Schlüsselwörter
Alzheimer-Krankheit - Lecanemab - Krankheitsmodifizierende Therapie
Keywords
Alzheimer's disease - Lecanemab - Disease-modifying therapy
Alzheimer-Demenz und seine Vorstufen
Alzheimer-Demenz und seine Vorstufen
Die Alzheimer-Krankheit (AD) als Ursache der Alzheimer-Demenz ist eine mit
erheblichen Einschränkungen einhergehende Erkrankung des Gehirns, die in ihrer
Häufigkeit aufgrund der steigenden Lebenserwartung deutlich anwachsen wird. 2060
werden weltweit wahrscheinlich 13,8 Millionen Menschen erkrankt sein [1]. Die Folgekosten der Alzheimer-Demenz
sind sowohl für die Gesellschaft als auch die medizinische Versorgung immens. Es
wird davon ausgegangen, dass die globalen Gesundheitskosten für Patient*innen mit
Demenz 1313,4 Milliarden US Dollar für 55,2 Millionen von Menschen mit Demenz
betragen [2]. Modellberechnungen haben
ergeben, dass der Tod aufgrund einer Alzheimer-Demenz im Jahre 2040 an zweiter
Stelle weltweit nach dem Tod der ischämischen Herzkrankheit rangiert [3]. Zudem ist interessant, dass die globalen
Studien zur Krankheitslast zeigen, dass es im Zeitraum von 1990 bis 2019 einen
Anstieg der Inzidenz der Alzheimer-Demenz von 507, 96 auf 569,39 pro 100 000
Menschen zu verzeichnen gab [4]. Diese
Zahlen verdeutlichen die Notwendigkeit, die Behandlung der AD voranzubringen.
Amyloid-β Ablagerungen im Gehirn nehmen im Rahmen des Fortschreitens der AD zu und
sind weiterhin neben der Tau-Pathologie [5]
und einer Beteilung des Immunsystems mit einer Neuroinflammation wesentlicher
Bestandteil der Alzheimer Pathologie. Gerade in frühen Stadien der AD wie bei den
Demenzvorstufen der subjektiv kognitiven Beeinträchtigung (SCD) ohne
testpsychologisch verifizierbare kognitive Defizite oder einer leichten kognitiven
Beeinträchtigung (MCI) ohne wesentliche Beeinträchtigung der Alltagskompetenz ist
die Amyloid-Pathologie bereits über Biomarker im Liquor (erniedrigte Ratio Aβ42/40)
nachweisbar, die bereits vor einer nachweisbaren Tau Pathologie (erhöhtes p-tau217)
auftritt [6]. Somit ist der Nachweis einer
Amyloid-Pathologie im Liquor und bald auch im Blutplasma oft die erste Spur einer
Alzheimer-Krankheit [6]. Es sollte jedoch
hervorgehoben werden, dass der Marker p-tau217 mit der Amyloid-Pathophysiologie
zusammenhängt und in den S-3 Demenz Leitlinien [7] derzeit weiterhin p-tau181 im Liquor als der relevante Tau Marker für
eine AD neben der Ratio Aβ42/40 im Liquor gilt. Das Gesamt Tau Protein im Liquor
dient zur Erfassung der Ausprägung des neurodegenerativen Abbaus bei der AD.
Bisherige pharmakologische Optionen haben nicht die Entfernung der Amyloid-β
Ablagerungen zum Ziel, sondern basieren auf einer Neurotransmittermodulation. Solche
Therapieoptionen greifen beispielsweise in das cholinerge Defizit bei der
Alzheimer-Krankheit durch einen Acethylcholinesterasehemmer ein oder verhindern
durch einen N-Methyl-D-Aspartat Rezeptor (NMDAR) Antagonismus die durch eine
verstärkte glutamaterge synaptische Transmission hervorgerufene Neurotoxizität.
Bislang werden nach den S3-Leitlinien für Demenzen [7] nur solche rein symptomatische Therapien
bei der AD empfohlen wie die Verabreichung von Acethylcholinesterasehemmern zur
Kompensation des cholinergen Defizits oder dem NMDAR-Antagonisten Memantin zur
Verhinderung einer Neurotoxizität. Mittlerweile gibt es jedoch auch Medikamente zur
Therapie der Alzheimer-Krankheit, die nicht nur auf der symptomatischen Ebene,
sondern auch krankheitsmodifizierend wirken. In den USA sind als Vertreter dieser
Sparte bereits drei verschiedene Anti-Amyloid Antikörper wie Aducanumab, Donanemab
und Lecanemab von der FDA (Food and Drug Administration) zugelassen worden.
Aducanumab wird inzwischen in den USA nicht mehr vermarktet, da die in der Zulassung
geforderte zusätzliche Studie zur klinischen Effektivität des Aducanumab vorzeitig
2024 abgebrochen worden ist. Aufgrund der CLARITY-AD Studie [8] ist Lecanemab neben den USA auch in
anderen Ländern zugelassen worden wie in China, Hong- Kong, Israel, Südkorea und den
Vereinigten Arabischen Emiraten. In Europa ist am 14. November 2024 durch den
Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA)
nach einer erneuten Prüfung der Daten, die auf Antrag des Herstellers Eisai
durchgeführt wurde, die Zulassung von Lecanemab für die Behandlung von Patienten im
Frühstadium der AD empfohlen worden. Im April 2025 wurde Lecanemab von der
Europäischen Kommission für den europäischen Wirtschaftsraum zugelassen.
