-Infrastruktur schwierig und zu teuer ist (24,6%
bzw. 14,5%), dass mRECIST und RECIST 1.1 nur für Studien definiert wurden und Unklarheiten
für die klinische Anwendung bestehen (15,9% bzw. 14,5%) und dass die Anwendung nicht
als „Muss“ klar gefordert wird und auch entsprechende deutsche Befundvorlagen fehlen
(13,0% bzw. 11,6%). Die weiteren möglichen Probleme wurden deutlich geringer bewertet
(weniger als 10% „trifft sehr zu“), wie etwa, dass die deutschsprachige LI-RADS v2018-Beschreibung
unverständlich sei (2,9%).
Um die strukturierte Befundung zukünftig vermehrt in der klinischen Routine anzuwenden,
wünschten sich ein großer Anteil der Befragten („sehr wünschenswert“) preiswerte bzw.
einfach zu integrierende IT-Lösungen (58,5% bzw. 66,7%), die Bereitstellung von konsentierten
und klinisch anwendbaren Befundvorlagen (57,6%) und bessere Weiterbildung, vorwiegend
im Eigenstudium mittels Videos oder interaktiven Online-Fallbeispielen (50,8% bzw.
40,6%) ([Abb. 6 ]).
Abb. 6 Antworten auf die Frage „Um mRECIST, RECIST 1.1 und/oder LI-RADS zukünftig in der
täglichen Routine anzuwenden, würde ich mir wünschen“. N: Anzahl der abgegebenen Stimmen
je Antwortkategorie; Prozente basierend auf N.
Diskussion
Die Mehrzahl der Teilnehmer an der Umfrage gab an, an einer Tätigkeitsstätte mit onkologischem
Schwerpunkt zu arbeiten, dabei lag erwartungsgemäß der größte Anteil bei den Universitätskliniken
mit 97,1%. Hierdurch lässt sich die Häufigkeit der Durchführung eines Initialstagings
des HCC erklären, die im Gesamtkollektiv von mehr als der Hälfte der Befragten (53,8%)
als „sehr häufig“ und „häufig“ angegeben wurde. Auch hier lag die Quote in Universitätskliniken
mit 82,4% erwartungsgemäß noch höher als im Gesamtkollektiv. In Übereinstimmung mit
den deutschen Leitlinien und internationalen Leitfäden wird bei nahezu sämtlichen
Befragten die Ausbreitungsdiagnostik des HCC mittels CT des Thorax und Abdomens durchgeführt.
Sowohl der große Anteil von 44,3% der Befragten, die angaben, eine MRT des Körperstamms
zur Ausbreitungsdiagnostik des HCC zu verwenden, als auch die Minderheit von 12,1%
der Befragten, die nur eine CT des Abdomens und nicht des Thorax zum Staging durchführen,
lässt sich möglicherweise durch eine unscharfe Abgrenzung von Lokalstaging und Ausbreitungsdiagnostik
unter den Befragten begründen.
Trotz der häufigen Durchführung der Ausbreitungsdiagnostik des HCC unter den Befragten
zeigen sich Diskrepanzen zu den nationalen und internationalen Leitfäden. Bemerkenswert
ist zum einen die weite Verbreitung der Akquisition einer nativen Phase im CT-Protokoll
zusätzlich zu den kontrastmittelgestützten Phasen. Der Anteil der Befragten, die angaben,
eine native Phase zu verwenden, lag sogar in den Universitätskliniken mit 60,6% am
höchsten. Dies steht im deutlichen Kontrast zu internationalen und deutschen Empfehlungen
zum CT-Protokoll in der HCC-Diagnostik. Sowohl im aktuellen LI-RADS-Leitfaden [11 ] als auch in der aktuellen deutschen S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des
HCC [12 ] wird eine dreiphasige kontrastmittelgestützte CT-Untersuchung empfohlen. Die native
Phase sollte in der CT-Ausbreitungsdiagnostik des HCC nicht verwendet werden. In der
deutschen Leitlinie wird lediglich im Begleittext als Indikation zur Anwendung einer
nativen Phase erwähnt, dass nach konventioneller transarterieller Chemoembolisation
(TACE) mittels Lipiodol 1–3 Tage nach der Behandlung eine native CT erfolgen sollte,
um die Einlagerung des Embolisats in die Zielregion zu kontrollieren sowie eine mögliche
unerwünschte Embolisatverschleppung auszuschließen. Sofern die TACE als lokalablatives
Therapieverfahren in den meisten Kliniken etabliert ist, kann dies zumindest partiell
die häufige Anwendung der nativen Phase erklären. Anhand der Ergebnisse unserer Umfrage
wird folglich ein Potenzial zur Reduktion der Strahlenbelastung im Kollektiv der HCC-Patienten
ohne erfolgte TACE deutlich; insbesondere vor dem Hintergrund der klinischen Etablierung
von „Dual Energy“ CT-Systemen mit der Option virtuell nativer Bildrekonstruktionen
erscheinen akquirierte native CT-Scans zunehmend obsolet. So zeigte sich insbesondere
an den Unversitätskliniken mit 12,1% eine beginnende Verwendung der virtuell nativen
Rekonstruktionen durch neue CT-Scanner mit Option der Materialdekomposition (wie Dual-Energy
CT und Photon-Counting-Technologie). Dieser Trend kann mitunter durch neuere und teurere
CT-Scanner in der klinischen Versorgung an Unversitätskliniken erklärt werden.
