Open Access
CC BY-NC-ND 4.0 · Pneumologie
DOI: 10.1055/a-2697-6434
Übersicht

Whitepaper zu Identifikation, Information und Eignungsprüfung von potenziellen Teilnehmern an der Lungenkrebsfrüherkennung in Deutschland

White paper on identification, information, and eligibility assessment of potential participants in lung cancer screening in Germany

Authors

  • Torsten Gerriet Blum

    1   Lungenklinik Heckeshorn, Helios Klinikum Emil von Behring GmbH, Berlin, Deutschland (Ringgold ID: RIN14958)
    2   Innere Medizin, Schwerpunkt Pneumologie, MSB Medical School Berlin GmbH, Berlin, Deutschland (Ringgold ID: RIN381458)
  • Jens Vogel-Claussen

    3   Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland (Ringgold ID: RIN9177)
    4   Biomedical Research in Endstage and Obstructive Lung Disease Hannover (BREATH), Deutsches Zentrum für Lungenforschung e.V., Hannover, Deutschland (Ringgold ID: RIN542891)
  • Hans Hoffmann

    5   Sektion Thoraxchirurgie, Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, München, Deutschland (Ringgold ID: RIN27190)
  • Martin Reck

    6   Abteilung für Onkologie, LungenClinic Großhansdorf GmbH, Großhansdorf, Deutschland (Ringgold ID: RIN9213)
    7   Airway Research Center North (ARCN), Deutsches Zentrum für Lungenforschung e.V., Großhansdorf, Deutschland (Ringgold ID: RIN542891)
  • Volker Harth

    8   Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und maritime Medizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland (Ringgold ID: RIN37734)
  • Anton Faron

    9   Thoraxdiagnostik, Radiologische Allianz GbR, Hamburg, Deutschland (Ringgold ID: RIN638648)
  • Ingrid Dänschel

    10   Hausarztpraxis Dipl. med. Ingrid Dänschel, Lunzenau, Deutschland
    11   Sächsischer Hausärztinnen- und Hausärzteverband e.V., Dresden, Deutschland
  • Stefan Andreas

    12   Lungenfachklinik Immenhausen, Immenhausen, Deutschland
    13   Bereich Pneumologie, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland (Ringgold ID: RIN27177)
  • Alexander Rupp

    14   Pneumologische Praxis im Zentrum, Stuttgart, Deutschland
    15   Arbeitsgruppe Tabakprävention und -entwöhnung, Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V., Berlin, Deutschland
    16   Arbeitsgruppe Tabak, Bundesverband der Pneumologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin e. V., Stuttgart, Deutschland
  • Rudolf Kaaks

    17   Abteilung für Epidemiologie von Krebserkrankungen, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Heidelberg, Deutschland
  • Gerald Schmid-Bindert

    18   V. Medizinische Klinik – Pneumologie, Universitätsmedizin Mannheim, Universität Heidelberg, Mannheim, Deutschland (Ringgold ID: RIN99045)
 

Zusammenfassung

In Deutschland steht die nationale Einführung der Lungenkrebsfrüherkennung mittels Niedrigdosis-Computertomografie (LDCT) kurz bevor. Im Gegensatz zu anderen Krebs-Screening-Programmen verfolgt das Lungenkrebsscreening einen risikobasierten Ansatz und richtet sich speziell an starke (inklusive ehemalige) Raucher im Alter von 50–75 Jahren. Nach mehrjähriger Pilotphase und regulatorischer Vorbereitung hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Juni 2025 beschlossen, dieses Programm als kassenärztliche Regelleistung ab 2026 einzuführen.
Die Evidenzlage aus großen internationalen Studien zeigt eine signifikante Reduktion der Lungenkrebsmortalität um etwa 20%. Jedoch bestehen auch Risiken wie Überdiagnosen, unnötige invasive Eingriffe bei falsch-positiven Befunden, Folgekarzinome durch Strahlenexposition und psychische Belastung.
Ein zentraler Erfolgsfaktor ist die strukturierte Einbindung qualifizierter Ärzte zur Identifikation, Information und ärztlichen Prüfung der Eignung potenzieller Teilnehmer. Hierfür wurden Fachärzte in fortgeschrittener Weiterbildung der Bereiche Allgemeinmedizin, Arbeitsmedizin und Inneren Medizin nach entsprechender Qualifizierung legitimiert. Dies schließt Pneumologen mit ein, die sicherlich die engsten Berührungspunkte mit der Risikogruppe der Rauchenden haben.
Dieses Whitepaper bietet praxisnahe Informationen und Materialien zur Mitwirkung an der Lungenkrebsfrüherkennung. Es hebt die Relevanz einer engagierten interdisziplinären Zusammenarbeit hervor, um ab sofort bei möglichst vielen Patienten Lungenkarzinome frühzeitig und damit potenziell heilbar zu entdecken.


