Schlüsselwörter
Theileria equi
-
Babesia caballi
- Klinik - Behandlung - Prävalenz
Keywords
Theileria equi
-
Babesia caballi
- clinical signs - therapy - prevalence
Einleitung
Die equine Piroplasmose ist eine durch Zecken übertragene Erkrankung bei Pferden,
Eseln, Maultieren und Zebras, die durch die protozoären Erreger Babesia
(B.) caballi und Theileria (T.) equi
ausgelöst wird [1]. Als Vektoren sind Schildzecken
wie Hyalomma spp., Rhipicephalus spp. und Dermacentor spp.
beschrieben [2]. Neben der vektoriellen
Übertragung sind transplazentare Infektionen vom Muttertier auf das Fohlen [3]
[4]
[5]
[6]
[7]
[8] sowie
iatrogene Übertragungen des Erregers mittels kontaminierter Injektionskanülen,
chirurgischer Instrumente oder Bluttransfusionen bekannt [5]. Für T. equi gelten Pferde als
Erregerreservoir, die über Jahre hinweg latent infiziert sein können [9]. Bei B. caballi können die
Überträgerzecken, die den Erreger transovariell an die nächste Generation weiter
geben, als Reservoir dienen [10]. Als
hauptsächliche Endemiegebiete der equinen Piroplasmose werden Südeuropa, Asien,
Afrika, Süd- und Zentralamerika sowie einige Regionen im Süden der USA beschrieben
[11]. Aufgrund des internationalen
Pferdehandels und weltweiten Reiseverkehrs von Pferden werden mittlerweile Kanada,
Neuseeland, Australien, Singapur und weitere Staaten in den USA als Risikostaaten
für die Etablierung der equinen Piroplasmose geführt [12]
[13].
Innerhalb Europas gelten vor allem die südeuropäischen Mittelmeerstaaten als
Endemiegebiete, insbesondere Spanien [11]. Jedoch
sind erste autochthone Infektionen mit T. equi bei 2 Pferden in den
Niederlanden [14], einem Pferd in Österreich [15] und insgesamt 4 Pferden in Deutschland
beschrieben [15]
[16]. Zudem ist eine geographische Ausbreitung verschiedener Zeckenarten
und den von ihnen übertragenen Erregern in zuvor nicht endemische Gebiete zu
beobachten. Veränderungen in der Agrar- und Forstwirtschaft, internationale Importe
und der Reiseverkehr von Menschen und Tieren, Veränderungen klimatischer Bedingungen
und verbesserte Diagnostik- und Überwachungsmöglichkeiten bedingen weiterhin ein
Ansteigen der nachgewiesenen equinen Piroplasmose-Fälle [17]. Daher sollten autochthone Infektionen bei Pferden in Zentraleuropa
nicht mehr ausgeschlossen werden [18]. Die
endemischen Regionen innerhalb Europas müssen aufgrund der Ausbreitung möglicher
Vektoren wie insbesondere Dermacentor spp. zukünftig beobachtet und
gegebenenfalls neu definiert werden [18].
Bei einem akut kranken Pferd mit Verdacht auf equine Piroplasmose sollten direkte
Nachweisverfahren, bestenfalls eine mikroskopische Untersuchung eines Blutausstrichs
mit Nachweis typischer intraerythrozytärer Parasitenstadien (von B. caballi:
[Abb. 1], von T. equi:
[Abb. 2]) sowie eine Polymerase-Kettenreaktion
(PCR) aus dem EDTA-Blut durchgeführt werden. Da die Parasitenlast bei akuten Fällen
der equinen Piroplasmose im peripheren Blut häufig gering ist, können falsch
negative Ergebnisse in der Mikroskopie resultieren. Daher gelten molekulare
Testverfahren wie die PCR mit einer Nachweisgrenze von 10–7% befallener
Erythrozyten als deutlich sensitiver für den Nachweis einer akuten Infektion. Die
Speziesdifferenzierung im positiven Fall stellt einen weiteren Vorteil der
molekularen Testverfahren dar [7]. Mikroskopisch
ist der Nachweis von „Malteserkreuzen“ als stark hinweisend für eine Infektion mit
T. equi zu interpretieren ([Abb.
2]).
Abb. 1 Blutausstrich eines Pferdes mit einer Babesia
caballi-Infektion (rote Kreise: intrazelluläre Merozoiten; blauer Kreis:
extrazelluläre Merozoiten; 1000 x Vergrößerung). Quelle: I. Schäfer.
Fig. 1 Peripheral blood smear of a horse infected with Babesia
caballi (red circle: intracellular merozoites; blue circle:
extracellular merozoites; 1000 x magnification). Source: I. Schäfer.
Abb. 2 Blutausstrich eines Pferdes mit einer Theileria
equi-Infektion (roter Kreis: Merozoiten als typisches „Malteserkreuz“,
1000 x Vergrößerung). Quelle: T. J. Naucke.
Fig. 2 Peripheral blood smear in a horse infected with Theileria
equi (red circle: merozoites in typical maltese cross formation,
1000 x magnification). Source: T. J. Naucke.
Serologische Verfahren sind zum Nachweis chronischer subklinischer Infektionen sowie
zum Nachweis des Erregerkontakts in der Vergangenheit bedeutend, nicht jedoch zum
Nachweis einer akuten Infektion [19]. Mehrere
serologische Verfahren basierend auf einer kompetitiven Enzyme-linked immunosorbent
assay (ELISA)-Technik sind durch die WOAH (World Organisation for Animal Health,
frühere OIE) für das Screening von Pferden bei internationalen Transporten
zugelassen. Die Serokonversion erfolgt in der Regel 8–11 Tage nach Infektion. Nach
2–3 Monaten sinken die Antikörperspiegel gewöhnlich ab, können allerdings bei
Erregerkontakt mit T. equi auch jahrelang erhöht bleiben [20]. Jedoch zeigen Antikörperspiegel keine gute
Korrelation mit dem Grad der Parasitämie [21].