Nahezu sämtliche Befragte gaben an, eine arterielle Kontrastmittelphase in ihrem CT-Protokoll
anzuwenden, und folgten damit den Empfehlungen internationaler und nationaler Leitlinien.
Demgegenüber wird die portalvenöse Phase, die ebenfalls einheitlich vorgeschrieben
wird, zwar in den weitaus meisten, jedoch nicht in allen befragten Tätigkeitsstätten
angewandt. So lag der Anteil beispielsweise in Unversitätskliniken bei 84,4%. Noch
ausgeprägter sind die Inkonsistenzen bezogen auf die dritte vorgeschriebene Kontrastmittelphase:
An Universitätskliniken wurde in 69,7% angegeben, eine Spätphase (3–4 Minuten nach
Kontrastmittelinjektion) und in 36,4% angegeben, eine „venöse“ Phase (80–120 Sekunden
nach Kontrastmittelinjektion) zu akquirieren, während die Quote in kleineren Tätigkeitsstätten
noch deutlich geringer war, beispielsweise für kleinere und mittlere Krankenhäuser
mit 26,5% bzw. 20,6%. Im Wortlaut wird in der deutschen Übersetzung des aktuellen
LI-RADS-Leitfadens [11 ] eine dreiphasige Untersuchung mit „spätarterieller, portalvenöser und Spätphase“
gefordert, wohingegen in der deutschen Leitlinie in Version 4.0 [12 ] bislang eine Schnittbildgebung in „arterieller, portalvenöser und venöser Phase“
empfohlen wurde. Während die Empfehlungen hinsichtlich arterieller und portalvenöser
Phase folglich identisch sind, wird bereits hier eine Inkonsistenz hinsichtlich der
Nomenklatur der geforderten dritten Kontrastmittelphase deutlich. Im LI-RADS-Leitfaden
wird die Spätphase zeitlich definiert (2–5 Minuten nach Kontrastmittelinjektion),
die übrigen Phasen jedoch lediglich basierend auf dem Kontrastierungsmuster. In der
deutschen Leitlinie wurden bisher die Kontrastmittelphasen hingegen weder durch Akquisitonszeiten
noch durch das Kontrastierungsverhalten näher definiert. Es ist folglich denkbar,
dass die Inkonsistenzen bezogen auf die Verwendung der venösen/späten Kontrastmittelphase
in unserer Umfrage zumindest teilweise durch eine uneinheitliche Nomenklatur in den
internationalen und nationalen Leitfäden bzw. durch eine fehlende konkrete Definition
der Kontrastmittelphase in der deutschen Leitlinie bedingt sein könnte und sich die
Antworten der Teilnehmer uneinheitlich auf die beiden Antwortmöglichkeiten aufgeteilt
haben. Eine konkrete Definition der Akquisitionszeit der venösen/Spätphase in der
deutschen Leitlinie könnte zu einer Vereinheitlichung der CT-Protokolle und einer
Verbesserung der Untersuchungsqualität beitragen. Dies wurde in der Folge dieser Umfrage
auch in das Leitlinien-Update zur Version 5.0 eingebracht.