Wirkmechanismus von Lecanemab
Wirkmechanismus von Lecanemab
Lecanemab ist ein monoklonaler humanisierter Anti-Amyloid Antikörper, der sich mit
hoher Affinität vorwiegend gegen Amyloid-β Protofibrillen richtet [8]
[9], aber auch an Amyloid Oligomere und unlösliche Fibrillen bindet [10]. Die Affinität ist 10–15-mal größer für
Protofibrillen als für Monomere [11].
Insbesondere Amyloid-β Protofibrillen sind für Nervenzellen toxischer im Vergleich
zu unlöslichen Fibrillen sowie Monomeren [8]
[12]. Insgesamt ist das
bevorzugte Epitop des Immunoglobulin 1 Antikörper Lecanemab jedoch das lösliche
aggregierte Amyloid-β [13]. Das Epitop
beinhaltet eine kurze Aminosäuren lange Peptidsequenz. Das lösliche Aggregat von dem
Amyloid-β Peptid ist die Zielstruktur von Lecanemab. In der Literatur wird als
Epitop die Sequenz der Aminosäuren von 1-16 bei dem N-Terminus des Amyloid-β Peptid
angegeben [14]. Im Tierexperiment konnte
zudem gezeigt werden, dass Lecanemab die Zusammenlagerung aus Fibrinogen und
Amyloid-β trennt und auf diese Weise eine durch Fibrinogen vermehrte synaptische
Toxizität von Amyloid-β verhindert [15]. In
der 18 Monate andauernden Phase 3 Studie bei früher AD (CLARITY AD) konnte gezeigt
werden, dass Lecanemab durch die Bindung an Amyloid-β zu einer substanziellen
Reduktion der Amyloid-Ablagerungen im Amyloid-PET führt (Verminderung von −59,12
Centiloids gegenüber der Placebogruppe) [8]. Centiloids stellt eine Maßeinheit zur quantitativen Messung der Amyloid-β
Ablagerungen im Amyloid-PET dar. Die Veränderungen der Amyloid-Ablagerungen im
Amyloid PET wurden bei 698 Patienten in einer Substudie als sekundärer Endpunkt der
Studie betrachtet [8]. Darüber hinaus
wurden Blutbiomarker der AD im Studienverlauf bestimmt, um diese Amyloid-Rückbildung
im Amyloid-PET auf Ebene der Blutbiomarker abzubilden. Tatsächlich konnte gezeigt
werden, dass die Ratio Aβ42/40 im Blut angestiegen ist und die Blutplasmaspiegel von
p-tau181 und GFAP relativ zu den Placebo-behandelten Patienten deutlich geringer
ansteigen [8]. Auch im Liquor konnten
Veränderungen der spezifischen Alzheimer-Biomarker beobachtet werden, die für eine
Rückbildung der Pathologie sprechen wie ein nach 18 Monaten reduziertes p-tau181
Level und eine ansteigende Ratio Aβ42/40 [8]. Somit konnte auf der Ebene der Blutbiomarker gezeigt werden, dass der
Einsatz von Lecanemab zu einer biologischen Modifikation der pathophysiologischen
Korrelate der Amyloid-β und Tau Pathologie führt.
Klinische Effektivität von Lecanemab
Klinische Effektivität von Lecanemab
Insgesamt wurden in der Phase 3 Studie mit Lecanemab bei früher AD 1795 Patientinnen
rekrutiert [8]. 898 erhielten den
Anti-Amyloid Antikörper Lecanemab und 897 erhielten eine Placebo Behandlung [8]. Der primäre Endpunkt der Studie war die
Veränderung der Alltagsfertigkeiten und des Schweregrads der Demenz im Zeitverlauf,
die anhand der Demenz Rating Skala (CDR-Sum of Boxes=CDR-SB) eingeschätzt wurde. Die
CDR-SB ist ein Instrument, um den Schweregrad der Demenz bei Patienten über sechs
kognitive und funktionale Bereiche zu evaluieren wie Gedächtnis, Orientierung,
Urteilsvermögen und Problemlösung, gemeinschaftliche Angelegenheiten, Hobbies und
persönliche Pflege. Es konnte nach 18 Monaten Behandlung mit Lecanemab eine
geringere Verschlechterung der Fähigkeiten im Rahmen der Demenz im Vergleich zu
Placebo (der Unterschied betrug 0,45 Punkte im CDR-SB; Konfidenzintervall 95%,
−0,67, −0,23, p<0,001) ([Tab. 1])
erzielt werden [8]. Es sollte jedoch
berücksichtigt werden, dass der mittlere Score der Teilnehmer*innen bei Einschluss
3,17 Punkte im CDR-SB für die Verumgruppe und 3,22 für die Placebogruppe betrug.