Nach dem Zeckenstich beträgt die Inkubationszeit der equinen Piroplasmose circa 15–20
Tage [22]. In endemischen Regionen sind
subklinische Infektionen häufig [23]. Sollten
klinische Symptome auftreten, können sich diese als perakute, akute, subakute oder
chronische Infektionen manifestieren [12]. Bei
perakuten Verläufen kommt es zum plötzlichen Auftreten klinischer Symptome mit
möglicher Todesfolge. Neben Fieber, Inappetenz und peripheren Ödemen treten in
akuten Fällen auch gastrointestinale Symptome auf [9]. Bei chronischen Verläufen zeigen sich häufig unspezifische Symptome
wie Gewichtsverlust, generalisierte Muskelschwäche und reduzierte Leistungstoleranz
bzw. Leistungsfähigkeit [9]. Bei intrauterinen
Infektionen wurden Aborte und fetaler Fruchttod beschrieben [23].
In der hämatologischen Untersuchung zeigen infizierte Pferde mit klinischer
Symptomatik hauptsächlich Anämien. Die Anämie ist eine Folge der Hämolyse
infizierter Erythrozyten und wird somit einige Tage nach Infektion regenerativ mit
gering- bis hochgradigen Verlaufsformen [24]. Der
Hämatokrit und die Hämoglobinkonzentration sind meist erniedrigt [25]. Auch eine Thrombozytopenie wurde bei einigen
Pferden mit equiner Piroplasmose nachgewiesen [26]
[27].
Biochemische Parameter werden durch körperliche Belastung, Ernährung, klimatische
Bedingungen, den Hydrationsstatus und mögliche Koinfektionen beeinflusst. Ein
signifikanter Abfall des Gesamteiweißes und ein deutlicher Anstieg von Bilirubin,
der Aspartat-Aminotransferase (AST), der Gamma-Glutamyl-Transferase (GGT), der
Kreatinkinase und der Alkalischen Phosphatase (AP) wurde beschrieben [28]. Eine Erhöhung der angesprochenen Leberwerte
steht in Verbindung mit einer reduzierten Durchblutung der Leber mit Auftreten
zentrilobulärer Nekrosen sowie Veränderungen im Phosphat- und Eisenspiegel [26]. Eine Hyperbilirubinämie kann weiterhin auch
als Folge hämolytischer Anämien entstehen.
Die Kontrolle bzw. Prävention der equinen Piroplasmose wird durch die Tatsache
erschwert, dass bei Pferden keine Akarizide gegen Zeckenbefall zugelassen sind.
Präventionsmaßnahmen fokussieren daher meist auf eine Verminderung bzw. Vermeidung
der Zeckenexposition sowie die Kontrolle auf Zeckenbefall. Nach den Richtlinien der
WOAH wird die equine Piroplasmose als meldepflichtige Erkrankung eingestuft und die
Empfehlung ausgesprochen, jedes Pferd bei grenzüberschreitenden Reisen nach den
jeweiligen nationalen Bestimmungen serologisch auf die equine Piroplasmose zu
testen. Dies hat bei positiven Testergebnissen schwerwiegende wirtschaftliche Folgen
auf den internationalen Pferdehandel [19]
[29]. In Deutschland ist die Erkrankung aktuell
weder melde- noch anzeigepflichtig.
Fallbericht Fall 1
Signalement und Anamnese
Ein 17 Jahre alter Englischer Vollblutwallach ohne bekannte Grunderkrankungen
wurde in Deutschland aufgezogen. Aktuell wird das Pferd in Offenstallhaltung in
Schleswig-Holstein als Freizeitpferd gehalten. Den Zeitraum von Januar bis März
2023 verbrachte das Pferd im Norden Frankreichs (Normandie, Cotentin,
Quineville). Vier Jahre zuvor war der Wallach in Großbritannien im Zeitraum von
Februar bis November 2019. In Frankreich wurde das Pferd auf einer Weide
gehalten und täglich an der Küste geritten. Der Besitzerin fielen nach 6 Wochen
Auslandsaufenthalt im Februar 2023 2 Entzündungsherde unter der Achsel auf. Das
Pferd zeigte 7 Tage später noch während des Auslandsaufenthaltes einen
reduzierten Allgemeinzustand, Gewichtsverlust, ödematöse Gliedmaßen sowie
ikterische Schleimhäute ([Abb. 3]).
Abb. 3 Ikterische Konjunktivalschleimhäute bei einem Babesia
caballi-infizierten Pferd. Quelle: J. von Luckner.
Fig. 3 Icteric conjunctival mucous membranes in a horse infected
with Babesia caballi. Source: J. von Luckner.
Klinische Untersuchung
Zum Zeitpunkt der Erstvorstellung zeigte das Pferd einen reduzierten
Allgemeinzustand, jedoch eine physiologische Futter- und Wasseraufnahme. Die
Schleimhäute waren ikterisch und feucht, die kapilläre Rückfüllungszeit war
aufgrund des Ikterus schwer zu beurteilen. Die Atemfrequenz betrug 8 Atemzüge
pro Minute, zur Herz- und Pulsfrequenz lagen keine Angaben vor. Die
Rektaltemperatur betrug 39,8°C. Husten, Nasenausfluss und gastrointestinale
Symptome waren nicht feststellbar. Nach der Behandlung mit Meloxicam (Metacam 15
mg/ml orale Suspension zum Eingeben, Boehringer Ingelheim; Dosierung: 0,6 mg/kg
Körpergewicht per os) zeigte sich zunächst innerhalb von 24 Stunden eine
Verbesserung des Ikterus und Fiebers.
Weiterführende Untersuchungen
Die Ergebnisse der hämatologischen (Sysmex XN-V analyzer, Sysmex Deutschland,
Norderstedt, Deutschland) und biochemischen (Cobas 8000 analyser series module
c701, Roche Diagnostics, Mannheim, Deutschland) Untersuchung sind [Tab. 1] zu entnehmen. Initial waren ein
hochgradig erhöhtes Serum-Amyloid-A (SAA), eine hochgradige Hyperbilirubinämie,
eine hochgradige Erhöhung der Laktatdehydrogenase (LDH), eine geringgradige
Hyperglykämie sowie eine geringgradige Hypoproteinämie, eine geringgradige
Hypophosphatämie und ein geringgradig erniedrigter Zink-Wert auffällig ([Tab. 1]).