Im Jahr 2020 wurde von der AG Gastrointestinal- und Abdominaldiagnostik der DRG eine
bundesweite Umfrage unter Ärztinnen und Ärzten aus der Radiologie, Gastroenterologie
und Chirurgie zur Bekanntheit und Verbreitung der LI-RADS-Klassifikation durchgeführt
[21 ]. Diese ergab, dass LI-RADS in Deutschland zwar relativ bekannt ist, aber nur selten
genutzt wird, was im Gegensatz zu dem Wunsch nach einem flächendeckenderen Einsatz
einer standardisierten Befundung in der Leberbildgebung steht. Die Mehrheit der Teilnehmer
dieser Umfrage (73,2%) gab an, LI-RADS zu kennen bzw. schon einmal davon gehört zu
haben, während lediglich eine Minderheit angab, diese selbst (26%) oder im Rahmen
von Tumorkonferenzen (19,2%) zu verwenden. Im Kontrast dazu äußerte jedoch die knappe
Mehrheit der Befragten mit 52,1% den Wunsch nach mehr strukturierter Befundung in
der Radiologie. Unsere aktuelle Umfrage zeigt ähnliche Ergebnisse: Nur 13% der Befragten
im Gesamtkollektiv gaben an, LI-RADS im Staging des HCC immer zu verwenden, somit
ist der Anteil im Vergleich zu 2020 sogar etwas niedriger. Selbst in den Universitätskliniken
und Krankenhäusern der Maximalversorgung war der Anteil mit 20,6% bzw. 14,3% sehr
niedrig. Etwas mehr als die Hälfte der Befragten im Gesamtkollektiv (51%) gab an,
LI-RADS nie zu verwenden; insbesondere in Praxen/MVZ und kleinen und mittleren Krankenhäusern
gaben sogar 69,2% bzw. 71,4% der Befragten an, LI-RADS überhaupt nicht zu verwenden.
In der ergänzenden Umfrage zum Nutzungsverhalten der strukturierten Befundung ergab
sich im Vergleich zu 2020 ebenfalls ein ähnliches Bild, so äußerten ebenfalls knapp
mehr als die Hälfte der Teilnehmer (58,6%) den Wunsch nach vermehrter Anwendung strukturierter
Befundung in der eigenen Tätigkeitsstätte.
Unsere Ergebnisse zeigen, dass die LI-RADS-Klassifikation weiterhin nur geringe Anwendung
in Deutschland findet und sich auch im Verlauf von drei Jahren gegenüber der Umfrage
von 2020 kein positiver Trend ergeben hat. Während die LI-RADS-Klassifikation bereits
2018 in die klinische Leitlinie zum HCC der American Association for the Study of
Liver Diseases (AASLD) integriert wurde [2 ], ist sie bisher noch nicht in die Empfehlungen der deutschen S3-Leitlinie aufgenommen
worden. Lediglich im Begleittext wird erwähnt, dass sich das System zum heutigen Zeitpunkt
in Deutschland leider noch nicht flächendeckend durchgesetzt hat, obwohl die standardisierte
Anwendung von LI-RADS zu einem verbesserten Patientenmanagement beitragen kann. In
einer Studie aus den USA wurde gezeigt, dass die Verwendung strukturierter LI-RADS-Befundvorlagen
im Vergleich zu Freitextbefunden zu einer umfassenderen und einheitlichen Berichterstattung
über die wichtigsten HCC-Merkmale führt [13 ]. Wie bereits von den Autoren der Umfrage aus dem Jahr 2020 [21 ] empfohlen, könnte eine Aufnahme der LI-RADS-Klassifikation zum Staging in die Empfehlungen
der deutschen Leitlinien analog den US-Leitlinien zu einer besseren Verbreitung und
Anwendung in Deutschland beitragen.
Die standardisierte Beurteilung eines Ansprechens von HCC-Manifestationen auf eine
lokale oder systemische Therapie ist für die Entscheidung für oder gegen eine Therapiefortsetzung
von großer Bedeutung. Dennoch gaben 35% der Befragten im Gesamtkollektiv an, keine
standardisierte Responsebeurteilung durchzuführen. An Universitätskliniken gaben 38,2%
der Befragten an, zumindest teilweise RECIST 1.1 zur Responsebeurteilung zu verwenden.
