Einleitung
Die Mikrochirurgie und Supermikrochirurgie befassen sich mit Eingriffen an feinen
Strukturen im Millimeter- und Submillimeterbereich, bei denen Präzision und
Tremorkontrolle den operativen Erfolg maßgeblich beeinflussen können [1 ].
Mit dem Symani Surgical System (MMI, Jacksonville, USA) steht erstmals ein
kommerziell verfügbares roboterassistiertes System zur Verfügung, das speziell für
solche mikrochirurgischen Verfahren entwickelt wurde. Im Bild 1 sieht man eine
Operation mit dem Symani Surgical System (rechts im Bild), das durch den Operateur
(links im Bild) über die Master-Controller bedient wird. Über ein Exoskop wird der
OP-Situs auf den Bildschirm übertragen ([Abb.
1 ]).
Abb. 1 Operation mit dem Symani Surgical System (rechts im Bild) das
durch den Operateur (links im Bild) über die Master-Controller bedient wird.
Über ein Exoskop wird der OP-Situs auf den Bildschirm übertragen.
Dieses von der FDA zugelassene und CE-zertifizierte System zeichnet sich durch die
weltweit kleinsten gelenkenthaltenden Instrumente aus, die Bewegungen bis zu 20-fach
skalieren und gleichzeitig durch Tremor verursachte Fehlbewegungen erheblich
reduzieren können [2 ]. Durch diese
technischen Möglichkeiten sollen operative Eingriffe nicht nur sicherer und
effizienter gestaltet, sondern auch neue, komplexere Techniken ermöglicht
werden.
Über den Musa‑Prototyp von Microsure (Eindhoven, Niederlande) erschienen 2018 erste
Veröffentlichungen zu präklinischen Studien [3 ]
[4 ]. Die Musa-Plattform
erhielt als weltweit erstes Robotersystem für offene Mikrochirurgie eine
CE-Zulassung nach der damaligen MDD-Richtlinie, womit ein begrenzter klinischer
Einsatz in den Niederlanden startete [5 ].
Schließlich wurden 2017 erstmals lymphovenöse Anastomosen (LVA) am Menschen
durchgeführt [6 ]. Zum Zeitpunkt des
Workshops lag jedoch keine Zulassung für die klinische Anwendung des aktuellsten
Systems, Musa-3, in Deutschland vor, sodass an den am Konsensus teilnehmenden
Zentren keine Eingriffe mit diesem System vorgenommen wurden.
Während Systeme wie der Musa-3 noch nicht für den klinischen Einsatz zugelassen sind,
wurden Operationsroboter wie das Da Vinci Surgical System (Intuitive Surgical,
Sunnyvale, Kalifornien, Vereinigte Staaten) bereits in der rekonstruktiven
Mikrochirurgie erprobt. Dieser wurde jedoch nicht speziell für den Einsatz in der
Mikrochirurgie konzipiert. Aufgrund der nicht unerheblichen Instrumentengröße und
begrenzter optischer Vergrößerung sind diese Systeme insbesondere hinsichtlich der
mikrochirurgischen Einsatzmöglichkeiten deutlich limitiert und werden daher nicht
routinemäßig eingesetzt [7 ]
[8 ]
[9 ]
[10 ]. Hervorzuheben ist
jedoch, dass mit Hilfe des Da Vinci Surgical Systems die zumindest partielle
Möglichkeit einer minimalinvasiven Lappenpräparation und Hebung wie der
DIEP-Lappenplastik oder der M. latissimus dorsi-Lappenplastik besteht [11 ]
[12 ]
[13 ]
[14 ]
[15 ]
[16 ]
[17 ]. Nur einzelne Arbeiten beschreiben die
Durchführung mikrochirurgischer Anastomosen mit diesem System [18 ].