Abstract

The nationwide introduction of lung cancer screening using low-dose computed tomography (LDCT) is imminent in Germany. In contrast to other cancer screening programs, lung cancer screening follows a risk-based approach and specifically targets heavy current and former smokers aged 50 to 75 years. Following several years of pilot phases and regulatory preparation, the Federal Joint Committee (G-BA) decided in June 2025 to include this program as a regular benefit covered by statutory health insurance starting in 2026.
Evidence from large international studies demonstrates a significant reduction in lung cancer mortality of approximately 20%. However, there are also risks such as overdiagnosis, unnecessary invasive procedures in false-positive findings, secondary cancers due to radiation exposure, and psychological burden.
Key factors for program success include the structured involvement of qualified physicians in the identification, information, and assessment of eligibility of potential participants. Physicians in the fields of general medicine, occupational medicine, and internal medicine have been authorized after specific qualification, the latter of which includes pulmonologists – who, while not explicitly mentioned, will certainly have the closest contact with the high-risk population of smokers. This white paper provides practical information and materials for participating in lung cancer screening. It highlights the importance of dedicated interdisciplinary collaboration to detect as many lung cancer patients as possible at an early and therefore potentially curable stage.


Einleitung

Der deutschlandweite Start der Lungenkrebsfrüherkennung mittels Niedrigdosis-Computertomografie (Low-dose computed tomography, LDCT) steht kurz bevor. Im Gegensatz zu bestehenden Screeningprogrammen für Mamma-, kolorektale und Zervixkarzinome folgt das Lungenkrebsscreening (Lung Cancer Screening, LCS) einem risikobasierten Ansatz. Um das Risiko von Überdiagnosen und als Folge Übertherapien sowie das Strahlungsrisiko zu minimieren, richtet es sich gezielt an geeignete Personen mit hohem Lungenkrebsrisiko, statt die gesamte Bevölkerung einzubeziehen. Bisher bietet nur die Deutsche Unfallversicherungsgesellschaft (DGUV) im Rahmen des EVA-Lunge-Programms seit 2014 ein strukturiertes Screening für asbestexponierte Arbeitnehmer an. Seit der Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUKN) vom 1. Juli 2024 steht das LDCT-basierte LCS in Deutschland Rauchenden im Alter von 50–75 Jahren mit einer Rauchdauer von mindestens 25 Jahren, mindestens 15 Packungsjahren und maximal 10 Jahren Rauchstopp als Selbstzahlerleistung offen. Die gesetzlichen Vorgaben dafür wurden in der Lungenkrebs-Früherkennungs-Verordnung (LuKrFrühErkV) festgelegt [1]. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 18. Juni 2025 beschlossen, dass die Lungenkrebsfrüherkennung für diese Personengruppe als neue Leistung der gesetzlichen Krankenkassen eingeführt werden soll [2]. Der Beschluss über eine entsprechende Änderung der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (KFE-RL) ist am 05.09.2025 in Kraft getreten, woraufhin die Verhandlungen zur Anerkennung als vergütungsfähige GKV-Leistung starten können [3] [4]. Nach Abschluss der Preisverhandlungen ist mit einem Start des gesetzlich vergüteten Screenings ca. ab April 2026 zu rechnen. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat im Februar 2025 bereits eine Versicherteninformation zum Lungenkrebsscreening mittels LDCT veröffentlicht. Die aktuelle S3-Leitlinie zur Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms (v4.0 – April 2025, AWMF-Register-Nr.: 020-007OL) hat ergänzende und weiterführende Empfehlungen zur Einführung einer Lungenkrebsfrüherkennung in Deutschland erarbeitet [5] [6].

