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DOI: 10.1055/a-2526-6726
Aktuelle Rechtsfragen im Bereich der Ermächtigung von Krankenhausärzten und der Institutsermächtigung – Bedeutung für die Radiologie
- I. Einleitung
- II. Rechtlicher Rahmen der Ermächtigung von Krankenhausärzten
- III. Aktuelle Rechtsprechung zur Ermächtigung von Krankenhausärzten und zur Institutsermächtigung
- IV. Fazit
I. Einleitung
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der aktuellen Rechtslage zu den Voraussetzungen der Drittanfechtung einer einem Konkurrenten erteilten Ermächtigung sowie denen der Erlangung einer Institutsermächtigung. Die Ermächtigung hat für Krankenhausärzte eine besondere Bedeutung, weil sie eine Möglichkeit bietet, auch ohne vertragsärztliche Zulassung in einem auf bestimmte Leistungen und in räumlich beschränkten Umfang sowie zeitlich befristet an der ambulanten Behandlung gesetzlich Versicherter zu partizipieren.
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Für Radiologen im Krankenhaus stellt die Ermächtigung nach wie vor eine gute Möglichkeit für eine sektorenübergreifende Versorgung dar, indem auch ambulante GKV-Patienten[1] im Krankenhaus mit radiologischen Leistungen versorgt werden können. Auch kann der Radiologe, in Abhängigkeit von seinem Dienstvertrag, wie im Bereich der wahlärztlichen Leistungen, zusätzliche Einnahmen generieren bzw. an den Einnahmen durch den Krankenhausträger beteiligt werden. Durch gesonderte Grundpauschalen der Gebührenordnungspositionen (GOP) 01 320 oder 01 321 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) für ermächtigte Ärzte, Institute und Krankenhäuser sowie weitere Besonderheiten bei der Abrechnung stellt die Ermächtigung auch finanziell ein interessantes Instrument dar. Einige Kassenärztliche Vereinigungen (KV) unterwerfen ermächtigte Ärzte nicht den mengenbegrenzenden Maßnahmen der Regelleistungsvolumina (RLV) oder Fallzuwachsbegrenzungen. Im Rahmen der gedeckelten Gesamtvergütung wird jedoch im Zuge der Honorarverteilung ein sogenannter Fachgruppentopf für alle ermächtigten (Krankenhaus-) Ärzte, Krankenhäuser, Einrichtungen und Institutionen gebildet, aus dem die abgerechneten Leistungen dieser Gruppe vergütet werden. Bei einer Überschreitung des Budgets des Fachgruppentopfes erfolgt eine Quotierung auf mindestens 80 Prozent. So handhabt es beispielsweise die KV Baden-Württemberg.
Die dem Ermächtigten zustehende Vergütung wird durch das anstellende Krankenhaus mit der jeweiligen KV unter Abrechnung seiner Verwaltungs- und Sachkosten nach § 120 Abs. 1 S. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) abgerechnet und auch an das Krankenhaus ausgezahlt. Ermächtigte Ärzte sollten daher mit dem anstellenden Krankenhaus vertraglich regeln, in welchem Umfang sie an den ausgezahlten Vergütungen partizipieren. Chefärzten obliegt insoweit eine besondere Prüfungspflicht ihrer Anstellungsverträge, da die Einbeziehung ambulanter Behandlungen und Beratungen von Patienten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und sonstiger Kostenträger aufgrund einer persönlichen Ermächtigung in den Dienstaufgabenkatalog rechtlich bedenklich ist. Da der Zulassungsausschuss im Rahmen seiner Bedürfnisprüfung gemäß § 116 SGB V eine Ermächtigung zur Teilnahme eines Chefarztes an der vertragsärztlichen Versorgung nur dann erteilen kann, wenn der Arzt selbstständig und freiberuflich tätig wird, widerspricht eine Einbeziehung dieser Tätigkeit in sonstige Dienstaufgaben für den Krankenhausträger den Grundsätzen der persönlichen Ermächtigung. Die ärztliche Selbstständigkeit und Freiberuflichkeit muss zur Erfüllung der Ermächtigungsvoraussetzungen stets gewahrt bleiben.
Schließlich geht dieser Beitrag auf zwei aktuelle sozialgerichtliche Entscheidungen ein, die im Ermächtigungsbereich ergangen sind. Die Sozialgerichtsbarkeit hat sich in aktuellen Entscheidungen einerseits mit einer Drittanfechtung einer radiologischen Ermächtigung[2] und zum anderen mit einer verweigerten Institutsermächtigung zugunsten eines MVZ aufgrund des Vorrangs der persönlichen Ermächtigung von Ärzten auseinandergesetzt.[3]
1. Bedeutung des Rechtsinstituts der Ermächtigung für die ambulante Versorgung
Besteht ein quantitativ-allgemeiner Bedarf, das heißt, wenn es in dem jeweiligen Planungsbereich zu wenige Vertragsärzte gibt, um den Bedarf zu decken oder besteht ein qualitativ-spezieller Bedarf, bei dem die niedergelassenen Ärzte in einem Planungsbereich bestimmte, für eine ausreichende Versorgung der Versicherten benötigte Leistungen nicht oder nicht im erforderlichen Umfang vorhalten können, wird die Sonderlösung der sog. Ermächtigung relevant. So existieren beispielsweise viele Planungsbereiche, in denen nach der Bedarfsplanung eine Überversorgung besteht, wobei sich die Niederlassungsorte der Vertragsärzte jedoch häufig in den größeren Städten bündeln und die ländlicheren oder Struktur schwächeren Gegenden trotz planerischer Überversorgung rein tatsächlich dennoch nicht ausreichend vertragsärztlich versorgt sind. Immer dann, wenn aus planungsrechtlichen Gründen eine weitere vertragsärztliche Zulassung oder eine Anstellungsgenehmigung nicht in Betracht kommen, gewinnt die Ermächtigung von Krankenhausärztinnen und -ärzten oder eines (Krankenhaus)-Trägers selbst demnach an Bedeutung.
Bereits in dem RöFo-Beitrag 9/2018[4] haben wir uns mit dem Thema der Ermächtigung von Krankenhausärzten auseinandergesetzt. Auf die dortigen Ausführungen sei ergänzend verwiesen.