Speziell für die mikrochirurgische Anwendung ist seit der CE-Zertifizierung im Jahr
2019 das Symani Surgical System (in der Folge abgekürzt als Symani) sowohl in
präklinischen Studien als auch in klinischen Anwendungen im Einsatz [2 ]
[19 ]
[20 ]
[21 ]. Erste Untersuchungen zeigen, dass der
Symani hinsichtlich Anastomosenpatenz vergleichbare Ergebnisse wie der bisherige
Goldstandard, die manuelle Technik, liefert, bei möglicherweise größerer
Gewebeschonung (hinsichtlich Endothelschäden, Thrombusbildung und
Intimaproliferation) [2 ]
[19 ]. Der erste publizierte klinische Einsatz
des Symani war die Transplantation eines ultradünnen ALT-Lappens bei einer
15-jährigen Patientin zur Fußrekonstruktion [20 ]. Seitdem hat das System vielfältige Anwendung in verschiedenen
Bereichen der rekonstruktiven Mikrochirurgie gefunden, wie der Lymphchirurgie, der
Nervenrekonstruktion, der autologen Brustrekonstruktion, sowie auch bei der
Versorgung handchirurgischer Notfälle [22 ]
[23 ]
[24 ]
[25 ]
[26 ]. Die Lymphchirurgie
zählt inzwischen zu den vielversprechendsten Anwendungsfeldern der
roboterassistierten Chirurgie, weil Eingriffe an Lymphgefäßen mit Durchmessern von
deutlich unter einem Millimeter besonders stark von Tremorfilterung und präziser
Bewegungsskalierung profitieren [22 ]
[26 ].
In einer 2023 publizierten Serie von 23 konsekutiven freien Lappenplastiken im
Kopf-Hals-und Extremitätenbereich, wurde, unter Verwendung des Symani, eine
Lappenüberlebensrate von über 95% erzielt, welche vergleichbar ist mit
konventionellen Ergebnissen ohne Roboter [21 ].
In einer kürzlich publizierten prospektiven Studie wurden 100 robotergestützte
Mikrochirurgie-Eingriffe analysiert, die überwiegend freie Lappenplastiken (73%),
Nervenchirurgie (20%) und lymphovenöse Anastomosen (6%) umfassten. Die
Komplikationsrate lag bei 12%, darunter ein vollständiger Lappenverlust von 2,7% und
ein partieller von 1,4%. Ein intraoperativer Wechsel zu konventionellen Techniken
war in nur 3% der Fälle erforderlich [27 ].
In einer weiteren Studie zeigte die kombinierte Nutzung des Symani Surgical System
und des RoboticScope in 23 Operationen eine Lappenüberlebensrate von 95,7% bei einer
durchschnittlichen Anastomosezeit von 36,7±10,9 Minuten und einer Ischämiezeit von
100,6±24,9 Minuten. Signifikante Verbesserungen der chirurgischen Leistung gemäß
SAMS-Score wurden im Verlauf der Lernkurve festgestellt, und die subjektive
Zufriedenheit der Chirurgen war überwiegend gleich oder besser als bei
konventionellen Verfahren [28 ].
In einer Studie zu robotergestützter peripherer Nervenchirurgie wurden 19 Patienten
operiert, wobei Verfahren wie Nerventransfers, gezielte Muskelreinnervationen und
autologe Nerventransplantate angewendet wurden. Die Lernkurvenanalyse zeigte keine
signifikante Verbesserung der Zeit pro Naht zwischen den ersten neun (4,9±0,5
Minuten) und den letzten zehn Koaptationen (5,5±1,5 Minuten). Die Autoren betonen
das Potenzial der robotergestützten Chirurgie zur Verbesserung der Präzision,
identifizieren jedoch auch Herausforderungen wie Instrumentengriffstärke und das
Verkleben der Instrumente durch Blut, die weiterer Forschung und Optimierung
bedürfen [29 ].
Eine aktuelle Studie, die die biomechanischen und histologischen Eigenschaften der
mit dem Symani durchgeführten Anastomosen umfassend analysierte, zeigte, dass diese
in Bezug auf Anastomosenqualität, Gefäßwandschädigung, intraluminalen Widerstand und
Zugfestigkeit den herkömmlichen Anastomosentechniken ebenbürtig sind. Schwachstellen
zeigte das System hinsichtlich der Knotenfestigkeit und langsameren Operationszeit
[30 ].
Bis heute wurden weltweit knapp 1000 Operationen erfolgreich mit dem Symani
durchgeführt, wobei die Zahl kontinuierlich steigt [31 ]. Eine breitere Anwendung wird durch die
aktuell noch sehr hohen Anschaffungskosten, sowie die Einweg-Nutzung der
empfindlichen Instrumente erschwert. Der Kapitalaufwand für ein Symani-System liegt
derzeit bei rund 1 Mio. US-Dollar. Hinzu kommen Wartungsverträge von über $100 000
pro Jahr sowie robotikspezifische Verbrauchsmaterialien, die pro Eingriff mit
etwa $1 500 – $3 500 zu Buche schlagen [32 ]. Außerdem dauert die Durchführung einer robotisch assistierten
mikrochirurgischen Anastomose in der Regel länger als bei manuellen Techniken,
selbst nach Abschluss der Lernkurve, wobei dieser Unterschied vor allem bei
großlumigeren Anastomosen besteht und sich die Anastomosenzeit bei kleinen Gefäßen
zunehmend annähert [22 ].