Tab. 1 Hämatologische und biochemische Befunde bei einem
17 Jahre alten Englischen Vollblutwallach mit einer Babesia
caballi-Infektion (Labor Laboklin, Bad Kissingen,
Deutschland). Vom Referenzbereich abweichende Werte sind fett
gedruckt
Table 1 Hematologic and biochemical findings
in a 17-year-old English thoroughbred gelding infected with
Babesia caballi (laboratory Laboklin, Bad Kissingen,
Germany). Values outside the reference range are printed in
bold.
Parameter
|
Referenzwerte
|
28.02.2023 (Tag der Erstvorstellung)
|
07.03.2023 (Tag 7)
|
09.05.2023
|
Hämatologische Untersuchungen1
|
Erythrozyten (x 1012/l)
|
6,0–12,0
|
–
|
7,74
|
–
|
Hämatokrit (l/l)
|
0,30–0,50
|
–
|
0,38
|
–
|
Hämoglobin (g/l)
|
110–170
|
–
|
136
|
–
|
Leukozyten (x 109/l)
|
5,0–10,0
|
–
|
7,4
|
–
|
Neutrophile (x 109/l)
|
3,0–7,0
|
–
|
4,0
|
–
|
Lymphozyten (x 109/l)
|
1,5–4,0
|
–
|
2,4
|
–
|
Monozyten (x 109/l)
|
0,04–0,4
|
–
|
0,9
|
–
|
Eosinophile (x 109/l)
|
0,04–0,3
|
–
|
0,1
|
–
|
Basophile (x 109/l)
|
0,0–0,15
|
–
|
0,1
|
–
|
Thrombozyten (x 109/l)
|
90–300
|
–
|
232
|
–
|
Biochemische Untersuchungen2
|
Natrium (mmol/l)
|
125–150
|
134
|
138
|
137
|
Kalium (mmol/l)
|
2,8–4,5
|
3,3
|
3,5
|
3,3
|
Glukose (mmol/l)
|
3,1–5,0
|
6,0
|
5,9
|
5,3
|
Kreatinin (µmol/l)
|
71–159
|
98
|
104
|
67
|
Harnstoff (mmol/l)
|
3,3–6,7
|
4,7
|
4,5
|
6,8
|
Kalzium (mmol/l)
|
2,5–3,4
|
2,6
|
2,9
|
2,9
|
Phosphor (mmol/l)
|
0,7–1,5
|
0,4
|
0,8
|
1,2
|
Magnesium (mmol/l)
|
0,5–0,9
|
0,6
|
0,7
|
0,7
|
Triglyzeride (mmol/l)
|
< 0,97
|
0,67
|
0,5
|
0,3
|
Cholesterin (mmol/l)
|
1,8–4,7
|
1,8
|
2,0
|
2,1
|
Glutamat-Dehydrogenase (U/l)
|
< 13
|
0,7
|
2,8
|
4,0
|
Gamma-Glutamyl-Transferase (U/l)
|
< 44
|
10,2
|
15,8
|
19,1
|
Alkalische Phosphatase (U/l)
|
< 352
|
109
|
143
|
149
|
Aspartat-Aminotransferase (U/l)
|
< 568
|
211,1
|
252,3
|
304,4
|
Gallensäuren (µmol/l)
|
< 12
|
4,91
|
–
|
–
|
Laktatdehydrogenase (U/l)
|
< 455
|
1169,8
|
516,4
|
446,1
|
Kreatin-Kinase (U/l)
|
< 452
|
89
|
163
|
221
|
Bilirubin (µmol/l)
|
8,6–59,9
|
144,7
|
26,1
|
13,8
|
Protein (g/l)
|
55–75
|
54,9
|
64,7
|
60,9
|
Albumin (g/l)
|
25–54
|
29,9
|
29,9
|
35,6
|
Globuline (g/l)
|
< 51
|
25
|
34,8
|
25,3
|
Serum-Amyloid-A (µg/ml)
|
< 7,0
|
734,62
|
11,42
|
10,1
|
Selen (µg/l)
|
100–200
|
102,7
|
126,7
|
168,0
|
Kupfer (µmol/l)
|
7,9–21,0
|
18,9
|
18,4
|
16,3
|
Zink (µmol/l)
|
9,2–19,9
|
7,2
|
16,6
|
12,7
|
Eisen (µmol/l)
|
17,9–64,5
|
23,5
|
42,3
|
28,2
|
1 Sysmex XN-V analyzer, Sysmex Deutschland, Norderstedt,
Deutschland; 2Cobas 8000 analyser series module c701, Roche
Diagnostics, Mannheim, Deutschland
Weiterführende Untersuchungen wurden im Labor Laboklin (Bad Kissingen,
Deutschland) durchgeführt. Die Piroplasmen-PCR, welche bei Pferden die klinisch
relevanten Erreger B. caballi und T. equi umfasst, war positiv. In
der folgenden Speziesdifferenzierung wurde eine Infektion mit B. caballi
nachgewiesen. Zur Abklärung weiterer Differentialdiagnosen wurden serologische
Testverfahren zum Antikörpernachweis gegen Anaplasma (A.)
phagocytophilum (IFAT, positiv, Titer 1:160, Grenzwert < 1:80)
sowie gegen Leptospiren (Mikroagglutinationstest (MAT), negativ, alle Titer <
1:100) durchgeführt. Eine jeweils aus dem EDTA-Blut ebenfalls durchgeführte
A. phagocytophilum-PCR sowie eine Leptospiren-PCR waren negativ.
Diagnose
Aufgrund der positiven Piroplasmen-PCR mit nachfolgender Speziesdifferenzierung
wurde eine akute Infektion mit B. caballi diagnostiziert. Koinfektionen
mit weiteren vektorübertragenen Erregern wurden nicht festgestellt. Der positive
Antikörpernachweis für A. phagocytophilum spricht lediglich für einen
Erregerkontakt in der Vergangenheit und beweist keine akute Infektion [30], insbesondere da die PCR-Untersuchung
negativ ausfiel.