Bereits jetzt kommt Fachärzten bzw. Ärzten im dritten Weiterbildungsjahr aus den Bereichen Allgemeinmedizin, Arbeitsmedizin und Innere Medizin inkl. Pneumologie eine essenzielle Rolle bei der Identifikation und Überweisung von geeigneten Personen für LDCT-Früherkennungsmaßnahmen zu: Die Rechtsverordnung fordert zwingend die Bereitstellung von Informationen, eine Erhebung des Risikoprofils und die Überprüfung der medizinischen Eignung von potenziellen Screeningteilnehmern durch qualifizierte Ärzte der vorgenannten Bereiche. Eine hohe Teilnehmerrate wie auch der Ausschluss ungeeigneter Personen sind entscheidend für den Erfolg, die Sicherheit und die Kosteneffektivität eines solchen Programms. Entsprechend stellen der Identifikations- und Informationsprozess sowie die Eignungsprüfung zwei unabhängige Erfolgsfaktoren in einem strukturierten LDCT-Lungenkrebs-Früherkennungsprogramm dar. Ein dritter entscheidender Faktor ist die obligate Implementierung einer qualifizierten Beratung zur Rauchentwöhnung innerhalb dieser initialen Informations- und Aufklärungsgespräche.

Nur eine konsequente und flächendeckende Einbindung von Ärzten aus den Bereichen Allgemeinmedizin, Arbeitsmedizin und Innere Medizin bei der Identifizierung und Ansprache möglicher Teilnehmer ermöglicht eine ausreichend hohe Teilnahmebereitschaft an Lungenkrebsfrüherkennungsprogrammen. Dies ist in der Literatur gut belegt und ein integraler Bestandteil in bereits laufenden europäischen LCS-Programmen in Großbritannien, Kroatien, Polen und der Tschechischen Republik [7] [8] [9].

Dieses Whitepaper bietet interessierten Ärzten, die sich über eine aktive Teilnahme informieren und darauf vorbereiten möchten, eine kompakte Übersicht inklusive der fachlichen und organisatorischen Vorgaben der in Deutschland geplanten Lungenkrebsfrüherkennung. In dieser Publikation, ergänzt durch ein Online-Supplement, bieten wir Ihnen Informationen und Materialien zur Planung, Implementierung und Überprüfung Ihrer Praxisvorbereitungen an.


Bedeutung und Nutzen einer Lungenkrebsfrüherkennung

2023 war Lungenkrebs bei Männern mit 26.614 Todesfällen (22%) die häufigste und bei Frauen mit 18.349 Todesfällen (17%) die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache und lag somit nur noch knapp hinter Brustkrebs mit 18.527 Todesfällen bei Frauen (17%) [10]. Auch wenn, bedingt durch den demografischen Wandel, die altersstandardisierte Neuerkrankungsrate unter Männern in den letzten 25 Jahren rückläufig war, ist die reine Fallzahl von Lungenkarzinomen beider Geschlechter von 45.481 Fällen im Jahr 1999 um mehr als 30% auf 60.209 Fälle im Jahr 2019 angestiegen – insbesondere durch einen Anstieg der Neuerkrankungsrate bei Frauen. Im Jahr 2022 wurden 56.577 neue Fälle von Lungenkrebs dokumentiert [10] [11]. Gleichzeitig wird das Lungenkarzinom nach wie vor in der Mehrzahl erst in fortgeschrittenen Stadien entdeckt, da es in den frühen Stadien i.d.R. keine Beschwerden verursacht. So befanden sich Lungenkarzinome bei Erstdiagnose in Deutschland in 2019/2020 zu 20% im Stadium III und zu 57% im Stadium IV [12]. Zwischen 2016 und 2018 lagen die 5-Jahres-Überlebensraten bei Lungenkrebs im Stadium I bei Frauen bei 73% und bei Männern bei 63%, im Stadium IV dagegen nur bei 7 bzw. 4% [6].

Durch Früherkennungsmaßnahmen ist eine Diagnose hingegen häufiger bereits in frühen Stadien möglich, sodass sich die Anteile an Operationen oder stereotaktischen Bestrahlungen als kurative Behandlungsoptionen konsekutiv steigern lassen. Ein strukturiertes Lungenkrebsscreening resultiert auf diese Weise mittels regelmäßiger LDCT-Untersuchungen in einer Senkung der lungenkrebsbedingten Mortalität und ermöglicht somit bessere Überlebens- und Heilungschancen für Teilnehmer.