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2. Persönliche Ermächtigung nach § 116 SGB V vs. Institutsermächtigung
Die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung gesetzlich Krankenversicherter ist im Regelfall niedergelassenen Vertragsärzte vorbehalten. Zur Deckung eines überhängenden bestehenden vertragsärztlichen Versorgungsbedarfs können jedoch einzelne Krankenhausärzte gemäß § 116 SGB V oder aber (Krankenhaus-)Träger selbst gemäß §§ 116a, 117–119c SGB V zur Erbringung vertragsärztlicher Leistungen ermächtigt werden.
Krankenhausärzte können gemäß § 116 S. 1 SGB V zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden, sofern sie über eine abgeschlossene Weiterbildung verfügen und der Träger der Einrichtung einer Ermächtigung zustimmt. Gemäß § 116 S. 2 SGB V ist Voraussetzung für die Erteilung, dass der Zulassungsausschuss eine nicht ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten im betroffenen Bereich feststellt. Hierbei wird zwischen dem quantitativ-allgemeinen Bedarf und dem qualitativ-speziellen Bedarf unterschieden. Ein quantitativ-allgemeiner Versorgungsbedarf liegt vor, wenn in dem Planungsbereich zu wenig Vertragsärzte niedergelassen sind, um den Bedarf der Versicherten zu decken. Qualitativ-spezieller Bedarf liegt hingegen vor, wenn die niedergelassenen Vertragsärzte bestimmte Leistungen, die für eine ausreichende Versorgung der Versicherten nötig sind, nicht oder nicht im erforderlichen Maß vorhalten können.
Demgegenüber steht die Institutsermächtigung gemäß §§ 116 a ff., 31 Abs. 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) i. V. m. § 5 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä). Demnach können medizinische Einrichtungen gesondert ermächtigt werden. Die Institutsermächtigung erfordert ähnliche Voraussetzungen wie eine persönliche Ermächtigung, variiert jedoch je nach Institution. Vorgesehen sind Institutsermächtigungen für Hochschulambulanzen gem. § 117 SGB V, psychiatrische Institutsambulanzen gem. § 118 SGB V, Geriatrische Institutsambulanzen gem. § 118 a SGB V, Sozialpädiatrische Zentren gem. § 119 SGB V, Einrichtungen der Behindertenhilfe gem. § 119 a SGB V, stationäre Pflegeeinrichtungen gem. § 119 b SGB V und medizinische Behandlungszentren gem. § 119 c SGB V.
Das übergeordnete Ziel jeder Ermächtigung ist in jedem Fall eine flächendeckende Versorgung der gesetzlich Versicherten sicherzustellen.
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II. Rechtlicher Rahmen der Ermächtigung von Krankenhausärzten
1. Gesetzliche Grundlagen
Um als Arzt ambulante Leistungen erbringen zu können, bedarf es entweder einer vertragsärztlichen Zulassung, einer Sonderbedarfszulassung oder einer Ermächtigung. Nach § 95 Abs. 4 SGB V bewirkt die Ermächtigung, dass der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist und die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung für sie verbindlich sind.[5] Folglich hat die Ermächtigung einen statusbegründenden Charakter.[6] Eine rückwirkende Erteilung einer Ermächtigung ist nicht zulässig.[7]
Die Ermächtigung ist gegenüber einer vertragsärztlichen Zulassung subsidiär und soll solche Versorgungslücken schließen, deren Bedarf nicht schon durch zugelassene Ärzte gedeckt werden kann.
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2. Voraussetzungen der Ermächtigung nach § 116 SGB V
Zu beachten ist, dass bei der Behandlung von Patienten auf der Grundlage der Ermächtigung das vertragsärztliche Gebot der persönlichen Leistungserbringung eingehalten wird. Durch die Ermächtigung verpflichtet sich der Arzt, die vertragsärztlichen Leistungen persönlich gegenüber den Patienten zu erbringen. Dies ergibt sich auch aus den je nach Fachgebiet alternativ abrechnungsfähigen Grundpauschalen der GOP 01 320 und 01 321, deren obligater Leistungsinhalt der persönliche Arzt-Patienten-Kontakt ist. Die persönliche Leistungserbringung umfasst die Kerngebiete der ärztlichen Tätigkeit wie das Abhalten der Sprechstunde, die Befundung, die Aufklärung und Durchführung von Operationen oder das Erstellen eines Therapieplanes. Lediglich untergeordnete Aufgaben können auf nichtärztliches Personal delegiert werden. Vertreten lassen kann sich der ermächtigte Arzt entsprechend der vertragsärztlichen Regelungen nur bei Krankheit, Urlaubsabwesenheit oder Teilnahme an ärztlicher Fortbildung, nicht jedoch bei Wahrnehmung dringenderer Aufgaben aus dem Klinikbereich. Entsprechende Leistungserbringungen sind sorgfältig zu dokumentieren, da im Falle eines vermuteten Verstoßes Regressforderungen der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung, der Widerruf der erteilten Ermächtigung oder sogar ein Strafverfahren drohen können.
Entspricht der Ermächtigungsumfang dem eines zugelassenen Vertragsarztes, kann anstelle der Gebührenordnungspositionen 01 320 oder 01 321 auch die Berechnung einer in den arztgruppenspezifischen Kapiteln genannten Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschalen genehmigt werden.