Ein aktuelles systematisches Review identifizierte weltweit nur 16 Studien zur
robotisch assistierten Supermikrochirurgie, überwiegend Fallserien oder
Einzelfallbeschreibungen. Die meisten publizierten Anwendungen entfielen auf
lymphovenöse Anastomosen (37%), während freie Lappen 14% und Nervenkoaptationen
lediglich 2% ausmachten. Trotz hoher unmittelbarer Anastomosen-Durchgängigkeitsraten
von 99,38% fehlen prospektiv-kontrollierte Daten, sodass derzeit keine Indikation
als evidenzbasiert etabliert betrachtet werden kann. Weitere multizentrische Studien
mit robustem Studiendesign sind unerlässlich [32 ].
Für die kommenden Jahre ist die CE-Zertifizierung und Markteinführung des Musa-3
(Microsure) zu erwarten [33 ]. Zudem wurde
bekannt, dass auch Sony die Entwicklung eines eigenen Mikrochirurgieroboters
verfolgt [34 ].
Ziel des vorliegenden Konsensuspapiers ist es, aus Sicht der Anwender die
Möglichkeiten und Limitationen der aktuell zur Verfügung stehenden Systeme kritisch
und umfassend zu beleuchten und Erwartungen an zukünftige Systeme klar zu
formulieren.
Zentrale Fragestellungen des Konsensus-Workshops waren:
Welche Limitationen bestehen bei den derzeit klinisch eingesetzten
robotisch-assistierten Mikrochirurgiesystemen?
Welche Anforderungen stellen Nutzerinnen und Nutzer an Hard- und Software
zukünftiger Systeme?
Welche Erwartungen bestehen hinsichtlich Funktionalität, Einsatzgebieten und
technologischer Weiterentwicklung robotisch assistierter
Mikrochirurgiesysteme?
Zusammenfassung der Datenlage und der Diskussion
Anforderungen an Hardware-Komponenten eines Mikrochirurgie-Roboters
Unter den Workshopteilnehmern herrschte umfassender Konsens, dass ein breiteres
Angebot an Instrumenten mit mehr Funktionalität und hoher Qualität erwünscht ist
und die derzeit klinisch einsetzbaren Instrumente diese Anforderungen bisher
nicht vollumfassend abdecken können.
Um das Anwendungsspektrum zu erweitern, werden folgende Aspekte diskutiert:
Klinische Einsatzfähigkeit der Instrumente
Entwicklung von Multifunktionsinstrumenten, die mehrere Funktionen in
einem Instrument/ Multitool vereinen und so die Anzahl der
Instrumentenwechsel reduzieren, die Funktionalität verbessern und
OP-Zeiten minimieren.
Alternativ schnellerer und unkomplizierterer Wechsel von
Einzelfunktionsinstrumenten, um Flexibilität und Effizienz im OP zu
steigern.
Integration von spezifischen Funktionen wie monopolare Diathermie,
bipolare Koagulation und Präparierschere
Optische Systeme
Integration der optischen und robotischen Komponenten in einem
einzigen kabellosen, platzsparenden System, was die Ergonomie, den
Platzbedarf und die Integration dieser Systeme in den klinischen
Alltag verbessert
Aufbau und Bedienung
Möglichkeit der Positionierung von Instrumentenarmen mit Joystick-
oder Fußpedalsteuerungen, um die Positionierung einfacher und
effizienter zu gestalten.
Reduktion des Gesamtgewichtes des OP-Roboters, um ein Auf- und Abbau,
sowie einen ggf. notwendigen Transport zu vereinfachen
Die derzeit verwendeten Pinzetten-artigen Controller haben laut
Workshopteilnehmenden Einschränkungen hinsichtlich Haptik und
Kontrolle. Verbesserungen könnten durch festere Halterungen und ein
ergonomischeres Design erreicht werden.