Wichtig ist dies zu beachten, da der Effekt mit einem Weniger an Verschlechterung
von 0,45 anders zu gewichten ist, wenn sich dieser auf 3,2 Punkte bezieht und nicht
auf den Gesamtbereich von 18 Punkten im CDR-SB. Wenn man 0,45/3,2 betrachtet, ist
der Unterschied erheblich größer, als wenn der Bezugspunkt 18 ist (0,45/18). Dies
ist insbesondere relevant, da häufig argumentiert wird, dass der klinische Effekt
auf den Gesamtbereich der Skala bezogen sehr gering sei. Der Effekt von Lecanemab
bei früher AD war in der 18-monatigen Weiterführung in Form der OLE (Open label
extension) – Studie ähnlich und anhaltend (Reduktion des CDR-SB um −0,95 Punkte bei
Lecanemab gegenüber dem beobachteten kognitiven Abbau in der ADNI [Alzheimer’s
Disease Neuroimaging Initiative] Kohorte) [16]. Eine andere Studie ergab ebenso eine geringere, aber nicht
signifikante Verschlechterung der Fähigkeiten im Rahmen der Demenz (CDR-SB nach
einer Lecanemab-Behandlung im Vergleich zur Placebo-Behandlung von −0,31 (90%
Konfidenzintervall −0,620, 0,017; p=0,119) [13]. Zudem konnte auch eine geringere Verschlechterung der kognitiven
Fähigkeiten (Reduktion des ADAScog14 [Alzheimer’s Disease Assessment Scale-Cognitive
Subscale 14] Scores um −1,44 (95% Konfidenzintervall −2,27; −0,61; p<0,001) als
Differenz im Vergleich zu Placebo) bei 854 AD-Patienten mit Lecanemab Therapie
gegenüber 872 AD-Patienten mit Placebo-Behandlung beobachtet werden ([Tab. 1]) [8]. Darüber hinaus ergab sich ebenso in
einer anderen Skala zur Beurteilung der kognitiven Fertigkeiten eine geringe
Verschlechterung nach Lecanemab bei AD-Patienten im Vergleich zu Placebo (Reduktion
des ADCOMS [Alzheimer’s disease Composite Score] Wertes um −0,050 [95%
Konfidenzintervall −0,074; −0,027; p<0,001], [Tab. 1]) [8]. Zudem ergab sich
eine Steigerung der Alltagsfertigkeiten (Steigerung des ADCS-MCI-ADL [Activities of
Daily Living for Mild Cognitive Impairment] Wertes um 2 [95% Konfidenzintervall 1,2;
2,8; p<0,001]) bei 783 AD-Patienten mit Lecanemab Therapie gegenüber 796
AD-Patienten, die eine Placebo Behandlung erhielten ([Tab. 1]) [8]. In einem Simulations-Modell mit
Integration der CLARITY AD Daten konnte gezeigt werden, dass eine mittlere
Verzögerung von etwa 2,95 Jahren bei AD-Patienten durch Lecanemab als Zusatztherapie
zur Standardtherapie erreicht werden konnte [17]. Das entspricht einer gewonnenen Lebenszeit von in etwa 3 Jahren für
AD-Patienten mit Lecanemab Behandlung über einen Lebenszeitraum.
Tab. 1 Klinischer Effekt von Lecanemab.
|
Klinischer Bereich
|
Verwendete Skala
|
Mittlerer Differenz-Effekt gegenüber der Placebo Behandlung
|
Referenz
|
|
Gesundheitsstatus
|
EQ-5D-5L
|
49%
|
[18]
|
|
Kognition
|
ADASCog14
|
−1,44 (95% KI −2,27; −0,61#)
|
[8]
|
|
Kognition
|
ADCOMS
|
−0,050 (−0,074; −0,027#)
|
[8]
|
|
Lebensqualität
|
ADCS-MCI-ADL
|
2 (1,2; 2,8#)
|
[8]
|
|
Lebensqualität
|
QOL-AD
|
56%
|
[18]
|
|
Lebensqualität
|
ZBI
|
38%
|
[18]
|
|
Lebensqualität
|
QUALYs
|
0,64
|
[17]
|
|
Schwere der Demenzsymptome
|
CDR-SB
|
−0,45 (95% KI −0,67; −0,23#), (−0,95*), −0,31 (90% KI −0,62;
0,02**)
|
[8] ([16]*), [13]
|
Abkürzungen: ADASCog14=Alzheimer’s Disease Assessment Scale-Cognitive
Subscale14, ADCOMS=Alzheimer’s disease Composite Score,
ADCS-MCI-ADL=Activities of Daily Living for Mild Cognitive Impairment,
CDR-SB=Clinical Dementia Rating – Sum of Boxes, EQ-5D-5L=5-level EQ-5D
version, KI=Konfidenzintervall, QOL-AD=Quality of life in Alzheimer’s
disease, QUALYs=Quality adjusted life years, ZBI=Zarit Burden Interview.