Nach § 116 S. 2 SGB V ist zudem erforderlich, dass eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt ist. Damit ist ein spezieller qualitativer Bedarf angesprochen, welcher sich auch auf das spezielle fachliche Profil des Arztes bezieht, weshalb die Ermächtigung vom Fortbestehen der dem Antrag zugrundeliegenden ärztlichen Position abhängig ist.[8] Ein besonderer Bedarf kann auch darin liegen, dass trotz grundsätzlich ausreichender Versorgung wegen der Schwierigkeit der Diagnose oder Behandlung die Erkenntnisse und Erfahrungen besonders qualifizierte Krankenhausärzte genutzt werden sollen.[9]
Unbedingt zu beachten ist auch, dass der Krankenhausträger einer Ermächtigung vorher zustimmen muss, um sicherzustellen, dass das ordnungsgemäße Funktionieren des Krankenhauses und die in ihm durchgeführte stationäre Versorgung durch die ambulante Tätigkeit nicht gefährdet werden.[10]
Gem. § 95 Abs. 4 S. 3, Abs. 6 S. 1 SGB V hat ein Widerruf der Ermächtigung zu erfolgen, soweit und sobald das Versorgungsdefizit nicht mehr besteht. Dies verdeutlicht die zeitliche und sachliche Begrenzung einer jeden Ermächtigung. Der Zulassungsausschuss kann die Ermächtigung auch von vornherein befristen und zusätzlich durch Nebenbestimmungen – etwa die auflösende Bedingung der Beendigung der Tätigkeit im Krankenhaus – die Tatbestandsmerkmale des § 116 S. 1 SGB V sichern.[11]
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3. Nachrangigkeit von Institutsermächtigungen
Die persönliche Ermächtigung hat Vorrang vor der Ermächtigung von Instituten. Dies folgt aus § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV, auf deren Grundlage die Zulassungsausschüsse über den Kreis der zugelassenen Ärzte hinaus ärztlich geleitete Einrichtungen nur in „besonderen Fällen“ zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen können.[12]
Eine Einrichtung darf zudem nicht gezielt selbst einen Bedarf schaffen. Schränkt etwa ein Krankenhaus den Umfang der als Krankenhausleistungen angebotenen ambulanten Operationen ein, um für die durchführbaren, aber nicht angebotenen Eingriffe eine Ermächtigung des leitenden Arztes zu ermöglichen, kann das der Erteilung einer Ermächtigung unter dem Gesichtspunkt rechtsmissbräuchlicher Gestaltung entgegenstehen.[13]
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III. Aktuelle Rechtsprechung zur Ermächtigung von Krankenhausärzten und zur Institutsermächtigung
1. Drittanfechtung einer radiologischen Ermächtigung
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hat sich mit Urteil vom 17.05.2023[14] mit der Zulässigkeit einer Drittanfechtung einer Ermächtigung zugunsten eines Ärztlichen Direktors des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie eines Klinikums durch einen niedergelassenen Radiologen befasst. Im Ergebnis lehnte das LSG in Übereinstimmung mit dem vorbefassten Sozialgericht (SG) die Drittanfechtungsbefugnis des klagenden Radiologen aufgrund eines nicht ausreichenden Konkurrenzverhältnisses zu dem Ermächtigten ab.
Der Kläger war Facharzt für Radiologie mit eigenem Vertragsarztsitz. Seit dem Jahr 2001 war der Krankenhausarzt und spätere Ärztliche Direktor des Instituts für Interventionelle Radiologie fortlaufend durch den zuständigen Zulassungsausschuss (ZA) zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt worden. Aufgrund des ablaufenden Ermächtigungszeitraumes beantragte der ermächtigte Krankenhausarzt zum 31.12.2015 eine Folgeermächtigung für die Zeit ab dem 01.01.2016. Der angerufene ZA beauftragte daraufhin die KV mit der Bedarfsermittlung, welche die abgerechneten Leistungen und eine Übersicht der im Planungsbereich zugelassenen und anderweitig angestellten Radiologen inklusive die Entfernung ihrer Betriebsstätten zu der Betriebsstätte des antragstellenden Krankenhausarztes ermittelte. Die im Umkreis von 25 km ansässigen Radiologen wurden zu dem Ermächtigungsantrag angehört. Der Kläger widersprach einer Erteilung der Folgeermächtigung mit der Begründung, in seiner Praxis bestünden für einige der Leistungen, auf die sich die Ermächtigung beziehe, Aufnahmekapazitäten für neue Patienten. Dies überprüfte die KV im Rahmen der Amtshilfe, indem die vom Kläger in den dem Antrag vorangegangenen Quartal 2/2015 abgerechneten Leistungen sowie die Wohnorte der von dem Antragssteller behandelten Patienten ermittelt wurden.
Mit Beschluss vom 16.12.2015 ermächtigte der ZA den Antragsteller für ein weiteres Jahr ab dem 01.01.2016 zur ambulanten Versorgung von Patienten in der Betriebsstätte des Krankenhauses für spezielle Leistungen, welche bis auf Ausnahmen auf Überweisungen zur Durchführung dieser Maßnahmen begrenzt wurden. Genehmigungspflichtige vertragsärztliche Leistungen waren nur im Rahmen der Ermächtigung abrechnungsfähig, sofern die zuständige Fachkommission bzw. KV diese zuvor genehmigt hatte.
Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch – ohne Begründung – ein, woraufhin der Berufungsausschuss (BA) mit Amtshilfe der KV die Quartale 3/2015, 3/2016 und 4/2016 hinsichtlich des vom Kläger und dem Antragsteller abgerechnete Leistungsspektrums, des Leistungsspektrums sämtlicher im Planungsbereich tätiger Radiologen in den Quartalen 2/2016 und 4/2016 sowie eine Wohnortstatistik der behandelten Patienten und die durchschnittlichen Fallzahlen überprüfte. Schließlich hörte der BA die im Planungsbereich tätigen Radiologen nochmals zu der Ermächtigung und dem Widerspruch des Klägers an.