Therapieverlauf
Nach 3 Tagen Behandlung mit Meloxicam war kein Fieber mehr vorhanden, ebenso
zeigten sich die Schleimhäute nicht mehr ikterisch. Das Pferd wurde mit
Imidocarb-Dipropionat (Carbesia ad us. vet. Injektionslösung, Imidocarbum 85 mg,
MSD Animal Health GmbH, Dosierung: 4 mg/kg Körpergewicht intramuskulär,
aufgeteilt auf jeweils 2 Injektionen im Abstand von 30 Minuten mit Wiederholung
am Folgetag) therapiert. Die Behandlung erfolgte vornehmlich aus
epidemiologischen Gründen, um eine Weiterverbreitung des Erregers zu verhindern
und einer Reaktivierung der Infektion unter Stressbedingungen vorzubeugen.
Aufgrund des Risikos einer Kolik als unerwünschtes Ereignis im Zuge der
Imidocarb-Therapie erfolgte eine stationäre Aufnahme. Fünf Minuten nach
Erstinjektion zeigte das Pferd Durchfall sowie Unruhe und Kopfschütteln. Sechs
Stunden nach der zweiten Injektion konnte das Pferd bei unauffälligem
Allgemeinzustand nach Hause entlassen werden.
Das Pferd war bis auf eine Schmerzhaftigkeit im Bereich des Halses, die für
insgesamt 2–3 Tage zu beobachten war, nach Entlassung symptomlos. An Tag 7 waren
die hämatologischen und biochemischen Befunde wieder im Normbereich, abgesehen
von einer geringgradigen Erhöhung des SAA, und die Piroplasmen-PCR war negativ.
Die Gewichtszunahme erfolgte stetig über die nächsten 4–6 Wochen bis zum
ursprünglichen Körpergewicht. Der Wallach zeigte bis zum Zeitpunkt der
Erstellung des Fallberichtes keine weiteren klinischen Auffälligkeiten. An Tag
70 waren abgesehen von einer geringgradigen Hyperglykämie, einer geringgradigen
Hyperkaliämie und einer geringgradigen Erhöhung des SAA keine weiteren
biochemischen Auffälligkeiten mehr nachvollziehbar.
Fallbericht Fall 2
Signalement und Anamnese
Eine 10 Jahre alte Mischlingsstute wurde in Talavera de la Reina in Spanien am
20. Mai 2023 in Seitenlage auf der Koppel gefunden und in einer Klinik stationär
aufgenommen. Die Stute wurde mit intravenöser Flüssigkeitstherapie
(Vollelektrolytlösung mit 10% Dimethylsulfoxid) initial behandelt. Mehrere
Schürfwunden wurden oberflächlich versorgt. Das Pferd wurde in Spanien
aufgezogen und hatte dieses Land vorberichtlich nicht verlassen.
Klinische Untersuchung
Fünf Tage nach Einlieferung in die Klinik entwickelte das Pferd Kolik-ähnliche
Symptome mit Diarrhoe sowie einen reduzierten Allgemeinzustand. Die Schleimhäute
waren dunkelrot und feucht, die kapilläre Rückfüllungszeit lag bei 2–3 Sekunden.
Die Atemfrequenz betrug 60 Atemzüge pro Minute, die Herzfrequenz 108 Schläge pro
Minute. Die Rektaltemperatur lag bei 39,3°C. Bei der rektalen Untersuchung war
ein erweitertes Kolon mit verdickten Kolonwänden und dünnflüssiger, dunkler Kot
nachweisbar.
Weiterführende Untersuchungen
Zum Zeitpunkt der Entwicklung gastrointestinaler Symptome wurde eine
hämatologische (Sysmex XN-V analyzer, Sysmex Deutschland, Norderstedt,
Deutschland) und biochemische (Cobas 8000 analyser series module c701, Roche
Diagnostics, Mannheim, Deutschland) Untersuchung eingeleitet ([Tab. 2]). Hämatologisch waren eine hochgradige
Anämie und Thrombozytopenie sowie eine geringgradige Leukozytose mit
Neutrophilie und Monozytose nachweisbar. Biochemisch zeigten sich eine
mittelgradige Hyperbilirubinämie, eine hochgradige Erhöhung der LDH und eine
geringgradige Hypoproteinämie und geringgradige Hypoalbuminämie ([Tab. 2]).
Tab. 2 Hämatologische und biochemische Befunde bei einer
10 Jahre alten Mischlingsstute mit einer Theileria
equi-Infektion (Labor Laboklin, Alcodendas, Spanien. Vom
Referenzbereich abweichende Werte sind fett gedruckt.
Table
2 Hematologic and biochemical findings in a 10-year-old
mixed-breed mare infected with Theileria equi (laboratory
Laboklin, Alcodendas, Spain). Values outside the reference range are
printed in bold.