*Ergebnisse der (OLE) Open Label Extension Studie, # p<0,001,
**p=0,119
Lebensqualität nach Therapie mit Lecanemab
Lebensqualität nach Therapie mit Lecanemab
Im Rahmen der CLARITY AD Studie wurde zudem die Lebensqualität nach Lecanemab-
Behandlung untersucht. Es wurden verschiedene Instrumente zur Messung der
Lebensqualität und des Gesundheitsstatus herangezogen wie die EQ-5D-5L (5-level
EQ-5D Version) als Patientenbeurteilung für den Gesundheitsstatus und die QOL-AD
(Quality of life in Alzheimer’s disease) als Messinstrument zur Patientenbeurteilung
und Angehörigenbefragung [18]. Die
Messinstrumente wurden verwendet, um die gesundheitsbezogene Lebensqualität (HRQoL)
zu bestimmen, die zu Beginn der Messungen und im Folgenden dreimal alle 6 Monate
durchgeführt wurde [18]. Diese HRQoL ist
deshalb so relevant, da sie sowohl die Perspektive der Patient*innen als auch die
der Angehörigen mit deren jeweiligen Wahrnehmungen einbezieht und auf welche Art und
Weise diese Wahrnehmungen andererseits die Krankheit an sich verändern können [18]. Es ergab sich eine weniger starke
Reduktion der Lebensqualität um ca. 49% (EQ-5D-5L, bezogen auf die adjustierte
mittlere Änderung des Skalenwertes gegenüber der Basisbedingung) oder um 56%
(QOL-AD, bezogen auf die adjustierte mittlere Änderung des Skalenwertes gegenüber
der Basisbedingung) bei Lecanemab nach 18 Monaten verglichen mit der
Placebobehandlung ([Tab. 1]) [18]. Somit war die HRQoL insgesamt gebessert
nach Lecanemab-Behandlung im Vergleich zur Placebo-Behandlung. Zudem wurden die
Angehörigen befragt mittels des Zarit Burden Interview (ZBI), um deren Belastung bei
der Betreuung von Angehörigen mit früher AD zu erfassen, dass eine weniger starke
Belastung für die Angehörigen von 38% nach Lecanemab Behandlung zeigte [18]. Eine Evidenz basierte
Modelluntersuchung mit Berücksichtigung der Literatur und der CLARITY AD Studie
ergab, dass die qualitätskorrigierten Lebensjahre (QALYs) um 0,64 unter
Berücksichtigung der Patienten- und Angehörigenperspektive angestiegen sind [17]. Somit konnte mehrfach gezeigt werden,
dass sich die Lebensqualität von sowohl den Demenzerkrankten als auch den
Angehörigen durch eine Lecanemab Gabe verbessert hat.
Sicherheit und Nebenwirkungen von Lecanemab
Sicherheit und Nebenwirkungen von Lecanemab
Lecanemab ist als sicher einzuschätzen, denn die Mortalität betrug 0,7% in der
Gruppe, die Lecanemab verabreicht bekamen und 0,8% in der Gruppe, die eine
Placebobehandlung erhielten ([Tab. 2])
[8]
[19]. In der Gruppe der Lecanemab Behandlung wiesen 14% schwere relevante
Nebenwirkungen auf und in 11,3% der Placebo-Behandlung traten solche Nebenwirkungen
auf ([Tab. 2]) [8]
[19]. Die häufigsten schweren Ereignisse, die zu einem Therapieabbruch von
Lecanemab führten, traten in 6,9% in der Gruppe der Patienten mit
Lecanemab-Behandlung und bei 2,9% bei Placebo-Behandlung auf [19]. Schwere Ereignisse waren
Infusionsreaktionen, Amyloid Bildgebungsanomalien mit Ödemen (ARIA-E), Synkopen und
Angina Pectoris [8]. Die häufigsten
unerwünschten Ereignisse waren infusionsbezogene Nebenwirkungen bei 26,4% der
AD-Patienten mit Lecanemab-Behandlung und bei 7,4% der AD-Patienten, die eine
Placebo-Behandlung bekamen [8]. Ernsthafte
schwere Ereignisse traten bei 1,2% der mit Lecanemab behandelten, jedoch nicht bei
Placebo-behandelten AD-Patienten auf [19].
Darüber hinaus traten ARIA-H mit Mikro- und Makrohämorrhagien auf [8]
[19]. Eine superfizielle Siderose wurde bei 5,6% der AD-Patienten, die
Lecanemab als Therapie erhielten und in 2,3% der AD-Patienten mit einer
Placebo-Behandlung beobachtet [19].
Hingegen traten ARIA-E bei 12,6% der AD-Patienten mit Lecanemab und bei 1,7% der
AD-Patienten mit Placebo-Behandlung auf ([Tab.
2]) [8]
[19]. Es gibt eine Reihe an spezifischen
Nebenwirkungen durch Lecanemab, jedoch sind schwerwiegende Nebenwirkungen sehr
selten.
Tab. 2 ARIA Nebenwirkungen bei Lecanemab-Therapie versus Placebo
in der CLARITY AD und OLE-Studie.