Im Ergebnis wies der BA den Widerspruch mit Bescheid vom 31.05.2017 zurück, da dem Kläger die Widerspruchsbefugnis mangels Drittanfechtungsbefugnis fehle. Eine Drittanfechtung setze nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) voraus, dass dem Konkurrenten ein Basiszugang zur vertragsärztlichen Versorgung gewährt worden sei, der Status des Anfechtenden dem des Konkurrenten gegenüber vorrangig sei und zwischen beiden ein faktisches Konkurrenzverhältnis bestehe.[15] Ein faktisches Konkurrenzverhältnis sei nur gegeben, wenn der Anfechtende und der Konkurrent im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen erbringen dürften, so dass eine wirtschaftliche Beeinträchtigung des Anfechtenden durch die Zulassung des Konkurrenten wahrscheinlich sei. Grundsätzlich müsse der Anfechtende sein Leistungsspektrum und seinen Einzugsbereich darlegen, andernfalls sei der beklagte Berufungsausschuss zu weiteren Ermittlungen nicht verpflichtet. Hier fehle es am faktischen Konkurrenzverhältnis. Da der Kläger den Widerspruch nicht begründet hatte, habe er weder sein Leistungsspektrum noch den Einzugsbereich seiner Praxis dargelegt, so dass der Beklagte schon aus diesem Grund nicht zu Ermittlungen verpflichtet gewesen sei. Die dennoch durchgeführten Ermittlungen hätten ergeben, dass eine Überschneidung der Patientenkreise von Kläger und Krankenhausarzt nicht auf der Hand liege. Schließlich betrage die Entfernung zwischen den Praxen 11,2 km. Hinzu komme, dass der Kläger ausweislich der beigezogenen GOP-Übersichten mit seinen Fallzahlen bereits deutlich über dem Fachgruppendurchschnitt liege, wobei laut Mitteilung der KV auch eine deutliche Regelleistungsvolumen (RLV) – Überschreitung vorliege. Bei einer Ausschöpfung des Budgets komme eine nicht nur unwesentliche wirtschaftliche Beeinträchtigung des Anfechtenden von vornherein nicht in Betracht. Weiter verfüge der Kläger – anders als der Ermächtigte – nicht über eine Genehmigung für die Erbringung von Leistungen im Rahmen des Mammographie-Screenings, so dass auch insoweit eine Überschneidung mit den entsprechenden Leistungen des Ermächtigungskatalogs ausscheide.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger Klage mit der Begründung, es bestünde ein Konkurrenzverhältnis und die Entfernung sei für Fachärzte für Radiologie äußerst gering, wobei auch eine weitere von der Ermächtigung umfasste Klinik in seinem unmittelbaren Wirkungskreis liege. Zudem liege seine Fachgruppendurchschnittsüberschreitung bei 13–20 %, wobei die Ermächtigung zu einer Reduzierung auf nur noch 60 % des Fachgruppendurchschnitts führen werde. Sein Leistungsspektrum habe er bereits im Rahmen der Anhörung durch die KV dargelegt. Aufgrund der Wiederholungsgefahr einer fortlaufenden Weitergenehmigung der Ermächtigung habe er schließlich ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ermächtigungserteilung, nachdem der Ermächtigungszeitraum bereits nahezu abgelaufen war.
Das Sozialgericht wies die Klage nach Beiladung der KV, der Krankenkassenverbände und dem Krankenhausarzt ab, nachdem der Beklagte auf seine Begründung aus dem Widerspruchsverfahren und auf den Umstand, dass sich der Beschluss durch Zeitablauf erledigt habe, verwiesen hatte.
Das BSG sehe eine zweistufige Prüfung bei Drittanfechtungen vertragsärztlicher Konkurrenten vor, wonach zu klären sei, ob dem Vertragsarzt eine Drittanfechtungsbefugnis zustehe und bejahendenfalls, ob die Entscheidung des Berufungsausschusses in der Sache zutreffe. Die vom Beklagten zitierten Voraussetzungen der materiellen Drittanfechtungsberechtigung nach dem BSG lägen hier nicht vor. Dem Krankenhausarzt werde mit der Ermächtigung die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eröffnet, wobei dieser Status dem Status des Klägers ggü. nachrangig sei, da er davon abhänge, dass der Versorgungsbedarf nicht von den bereits zugelassenen Vertragsärzten gedeckt sei. Es mangele jedoch an der weiteren Drittanfechtungsvoraussetzung des faktischen Konkurrenzverhältnisses, welches zu einer nicht nur geringfügigen Schmälerung der Erwerbsmöglichkeiten des Drittanfechtenden führen müsse. Dazu müssten die Konkurrenten im selben räumlichen Bereich die gleichen Leistungen anbieten. Zur Überprüfung der signifikanten Überschneidungen müsse der Anfechtende sein Leistungsspektrum, die Anzahl seiner Patienten und den prozentualen Anteil der Patienten aus dem Einzugsbereich des Konkurrentensitzes darlegen. Bei substantiiertem Vortrag habe dann der ZA erforderliche weitere Informationen über das Leistungsspektrum und den Patientenkreis des Konkurrenten zu erheben. Vorliegend konnte der Kläger weder sein Leistungsspektrum noch seine Patientenschaft substantiiert darlegen.
Der bloße Hinweis im Anhörungsverfahren, er könne bestimmte in der Ermächtigung umfasste Leistungen jederzeit erbringen und sei für die Durchführung weiterer Leistungen der Ermächtigung qualifiziert und hinreichend apparativ ausgestattet, reiche nicht. Andere von der Ermächtigung umfasste Leistungen wie Mammastanzbiopsie unter radiologischer Kontrolle, Serienangiographien oder Miktions-Uretherozystographie einer Varikozele hatte der Kläger von Anfang an nicht als dem eigenen Leistungsspektrum zugehörig angegeben, sodass insoweit bereits keine Überschneidungen vorlagen. Darüber hinaus fehlten dem Kläger erforderliche Abrechnungsgenehmigungen zur Erbringung weiterer von der Ermächtigung umfasster Leistungen wie der Mammastanzbiopsie, weswegen sich das faktische Konkurrenzverhältnis nur auf wenige Leistungen reduzierte. Zugunsten eines Konkurrenzverhältnis wertete das SG dagegen die Entfernung von 11 km zwischen den Konkurrenten, da der Kläger und der Krankenhausarzt ausweislich der Wohnortstatistik dieselben Einzugsbereiche hatten. Jedoch lasse die Ermächtigung hinsichtlich der von dem Kläger vermeintlich ebenfalls erbringbaren Leistungen relevante Einkommenseinbußen nicht erkennen. Hinzu komme, dass der Ermächtigte zu sämtlichen in dem Ermächtigungsbescheid aufgeführten Ziffern nicht uneingeschränkt ermächtigt worden sei, sondern nur für solche dringlichen Leistungen, welche noch am Überweisungstag selbst durchgeführt würden. Dies bedinge eine Begrenzung auf schwerkranke Patienten, bei denen eine sofortige, ortsnahe Versorgung notwendig sei. Weiter eingeschränkt sei die Ermächtigung durch die Beschränkung einzelner Ziffern auf eine Überweisung von ermächtigten Krankenhausärzten aus dem Klinikum des Ermächtigten, weswegen der Kläger nicht befürchten müsse, dass Leistungen auch aufgrund von Überweisungen von ermächtigten Krankenhausärzten aus einem anderen Klinikum in unmittelbarer Nähe der klägerischen Praxis durchgeführt würden. Schließlich sei die Ermächtigung auch in sachlicher Hinsicht auf Leistungen im Fachgebiet Radiologische Diagnostik in unmittelbarem Zusammenhang mit einer ambulant durchgeführten Chemotherapie Serie oder Strahlentherapieserie, der Nachbehandlung von Tumorerkrankungen oder einem kinderchirurgischen Eingriff begrenzt. Der Klägervortrag konnte das SG nicht von relevanten Einkommenseinbußen durch die radiologische Versorgung der ermächtigten Krankenhausärzte des Klinikums und taggleich durch den Ermächtigten behandelten Patienten überzeugen, obwohl der Kläger nachweislich sein RLV erheblich sowie die Fallzahlen des Fachgruppendurchschnitts ebenfalls signifikant überschritten hatte. Eine befürchtete Halbierung seiner Fallzahlen trat während des Ermächtigungszeitraumes jedoch nicht ein, weswegen die bloß geringfügige Schmälerung seiner Erwerbsaussichten eine Anfechtungsberechtigung nicht zu begründen vermochte.[16] Es bedurfte daher keiner Prüfung, ob die Ermächtigung rechtmäßig gewesen sei, da eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse des Ermächtigten nicht sichergestellt gewesen sei.