Parameter
|
Referenzwerte
|
25.05.2023 (Tag 5 nach Einlieferung in die Klinik)
|
Hämatologische Untersuchungen1
|
Erythrozyten (x 1012/l)
|
6,0–12,0
|
3,82
|
Hämatokrit (l/l)
|
0,30–0,50
|
0,19
|
Hämoglobin (g/l)
|
110–170
|
67
|
Leukozyten (x 109/l)
|
6,0–12,0
|
15,4
|
Neutrophile (x 109/l)
|
3,0–7,0
|
10,0
|
Lymphozyten (x 109/l)
|
1,5–4,0
|
4,0
|
Monozyten (x 109/l)
|
0,04–0,4
|
1,2
|
Eosinophile (x 109/l)
|
0,04–0,3
|
0,2
|
Basophile (x 109/l)
|
0,0–0,15
|
0,0
|
Thrombozyten (x 109/l)
|
90–300
|
36
A
|
Biochemische Untersuchungen2
|
Kreatinin (µmol/l)
|
71–159
|
120
|
Harnstoff (mmol/l)
|
3,3–6,7
|
9
|
Alkalische Phosphatase (U/l)
|
< 352
|
151
|
Aspartat–Aminotransferase (U/l)
|
< 568
|
505
|
Laktatdehydrogenase (U/l)
|
< 455
|
1200
|
Kreatin–Kinase (U/l)
|
< 452
|
143
|
Bilirubin (µmol/l)
|
8,6–59,9
|
224
|
Protein (g/l)
|
55–75
|
41
|
Albumin (g/l)
|
25–54
|
24
|
Globuline (g/l)
|
< 51
|
16
|
ADie Thrombozytenzahl wurde mikroskopisch kontrolliert;
1Sysmex XN-V analyzer, Sysmex Deutschland, Norderstedt,
Deutschland; 2Cobas 8000 analyser series module c701, Roche
Diagnostics, Mannheim, Deutschland
Aufgrund der hämatologischen und biochemischen Veränderungen wurde eine equine
Piroplasmose als mögliche Differentialdiagnose angesehen. Die Piroplasmen-PCR
war positiv und ergab in der folgenden Speziesdifferenzierung eine Infektion mit
T. equi. Die Bestimmung von Antikörpern gegen T. equi (0,1%;
Referenzbereich < 40%) und B. caballi (4,5%; Referenzbereich < 40%)
im Labor Laboklin (Alcodendas, Spanien) ergab jeweils ein negatives
Ergebnis.
Diagnose
Aufgrund der positiven Piroplasmen-PCR mit nachfolgender Speziesdifferenzierung
wurde eine akute Infektion mit T. equi diagnostiziert, während die
serologischen Nachweisverfahren negativ waren.
Therapieverlauf
Nach der Diagnosestellung einer Infektion mit T. equi mittels einer
positiven PCR wurde das Pferd mit Imidocarb-Dipropionat (Carbesia ad us. vet.
Injektionslösung, Imidocarbum 85 mg, MSD Animal Health GmbH, Dosierung: 5 mg/kg
KGW i. m. viermalig im Abstand von 3 Tagen, Tagesdosen aufgeteilt auf 2
Injektionen im Abstand von 6 Stunden) therapiert. Aufgrund der schnellen
klinischen Besserung des Patienten erfolgten keine weiteren hämatologischen und
biochemischen Untersuchungen.
Diskussion
Mit den beiden Fallberichten werden neben dem Risiko einer Infektion von in
Deutschland lebenden Pferden bei Reisen in das endemische Ausland auch
unterschiedliche klinische Ausprägungen der equinen Piroplasmose anhand des
spanischen Pferdes beschrieben. Durch den internationalen Pferdehandel sowie den
Turniersport können Pferde aus endemischen Regionen wie z. B. Spanien in nicht
endemische Länder wie z. B. Deutschland verbracht werden, was eine Einfuhr
potenzieller Krankheitserreger wie der equinen Piroplasmose in bisher nicht
endemische Länder nach sich ziehen kann. Nachfolgend werden beide Fälle klinisch
sowie epidemiologisch diskutiert
Fallbasierte Diskussion
In der Literatur ist ein erhöhtes Risiko bei älteren Pferden zur klinischen
Ausprägung der equinen Piroplasmose bei Infektionen mit T. equi
beschrieben, jedoch ein geringeres Risiko bezüglich B.
caballi-Infektionen [19]. Dies hängt
wahrscheinlich damit zusammen, dass Infektionen mit T. equi meist
persistieren, während Infektionen mit B. caballi mit steigendem Alter
eliminiert werden können [19]. Das Alter des
T. equi-infizierten Pferdes von 10 Jahren im vorliegenden Fallbericht
ordnet sich in die beschriebene Altersabhängigkeit ein, das B.
caballi-infizierte Pferd war allerdings mit 17 Jahren schon älter. In einer
anderen Studie konnte eine Altersabhängigkeit jedoch nicht bestätigt werden
[18]. Bei B. caballi wurde eine
höhere Wahrscheinlichkeit für positive serologische Testergebnisse bei
Kaltblütern sowie bei T. equi eine höhere Wahrscheinlichkeit für
Warmblüter und geringere Wahrscheinlichkeit für Ponys festgestellt [18]. Die equine Piroplasmose tritt bei allen
Pferderassen auf, wie auch aus den beiden vorgestellten Fällen deutlich wird.
Lange wurde auch Stress als ein möglicher Risikofaktor für perakute Verläufe von
Infektionen mit T. equi angesehen [12],
was jedoch bei Pferden mit einer subklinischen T. equi-Infektion in einer
aktuellen Studie nicht bewiesen werden konnte [31].
Generell ist die klinische Symptomatik sehr unterschiedlich. Es ist möglich, dass
hohes Fieber als alleiniges Symptom nachgewiesen werden kann. Weiterhin zählen
Apathie, Inappetenz, Petechien, Ekchymosen, Ikterus, Ataxie, Bewegungsunlust und
Ödeme der distalen Gliedmaßen zu den beschriebenen klinischen Symptomen der
equinen Piroplasmose [32]. Im vorliegenden
Bericht zeigten beide Pferde mit Fieber eine klassische klinische Symptomatik,
welche jedoch sehr unspezifisch ist. Das B. caballi-infizierte Pferd
hatte ikterische Schleimhäute und zudem Ödeme, was bei dem T.
equi-infizierten Pferd nicht berichtet wurde. Die Unterschiede in der
Ausprägung des Ikterus bei den beiden Pferden waren wahrscheinlich dadurch
bedingt, dass das T. equi-infizierte Pferd dunkelrote Schleimhäute
zeigte, was vermutlich eine Gelbfärbung überlagert hat. Aufgrund der in den
Blutproben festgestellten Bilirubin-Konzentrationen wäre bei beiden Pferden ein
Ikterus zu erwarten gewesen. Differentialdiagnostisch kommen als
wahrscheinlichste Ursachen für die hyperämischen Schleimhäute bei dem T.
equi-infizierten Pferd Schock, Aufregung oder eine beginnende Sepsis in
Frage. Seltener wurde unter anderem auch Festliegen als klinisches Symptom
beschrieben [32], was zu dem in Seitenlage
aufgefundenen T. equi-infizierten Pferd passt. Die in beiden Fällen
festgestellten klinischen Symptome stimmen allgemein mit der klinischen
Symptomatik der equinen Piroplasmose überein.