|
Art der Nebenwirkung
|
Zielgruppe
|
CLARITY AD
|
CLARITY AD
|
Refe-renzen
|
OLE
|
Refe-renzen
|
|
|
Lecanemab (n=898)
|
Placebo (n=897)
|
|
Lecanemab (n=1612)
|
|
|
ARIA-E
|
Insgesamt
|
12,6%
|
1,7%
|
[8, 19]
|
13,6%
|
[19]
|
|
ApoE4 homozygot
|
32,6%
|
3,8%
|
[8, 19]
|
34,5%
|
[19]
|
|
ApoE4 heterozygot
|
10,9%
|
1,9%
|
[8, 19]
|
11,6%
|
[19]
|
|
Nicht ApoE4 Träger
|
5,4%
|
0,3%
|
[8, 19]
|
6,5%
|
[19]
|
|
ARIA-H
|
Insgesamt
|
16,9%, 17,3%
|
8,9%, 9%
|
[8, 19]
|
18,5%
|
[19]
|
|
ApoE4 homozygot
|
38,3%, 39%
|
21,1%,
|
[8, 19]
|
39,8%
|
[19]
|
|
ApoE4 heterozygot
|
13,8%
|
8,6%
|
[19]
|
16,1%
|
[19]
|
|
Nicht ApoE4 Träger
|
11,5%
|
3,8%
|
[19]
|
11,9%
|
[19]
|
|
Mortalität
|
Insgesamt
|
0,7%
|
0,8%
|
[19]
|
1,0%
|
[19]
|
|
Schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis
|
Insgesamt
|
14%
|
11,3%
|
[19]
|
15%
|
[19]
|
|
Schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis mit ARIA-E
|
Insgesamt
|
0,8%
|
0%
|
[19]
|
1,1%
|
[19]
|
|
Schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis mit ARIA-H
|
Insgesamt
|
0,2%
|
0%
|
[19]
|
0,6%
|
[19]
|
Abkürzungen: ARIA-E=Amyloid assoziierte Bildgebungsanomalien mit Ödem,
ARIA-H=Amyloid assoziierte Bildgebungsanomalien mit Blutung, OLE=open label
extension study
ApoE4 Genotyp als Risikofaktor für Nebenwirkungen von Lecanemab
ApoE4 Genotyp als Risikofaktor für Nebenwirkungen von Lecanemab
Es gibt Hinweise, dass der ApoE4 Genotyp der wichtigste genetische Risikofaktor für
die Entwicklung einer sporadischen AD ist [20] und zudem bedeutend ist für die vaskuläre Instabilität, die Patienten
zur Mikrohämorrhagien prädisponieren kann [21]. ApoE beeinflusst die Integrität der neurovaskulären Funktion, kann
die Immunregulation beeinträchtigen und kann zudem zur Akkumulation von Amyloid-β
bei der cerebralen Amyloid Angiopathie (CAA) führen [22]. ApoE weist in Menschen drei
verschiedene Allele auf: ApoE2, ApoE3 und ApoE4. Während die ApoE2 das Risiko für
eine AD reduziert, steigert das ApoE4 Allel das Risiko für eine cerebrale Amyloid
Angiopathie und andere Kopathologien der AD wie cerebrovaskuläre Erkrankungen [23]. Die ApoE4 Allelfrequenz beträgt ca. 14%
bei der Allgemeinbevölkerung und bis zu 37% bei der AD [20]. In der CLARITY AD Studie waren 53%
heterozygot und 16% homozygot bezüglich der Ausprägung des ApoE4 Allels [8]. ApoE4 Träger haben ein gesteigertes
Risiko für die Ausbildung von ARIA, die entweder symptomatisch oder wiederholt
aufgetreten sind [19]. Zudem haben ApoE4
Träger auch ein erhöhtes Risiko für die cerebrale Amyloidangiopathie mit
Inflammation (CAA)-ri / Amyloid-β bezogene Angiitis (ABRA), die zudem ein
Risikofaktor für die Entwicklung einer ARIA darstellt [10]. In der CLARITY AD Studie wurden ARIA-E
bei heterozygoten ApoE4 Trägern bei 10,9% und in homozygoten ApoE4 Trägern bei 32,6%
und bei ApoE4 Nicht Trägern bei 5,4% beobachtet ([Tab. 2]) [8]. Symptomatische ARIA-E ereigneten sich
bei heterozygoten ApoE4 Trägern mit AD bei 1,7%, bei homozygoten ApoE4 Trägern mit
AD bei 9,2% und bei nicht ApoE4 Trägern mit AD wurden diese nur bei 1,4% beschrieben
[19]. Insgesamt sind die ARIA-H und
ARIA-E bei homozygoten ApoE4 Trägern bei AD-Patienten deutlich häufiger als bei
heterozygoten oder Nicht ApoE4 Trägern.
Vaskuläre Hirnschädigung und Lecanemab
Vaskuläre Hirnschädigung und Lecanemab
In einer Übersicht [19] wurden die
Sicherheitsdaten der CLARITY AD Studie und der OLE -Studie in Teilnehmern mit früher
AD präsentiert. Es wurden bei diesen Sicherheitsdaten die Daten von 1795 Teilnehmern
der CLARITY-AD und bei 1612 Teilnehmern mit mindestens einer Dosierung von Lecanemab
(CLARITY AD und OLE) ausgewertet. Es gab keine Todesfälle, die auf Lecanemab
zurückgeführt werden konnten in der CLARITY AD Studie, jedoch gab es 9 Tote während
der OLE-Studie [19]. 4 von diesen 9 Toten
stehen mit der Lecanemab Medikation in einem Zusammenhang [19]. Drei dieser Toten konnten auf eine
intrazerebrale Blutung zurückgeführt werden [19]. Es zeigten sich ARIA-H bei 8,9% (n=897) der AD-Patienten, die eine
Placebo erhielten und bei 16,9% (n=898) der AD-Patienten, die Lecanemab einnahmen
in
der CLARITY AD Studie, während in der CLARITY AD und OLE-Studie diese bei 18,5%
(n=1612) auftraten ([Tab. 2]) [19]. Intrazerebrale Blutungen (CLARITY AD:
Placebo 0,1%, Lecanemab 0,6%; OLE: Lecanemab 0,5%) waren deutlich weniger häufig bei
den AD-Patienten mit Lecanemab als Mikrohämorraghien (CLARITY AD: Placebo: 7,6%,
Lecanemab: 14,0%; OLE: Lecanemab 16%) und superfizielle Siderosen (CLARITY AD:
Placebo 2,3%, Lecanemab: 5,6%; OLE Lecanemab: 6%) [19]. Für die Risikostratifizierung von
AD-Patienten für die Lecanemab Gabe ist es daher erforderlich, die Präsenz von
CAA-Biomarkern und die kortikale superfizielle Siderose zu berücksichtigen. Wenn die
ApoE Trägerschaft in der CLARITY AD und der OLE-Studie berücksichtigt wird bei der
Ausbildung von ARIA-H, ist festzustellen, dass ARIA-H deutlich häufiger bei ApoE4
Homozygoten AD-Patienten (38,3% bei Lecanemab vs. 21,1% bei Placebo bei CLARITY AD,
OLE: 39,8% bei Lecanemab) auftraten ([Tab.