In seiner Berufung bemängelte der Kläger, das SG habe sich lediglich auf 3 von dem beklagten Berufungsausschuss vorgelegte Quartale mit erheblichen Überschreitungen der RLV und Fallzahlen gestützt, wohingegen auch weitere Quartale hätten berücksichtigt werden müssen, weswegen das SG seinen Ermittlungspflichten nicht nachgekommen sei. Unter Berücksichtigung des unmittelbaren Zeitraums nach der Folgeermächtigung zeige sich ein Rückgang der Fallzahlen um 1/3, d. h. 206 Fälle im Quartal 3/2016 und eine Unterschreitung des Fachgruppendurchschnittes um 10–18 %. Dabei enthielten die Fallzahlen sogar noch die Nuklearmedizin und Strahlentherapie, welche von dem Konkurrenzverhältnis nicht umfasst seien, sodass die Fachzahlen deutlich unter dem Fachgruppendurchschnitt lägen. Insgesamt läge nicht eine nur geringfügige Schmälerung der Erwerbsaussichten bei einer Folgeermächtigung vor. Dagegen argumentierte der Beklagte, dass sich deutliche überdurchschnittliche Fallzahlen bei dem Kläger ergeben hätten. Dabei sei auf die vorgelegten GOP-Übersichten nach LANR für die betreffenden Quartale abzustellen, wogegen sich die vom Kläger zugrunde gelegten RLV-/QZV-relevanten Fallzahlen jeweils auf die anerkannte RLV-Fallzahl aus dem Vorjahresquartal bezögen, was zu einer falschen Berechnung führe. Zusätzlich habe der Kläger seinen Budgetrahmen in allen relevanten Quartalen teilweise erheblich überschritten. Gegen eine wirtschaftliche Betroffenheit des Klägers argumentierte auch die beigeladene KV anhand der Überschreitung der RLV in allen Quartalen.
Das LSG wies die Berufung unter Bezugnahme auf die aus seiner Sicht zutreffenden Entscheidungsgründe des SG als unbegründet zurück. Auch das LSG sah eine materielle Drittanfechtungsberechtigung des Klägers gegen die erteilte Ermächtigung als nicht gegeben an. Ergänzend wies das LSG darauf hin, dass auch aufgrund des klägerischen Vortrags im Berufungsverfahren nicht ersichtlich sei, dass dieser durch die eingeschränkt taggleich durchgeführte radiologische Versorgung der durch den Ermächtigten behandelten Patienten zu relevanten Einbußen beim Kläger führten. Die seitens der KV vorgelegten GOP-Übersichten nach LANR belegten deutlich überdurchschnittliche Fallzahlen des Klägers in den entscheidenden Quartalen, was auch die Budgetrahmenüberschreitung des Klägers erkläre. So konnte auch der Senat eine mehr als geringfügige Schmälerung der Erfolgsaussichten durch die Ermächtigung nicht feststellen.
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2. Keine MVZ-Ermächtigung wegen Vorrangs der persönlichen Ermächtigung von Ärzten
Das SG Nürnberg hatte in einem aktuellen Urteil vom 01.08.2024 darüber entschieden, ob einem MVZ wegen des Vorrangs der persönlichen Ermächtigung von Krankenhausärzten eine Institutsermächtigung zu erteilen sei.[17] Offen geblieben ist in der Entscheidung die Frage, ob einem MVZ überhaupt eine Institutsermächtigung erteilt werden kann.
Die Klägerin betreibt ein MVZ in überörtlicher Berufsausübungsgemeinschaft (üBAG) und beschäftigte dort den angestellten Facharzt für Radiologie Dr. G. mit der Abrechnungsgenehmigung Strahlentherapie und einen weiteren Radiologen. Die Arztstelle des ersten wurde nach Beendigung seiner Tätigkeit durch eine Radiologin nachbesetzt. Zusätzlich konnten wegen der üBAG-Struktur zwei Nuklearmediziner am Standort des MVZ tätig werden.
Die Klägerin beantragte beim ZA eine Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen einer. Institutsermächtigung gemäß §§ 31 Abs. 2 Ärzte-ZV iVm. 5 Abs. 1 BMV-Ä zur Durchführung von Röntgenschmerzbestrahlungen bei verschiedenen genannten Erkrankungen. Begründet wurde dies damit, dass der angestellte Radiologe Dr. G., der aufgrund der alten Weiterbildungsordnung strahlentherapeutische Leistungen zumindest teilweise erbringen durfte, aus dem MVZ ausscheiden werde. Aufgrund der Änderung des Weiterbildungsrechtes seien strahlentherapeutische Leistungen nicht mehr Bestandteil der radiologischen Weiterbildung, weswegen sie für Fachärzte für Radiologie fachfremd seien und von den nachbesetzenden Radiologen nicht mehr erbracht werden könnten.