Ergonomie und Individualisierung
Verbesserte Anpassbarkeit der Sitzposition der Stühle der
Bedienkonsole, um den unterschiedlichen Körpergrößen von
Benutzerinnen und Benutzern gerechter zu werden.
Individualisierungsmöglichkeiten durch unterschiedliche
Hardware-Größen z. B. der Controller und individuelle
Voreinstellungen wären wünschenswert, um den unterschiedlichen
Anforderungen gerecht zu werden.
Die Ergonomie der gesamten Arbeitsumgebung sollte durch gezielte
Anpassungen verbessert werden, etwa durch höhenverstellbare
Elemente, optimierte Arbeitsbereiche und individuell anpassbare
Steuerungseinheiten
Eine prospektive Studie mit 87 robotergestützten mikrochirurgischen
Eingriffen zeigte, dass die Nutzung eines Exoskops signifikant
geringere Beschwerden im Nacken- und Hinterkopfbereich verursachte
als herkömmliche Mikroskope [35 ]. Diese Erkenntnis bestätigt die Notwendigkeit einer
Weiterentwicklung ergonomischer optischer Systeme.
Technische Herausforderungen und Verbesserungsmöglichkeiten
Der Aufbau des aktuellen Systems ist durch eine Vielzahl von
Kabelverbindungen gekennzeichnet, die nicht nur den Aufbau
erschweren, sondern auch potenzielle Stolperfallen darstellen. Eine
kabellose Verbindung würde den Aufbau vereinfachen und die
Sicherheit im OP erhöhen.
Die Steuerung der Instrumente könnte durch präzisere Sensorik und
besser abgestimmte Bewegungsübertragungen weiter optimiert
werden.
Die Integration einer intuitiven Benutzeroberfläche für die
Kontrolleinheit wurde ebenfalls angeregt, um die Bedienung weiter zu
vereinfachen und die Lernkurve zu verkürzen.
Um weitere Anwendungsfelder zu erschließen, werden weitere Funktionen
benötigt. Hierfür werden die Möglichkeiten von Multifunktionsinstrumenten
oder die Möglichkeit eines effizienteren Wechsels von
Einzelfunktionsinstrumenten diskutiert. Ebenso werden exemplarische
Funktionen, wie die einer monopolaren Diathermie einer Präparierschere
besprochen, welche jedoch keinesfalls darauf beschränkt bleiben sollen.
Das aktuelle System ist nicht mit einer Mikroskopie-Optik fusioniert. Unter
den Workshopteilnehmern wird dies als Nachteil gesehen, da hierdurch
zwangsläufig die zusätzliche Verwendung eines weiteren optischen Systems
notwendig ist. Bestehende Systeme sind konzeptuell aufgrund des unabhängigen
Entwicklungsprozesses nicht eindeutig aufeinander abgestimmt und benötigen
zusätzlichen Platz. Momentan wird für die Anwendung des genutzten Systems
mindestens ein 3D-Bildschirm und ein Exoskop oder ein Operationsmikroskop,
die Kontrolleinheit und der OP-Roboter selbst benötigt (Bild 1). Zum
allergrößten Teil sind diese Geräte durch Kabel miteinander verbunden, was
den Aufbau umständlich macht, ein Stolperhindernis darstellt und den
benötigten Platz weiter erhöht. Es wird somit der Wunsch nach kabellosen
Verbindungen und der Reduktion des Platzbedarfes dieser Systeme
geäußert.
Die Positionierung der Instrumente bzw. der Arme des Roboters erfolgt
momentan durch initiale Positionierung durch Assistenzen und im Anschluss
durch die Feinjustierung mittels Controller. Dies wird als umständlich
angesehen und die Möglichkeit der Positionierung durch einen Joystick oder
ein Fußpedal diskutiert.
Die Instrumente werden durch zwei Pinzetten-artige Controller, so genannte
Master, gesteuert, die man in einem gewissen Arbeitsbereich im Raum bewegt.
Eine Verbesserung der Ergonomie und Kontrolle durch robustere und stabilere
Instrumente z. B. durch eine Modifikation der Kunststoffbezüge wird von den
Teilnehmenden des Workshops diskutiert. Momentan stehen zwei in ihrer
Sitzfläche unterschiedliche Stühle zur Verfügung. Überdurchschnittlich
große, bzw. unterdurchschnittlich kleine Workshopteilnehmerinnen und
-teilnehmer berichteten jedoch, dass die aktuell verfügbaren zwei
unterschiedlichen Stühle beide gleichermaßen nicht für deren Körpergröße
ausgerichtet seien, was das Arbeiten mit dem System in ihrem Fall deutlich
erschwere.