2]) [19]. Diese sind häufiger als
bei heterozygoten ApoE4 AD-Patienten (13,8% bei Lecanemab vs. 8,6% vs. Placebo bei
CLARITY AD, OLE: 16,1% bei Lecanemab) und deutlich häufiger als bei Nicht
ApoE4-Trägern bei AD-Patienten (11,5% bei Lecanemab vs. 3,8% bei Placebo bei CLARITY
AD, OLE: 11,9% bei Lecanemab) [19]. Somit
wird ersichtlich, dass die homozygote ApoE4 Trägerschaft bei AD-Patienten häufiger
mit ARIA-H assoziiert ist und damit nachvollziehbar ein Ausschlussgrund für die
Vergabe des Lecanemab sein sollte. Zudem ist es wahrscheinlich, dass ApoE4 mit einem
vermehrten Auftreten einer kongophilen Amyloid Angiopathie vergesellschaftet ist
[24].
Empfehlungen für den Gebrauch des Lecanemab
Empfehlungen für den Gebrauch des Lecanemab
Alle zwei Wochen wird Lecanemab über eine intravenöse Infusion à 10mg/kg über eine
Zeitdauer von einer Stunde appliziert [8]
[9]
[10]. Im Mittel hat Lecanemab eine
Halbwertszeit von ca. 5,3 Tagen [25]. Eine
proteolytische Spaltung führt dazu, dass Lecanemab eliminiert wird [25]. Zudem wird Lecanemab nicht hepatisch
metabolisiert oder renal ausgeschieden [25]. Es sollte bei der ersten Gabe für drei weitere Stunden nach der Infusion
eine Überwachung stattfinden, um infusionsbezogene Nebenwirkungen zu überwachen
[10]. Hingegen kann dies bereits bei
der zweiten und dritten Gabe auf 2 Stunden und bei der vierten Gabe auf eine halbe
Stunde verringert werden, wenn bis dato sich keine Infusionsreaktionen ereignet
haben [10]. Zudem sollte für die
frühzeitige Identifikation von ARIA’s eine Magnetresonanztomographie (MRT) nach der
5ten, 7ten und 14ten Infusion ergänzt werden [8]. Darüber hinaus sollte auch ein MRT vor der 26. Infusion insbesondere
bei den AD-Patienten, die ApoE4 Träger sind durchgeführt werden [10]. Es ist wichtig, dass Neuroradiologen in
der Sichtung der ARIAs geschult werden. Des Weiteren ist es relevant, dass diese
auch in Verbindung mit den jeweiligen Klinikern die Erkennung und das Management der
Symptome und radiologischen Veränderungen besprochen wird. Es ist beispielsweise für
radiologisch nur leichte, aber asymptomatische ARIA sinnvoll, die Lecanemab
Infusionen und eine monatliche MRT- Kontrolle durchzuführen [10]. Diese Kontrollen sollten so lange
erfolgen, bis ARIA-H sowie ARIA-E stabilisiert haben [11]. Die Infusionen von Lecanemab sollten
jedoch nicht fortgeführt werden, wenn hingegen mittelschwer oder schwer ausgeprägte
ARIA sich ereignen [11]. Zudem sollten auch
AD-Patienten ein monatliches MRT erhalten, bis ARIA-E sich ganz zurückgebildet und
die ARIA-H sich in der Ausdehnung stabilisiert haben [11]. Darüber hinaus ist es wichtig, schwere
Fälle von ARIA zu erkennen, die einem CAA-ri Syndrom ähnlich sind und ein
großflächiges ödematöses Hirnareal einschließen [26]. ARIAs können reversibel sein, aber auch mit dem Tod enden [19]. Nach dem Ausschluss einer cerebralen
Ischämie mit Diffusions-gewichteten Sequenzen im MRT, sollte überdacht werden, ob
eine hochdosierte Glucocorticoidtherapie à 1 g über 5 Tage mit einer langsamen
Reduktion über mehrere Wochen durchgeführt werden sollte [10]. Eine schwer ausgeprägte ARIA, die sich
entweder nur in der Bildgebung und/ oder symptomatisch als schwer einstufen lässt,
sollte dazu führen, die Lecanemab-Infusionen zu beenden [10]. Aber auch jede großflächige
Hirnblutung, mehr als zehn Mikrohämorrhagien oder zwei ARIA-Episoden seit
Behandlungsbeginn sollte ebenso einen Grund darstellen, um eine Lecanemab-Behandlung
abzubrechen [10]. Aber auch für schwere
Infusionsreaktionen sollte die Infusion gestoppt werden und Diphenhydramin
(25–50 mg) oder Acetominophen (650–1000 mg) verabreicht werden [10]. Diese Medikamente sollte alle 4–6
Stunden erneut verabreicht werden, bis sich die Symptome komplett zurückgebildet
haben. Falls diese Medikamente ineffektiv sind, kann Dexamethason in einer Dosierung
von 10–15 mg über 6 Stunden vor der Infusion oder Methylprednisolon in einer
Dosierung von 80 mg ebenso 6 Stunden vor der Infusion verabreicht werden [10].