Allgemein etablierte Kriterien wie RECIST 1.1 [15 ] oder iRECIST [24 ], die auf Größenmessungen einer Läsion in ihrer Gesamtausdehnung beruhen, sind u.a.
aufgrund möglicher intratumoraler Nekroseareale allerdings nicht zur Responsebeurteilung
des HCC geeignet [25 ]. Neben den für das HCC modifizierte RECIST (mRECIST) stehen weitere Responsekriterien,
wie LI-RADS Treatment (LR-TR) oder EASL zur Verfügung, die auf der Messung des vitalen,
arteriell hypervaskularisierten Tumoranteils beruhen [25 ]. In der S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des HCC (Version 4, Stand August
2023) wurde die Verwendung von mRECIST oder EASL zur Remissionsbeurteilung nach lokalen
Therapieverfahren empfohlen [12 ]. Im Erhebungsbogen der Deutschen Krebsgesellschaft für Leberzentren [26 ] wurde diese Empfehlung übernommen und es wird eine Responsebeurteilung mittels mRECIST
oder EASL gefordert. Trotz der bisherigen Empfehlung fand mRECIST nur wenig Anwendung
in Deutschland. Nur 26,5% der Befragten an Universitätskliniken gaben an, mRECIST
immer zu verwenden, während mRECIST in allen anderen Tätigkeitsstätten nahezu überhaupt
nicht angewandt wird. Auch die EASL-Kriterien werden in Deutschland praktisch nicht
verwendet. Die Anwendung von LR-TR zur Responsebeurteilung ist, ebenso wie oben bereits
für die Primärdiagnostik des HCC aufgeführt, ebenfalls nur gering verbreitet und liegt
auf einem ähnlich niedrigen Niveau wie die Verwendung von mRECIST. Hierbei gaben nur
14,7% der Befragten an Universitätskliniken an, LR-TR zur Responsebeurteilung immer
zu verwenden, während in allen anderen Tätigkeitsstätten analog zu mRECIST praktisch
keine Verwendung von LR-TR in der Routine erfolgt. Im Vergleich zu mRECIST scheint
LR-TR zur Responsebeurteilung jedoch stärker an kleineren Tätigkeitsstätten verbreitet
zu sein. So gaben 23,1% der Befragten in Praxen/MVZ an, LR-TR zumindest teilweise
zu verwenden. Dies könnte mitunter durch die einfachere Anwendung von LR-TR im Vergleich
zur letzten Voruntersuchung begründet sein, bei der keine dedizierte onkologische
Software notwendig ist, wohingegen eine korrekte Nutzung von mRECIST ohne eine Unterstützung
durch eine solche Software mit longitudinalem Vergleich aller Voraufnahmen im Therapiezyklus
komplizierter ist. Zudem ist die Anschaffung einer solchen Software mit entsprechenden
Kosten verbunden, die derzeit nicht über spezielle Ziffern zusätzlich abgerechnet
werden können. LR-TR erlaubt allerdings nur ein annäherungsweise binäres Therapiemonitoring
der Leber, mRECIST hingegen ein umfängliches Monitoring aller Tumormanifestationen
einschließlich möglicher Lymphknoten- und Fernmetastasen mit Beurteilung des quantitativen
Therapieansprechens (in Prozent). So erscheint mRECIST für das Monitoring systemischer
Therapien von deutlichem Vorteil. Verglichen mit einer internationalen Studie [23 ] mit Teilnehmern u.a. aus Asien, Australien, Südamerika, Nordamerika, und Europa
zeigt sich in Deutschland offenbar noch eine geringe Anwendung von mRECIST. RECIST
und mRECIST wurden international mit 48,3% am häufigsten für die Beurteilung des Ansprechens
auf eine HCC-Behandlung angegeben. Wie in Deutschland stimmten hierbei mit 68,9% die
meisten Befragten zu, dass eine standardisierte Klassifizierung für die Diagnose des
HCC erforderlich wäre und dass ein Atlas und ein Lexikon, wie nach LI-RADS, dazu beitragen
würden, die Übereinstimmung zwischen den Auswertern zu verbessern (71,5 %).
In der ergänzenden Umfrage zum Nutzungsverhalten strukturierter Befundung zeigte sich,
ähnlich zur Hauptumfrage und auch zur Umfrage der AG Gastrointestinal- und Abdominaldiagnostik
aus dem Jahr 2020, dass die meisten Teilnehmer LI-RADS und mRECIST gut kennen, die
Systeme in der klinischen Routine jedoch eine vergleichsweise geringe Anwendung finden.
Dies steht wiederum im Gegensatz zum Wunsch nach vermehrter Anwendung der strukturierten
Befundung in der eigenen Tätigkeitsstätte, den die Mehrheit der Teilnehmer angab.