Weitere Hinweise auf eine equine Piroplasmose ergaben sich durch die Befunde der
hämatologischen und biochemischen Untersuchungen. Das B.
caballi-infizierte Pferd war in der hämatologischen Untersuchung an Tag 5
abgesehen von einer Monozytose unauffällig, während bei dem T.
equi-infizierten Pferd hochgradige hämatologische Veränderungen in Form
einer Anämie und Thrombozytopenie sowie einer geringgradigen Leukozytose mit
Neutrophilie und Monozytose bestanden. Bei beiden Pferden sprechen die Befunde
des Differentialblutbildes für einen entzündlichen Prozess, der durch die
hochgradige Erhöhung des positiven Akute-Phase-Proteins SAA bei dem B.
caballi-infizierten Pferd sowie die geringgradige Erniedrigung von
Albumin als negativem Akute-Phase-Protein bei beiden Pferden unterstrichen
wird.
In den biochemischen Untersuchungen waren weiterhin eine mittel- bis hochgradige
Hyperbilirubinämie sowie eine hochgradige Erhöhung der LDH bei beiden Pferden
nachweisbar. Bei dem mit T. equi infizierten Pferd aus Spanien ist die
Hyperbilirubinämie höchstwahrscheinlich prähepatisch als Folge der hämolytischen
Anämie aufgetreten, wie bei der equinen Piroplasmose in der Literatur
beschrieben [19]. Bei dem mit B.
caballi infizierten Pferd wurde zum Zeitpunkt der erstmaligen Bestimmung
des Bilirubins keine hämatologische Untersuchung durchgeführt, so dass keine
Rückschlüsse auf eine mögliche Ursache der Hyperbilirubinämie gezogen werden
können. Differentialdiagnostisch kommen bei dieser Sachlage neben der equinen
Piroplasmose vor allem eine Equine Infektiöse Anämie, eine Equine
Virusarteriitis und Lebererkrankungen in Frage, was jedoch nicht weiter
aufgearbeitet wurde. LDH ist sehr unspezifisch, da das Enzym in zahlreichen
Geweben vorhanden ist. Daher erscheint LDH zur Diagnostik der equinen
Piroplasmose ungeeignet.
Bei dem mit T. equi infizierten Pferd waren die Glutamat-Dehydrogenase,
GGT sowie die AP erhöht, während diese Werte bei dem mit B. caballi
infizierten Pferd im Verlauf anstiegen (jedoch weiterhin im Normbereich lagen),
was auf unterschiedliche Schweregrade einer reduzierten Durchblutung der Leber
mit zentrilobulären Nekrosen hinweisen könnte, die in der Literatur bei der
equinen Piroplasmose beschrieben sind [26].
Ein weiteres Monitoring der Leberparameter ist hier empfehlenswert. Das
akute-Phase-Protein SAA war unter der Therapie schnell abfallend, was für den
Nutzen des Parameters für das Verlaufsmonitoring einer Infektion mit der equinen
Piroplasmose spricht. Bei Pferden aus Spanien wurde weiterhin eine Erhöhung des
Harnstoffs beobachtet [33], was auch bei dem
hier vorgestellten, mit T. equi infizierten spanischen Pferd der Fall war
([Tab. 2]). Mögliche Ursachen hierfür
sind im Rahmen von Infektionen der equinen Piroplasmose bisher unbekannt.
Zur Diagnostik bei akut kranken Pferden mit klinischem Verdacht auf eine equine
Piroplasmose stehen direkte Nachweise mittels PCR und die Zytologie mit Nachweis
des Erregers im Blutausstrich zur Verfügung. Die Diagnostik mittels PCR zeichnet
sich durch eine höhere Sensitivität und Spezifität im Vergleich zum
Blutausstrich aus [34]
[35], bietet den Vorteil einer verlässlichen
Speziesdifferenzierung im positiven Fall und sollte bei klinischem Verdacht und
akut erkrankten Pferden vorrangig durchgeführt werden.
Aufgrund der manchmal nur geringgradig ausgeprägten Parasitämie bei klinisch
erkrankten Pferden kann die PCR in einigen Fällen ein negatives Ergebnis liefern
[32]. Bei klinischem Verdacht in
Verbindung mit einer negativen PCR kann der Antikörper-Nachweis zu Hilfe
genommen werden. Allerdings ist zu beachten, dass bei akuter Infektion
möglicherweise noch keine Antikörper gebildet wurden. So kann bei dem mit T.
equi infizierten Pferd aufgrund der positiven PCR in Verbindung mit der
negativen Serologie von einer perakuten bis akuten Infektion ausgegangen werden.
Die Serokonversion erfolgt in der Regel 8–11 Tage nach Infektion. Der im
Fallbericht angewandte cELISA gilt momentan als der sensitivste serologische
Test und ist daher zur Diagnostik von Importinfektionen mit equiner Piroplasmose
durch die WOAH vorgeschrieben [32].