Bisherige Erfahrungen mit Lecanemab
Bisherige Erfahrungen mit Lecanemab
Es wurde kürzlich eine Studie publiziert [9], die zu den ersten Erfahrungen mit der Lecanemab Behandlung bei
AD-Patienten in Louisville Norton in den USA berichtet. Es wurden 71 Patienten mit
im Liquor bestätigter AD eingeschlossen und es wurde mindestens 1 Gabe von Lecanemab
verabreicht [9]. In dieser
AD-Patientenpopulation waren 13% homozygote und 51% heterozygote ApoE4 Träger. 24%
hatten davon ARIAs [9]. Von den 12
AD-Patienten die ARIAs entwickelt haben waren 4 homozygot und 6 heterozygote ApoE4
Träger [9]. Von den 9 Patienten, die
homozygote ApoE4 Träger waren, hatten 44% ARIAs. Von den 36 heterozygoten ApoE4
Träger mit AD hatten 17% ARIAs [9]. Das
entspricht einer ähnlichen Dimension und Verteilung der ARIAs bezüglich der ApoE4
Trägerschaft bei den Patienten wie bei den Zulassungsstudien. Jedoch waren die
infusionsbezogenen Nebenwirkungen etwas häufiger mit 37% gegenüber 26% bei CLARITY
AD [9]. Für die klinische Wirksamkeit
liegen noch keine Langzeitdaten vor. Insgesamt kann somit vorübergehend festgehalten
werden, dass zwar etwas häufigere infusionsbezogene Nebenwirkungen, aber eine
ähnliche Häufigkeit der ARIA vorlagen.
Diskussion
Lecanemab ist ein Durchbruch in der Therapie der Alzheimer-Krankheit, da diese
Substanz auf Biomarker Ebene nachweislich krankheitsmodifizierend ist. Zudem kann
auch klinisch eine Verbesserung gegenüber der Placebo-Behandlung um 27% nach den
Daten der CLARITY AD Studie demonstriert werden. Noch bedeutender ist
wahrscheinlich, dass durch die Lecanemab- Behandlung das Progressionsrisiko
innerhalb von Demenzstadien um 31% gesenkt werden kann [27].
Kritische Würdigung des klinischen Effekts von Lecanemab
Dennoch gibt eine erhebliche Kontroverse um den klinischen Benefit und die
biologische Wirksamkeit von Lecanemab. Eine Gruppe von Autoren geht nach
Berechnungen davon aus, dass der Behandlungseffekt mit 2,5% durch Lecanemab
wesentlich geringer ist als behauptet [28]. Zudem sei die kognitive Leistungsfähigkeit im ADASCog14 Score in
dem Beobachtungszeitraum von 24 Wochen sogar schlechter als nach der
Standardbehandlung mit Donepezil 10 mg/d [28]. Andere Autoren berechneten, dass nach Bezug der klinischen
Effektivität nur auf die Änderung des CDR-SB, Lecanemab zu einem numerisch
kleineren klinischen Effekt auf der CDR-SB von −0,45 als Donepezil mit −0,53
führte [29]. Jedoch gilt es auch hier
zu bedenken, dass die Bezugsgröße entscheidend für die Wertigkeit des klinischen
Effekts sein kann, je nach Ausgangswert des CDR-SB bei Einschluss. Andererseits
konnte in der OLE-Studie ein anhaltender Effekt von insgesamt −0,95 gegenüber
der ADNI-Kohorte beobachtet werden, so dass möglicherweise Lecanemab über einen
längeren Zeitraum von 3 Jahren effektiver als Donepezil ist. In anderen Skalen
wie der ADASCog zeigte Donepezil gegenüber Lecanemab sogar einen klaren Benefit
(−2,37 Verlangsamung bei Donepezil versus −1,44 Verlangsamung bei Lecanemab)
[29], so dass im Langzeitverlauf
unter kritischer Würdigung Lecanemab wahrscheinlich effektiver ist, obwohl der
klinische Unterschied zu Beginn zwischen den Substanzen nicht erheblich ist.
Berücksichtigt wird hierbei jedoch nicht, dass es Subpopulationen bei der
CLARITY AD Studie gibt, die eine solche Anzahl mitbedingen wie die ApoE4
Trägerschaft und eine orale Antikoagulation. Durch Ausschluss der homozygoten
ApoE4 Träger unter den AD-Patienten kann das Auftreten von leichten bis zu
moderaten Nebenwirkungen von 10% auf 2% reduziert werden [27]. Patienten mit einer oralen
Antikoagulation sollten von der Gabe von Lecanemab grundsätzlich nach den
Empfehlungen der CHMP ausgeschlossen werden.