Es wird deutlich, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unterschiedliche
Ansprüche an die Eigenschaften haben, was die Notwendigkeit der
Individualisierung der Hardware verdeutlicht. Hierbei wird ein großer Fokus
auf die notwendige Ergonomie robotisch assistierter Mikrochirurgiesysteme
gelegt. Eine weitere Individualisierung der physikalischen Komponenten
könnte beispielsweise durch die Möglichkeit individueller Voreinstellungen
und der Verfügbarkeit unterschiedlich großer Hardwarekomponenten erreicht
werden. Zukünftig könnten somit robotische Systeme eine im Vergleich zur
manuellen Technik verbesserte Ergonomie aufweisen.
Weiterhin besprechen die Workshopteilnehmer die Risiken einer zu großen
Latenz zwischen den Bewegungen der Master und der Übertragung auf den
Roboter. Da dies mit potenziellen Risiken bei gewissen Operationsschritten
einhergeht, wird die soweit technisch mögliche Elimination der Latenz
gefordert. Hierbei muss zwischen der Latenz der Bildübertragung des Exoskops
an den Bildschirm und der Latenz der Übertragungen der Master-Bewegungen an
den Roboter unterschieden werden.
Anforderungen an Software-Komponenten eines Mikrochirurgie-Roboters
Benutzerfreundlichkeit und Bedienung
Die Workshopteilnehmer heben hervor, dass eine intuitivere Steuerung und
Bedienbarkeit eines Mikrochirurgieroboters die Einführung und Akzeptanz
solcher Systeme fördern kann. Im Rahmen der Debatte wurden folgende Aspekte
erörtert:
Eine intuitive und einfache Steuerung des Mikrochirurgieroboters, um
die Lernkurve zu verbessern und die Integrierbarkeit solcher Systeme
in den klinischen Alltag zu vereinfachen ohne die Notwendigkeit
extensiver Vortrainings.
Eine stufenlose Skalierung wird als vorteilhaft angesehen, ebenso wie
ein schneller Wechsel zwischen zwei voreingestellten
Skalierungsstufen, um diffizile und grobe Arbeitsschritte
effizienter zu gestalten.
Die gemeinsame Ansteuerung der Skalierung des Roboters und des
Exoskops wird als wichtiges Entwicklungsziel genannt, um die
Handhabung zu erleichtern.
Begrenzungen des Arbeitsbereichs
Großzügiger Arbeitsbereich mit integriertem Sicherheitsbereich, um
ein zügiges Arbeiten bei gleichzeitig hoher Patientensicherheit zu
gewährleisten.
Schnelle und einfache Wiederaufnahme der Steuerung, falls der
Arbeitsbereich überschritten wird. Eine zusätzliche Reset-Funktion
wird vorgeschlagen, um die Instrumente in ihre Ausgangsposition
zurückzuführen.
Integration und Kompatibilität
Die Teilnehmer diskutierten die Bedeutung der Kompatibilität mit
gängigen Krankenhausinformationssystemen und
Bilddarstellungsstandards wie DICOM. Diese Schnittstellen würden
eine Integration präoperativ erhobener Daten, wie Schnittbilder,
ermöglichen.
Ein solches System könnte robotisch assistierten
Mikrochirurgie-Systemen eine neue Rolle als multimodale
Informationsquelle und Operationsassistenz zuweisen.
Es wurde betont, dass der Roboter dennoch autark bedienbar bleiben
muss, um in Notfallsituationen nicht von externen Systemen abhängig
zu sein.
Die Workshopteilnehmenden berichten, dass die ersten Anwendungen des Roboters
als mühsam empfunden wurden, was sich auch in den Lernkurven der
publizierten Studien widerspiegelt. Als ursächlich wird hier unter anderem
die als umständlich erachtete Bedienung diskutiert. Für eine breite
Akzeptanz unter Mikrochirurginnen und -chirurgen müsse sich die Bedienung
frühzeitig flüssig und intuitiv anfühlen.