Klinische Ziele der Therapie der equinen Piroplasmose sind die Verringerung des
Schweregrades klinischer Symptome und die Verhinderung schwerer
Krankheitsverläufe [19], wobei die Therapie
von Infektionen mit T. equi im Vergleich zu B. caballi als
komplizierter angesehen wird [36]. Sowohl bei
Infektionen mit T. equi als auch B. caballi wird
Imidocarb-Dipropionat empfohlen [37]. Das in
der Literatur empfohlene Therapieschema bei Infektionen mit T. equi
beinhaltet 4 intramuskuläre Injektionen von je 4 mg/kg Körpergewicht in einem
Intervall von je 72 Stunden [19]. Bei dem
Pferd des vorliegenden Fallberichtes wurde eine geringgradig höhere Dosis von 5
mg/kg Körpergewicht im beschriebenen Intervall gewählt. Bei B. caballi
werden 2 Dosen von je 2 mg/kg Körpergewicht in einem Intervall von 24 Stunden
beschrieben, ebenfalls intramuskulär zu applizieren [38]. In nicht endemischen Regionen wird bei B. caballi zur
Erregerelimination eine Dosierung von 4,4 mg/kg Körpergewicht alle 72 Stunden
über 4 Behandlungszyklen empfohlen [8]. Bei
dem im Fallbericht beschriebenen Pferd wurden insgesamt 4 mg/kg Körpergewicht
intramuskulär aufgeteilt auf 2 Injektionen im Abstand von 30 Minuten inklusive
einer Wiederholungsbehandlung am Folgetag injiziert, um das Risiko unerwünschter
Nebenwirkungen zu vermindern. Entsprechend der Literatur war der Erreger bei
beiden Pferden nach der Therapie nicht mehr mittels PCR im peripheren Blut
nachweisbar [37]. Die epidemiologische
Relevanz der Therapie der equinen Piroplasmose wird im Folgenden diskutiert.
Epidemiologische Diskussion
Aktuell wird davon ausgegangen, dass nur bei Infektionen mit T. equi ein
lebenslanges Trägerstadium des Erregers resultieren kann, während B.
caballi gewöhnlich auch ohne Therapie nach bis zu 4 Jahren aus dem
peripheren Blut eliminiert wird [13]. Eine
Therapie bei B. caballi ist jedoch nicht zuletzt auch aus
epidemiologischer Sicht wichtig, da subklinisch infizierte Pferde eine
Infektionsquelle für Zecken darstellen, in denen der Erreger transovariell über
mehrere Generationen weitergegeben werden kann. Die negative PCR zur
Therapiekontrolle bei dem mit B. caballi infizierten Pferd bestätigt,
dass die Erregerlast durch die Therapie zumindest unter die Nachweisgrenze der
PCR gefallen ist. Insbesondere bei Infektionen mit T. equi und B.
caballi in bislang nicht endemischen Gebieten ist eine
Erregerelimination anzustreben, um dem Risiko einer dauerhaften Endemisierung
vorzubeugen [32]. Dies ist jedoch nicht immer
erfolgreich [35]
[37]
[39]. Daher sollte der
Therapieerfolg nach Meinung der Autoren sowohl bei Infektionen mit T.
equi als auch B. caballi mittels PCR 5–8 Tage nach Abschluss der
Therapie kontrolliert werden, um einen Abfall der Parasitenlast unter das
Detektionslimit der PCR nachzuweisen. Bei einem Pferd wurde eine wiederkehrende
Parasitämie von T. equi 5 Wochen nach Erstbehandlung mit Imidocarb
beschrieben und eine erneute Therapie führte nicht zur Elimination, was durch
eine erneut positive PCR-Untersuchung gezeigt wurde [39]. Daher sollte eine equine Piroplasmose bei erneutem Auftreten
einer kongruenten klinischen Symptomatik erneut differentialdiagnostisch
berücksichtigt werden. Langfristig schließen nur negative serologische
Untersuchungen eine persistierende Infektion mit T. equi und/oder B.
caballi aus.
Einmalige serologische Untersuchungen weisen lediglich einen Erregerkontakt nach
und insbesondere bei Infektionen mit T. equi ist ein lebenslanges
Trägerstadium zu erwarten [32]. Ein
serologisches Monitoring des Therapieerfolges wird daher bei Erregerkontakt mit
T. equi nicht empfohlen.
Im Zeitraum von 2008–2021 wurde bei Pferden in Europa ein statistisch
signifikanter Anstieg von serologisch und mittels PCR positiv auf die equine
Piroplasmose getesteten Pferden festgestellt [18]. Allgemein ist die serologische Nachweisrate im Vergleich zur PCR
höher [18]
[40]
[41]
[42]. Theileria equi wird im Vergleich zu B. caballi in
Europa serologisch häufiger nachgewiesen, z. B. bei 15,2% vs. 6,8% der
getesteten Pferde aus Europa [18], 6,1% vs.
0,3% bei Pferden aus Deutschland [43], 5,8%
vs. 2,9% bei Pferden aus der Schweiz [44],
39,8% vs. 8,9% bei Pferden aus Italien [45],
53,7% vs. 6,5% bei Pferden aus Spanien [46]
und 13,5% vs. 9,5% bei Pferden aus Frankreich [47]. Dies ist dadurch erklärbar, dass bei T. equi die
Antikörperspiegel über Jahre hinweg konstant erhöht bleiben können [20]
[48].
In Spanien ist die Prävalenz von T. equi deutlich höher im Vergleich zu
B. caballi (53,7 vs. 6,5% [46]),
während dies in Frankreich nicht mehr in diesem Ausmaß nachvollziehbar ist
(13,5% vs. 9,5% [47]). Dies spiegelt sich auch
im jeweiligen Infektionsort der Pferde aus den beiden Fallberichten wider,
nämlich einer T. equi-Infektion bei dem Pferd aus Spanien sowie einer
B. caballi-Infektion bei dem Pferd mit Auslandsaufenthalt in
Frankreich. Der über die Jahre festgestellte Anstieg serologisch und mittels PCR
positiv getesteter Pferde in Europa kann durch die Veränderung klimatischer
Bedingungen, die geographische Ausbreitung vektorkompetenter Zecken in zuvor
nicht endemische Gebiete, steigenden Import- und Reiseverkehr mit Pferden in
Europa sowie weltweit und Veränderungen der Haltungsbedingungen der Pferde mit
erhöhter Wahrscheinlichkeit für Vektorkontakt erklärt werden [18]. Ein Zusammenhang zwischen der Veränderung
klimatischer Bedingungen und der Häufigkeit serologisch positiv getesteter
Pferde wurde bereits in einer weiteren Studie vermutet [49], sowohl bedingt durch die regionale
Verbreitung als auch die Aktivität entsprechender Vektoren [50]. So können beispielsweise zunehmend mildere
Winter die Aktivität von Dermacentor-Zecken und entsprechend auch deren
Ausbreitung begünstigen [51].