Geografische Verfügbarkeit und Risikoabschätzung
Weitere Aspekte sind in der Anwendungsplanung von Lecanemab zu berücksichtigen,
wie beispielsweise die geografische Zugänglichkeit und Verfügbarkeit des
Präparats. In einer Simulationsstudie wurde dies für eine Region in Japan
berechnet [30]. Dies ist von Bedeutung,
da die Verabreichung von Lecanemab nur in einzelnen Zentren angeboten werden
wird, sodass Überlegungen stattfinden müssen, wie solche Zentren erreicht und
welche Patienten in solchen Zentren vorranging behandelt werden sollten. Wenn
Lecanemab mit anderen Antikörpertherapien im Bereich der Onkologie, der
Neurologie und der Rheumatologie verglichen wird, ist Lecanemab sogar
kostengünstig [31]. Die Anzahl der zu
behandelnden Patienten, um einen Effekt zu erzielen, ist ebenso vergleichbar wie
für die Antikörper Ocrelizumab bei der Multiplen Sklerose und beträgt 14–18
[31]. Sowohl das Risiko des Todes
durch das Medikament ist gering bei 0,1% [31] und auch das Risiko für schwerwiegende Ereignisse während der
Behandlung ist mit 7% [31] eher
risikoärmeren Bereich der monoklonalen Antikörper einzuordnen, die in der
Onkologie oder Neurologie eingesetzt werden. In den USA sind bereits Gruppen von
verschiedenen Disziplinen wie Geriatrie, Psychiatrie, Neurologie,
Nuklearmedizin, Neuroradiologie eingerichtet worden, um Patienten für die
Lecanemab Behandlung zu identifizieren und gemeinsam zu behandeln ähnlich wie
dies in Tumorboards bereits praktiziert wird.
Ökonomische Aspekte der Behandlung mit Lecanemab
Es kann von einem erheblichen Bedarf an Patienten unter Berücksichtigung der
Ausschlusskriterien mit früher AD für Lecanemab ausgegangen werden. Die
Behandlungskosten betragen für Lecanemab ca. 26 500 US-Dollar pro Jahr. Zudem
sind die Kosten für die MRT und Amyloid-Positronen Emissions Tomographie (PET)
Untersuchungen zu veranschlagen, die in einer ersten Schätzung bei einem
reduzierten Preis von Lecanemab von 9275 US-Dollar ca. 177 000 US-Dollar und
somit 168 202,98 Euro bei einem Patienten mit einem günstigen klinischen Verlauf
bei Verhinderung einer Progression von MCI zu einer Demenz über 3 Jahre betragen
[32]. Somit ist es wichtig, dass
nicht nur die reine Medikamenten Applikation berücksichtigt wird, sondern für
ein Szenario der mit Lecanemab Gabe in Verbindung stehenden Kosten auch zudem
notwendige apparative Kosten für die Bildgebung eingepreist werden. Trotz der
hohen Kosten ist Lecanemab aus gesundheitsökonomischen Gründen sinnvoll. Dies
liegt daran, dass Modellberechnungen in einer Studie [17] ergeben haben, dass die Kosten aus
US-amerikanischer Sicht für Lecanemab zusätzlich zur Standardbehandlung unter
Berücksichtigung des Zugewinns von QALYs (0,64) (QUALYs = Quality-adjusted life
years, Qualitätsbereinigtes Lebensjahr) und einem Zugewinn an zusätzlichen
Lebensjahren sich ökonomisch rentieren. Ganz wichtig ist auch ein Kostenaspekt,
der dadurch entsteht, wenn Lecanemab nicht eingesetzt wird. Es gab nämlich
Berechnungen, die zeigten, dass eine Behandlung mit Lecanemab zusätzlich zur
Standardbehandlung bei einem Zugewinn an Lebensqualität zu einer Reduktion von
Nicht-Behandlungskosten führten, die etwa 8707 US-Dollar betragen [17]. Aus diesen Berechnungen geht
hervor, dass durch die Lecanemab Behandlung auch erhebliche Einsparungen an
Kosten für das Gesundheitssystem innerhalb der Demenzbehandlung möglich
sind.
Fazit für die Praxis
Der Nutzen durch eine Therapie mit Lecanemab hinsichtlich Kognition, Lebensqualität
und Alltagskompetenzen überwiegt gegenüber dem Risiko Schäden durch die Therapie zu
erleiden, wenn die Ausschlussgründe für eine Therapie wie ApoE4 Homozygotie und
orale Antikoagulation berücksichtigt werden.
Die nationale Versorgungsstruktur von Patienten mit AD wird optimiert werden müssen,
um die innovative krankheitsmodifizierende Therapie einer möglichst hohen Zahl an
Patienten anbieten zu können, die voraussichtlich besonders nachhaltig profitieren
werden.
Die Umgestaltung und Etablierung neuer Versorgungskonzepte, die finanziell abgestimmt
sein sollten mit den jeweiligen finanziellen Versorgungsträgern, ist eine große
Herausforderung für die nächsten Jahre.