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DOI: 10.1055/a-2628-1146
Mit Weitblick in die Zukunft – Visionsarbeit
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Mit den Perspektiven Ihres Teams können Sie gemeinsam die Zukunft Ihres Unternehmens gestalten. Diese Arbeit lohnt sich für das Team genauso wie für Ihre Praxis.


Unter Vision verstehen wir ein inspirierendes Zukunftsbild. Es ist ein idealisiertes Bild, eine Art Leitstern, der anregt, Ziele in der Zukunft zu erreichen.
Ein wichtiges Merkmal ist, dass das Ziel in der Zukunft liegt – gern auch einige Jahre entfernt. In der Visionsarbeit entwickeln wir eine Idealvorstellung von dieser Zukunft, sie kann uns zeigen, was wir uns wirklich wünschen. Mithilfe von Imaginationsübungen lässt sich ein kreativer und lebendiger Prozess anstoßen, der die Vision lebendig macht und bei dem sie sich so real anfühlt, dass wir diese Vorstellung auch unbedingt verwirklichen wollen.
Das Besondere an der Arbeit mit Visionen ist, dass keine Fragen nach der Realisierbarkeit gestellt werden. Ist eine Umsetzung möglich? Geht das so überhaupt? Haben wir genug Ressourcen, zum Beispiel Zeit, Geld und Mitarbeitende? Solche Überlegungen finden zunächst keinen Raum, die Visionsarbeit überspringt sozusagen den Schritt der Zweifel, des Rationalen und des Abwägens. Vielmehr geht es darum, alle Ideen willkommen zu heißen.
” Alle Ideen sind erlaubt – egal, ob umsetzbar oder nicht.
Wir wollen an den Kern unserer Wünsche gelangen und bisher vielleicht unausgesprochene Ideen an die Oberfläche holen. Im Alltag sind wir häufig damit beschäftigt, aufkommende Ideen direkt zu bewerten und schnell in die Kategorien „realisierbar“ oder „nicht realisierbar“ zu sortieren. Das ist in der Visionsarbeit sehr bewusst nicht vorgesehen, denn es würde den Prozess der großen Ideenfindung verhindern.
Alles darf visioniert und gewünscht werden. Es geht darum, sehr klar zu spüren, was uns im Inneren bewegt und was wir wirklich wollen. Der Kopf hat sozusagen Ruhepause, während der Körper spüren darf, welche Zukunftsbilder positive Emotionen hervorrufen.
In meinen Einzelcoachings und bei Teamworkshops entstehen dabei immer wieder sehr berührende Situationen. Praxisinhaber*innen erinnern sich plötzlich an ganz vergessene Vorstellungen ihrer Selbstständigkeit. Manchmal rollen Tränen, weil ein Wunsch aus dem Innersten plötzlich unübersehbar im Raum steht und verdeutlicht, was lange Zeit verdrängt war.
Eine Vision zu bergen, ist ein Schatz. Auch in meinen Teambildungsworkshops ist es immer wieder beeindruckend, wie sehr ein Team zusammenrückt und beginnt, in die gleiche Richtung zu blicken. Das kann den Arbeitsalltag erleichtern, denn neben all den Herausforderungen wird nun deutlich, dass alle Schritte in Richtung der gemeinsamen Vision führen.
Vorteile der Visionsarbeit
Die Vorteile der gemeinsamen Arbeit mit Visionen sind vielfältig. Zuerst steigt die Motivation im Team, denn alle Wünsche und Vorstellungen sind erlaubt – es gibt keine Einschränkungen und es ist nicht wichtig, ob sich etwas umsetzen lässt oder nicht. Aus diesen Visionen werden in einem nächsten Schritt Ziele abgeleitet, damit es nicht bei einem Wunschdenken bleibt, das nie Realität wird. Gleichzeitig bleiben die ausgesprochenen Visionen für alle sichtbar – zum Beispiel auf einem sogenannten Visionsboard. So ist für alle jederzeit präsent, wie das Erreichen der kleinen und großen Ziele darauf einzahlt, dass Sie und Ihr Team der Vision näherkommen.
Gut erarbeitete Visionsbilder und das gemeinsame Gestalten der Zukunft können dafür sorgen, dass sich Mitarbeitende längerfristig an Ihre Praxis binden und diese Verbundenheit auch für weitere Teammitglieder interessant ist – das ist gerade in Zeiten des Fachkräftemangels wichtig. Dank der Vision verfügt die Teamarbeit über eine tragfähige und sichere Basis, was auch die Arbeit in den Teams zeigt.
Wenn das, was Sie und das Team an Wünschen und Vorstellungen äußern, ohne dass es direkt bewertet wird, entstehen plötzlich Bilder und Gedanken, die bisher nicht zum Vorschein kommen konnten. „Wenn alles möglich wäre …“ – unter diesem Blickwinkel können sowohl Ideen als auch kreative Vorschläge zu deren Umsetzung zutage treten. Für diese Umsetzung sind dann auch neue Wege und Ressourcen nötig, die die Mitarbeitenden nun einbringen dürfen.