Studienlage zum Lungenkrebsscreening

Nutzen eines Lungenkrebsscreenings

Zum Nutzen der Lungenkrebsfrüherkennung gibt es eine überzeugende Datenlage. Entsprechende Studiendaten wurden u.a. in einer Cochrane-Metaanalyse von 2022 und in den wissenschaftlichen Bewertungen des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) und des IQWiG umfassend aufgearbeitet. In die Metaanalyse flossen die Daten 11 randomisierter Studien aus den USA und Europa (u.a. ITALUNG, LUSI, MILD, NELSON, NLST, DANTE, DLCST, LSS, UKLS, DEPISCAN) mit insgesamt 94.445 Teilnehmern ein [13]. Dabei konnte eine durchschnittliche Reduktion der Lungenkrebsmortalität von 21% und eine Gesamtsterblichkeitsreduktion von 5% festgestellt werden ([Abb. 1]) [14]. Besonders hervorzuheben sind hierunter die NLST-Studie aus den USA (2013) sowie die NELSON-Studie aus den Niederlanden und Belgien (2020). In beiden wurde aufgrund ausreichend hoher Teilnehmerzahlen eine signifikante relative Risikoreduktion der lungenkrebsbedingten Sterblichkeit von 20 bzw. 24% gezeigt. Innerhalb der NLST-Studie konnte außerdem eine signifikante Reduktion der Gesamtmortalität von 6,7% beobachtet werden [15] [16].

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Abb. 1 Übersicht über die Studienlage zum Lungenkrebsscreening in den USA und Europa.
NLST, NELSON, Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) 2021, Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG 2020), Cochrane 2022, IQWiG 2024 [13] [14] [15] [16] [17] [18].
* Dargestellt sind die Daten einer aktualisierten, explorativen Analyse vom 16.04.2019. Die ursprüngliche Analyse vom 27.03.2018 umfasste nur 5 Studien (insgesamt 67.313 Teilnehmer) und ergab eine vergleichbare, signifikante Reduktion der Lungenkrebsmortalität von 15%. Eine neuere Metaanalyse, die nur Studien berücksichtigte, die als Kontrollarm kein Screening vorsahen, berichtete eine Reduktion der Lungenkrebsmortalität von 20% und eine nicht signifikante Reduktion der Gesamtmortalität von 3% [18].
# LDCT-Untersuchungen hatten in der NELSON-Studie keinen Einfluss auf die Gesamtmortalität (Ratenverhältnis: 1,01; 95%-Konfidenzintervall: 0,92–1,11).
§ Für die Nutzenbewertung der beiden IQWiG-Reports wurden die US-Studien NLST und LSS nicht berücksichtigt, da die Röntgenthorax-Untersuchungen im Kontrollarm nicht als adäquater Komparator betrachtet wurden. Sie wurden jedoch für Sensitivitätsanalysen herangezogen.

Die Umsetzbarkeit eines nationalen Lungenkrebsscreenings in Deutschland und die Integration in bestehende Versorgungsstrukturen werden aktuell in der großen norddeutschen HANSE-Studie sowie in der europäischen 4-In-The-Lung-Run-Studie untersucht [19] [20] [21]. Diese beiden Studien werden wichtige offene Fragen im Hinblick auf die optimale Auswahl der Risikopopulation sowie auf individuell angepasste Screeningintervalle beantworten.


Risiken eines Lungenkrebsscreenings

Die LDCT-Lungenkrebsfrüherkennung ist nicht frei von Risiken für die Teilnehmenden. Zu den Risiken gehören falsch-positive Befunde, falsch-negative Befunde ([Tab. 1]), Überdiagnosen und Übertherapien ([Tab. 2]), sekundäre Folgekarzinome durch Strahlenexposition ([Tab. 3]) und psychische Belastung. Aus diesem Grund wird in der Rechtsverordnung des BMUKN ein risikoadaptierter Einschluss gefordert.

Tab. 1 Risiken der LDCT-Lungenkrebsfrüherkennung: falsch-positive und falsch-negative Befunde.