Zur Sicherstellung der strahlentherapietherapeutischen Versorgung durch das MVZ hatte die Klägerin bereits eine Sonderbedarfszulassung zu Gunsten des angestellten Facharztes für Strahlentherapie Dr. P. beantragt, welche sowohl der ZA, als auch der BA abgelehnt hatten. Auch die gegen die Ablehnung gerichtete Klage blieb erfolglos. Der BA hatte darauf hingewiesen, dass für die Sicherstellung einzelner Leistungen und nicht des gesamten Fachgebietes eine Ermächtigung in Betracht käme, weswegen nunmehr eine Institutsermächtigung begehrt werde. Da die beantragten Leistungen bereits seit geraumer Zeit Teil des Leistungsumfanges des MVZ seien, gelte hier der Vorrang der persönlichen Ermächtigung vor der Institutsermächtigung nicht. Die Fortsetzung der Entzündungsbehandlungen sei auch seitens der Zuweiser als notwendig erachtet worden. Nach einer Umfrage unter den niedergelassenen Fachärzten für Strahlentherapie durch die KV im Umkreis von 60 km um die Praxis der Klägerin lehnte der ZA den Antrag auf Institutsermächtigung ab.
Das Widerspruchsverfahren blieb wiederum erfolglos. Die Institutsermächtigung sei nachrangig[18] gegenüber persönlichen Ermächtigungen und eine Ausnahme liege hier nicht vor. Insbesondere sei es jedoch bereits nicht möglich, ein MVZ zu ermächtigen. Das Institut der Ermächtigung betreffe lediglich Ärzte oder ärztliche geleitete Einrichtungen, wozu MVZ nicht zählten. Ein MVZ könne gemäß § 95 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 S. 2 SGB V ausschließlich iRd. eigenen vertragsärztlichen Zulassung an der Versorgung gesetzlich Versicherter teilnehmen. Eine Ermächtigung neben der statusbegründenden Zulassung als MVZ sei nicht zulässig. Beide Teilnahmestatus an der vertragsärztlichen Versorgung schlössen sich aus.[19] Generell gelte der Vorrang niedergelassener Ärzte.[20]
Röntgenschmerzbestrahlungen könnten auch im Rahmen einer persönlichen Ermächtigung erbracht werden. Zudem sei der erforderliche Bedarf der Institutsermächtigung nicht ersichtlich, nachdem bereits im vorangegangenen Verfahren wegen freier Plätze der umliegenden Niedergelassenen ein Bedarf verneint worden war und auch in einer aktuellen Abfrage der KV freie und zumutbar erreichbare Plätze zur Verfügung standen. Es fehle an der Versorgungslücke.
Die Klägerin erhob Klage gegen die Ablehnung mit der Begründung, dass eine Ausnahme zur Erteilung einer Institutsermächtigung vorliege, da die beantragte Leistung Teil des Leistungsgeschehens des MVZ sei und durch die Ermächtigung die Fortführung dieses etablierten Leistungsgeschehens in dem MVZ bewahrt werden würde. Es ginge um den Erhalt des Praxissubstrats, was als wesentliches Element im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens bei § 5 Abs. 1 BMV-Ä als Ausnahmetatbestand vom Vorrang der persönlichen Ermächtigung zu berücksichtigen sei. Bereits 2017 habe zudem das BSG hervorgehoben, dass bei der Zulassung von Institutsermächtigungen die „intensivierte Einbeziehung ärztlich geleiteter Einrichtungen in die ambulante Versorgung“ zu berücksichtigen seien.[21] Hieraus leitete die Klägerin eine Förderung der Institution gegenüber persönlichen Ermächtigungen ab. Auch lägen die Voraussetzungen zur Erteilung vor, da der Bedarf nach der Beendigung der Tätigkeit durch Dr. G bereits im Verfahren zu der beantragten Sonderbedarfszulassung nachgewiesen worden und weiterhin gegeben sei.
Auf Nachfrage des Gerichts, warum die Ermächtigung nicht persönlich für Herrn Dr. P. begehrt werde, führte die Klägerin das Anstellungsverhältnis des Dr. P an. Für eine persönliche Ermächtigung sei eine Praxisgemeinschaft mit den damit verbundenen unternehmerischen Risiken und Organisationsaufwand nötig, was beide Parteien ablehnten. Der Beklagte erwiderte, wirtschaftliche Erwägungen der Klägerin als Trägerin des MVZ änderten an dem Fakt des gegenseitigen Ausschließens der Statusformen Zulassung als MVZ und Ermächtigung nichts.
Das SG lehnte die begehrte Institutsermächtigung mangels des Vorliegens der Voraussetzungen der §§ 31 Abs. 2 Ärzte-ZV iVm. 5 Abs. 1 BMV-Ä iVm. 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V ab. Eine hinreichende Deckung des Bedarfs an strahlentherapeutischen Leistungen im Eizugsbereich des MVZ der Klägerin sei bereits gegeben. Zudem scheitere die Institutsermächtigung an dem Vorrang der persönlichen Ermächtigung.
In einem entscheidenden Punkt hat sich das Gericht nicht abschließend positioniert, und zwar zu der Frage, ob der Antrag auf Ermächtigung eines MVZ schon deswegen scheitern muss, weil es rechtlich nicht möglich ist, ein MVZ zu ermächtigen, oder ob es sich auch bei einem MVZ um eine ärztlich geleitete Einrichtung im Sinne von § 5 BMV–Ä handelt.[22]
Fraglich ist auch weiterhin, ob eine Institutsermächtigung grundsätzlich daran scheitert, dass die Zulassung als Vertragsarzt beziehungsweise eines MVZ zur vertragsärztlichen Versorgung einerseits und die Ermächtigung nicht zugelassener Ärzte beziehungsweise ärztlich geleiteter Einrichtungen andererseits sich grundsätzlich gegenseitig ausschließen. So sehe es das BSG, dass beide Formen der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung in Bezug auf denselben Arzt oder eine von ihm geleitete Gesundheitseinrichtung nicht nebeneinander bestehen können, zumindest „soweit sie das gleiche Tätigkeitsfeld betreffen“.[23]
Grundsätzlich sei jedenfalls die ambulante vertragsärztliche Versorgung durch niedergelassene Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten bzw. MVZ durchzuführen. Verbleibende Lücken seien durch Ermächtigung eines Krankenhausarztes beziehungsweise in zweiter Linie durch weitere Ärzte zu schließen. Die Institutsermächtigung gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Ärzte-ZV[24] oder gemäß § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV iVm. § 5 BMV-Ä sei dagegen als letzte Möglichkeit die absolute Ausnahme.