Visionsarbeit im Team
Die gemeinsame Gestaltung der Zukunft erfolgt in 8 Schritten:
-
eigenes Visionsbild entwickeln (jede*r für sich)
-
Vision aufschreiben (jede*r für sich)
-
sich gegenseitig die Ideen vorstellen
-
ein gemeinsames Visionsbild erstellen
-
Ziele ableiten
-
Handlungsschritte umsetzen
-
Vision sichtbar machen
-
Visionsbilder aktualisieren
” Gut erarbeitete Visionsbilder können Mitarbeitende längerfristig an Ihre Praxis binden.
Um das eigene Visionsbild zu entwickeln, machen wir eine kleine Übung: Stellen Sie sich vor, Sie machen einen Sprung in die Zukunft und reisen in das Jahr 2026. Es ist Januar, die ersten Tage des neuen Jahres sind vorbei und Sie schauen auf das vor Ihnen liegende Jahr 2026. Sie kommen an Ihren Arbeitsplatz, auf den Sie sich schon gefreut haben, Sie denken an Ihr Team, Ihre Kolleg*innen, Ihre Mitarbeitenden und die zu erledigenden Tätigkeiten. Alle anfallenden Aufgaben fallen Ihnen leicht und machen Sie rundum zufrieden. Die Zusammenarbeit ist so, wie Sie es sich immer gewünscht haben: zufriedenstellend, bereichernd, motivierend, wachsend.
Malen Sie sich das positivste Zukunftsbild aus, das Sie sich vorstellen können. Was sehen Sie? Was nehmen Sie wahr? Wie und mit wem möchten Sie arbeiten? Wie sieht das perfekte Zukunftsbild aus? Was darf nicht fehlen? Wenn alles möglich ist, was wäre noch zu sehen? Was würden Sie erleben? Hier geht es darum, diese Zukunft so genau wie möglich zu beschreiben, mit Farben, Bildern und konkreten Beispielen.
Nun schreiben alle aus dem Team ihre eigenen Visionen auf, die während der Übung aufgetaucht sind. Auch die Gefühle, die dabei entstanden sind, sollen beschrieben und bewusst wahrgenommen werden. Wo genau sind die Emotionen körperlich spürbar? Indem man sich dieser sogenannten somatischen Marker bewusst wird, können positive oder negative Veränderungen wahrnehmbar werden. Dafür sollten alle auch immer wieder einen Blick auf die körperlichen Reaktionen werfen.
Sie möchten Ihre eigenen Visionen als Führungskraft/Praxisinhaber*in erarbeiten? Als ergopraxis-Leser*in erhalten Sie heute ein Geschenk: Ich lade Sie in meinem Visionsworkshop für Praxisinhaber*innen und Führungskräfte am 29. Oktober 2025 dazu ein, Ihre Visionen zu entwickeln. Die Teilnahme ist kostenlos.
Mehr Infos unter www.arensressource.de. Für eine Teilnahme schreiben Sie mir bitte eine E-Mail an arensressource@gmail.com mit dem Stichwort: MEINE VISION.
Alle Ideen kommen auf den Tisch
Bei der anschließenden gegenseitigen Vorstellung der Visionen ist es wichtig, dass alle Ideen ausgesprochen werden dürfen. Es wird nichts bewertet oder auf Umsetzbarkeit geprüft. Sie können den Schwerpunkt darauf legen, wo sich gemeinsame Visionen im Team zeigen, und zugleich die Offenheit des Teams würdigen.
Während Sie die Zukunftsbilder zusammentragen, entdecken Sie eventuell noch neue Aspekte der eigenen Vision – bleiben Sie dafür in dieser Phase weiterhin offen. Jeder dieser Aspekte kann ein wichtiger Baustein sein, der zu einer größeren Zufriedenheit jedes einzelnen Teammitglieds führt.
Nun erstellen Sie ein gemeinsames Visionsbild, zum Beispiel auf einem sogenannten Visionsboard, das im Teamraum aufgehängt werden kann. Dieser Prozess ist ein sehr verbindendes Element der Zukunftsarbeit. Alle Ideen zur gemeinsamen Vorstellung finden hier ihren Platz. Manche Gedanken doppeln sich vielleicht, andere stechen heraus, aber alle finden ihren Platz im Bild.


Die Zielformulierung
Aus diesem gemeinsamen Bild lassen sich nun konkrete Ziele ableiten. Damit erfolgt der Übergang der unkonkret formulierten Wünsche und Ideen in die Realität. Wenn Sie mit Ihrem Team der Vision näherkommen wollen, welche konkreten Schritte und Ziele leiten Sie daraus ab? Formulieren Sie gemeinsam die kleinen und großen Teilschritte so konkret wie möglich, am besten nach der SMART-Regel.