Anders als in der konventionellen Mikrochirurgie fehlt bei der Verwendung der
aktuell zugelassenen Mikrochirurgieroboter bisher ein haptisches
Feedbacksignal. Da dies für bestimmte Operationsschritte, wie z. B. das
Knoten der Fäden von Bedeutung ist, diskutieren die Anwesenden die
Möglichkeit eines Feedbacks der Kraftübertragung. In welcher Form dies
erfolgen sollte oder muss (akustisch, optisch oder z. B. haptisch in Form
von Vibrationen) bleibt hierbei offen. Bei besonders feinen
mikrochirurgischen Nähten wird dem Feedback ein geringerer Nutzen
beigemessen, da die geringe Fadenstärke bereits bei der konventionellen,
manuellen Naht die Bedeutung des taktilen Feedbacks in den Hintergrund
treten lässt.
Der Operationsroboter skaliert die eigenen Bewegungen um bis zu 1:20
herunter. Hierbei ist allerdings keine stufenlose Einstellung, sondern nur
eine in vier vorgegebenen Skalierungsstufen möglich. Eine stufenlose
Skalierbarkeit würde individuellere Einstellungen und ggf. eine verbesserte
Steuerbarkeit durch Anpassung an die eigene Arbeitsgeschwindigkeit
ermöglichen. Ebenfalls wird der schnelle Wechsel zwischen zwei
voreingestellten Skalierungsstufen als vorteilhaft gesehen zur
Effizienzsteigerung zwischen diffizileren und gröberen Arbeitsschritten.
Eine gemeinsame Ansteuerung der Einstellungen der Skalierung des Roboters
und des Exoskops wird ebenfalls als vorteilhaft diskutiert.
Aktuell ist der vorgegebene Arbeitsbereich stark begrenzt, so dass der
Roboter beim Überschreiten dieser Begrenzung verharrt. Damit die Steuerung
wieder aufgenommen werden kann, ist eine umständliche erneute Kopplung des
Systems notwendig. Die meisten Workshopteilnehmer berichten, dass diese
eigentlich als Sicherungsfunktion gedachte Situation recht häufig eintritt,
unter anderem in kritischen Situationen während der Operation. Es herrscht
Konsens, dass der Arbeitsbereich weiter vergrößert werden sollte und die
Wiederaufnahme der Steuerung deutlich intuitiver und schneller möglich sein
muss. In diesem Zuge wird auch der Wunsch nach einer Reset-Funktion
geäußert, über die die Instrumente ihre Ausgangsposition einnehmen.
Im Sinne des Konzeptes des vollintegrierten Operationsroboters der Zukunft
mit Anwendungsmöglichkeiten wie Augmented Reality oder dem intraoperativen
Abruf präoperativ erhobenen Schnittbilddaten besprachen die Workshop
Teilnehmenden die Notwendigkeit der Kompatibilität und Schnittstellen mit
gängigen Krankenhausinformationssystemen, als auch Bilddarstellungsstandards
wie DICOM. Dies erlaubt die Integration unterschiedlicher
Informationsquellen in ein bestehendes Operationssystem und würde ein
solches System im Hinblick auf Funktionalität über den bloßen mechanischen
Aspekt der Skalierung von Bewegungen auf ein neues Niveau heben. Hiermit
würde einem robotisch assistierten Mikrochirurgie System eine neue Rolle als
multimodale Informationsquelle, als auch Operationsassistenz zugewiesen
werden. Nichtsdestotrotz sollte die Bedienung des Roboters weiterhin autark
möglich sein, um in Notfallsituationen nicht von diesen Systemen abhängig zu
sein.
Zukünftige Fortschritte in der innovativen Steuertechnik sowie bei der
Einbindung verschiedener Datenquellen könnten robotischen Systemen somit
eine Funktion als umfassende Informationsressource und zugleich als
vielseitige operative Plattform eröffnen, die in der Lage ist, multiple
chirurgische Schritte in einem einzigen Eingriff durchzuführen.
Erwartungen an die zukünftige Rolle und Fähigkeiten der Robotik in der
Mikrochirurgie
Neben der kritischen Evaluation der Soft- und Hardwarekomponenten erfolgte
ebenfalls eine Erörterung der Erwartung an allgemeine Eigenschaften eines
Mikrochirurgieroboters.
Momentan ist die Anwendung auf die mikrochirurgische Gefäßnaht begrenzt, was
jedoch technisch, als auch zeitlich nur einen kleinen Teil des
mikrochirurgischen Operierens abbildet. Die Teilnehmer diskutierten somit die
Möglichkeiten der Anwendungserweiterung, zum Beispiel des robotisch assistierten
Präparierens. Hierbei ist wie zuvor bereits dargelegt die Entwicklung von
weiteren innovativen Instrumenten notwendig.