Risiko

Erklärung

Konsequenz

Häufigkeit

falsch-positive Befunde

verdächtige LDCT-Ergebnisse, die sich nicht als maligne bestätigen

unnötige Diagnostik mit potenziell schädlichen Auswirkungen

falsch-positive Befunde (kontroll- und abklärungsbedürftig): initial ca. 8–20%

unnötige invasive Diagnostik: ca. <1%
[16] [17] [21] [32]

falsch-negative Befunde

in der LDCT-Untersuchung übersehene Fälle von Lungenkrebs

gegebenenfalls verspätete Diagnostik und schlechtere Prognose

ca. 8% aller Lungenkrebsfälle
[17] [32]

Tab. 2 Risiken der LDCT-Lungenkrebsfrüherkennung: Überdiagnosen und Übertherapien.

Risiko

Erklärung

Konsequenz

Häufigkeit

* Diese Schätzung der Risikohäufigkeit basiert auf Screening-Studien mit einer langen Nachbeobachtungszeit und bezieht sich auf die gesamte Studienpopulation. Das individuelle Risiko kann bei einer verkürzten Lebenserwartung (z.B. aufgrund eines fortgeschrittenen Lebensalter oder Komorbiditäten) deutlich höher sein [34].

Überdiagnosen (bzw. Übertherapien)

Detektion (bzw. Therapie) von Tumoren, die zu Lebzeiten nicht klinisch manifest geworden wären

unnötiges Risiko durch diagnostische (bzw. therapeutische) Maßnahmen ohne klinischen Nutzen

durchschnittlich ca. 3%* aller LDCT-detektierten Lungenkrebsfälle, im Einzelfall jedoch ggf. deutlich höher [33]

Tab. 3 Risiken der LDCT-Lungenkrebsfrüherkennung: Strahlenbelastung.

Risiko

Erklärung

Konsequenz

Häufigkeit

* Diese Schätzung beruht auf der Annahme einer jährlichen LDCT-Untersuchung im Alter zwischen 50 und 75 Jahren.

Strahlenbelastung

die Strahlenbelastung der LDCT-Untersuchungen (ca. 1 mSV/LDCT) erhöht ihrerseits das Lungenkrebsrisiko

strahlenbedingte Lungenkrebstodesfälle wiegen den Nutzen der Untersuchung auf

durch jährliche LDCT: Erhöhung des Krebsrisikos um insg. etwa 0,25%* (Frauen) bzw. 0,1%* (Männer) [27]

Falsch-positive und falsch-negative Befunde

Strategien zur Reduktion falsch-positiver und falsch-negativer Befunde ([Tab. 1]) umfassen u.a. die Wahl geeigneter Klassifikationsalgorithmen, die Nutzung computerbasierter Detektionssysteme wie auch eine systematische Zweitbegutachtung kontroll- und abklärungsbedürftiger Befunde [25] [26]. Im weiteren Verlauf wiederholter Screeninguntersuchungen konnte in der NELSON-Studie zudem eine Abnahme der Rate falsch-positiver Befunde von 19,8% (Runde 1) auf 3,9% (Runde 3) erzielt werden. Das lässt sich u.a. durch das Vorliegen von Voruntersuchungen, die zur Berechnung der Volumenverdopplungszeit herangezogen werden können, erklären.


Überdiagnosen und Übertherapien

Die Gefahr von Überdiagnosen und Übertherapien ([Tab. 2]) korreliert mit einer geringeren Lebenserwartung. Faktoren hierfür sind u.a. ein zunehmendes Lebensalter, anhaltendes Rauchen und Komorbiditäten. Für ältere und komorbide Personen ist somit von einem deutlich höheren Risiko für Überdiagnosen und Übertherapien auszugehen als in [Tab. 2] angegeben. Die Überprüfung der medizinischen Eignung für eine LCS-Teilnahme zielt auf eine Senkung dieser Risiken ab bzw. darauf, Teilnehmer auf ihr gegebenenfalls erhöhtes Risiko hinzuweisen [22] [26].


Strahlenbelastung

Wägt man die Strahlenbelastung des Screenings ([Tab. 3]) mit seiner Reduktion der Lungenkrebsmortalität auf, liegt die Ratio von theoretisch gewonnenen zu verlorenen Lebensjahren im Altersbereich des LCS-Programms von 50–75 Jahren bei Frauen bei etwa 10 und bei Männern sogar bei etwa 25 [27]. Dieses günstige Nutzen-Risiko-Verhältnis ist die Basis für die positive Einschätzung eines LCS-Programms durch das BfS.