Es wurden hauptsächlich folgende Gründe für eine fehlende Integration der strukturierten
Befundung in den klinischen Alltag angegeben: Zum einen sei die strukturierte Befundung
zu zeitaufwendig und eine Freitextbefundung schneller zu erstellen („trifft sehr zu“
in 31,9%). Dies könnte zum einen auf eine fehlende Routine im Umgang mit der strukturierten
Befundung, zum anderen mit dem Fehlen standardisierter Befundungsmuster zurückzuführen
sein. Tatsächlich stimmten 11,6% der Teilnehmer voll mit der Aussage zu, dass entsprechende
deutsche Befundvorlagen fehlten und mehr als die Hälfte (57,6%) fände die Bereitstellung
solcher Vorlagen „sehr wünschenswert“. Dies legt den Rückschluss nahe, dass eine Entwicklung
konsentierter, standardisierter deutschsprachiger Befundungsvorlagen und deren Verbreitung
die flächendeckende Anwendung der strukturierten Befundung durch Vereinfachung und
Zeitersparnis verbessern könnte. Viele Teilnehmer äußerten zudem den Wunsch nach besserer
Weiterbildung zum Thema LI-RADS und mRECIST, hauptsächlich im Eigenstudium mittels
Videos oder interaktiven Online-Fallbeispielen. Eine vermehrte Bereitstellung solcher
Weiterbildungsformate könnte die Routine in der Anwendung strukturierter Befundung
und somit die praktische Anwendung im Alltag verbessern. Darüber hinaus wurden von
vielen Teilnehmern Schwierigkeiten bei der Integration in die lokale IT-Infrastruktur
angegeben und zugleich der Wunsch nach preiswerteren bzw. einfach zu integrierenden
IT-Lösungen geäußert, sodass eine Entwicklung und Verbreitung solcher Lösungen ebenfalls
ein großes Potenzial zur verbesserten Anwendung der strukturierten Befundung beinhaltet.
Schließlich wurde als eher übergeordnetes Hindernis von vielen Teilnehmern die fehlende
zusätzliche Vergütung für die Anwendung strukturierter Befundung angegeben.
Schlussfolgerung
Für die CT-Diagnostik des HCC erscheint eine kontrastmittelgestützte Untersuchung
in spätarterieller (ca. 15–20s p.i.; 5–15s nach Aorten-Peak), portalvenöser (ca. 60–80s
p.i.) und Spätphase (2–5min p.i.) empfehlenswert, analog zu den LI-RADS-Kriterien.
Eine exakte Definition der Kontrastmittelphasen in der deutschen Leitlinie kann zu
einer Vereinheitlichung der Protokolle und einer Verbesserung der Untersuchungsqualität
beitragen und wurde basierend auf den Ergebnissen dieser Umfrage in das S3-Leitlinien-Update
zur Version 5.0 eingebracht. Eine native Phase ist nicht für die Primärdiagnostik
des HCC indiziert, sondern nur nach lokaler Therapie mittels Lipiodol-TACE, wird aber
noch weitreichend angewandt. Folglich besteht hier ein Potenzial zur Dosisreduktion
bei der Untersuchung von Patienten mit HCC.
Im Vergleich zur Umfrage der AG Gastrointestinal- und Abdominaldiagnostik der DRG
aus dem Jahr 2020 liegt das Nutzungsverhalten der Responsekriterien mRECIST und LI-RADS
auf einem ähnlich niedrigen Niveau; EASL wird in Deutschland praktisch nicht verwendet.
Die internationale Literatur zeigt eine Überlegenheit der standardisierten Befundung
mittels mRECIST- und LI-RADS-Klassifikation in der HCC-Diagnostik und objektivem Responsemonitoring,
so erscheint eine verbreitete Nutzung wünschenswert.
Mögliche Lösungsansätze zur Verbesserung der Situation und für eine schnellere Befundung
wären die Entwicklung preiswerter und einfach zu implementierender IT-Lösungen, die
Bereitstellung von deutschsprachigen Befundungsvorlagen, moderne digitale Weiterbildungsmöglichkeiten
sowie eine mögliche zusätzliche Vergütung für die Durchführung der strukturierten
Befundung.
Klinische Relevanz der Studie
Klinische Relevanz der Studie
Die internationale Empfehlung einer dreiphasigen CT-Untersuchung zur HCC-Diagnostik
in spätarterieller, portalvenöser und Spätphase wird in Deutschland nur eingeschränkt
und uneinheitlich umgesetzt.
Eine strukturierte Befundung und Beurteilung des Therapieansprechens mittels LI-RADS
und mRECIST wird in Deutschland weiterhin nur selten angewandt.
Eine zunehmende Anwendung von LI-RADS und mRECIST könnte zur Verbesserung der Qualität
der CT-Diagnostik des HCC beitragen.