Dies ergebe sich auch aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 BMV-Ä, wonach ärztlich geleitete Einrichtungen nur in Ausnahmefällen zur Durchführung bestimmter Leistungen ermächtigt werden dürfen. Vorliegend könnten die Leistungen im Rahmen einer persönlichen Ermächtigung erbracht werden, wie dies auch vorher durch den Radiologen Dr. G aufgrund seiner Bestandsschutzregelung für „Alt-Radiologen“ nach der alten WBO der Fall war. Somit gehörten die strahlentherapeutischen Behandlungen auch nicht zum Leistungsumfang des MVZ an sich, sondern demjenigen des Dr. G persönlich. Da für Dr. G ein Nachfolger im Nachbesetzungsverfahren eingestellt wurde, würde durch eine zusätzliche persönliche Ermächtigung des radiologischen Nachfolgers das Praxissubstrat nicht nur erhalten, sondern sogar erweitert werden. Als Begründung für eine Institutsermächtigung tauge das Leistungsspektrum als Praxissubstrat daher nicht.
Bei bedarfsunabhängigen Ermächtigungen nach § 5 Abs. 2 BMV-Ä gelte zwar der Grundsatz des Vorrangs persönlicher Ermächtigungen vor ärztlich geleiteten Einrichtungen nicht, dies begründe das BSG aber gerade mit der Abgrenzung zu dem hier einschlägigen § 5 Ab. 1 BMV-Ä, welcher ausdrücklich regele, dass ärztlich geleitete Einrichtungen nur „in Ausnahmefällen“ ermächtigt werden können. Auch liege keine generelle Bevorzugung der Institutsermächtigung durch das BSG vor, da dieses sich in dem vom Kläger zitierten Passus gerade auf § 5 Abs. 2 BMV-Ä bezog habe und eben nicht auf § 5 Ab. 1 BMV-Ä.
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IV. Fazit
Der Ermächtigung sowohl einzelner Krankenhausärzte als auch ärztlich geleiteter Einrichtungen oder Krankenhausträgern selbst kommt in der Praxis eine erhebliche Bedeutung zu. Niedergelassene Radiologen sollten aufmerksam verfolgen, ob nahegelegene Krankenhäuser oder ärztlich geleitete Einrichtungen entsprechende Ambitionen hegen, eine (Instituts-)Ermächtigung zu beantragen.
Das BSG hat am 17.03.2021 entschieden, dass radiologische Behandlungsangebote in der Bedarfsplanung der spezialisierten fachärztlichen Versorgung für gesetzlich Versicherte mit einer PKW-Fahrtzeit von 45 Minuten zu erreichen sein müssen.[25] Unter Berücksichtigung dieser Zumutbarkeitsgrenze, lohnt es sich, das eigene radiologische Fachangebot zu überprüfen und gegebenenfalls Rechtsmittel gegen beantragte Ermächtigungen von Mitbewerbern einzulegen. Denn laut BSG ist in der spezialisierten fachärztlichen Versorgung auf die Raumordnungsregion abzustellen.
Die zuständigen Zulassungsausschüsse befragen mit Hilfe der KVen im Vorfeld einer Entscheidung über eine beantragte Ermächtigung die im maßgeblichen Umkreis liegenden Vertragsärzte zu deren vorhandenen Kapazitäten und Einschätzungen, ob eine Ermächtigung für die vertragsärztliche Versorgung des jeweiligen Planungsbereiches notwendig erscheint. Durch eine solche Beteiligung an dem Verfahren eröffnet sich die Möglichkeit, eigene Zweifel an der Erforderlichkeit zu äußern und zu belegen, sowie im Falle einer positiven Entscheidung zugunsten des Antragstellers der Ermächtigung Drittwiderspruch gegen den Genehmigungsbescheid zu erheben.
Niedergelassene Vertragsärzte sind darüber hinaus bei defensiven Konkurrentenklagen gegenüber Ermächtigungen von Krankenhausärzten klagebefugt. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat § 116 S. 2 SGB V und § 31a Abs. 1 S. 2 der Ärzte-ZV drittschützende Wirkung zugesprochen.[26] Entscheidend ist, dass § 116 SGB V eine allgemeine Vorrangregel zugunsten der niedergelassenen Vertragsärzte enthält, die nur dann und in dem Umfang nicht gilt, in dem sie ausdrücklich durch andere Rechtsvorschriften durchbrochen wird. Deshalb verletzen Ermächtigungen nach § 116 SGB V, die nicht durch das Ziel der Sicherstellung der Versorgung gerechtfertigt sind, konkurrierende Vertragsärzte in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG.[27] Insgesamt folgt daraus als Regel eine Unterscheidung zwischen bedarfsabhängigen (mit drittschützenden Normen) und bedarfsunabhängigen Ermächtigungen (kein Drittschutz).[28]
Eine materielle Drittanfechtungsbefugnis kommt dabei demjenigen zu, dessen Konkurrenten ein Basiszugang zur vertragsärztlichen Versorgung gewährt worden ist, wenn der Status des Anfechtenden gegenüber dem des Konkurrenten vorrangig ist und zwischen beiden ein faktisches Konkurrenzverhältnis besteht. Im Rahmen der Substantiierung ist auf das Herausarbeiten des faktischen Konkurrenzverhältnisses zu achten, welches die Darlegung erfordert, welches Leistungsspektrum der Anfechtende und der zu Ermächtigende bieten sowie wie viele Patienten und welcher prozentuale Anteil an Patienten aus dem Einzugsbereich der Betriebsstätte des zu Ermächtigenden stammen. Erforderlich sind relevante Überschneidungen in diesen Punkten sowie die Möglichkeit von relevanten Einkommenseinbußen bei dem Anfechtenden durch die mögliche Erteilung einer Ermächtigung zugunsten des Konkurrenten.