Das Monitoring der Zeckenaktivität trägt zum Schutz von Pferden bei
(beispielsweise indem in Zeiten hoher Aktivität eine Verminderung des
Expositionsrisikos anstrebt wird), genauso wie Maßnahmen zur Verhinderung der
Weiterverbreitung des Erregers in lokalen Zeckenpopulationen [32]. Insbesondere Dermacentor
(D.) reticulatus, die sogenannte Wiesenzecke (veraltet auch
Auwaldzecke), breitet sich als ein Vektor der equinen Piroplasmose seit der
Jahrtausendwende in verschiedenen europäischen Ländern stark aus. Für
Deutschland wurden noch in den siebziger Jahren lediglich fokale Vorkommen
beschrieben [52], mittlerweile wurde diese
Zeckenart jedoch in allen Bundesländern nachgewiesen [53]. Bei Hunden stellt sie deutschlandweit
nunmehr die zweithäufigste Zeckenart dar [50].
Die sogenannte Schafzecke, Dermacentor marginatus, ist in
Südwestdeutschland verbreitet und befällt dort häufig Pferde [53]. Diese Zeckenart, die ebenfalls als Vektor
der equinen Piroplasmose gilt [54]
[55], stellt somit regional ein zusätzliches
Risiko bezüglich der potenziellen Endemisierung in Deutschland dar. Beide
Dermacentor-Arten sind hauptsächlich im Herbst und Frühjahr aktiv,
allerdings auch in deutlichem Maße während der Wintermonate [51]
[53]
[56], sodass ein Übertragungsrisiko prinzipiell
zu jeder Jahreszeit besteht. Das Risiko der Endemisierung erscheint in
Zentraleuropa für B. caballi höher als für T. equi, da Babesien im
Gegensatz zu Theilerien bei Zecken transovariell übertragen werden, also über
mehrere Generationen in der Zeckenpopulation persistieren können [10]. In Belgien wurde B. caballi bereits
in zwei D. reticulatus-Exemplaren nachgewiesen [57]. In zentraleuropäischen Ländern wie den
Niederlanden, Deutschland und Österreich sind Einzelfallberichte über
autochthone Infektionen von Pferden mit den Erregern der equinen Piroplasmose
bekannt [14]
[15]
[16]. Dabei können sich die
Erreger sowohl über den Import infizierter Equiden als auch durch die
Verschleppung infizierter Zecken ausbreiten. Die Einschleppung über reisende
Pferde nach Deutschland wird durch den hier beschriebenen Fallbericht des mit
B. caballi infizierten Pferdes mit Reiseaufenthalt in Frankreich
sowie einen weiteren Bericht einer T. equi-Infektion bei 2 zuvor nach
Frankreich gereisten Pferden [58]
verdeutlicht. Besitzer, die mit ihren Pferden ins Ausland reisen oder Pferde von
dort importieren möchten, sollten über das Risiko einer Infektion mit equinen
Piroplasmen aufgeklärt werden, da sich eine akarizide Zeckenprophylaxe bei
Pferden schwierig gestaltet. Insbesondere gilt dies, wenn Pferde in eine
Hochrisikoregion wie beispielsweise Spanien verbracht werden oder aus dieser
stammen.
Aus epidemiologischer Sicht ist es weiterhin nicht ratsam, seropositive Pferde
aus dem Ausland nach Deutschland zu verbringen, um eine mögliche Etablierung des
Übertragungszyklus für beide Erreger hierzulande zu vermeiden. Bei persistent
infizierten Stuten ist eine diaplazentare Übertragung auf den Fetus möglich, was
zu Aborten führen kann. Daher ist auch ein Zuchteinsatz kritisch zu
überdenken.
Aufgrund der Veränderung klimatischer Bedingungen, der Ausbreitung von
Zecken, die als Vektoren für die Übertragung der equinen Piroplasmose in
Deutschland fungieren können (insbesondere Dermacentor spp.) und den
bereits vereinzelten Nachweisen autochthoner Infektionen bei Pferden, die
Deutschland nicht verlassen hatten, sollte die equine Piroplasmose bei
passenden klinischen, hämatologischen und biochemischen Veränderungen auch
in Deutschland bei Pferden ohne Auslandsaufenthalt differentialdiagnostisch
berücksichtigt werden. Insbesondere bei B. caballi besteht ein
erhöhtes Risiko der Endemisierung in Zentraleuropa durch die transovarielle
Übertragung des Erregers in den Vektorzecken. Bei akutem klinischem Verlauf
sind Fieber, Inappetenz, periphere Ödeme und gastrointestinale Symptome wie
Kolik gefolgt von Diarrhoe die Leitsymptome. Hämatologisch stehen die
hämolytische Anämie in unterschiedlichen Schweregraden sowie eine
Thrombozytopenie im Vordergrund, biochemisch vor allem eine
Hyperbilirubinämie. Bei perakut oder akut erkrankten Pferden sollte eine
PCR-Diagnostik unter Verwendung von EDTA-Blut durchgeführt werden, die im
positiven Fall auch eine Speziesdifferenzierung zwischen T. equi und
B. caballi ermöglicht. Eine Therapiekontrolle wird 5–8 Tage nach
Abschluss der Behandlung mit Imidocarb empfohlen. In Einzelfällen kann auch
bei B. caballi keine vollständige Erregerelimination trotz Therapie
mit Imidocarb erreicht werden.
Zum Nachweis chronischer Infektionen stehen serologische Testverfahren zur
Verfügung, insbesondere ist hierzu der cELISA zu empfehlen. Pferde sollten
vor einem Zuchteinsatz oder aus deutscher Sicht nach Auslandsreisen in
endemische Gebiete mittels serologischen Nachweisverfahren auf die equine
Piroplasmose gescreent werden. Das Screening ist ebenfalls hinsichtlich der
wirtschaftlichen Bedeutung im europäischen als auch weltweiten Pferdehandel
von Bedeutung.