Den gemeinsamen Leitstern für das Team und die Praxis haben Sie nun vor Augen, die Ziele sind so heruntergebrochen, dass sich daraus Handlungsschritte ableiten lassen, die im Alltag auch umgesetzt werden dürfen. Hier lohnt wieder ein Blick auf die Ressourcen des Teams (ERGOPRAXIS 6/2025, S. 44), denn neue Ziele und Visionen führen oft auch zu neuen Aufgaben, die übernommen werden dürfen. Es ist daher wichtig, die Fähigkeiten des Teams zu kennen, damit die Erledigung dieser Aufgaben nicht im Ansatz stecken bleibt, nach dem Motto: „Das kann bei uns niemand.“
Nun sollte die gemeinsam gestaltete Vision einen Platz in Ihrem Unternehmen bekommen, ob visualisiert oder verschriftlicht. Dazu bieten sich der Teamraum und der Wartebereich an, es könnte aber auch in Kombination mit der Praxisphilosophie auf Ihrer Website und in der externen Kommunikation mit Kooperationspartner*innen, Überweiser*innen und Bewerber*innen für alle sichtbar erscheinen.
Halten Sie die Bilder aktuell!
Eine Vision ist nicht statisch, daher kann es ein schönes Ritual sein, sich regelmäßig mit der gemeinsamen Vision, den erreichten Zielen und den neuen Ideen und Zukunftsbildern auseinanderzusetzen. Ich bevorzuge dafür die Zeit rund um den Jahreswechsel, als Ausrichtung auf das neue Jahr.
Um überhaupt mit der Visionsarbeit anzufangen, bietet sich als Erstes die Gründungsphase der Praxis an. Als Praxisinhaber*in können Sie hier etwa mit dem Team die Ausrichtung der Praxis festlegen. Aber auch wenn das Team schon eine Weile konstant zusammenarbeitet, kann diese Art der Ideenentwicklung zu einem neuen Motivationsschub führen und Veränderungen und Weiterentwicklung bewusst anstoßen. Und auch in Phasen der Unruhe, zum Beispiel durch Kündigungen, neue Mitarbeitende oder Auseinandersetzungen im Team, kann dieses Vorgehen eine Neuausrichtung herbeiführen.
Fazit
Visionsarbeit lohnt sich für jeden Menschen. Ob man sich über berufliche Themen wie Selbstständigkeit, Veränderungen, Kommunikation oder Führungskompetenzen klar werden will oder neue Impulse im finanziellen Bereich braucht, zum Beispiel beim Umgang mit Geld oder im Hinblick auf die Erfüllung materieller Wünsche. Auch im privaten Umfeld lässt sich Visionsarbeit erfolgreich einsetzen, wenn es etwa um Hobbys, die Familie oder Partnerschaft, um den Urlaub oder die Gestaltung des Renteneintritts geht.
Im Team ist die Visionsarbeit eine Möglichkeit, eine verbindende Form des Miteinanders zu finden. Alle Tätigkeiten, alle Veränderungen können mit dem Zukunftsbild des Teams abgeglichen werden. So lässt sich auch überprüfen, ob Ziele auf die Erreichung der Visionen einzahlen, Entscheidungen lassen sich auf Grundlage der gemeinsamen Vision treffen. So werden Sie im Team ein Gefühl der Stimmigkeit erleben. Isabel Arens


ist Ergotherapeutin, Qualitätsbeauftragte, Fachwirtin und Systemischer Coach und Veränderungsmanagerin. Schwerpunktmäßig arbeitet sie mit Führungskräften und Teams aus Therapieberufen und verbindet das Systemische Coaching und Veränderungsmanagement mit dem Qualitätsmanagement. Die Einbindung der Ressourcen des Teams in nachhaltige Veränderungsprozesse ist ihr ein Herzensanliegen. Ressource – Isabel Arens: Workshops, Seminare und Coaching für Führungskräfte und Teams in Therapieberufen und Kita: www.arensressource.de
Publication History
Article published online:
29 September 2025
© 2025. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany


ist Ergotherapeutin, Qualitätsbeauftragte, Fachwirtin und Systemischer Coach und Veränderungsmanagerin. Schwerpunktmäßig arbeitet sie mit Führungskräften und Teams aus Therapieberufen und verbindet das Systemische Coaching und Veränderungsmanagement mit dem Qualitätsmanagement. Die Einbindung der Ressourcen des Teams in nachhaltige Veränderungsprozesse ist ihr ein Herzensanliegen. Ressource – Isabel Arens: Workshops, Seminare und Coaching für Führungskräfte und Teams in Therapieberufen und Kita: www.arensressource.de