Krankenhausärzten oder -trägern, welche die Erteilung einer Ermächtigung begehren, stehen ebenfalls Rechtsschutzmöglichkeiten zu, sollte die beantragte Ermächtigung nicht erteilt werden. Bereits nach der einfachgesetzlichen Regelung des § 116 S. 2 SGB V besitzt ein Antragsteller einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Ermächtigungen, wenn die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen vorliegen. Dass S. 1 ein Ermessen vorsieht, das nur zu einem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung führen würde, spielt keine Rolle. Der Gesetzgeber hat dem Zulassungsausschuss einen gewissen Beurteilungsspielraum hinsichtlich des Bestehens des Bedarfs eingeräumt. Gegen einen ablehnenden Bescheid kann mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG vorgegangen werden. Ist die Zulassung unter eine auflösende Bedingung gestellt, kann bzw. muss diese isoliert angefochten werden.[29]
Gerichtlich überprüfbar sind Entscheidungen der Zulassungsgremien grundsätzlich nur insoweit, als die Vollständigkeit der Sachverhaltsermittlungen oder die Grenzen der Einhaltung des Beurteilungsspielraums sowie die Verdeutlichung und Erkennbarkeit der Erwägungen betroffen sind, da diesen ein Ermessenspielraum zusteht. Umso wichtiger ist es, im Rahmen einer Anhörung oder spätestens im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens sämtliche relevanten Tatsachen vollständig und substantiiert vorzutragen.
Prof. Dr. Peter Wigge
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht
Christina Feldmeier-Budelmann
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1 Die in diesem Beitrag verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich gleichermaßen auf weibliche und männliche Personen. Auf eine Doppelnennung wird zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet.
2 LSG BaWü, Urt. v. 17.05.2023, Az.: L 5 KA 743/20 – beck-online.
3 SG Nürnberg, Urt. v. 01.08.2024, Az.: S 13 KA 7/23 – juris.
4 Wigge/Kaufhold/Dawe, RoFo 2018, S. 890–894.
5 vgl. BSG, Urt. v. 20.3.2013, Az.: B 6 KA 17/12 R.
6 Joussen, in: Becker/Kingreen, SGB V, Gesetzliche Krankenversicherung, 2024, § 95 Rn. 17.
7 Vgl. BSG, Urt. v. 3.2.2010, Az.: B 6 KA 20/09 B.
8 vgl. BSG, Urt. v. 20.3.2013, Az.: B 6 KA 26/12 R; zur Geltung für Weiterüberweisungen LSG NRW Urt. v. 14.11.2018, Az. L 11 KA 50/17, Rn. 32 ff.
9 dazu und zur möglichen Beschränkung der Überweisungsbefugnis vgl. BSG, Urt. v. 3.5.2019, Az.: B 6 KA 42/18 B, Rn. 9.
10 Becker, in: Becker/Kingreen SGB V, 9. Auflage 2024, § 116, Rn. 15.
11 Vgl. BSG, Urt. v. 20.3.2013, Az.: B 6 KA 26/12 R, zitiert in Becker, in: Becker/Kingreen SGB V, 9. Auflage 2024, § 116, Rn. 16–20.
12 Vgl. BSG, Urt. v. 2.10.1996, Az.: 6 RKa 73/95; 26.1.2000, Az.: B 6 KA 51/98 R; GKV-Komm-SGB V/Rau § 116 Rn. 8; Hauck/Noftz/Geiger, Rn. 39.
13 Vgl. BSG, Urt. v. 9.6.1999,Az.: B 6 KA 25/98 R, zitiert in Becker, in: Becker/Kingreen SGB V, 9. Auflage 2024, § 116, Rn. 18.
14 LSG BaWü, Urt. v. 17.05.2023, Az.: L 5 KA 743/20.
15 BSG, Urt. v. 15.03.2017, Az.: B 6 KA 18/16 R, zitiert in LSG BaWü, Urt. v. 17.05.2023, Az.: L 5 KA 743/20, Rn. 12.
16 Vgl. BSG, Urt. v. 17.10.2007, Az.: B 6 KA 42/06 R.
17 SG Nürnberg, Urt. v. 01.08.2024, Az.: S 13 KA 7/23.
18 Vgl. BSG, Urt. v. 06.01.2000, Az.: B 6 KA 51/98 R, Urt. v. 25.01.2017, Az.: B6 KA 11/16 R.
19 Vgl. BSG, Urt. v. 30.11.1994, Az.: 6 R Ka 32/93.
20 Vgl. BSG, Urt. v. 27.06.2001, Az.: B 6 KA 39/00 R, Urt. v. 12.09.2001, Az.: B 6 KA 86/00.
21 Vgl. BSG, Urt. v. 25.01.2017, Az.: B 6 KA 11/16 R.
22 Vgl. den Wortlaut des § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V, so auch SG Köln, Urt. v. 23.11.2020, Az.: S 40 KA 8/19.
23 Vgl. BSG, Urt. v. 30.11.1994, Az.: 6 RKa 32/93.
24 Vgl. BSG, Urt. v. 26.01.2000, Az.: B 6 KA 51/98 R, LSG NRW, Urt. v. 24.11.2021, Az.: L 11 KA 2/20.
25 Vgl. BSG, Urt. v. 17.03.2021, Az.: B 6 KA 2/20 R.
26 Vgl. BVerfG, Urt. v. 17.8.2004, Az.: 1 BvR 378/00, Rn. 20.
27 Vgl. BSG GesR 2006, 15 f.; vgl. zu Konkurrentenklagen zwischen Ärzten, bezogen auf die Zulassung, BSG Urt. v. 28.10.2009, Az.: B 6 KA 42/08 R, zitiert in Becker, in: Becker/Kingreen SGB V, 9. Auflage 2024, § 116, Rn. 24.
28 Becker, in Becker/Kingreen SGB V, 9. Auflage 2024, § 116, Rn. 24.
29 Vgl. BSG, Urt. v. 20.3.2013, Az.: B 6 KA 26/12 R.
Publication History
Article published online:
18 March 2025
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