Für gewisse Anwendungsgebiete wie dem Operieren in engen und tiefergelegenen
anatomischen Gebieten, etwa dem Kopf-/Halsbereich oder in Körperhöhlen wie
intrathorakal/ intraabdominell, werden spezifische Anforderungen wie parallel
ausgerichtete Instrumente orientierend an den technischen Entwicklungen wie dem
Ein-Port-System bei Da Vinci genannt. Dies würde das Anwendungsspektrum, als
auch die Bedienbarkeit in solch hinsichtlich der räumlichen Anforderungen
herausfordernden OP-Gebieten verbessern.
Die zukünftige Entwicklung der Robotik in der Mikrochirurgie sollte sich auf die
Verbesserung der Ergonomie und Effizienz für alle Beteiligten im Operationssaal
konzentrieren. Ein zentraler Ansatzpunkt ist die Erweiterung der Funktionalität
des Systems, beispielsweise durch die Integration eines dritten oder vierten
robotischen Arms. Diese zusätzlichen Arme könnten Aufgaben wie das Halten von
Gewebe oder das Einbringen von Instrumenten übernehmen, wodurch die Arbeitslast
der Operationsassistenz erheblich reduziert wird.
Ein weiterer Entwicklungsfokus ist die Optimierung des Platzbedarfs im
Operationssaal. Durch die Verlagerung der optischen Systeme näher an den Roboter
könnten mehr Freiräume geschaffen werden, was sowohl der Assistenz als auch den
operationstechnischen Assistentinnen und Assistenten zugutekäme. Eine kompaktere
Bauweise und ein modularer Aufbau würden zudem die Flexibilität und
Transportfähigkeit des Systems verbessern.
Langfristig könnten diese Verbesserungen nicht nur die Effizienz und Ergonomie
steigern, sondern auch die Akzeptanz robotischer Systeme in der Mikrochirurgie
deutlich erhöhen. Ein flexibler, gut integrierter und ergonomisch optimierter
Operationsroboter würde neue Anwendungsfelder erschließen und die Zusammenarbeit
im OP-Team grundlegend verbessern.
Das aktuelle Symani Modell verwendet kostspielige Einweginstrumente, die
kurzlebig und nicht recyclebar sind. Nachhaltigkeitsaspekte in einer durch den
Klimawandel bedrohten Welt mit sich verkappenden Ressourcen, sowie ein hohes
durch den Gesundheitssektor verursachtes Müllaufkommen werden momentan nicht
ausreichend adressiert. Es werden die Optionen des Recyclings und die
Möglichkeit von wiederverwendbaren Instrumenten besprochen. In einem breiten
Konsens wird auf die notwendige Beachtung dieser Aspekte hingewiesen, damit eine
umfassende Akzeptanz solcher Systeme gelingt.
Zukünftige robotisch assistierte Mikrochirurgie-Systeme könnten durch die
Integration von Augmented Reality und präoperativen Bilddaten die intraoperative
Navigation und Präzision verbessern. Diese Technologien würden es ermöglichen,
komplexe anatomische Strukturen besser zu visualisieren und Eingriffe
gegebenenfalls genauer zu planen und durchzuführen.
Die Entwicklung von Schnittstellen, die es erlauben, verschiedene
Informationsquellen wie Bilddaten, Patientendaten und intraoperative Diagnostik
nahtlos zu integrieren, würde robotische Systeme zu einem zentralen Element des
chirurgischen Workflows machen.
Die Integration von künstlicher Intelligenz (KI) in robotisch assistierte
Mikrochirurgie-Systeme eröffnet vielversprechende Perspektiven für die Zukunft.
Durch den Einsatz von KI könnten als erster Schritt teilautonome Funktionen
realisiert werden, bei denen der Roboter bestimmte Schritte, wie das Durchziehen
einer Naht oder das Knüpfen eines Knotens, eigenständig übernimmt. KI-gestützte
Bild- und Sensordatenanalyse verspricht eine Echtzeit-Erkennung kritischer
Strukturen, adaptive Bewegungsführung und perspektivisch semi-autonome
Teilabläufe, Entwicklungen, die das klinische Einsatzspektrum und die
Patientensicherheit signifikant erweitern könnten.