Psychische Belastung

Die Teilnahme an der Lungenkrebsfrüherkennung kann zur psychischen Belastung werden, insbesondere im Falle auffälliger Befunde [23]. Umso wichtiger ist eine verständliche und umfassende Aufklärung durch die betreuende Ärztin bzw. den betreuenden Arzt.

Durch eine Reduktion von falsch-positiven Befunden und Überdiagnosen lässt sich das Risiko für eine psychische Belastung zusätzlich begrenzen.




Aktueller Status zur Lungenkrebsfrüherkennung in Deutschland

Die Implementierung der Lungenkrebsfrüherkennung wurde bereits 2019 eingeleitet (detaillierte Historie in Supplement Kapitel 6). Im Mai 2024 erließ das BMUKN die Lungenkrebs-Früherkennungs-Verordnung (LuKrFrühErkV), die am 1. Juli 2024 in Kraft trat [1]. Diese regelt die Zielgruppe sowie die Anforderungen an Untersucher und Untersuchungseinrichtungen. Im Dezember 2023 wurde durch den G-BA ein Beratungsverfahren zur Bewertung der Lungenkrebsfrüherkennung mittels LDCT eingeleitet. Am 18. Juni 2025 hat der G-BA beschlossen, die Lungenkrebsfrüherkennung mittels LDCT für Personen mit erhöhtem Lungenkrebsrisiko als neue Leistung der gesetzlichen Krankenkassen einzuführen [2]. Damit ist die Grundlage für die Aufnahme in den Leistungskatalog der GKV geschaffen. Nach Abschluss der Preisverhandlungen ist mit einem bundesweiten Start des GKV-vergüteten Lungenkrebsscreenings ab April 2026 zu rechnen. Weiterführende Informationen finden Sie in den Versicherteninformationen zum Lungenkrebsscreening mittels LDCT des IQWiG sowie in der aktuellen S3-Leitlinie zur Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms vom April 2025 [5] [6].


Aufgaben und Qualifikationen der am LCS beteiligten Ärzte

In der LuKrFrühErkV des BMUKN zusammen mit der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (KFE-RL) des G-BA werden die personellen Qualifikationen und Aufgaben einer Lungenkrebsfrüherkennung in Deutschland im Detail definiert [1] [24]. In [Tab. 4] sind diese Details, gruppiert nach (I) der Identifikation und dem Einschluss von Teilnehmern in das LCS sowie (II) der Durchführung und Befundung der LDCT-Untersuchungen, zusammengefasst.

Tab. 4 Aufgaben und notwendige Qualifikationen der an der Lungenkrebsfrüherkennung beteiligten Ärzte.

Wer?

Was?

Zusatzqualifikationen

Bundesärztekammer (BÄK), Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (KFE-RL), Landesärztekammer (LÄK), Lungenkrebs-Früherkennungs-Verordnung (LuKrFrühErkV).
* AG Thoraxdiagnostik in der Deutschen Röntgengesellschaft e.V. (https://www.ag-thorax.drg.de/de-DE/10945/zertifizierung/).

(I) Überprüfung der Eignung zur LDCT-Untersuchung

Allgemeinmediziner

Internisten
(inkl. Pneumologen)

Arbeitsmediziner

  • Überprüfung der medizinischen Eignung

  • Anamneseerhebung

  • Erstellung eines Prüfberichts

Teilnahme an einer Fortbildung gemäß § 43 Absatz 2 KFE-RL und § 6 Absatz 3 LuKrFrühErkV, welche auf den Vorgaben der BÄK beruht und von einer LÄK anerkannt wurde

Kursinhalte der Fortbildung (die BÄK entwickelt derzeit die Vorgaben)

  1. Grundlagen und Organisation der Früherkennungsuntersuchung von Lungenkrebs

  2. Maßnahmen zur Ansprache der versicherten Person und Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen

  3. grundlegendes Wissen zum potenziellen Nutzen und Schaden der Früherkennungsuntersuchung

  4. Kenntnisse der Befundklassifikation nach Lung-RADS bei Niedrigdosis-Computertomografie

  5. weiteres Vorgehen und Befundmitteilung

(II) Durchführung der LDCT-Untersuchungen

Radiologen

  • Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen und der rechtfertigenden Indikation

  • Durchführung und Befundung der LDCT-Untersuchungen (Erst- und Zweitbefunder)