Diese Automatisierung könnte nicht nur die Präzision und Effizienz solcher
Prozesse steigern, sondern auch die Arbeitsbelastung der Chirurginnen und
Chirurgen verringern. Langfristig könnten KI-gestützte Assistenzsysteme zudem
dazu beitragen, standardisierte Abläufe zu etablieren und die Lernkurve für die
Bedienung robotischer Systeme zu verkürzen.
Gleichzeitig erfordert der KI-Einsatz eine sorgfältige Berücksichtigung ethischer
und regulatorischer Aspekte, etwa Transparenz der Entscheidungswege
(Explainability), Schutz sensibler Patientendaten, Cyber-Security und
Haftungsfragen im Rahmen des EU-AI-Acts. Diese Punkte wurden im
Konsensus-Workshop als wichtig erkannt, konnten jedoch nicht im Detail evaluiert
werden, da der Fokus des Workshops auf den zum Zeitpunkt des Treffens klinisch
verfügbaren Systemen lag. Eine vertiefte Analyse von KI-basierten
Anwendungsszenarien und Sicherheitsmechanismen bleibt daher Gegenstand
zukünftiger, spezifisch darauf ausgerichteter Forschungsprojekte.
Sicherheit des robotischen Systems
Ein zentraler Aspekt bei der Weiterentwicklung robotischer Systeme ist die
Berücksichtigung relevanter Sicherheitsprobleme und Herausforderungen. Dazu
gehört die Einhaltung aller CE-Zertifizierungsanforderungen für die
verwendeten Materialien, um eine optimale Anwender- und Patientensicherheit
zu gewährleisten.
Zudem wird eine "Fail-Safe"-Funktion für die Roboterarme als
essenziell erachtet, um im Falle eines Systemausfalls eine vorab definierte
sichere Position einzunehmen. Bei der Einführung drahtloser Systeme ist eine
redundante Übertragung der Daten unerlässlich, um die Zuverlässigkeit und
Sicherheit während der Operation zu gewährleisten.
Auch der Umgang mit KI stellt eine Herausforderung dar, insbesondere in Bezug
auf die Validierung und Nachvollziehbarkeit der Algorithmen. Hier bedarf es
klarer Richtlinien und regelmäßiger Überprüfungen, um die Sicherheit und
Effektivität KI-gestützter Funktionen zu gewährleisten.
Zusammenfassend werden eine Ausweitung der Funktionen, modifizierbare Arme,
Nachhaltigkeitsaspekte, Integration von Augmented Reality und KI als auch
eine verbesserte Ergonomie mit geringerem Platzbedarf, sowie relevante
Sicherheitsaspekte diskutiert.
Limitationen und Ausblick
Die vorliegenden Ergebnisse sind als Experten-Konsensus zu verstehen und
ersetzen keine vergleichenden Wirksamkeitsstudien. Sie spiegeln den Wissens-
und Technikstand zum Zeitpunkt des Workshops wider und fokussieren auf
klinisch verfügbare Plattformen. Daraus resultiert eine eingeschränkte
Generalisierbarkeit, zumal die Evidenzbasis bislang überwiegend aus
Einzelfallberichten und kleinen Serien besteht. Panelzusammensetzung und
Konsensusmethodik können Selektions-, Antwort- oder Mehrheitseffekte (bzw.
Konformitäts-Bias) nicht vollständig ausschließen. Ökonomische Aspekte und
Erstattungsfragen werden adressiert, konnten aber nicht in Form
vollständiger gesundheitsökonomischer Evaluationen bearbeitet werden.
Nächste Schritte sind multizentrische, prospektive Register und, wo sinnvoll,
randomisierte kontrollierte Vergleichsstudien mit klar definierten
Endpunkten (z. B. Durchgängigkeits- und Revisionsraten, OP-Zeit,
Ischämiezeit, funktionelle Ergebnisse, patientenberichtete Outcomes
(PROMs)), die Entwicklung und Validierung standardisierter
Trainings-/Kompetenzkriterien (Proficiency-based Progression), begleitende
Kosten-Effektivitäts-Analysen unter Berücksichtigung der
DRG-Rahmenbedingungen sowie sicherheits- und ethikorientierte Bewertungen
(inkl. Cybersecurity und Human-Factors). Perspektivisch sollten KI-gestützte
Funktionen nur nach prospektiver Validierung und im Rahmen eines
MDR-konformen Risikomanagements implementiert werden.