  • Weiteres Vorgehen und Befundmitteilung

  • Qualitätssicherung (gemeinsam mit Medizinphysikexperten)

Teilnahme an einer Fortbildung gemäß § 43 Absatz 5 KFE-RL und § 6 Absatz 1 und 2 LuKrFrühErkV, welche auf den Vorgaben der BÄK beruht und von einer LÄK anerkannt wurde. In diesem Rahmen Befundung und Dokumentation von ≥50 LDCT-Untersuchungen zur Lungenkrebsfrüherkennung

Mindestmengen:

Erstbefunder:

  • ≥200 Thorax-CTs (im Jahr vor LCS)

  • ≥100 LDCTs (1. Jahr LCS)

  • ≥200 LDCTs (ab 2. Jahr LCS)

Zweitbefunder:

  • ≥200 Thorax-CTs (im Jahr vor LCS)

  • ≥200 LDCTs (1. Jahr LCS)

  • ≥400 LDCTs (ab 2. Jahr LCS)

Kursinhalte der Fortbildung (die BÄK entwickelt derzeit die Vorgaben, es existieren bereits durchführbare Kurse*)

  1. Grundlagen, wissenschaftliche Evidenz und Organisation der Früherkennungsuntersuchung von Lungenkrebs

  2. vertieftes Wissen zum potenziellen Nutzen und Schaden der Früherkennungsuntersuchung auf Lungenkrebs

  3. Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen und der rechtfertigenden Indikation

  4. Durchführung und strukturierte Befundung der Niedrigdosis-Computertomografie

  5. weiteres Vorgehen und die Befundmitteilung

  6. Qualitätssicherung


Ablauf der LDCT-Lungenkrebsfrüherkennung

Ebenso wie die personellen Qualifikationen und Aufgaben ist auch der Ablauf der für eine Lungenkrebsfrüherkennung nötigen Schritte in der LuKrFrühErkV und der KFE-RL geregelt [1] [24]. Diese erforderlichen Schritte und die jeweils zuständige ärztliche Fachgruppe werden in [Abb. 2] grafisch aufgearbeitet dargestellt und im Folgenden näher erläutert:

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Abb. 2 Flussschema des Ablaufs der Lungenkrebsfrüherkennung.

Identifikation und Aufklärung geeigneter Teilnehmer

Schlüsselfaktoren für ein erfolgreiches Lungenkrebsfrüherkennungsprogramm in Deutschland sind die breite Information, die zuverlässige Identifikation und die persönliche Motivation geeigneter Teilnehmer.

Durch ihren persönlichen Kontakt zu potenziellen Teilnehmern und die Möglichkeit der individuellen Ansprache kommt insbesondere Hausärzten, Internisten inkl. Pneumologen und Arbeitsmedizinern hier eine entscheidende Rolle zu.


Eignungsprüfung und Einschluss in das Früherkennungsprogramm

Qualifizierte Ärzte gemäß § 6, Abs. 3 LuKrFrühErkV (zugelassene Hausärzte, Internisten inkl. Pneumologen oder Arbeitsmediziner mit entsprechender Fortbildung) sind verantwortlich für die folgenden Schritte eines Einschlusses von LCS-Teilnehmern:

  1. Feststellung der Erfüllung der Zielgruppenkriterien

    • (ehemalige) Raucher im Alter von 50–75 Jahren

    • Zigarettenkonsum über mindestens 25 Jahre

    • mindestens 15 Packungsjahre (s. Supplement Kapitel 10)

    • Rauchstopp seit weniger als 10 Jahren

    • kein Thorax-CT innerhalb der letzten 12 Monate

  2. Überprüfung der medizinischen Eignung (im Ermessen der qualifizierten Ärzte)
    Die wichtigsten Punkte aus der S3-Leitlinie hierzu [6]:

    • Hauptziel: positives Nutzen-Risiko-Verhältnis durch Selektion von Teilnehmern

      1. Einschluss von Personen, die für kurativ intendierte Therapien infrage kommen

      2. Ausschluss von Personen mit zu geringer Lebenserwartung
        → Vermeidung von Überdiagnosen und Übertherapien

    • berücksichtigt werden sollten insbesondere:

      • Komorbiditäten/allgemeiner Gesundheitszustand

      • Lebenserwartung

    • erneute Überprüfung alle 5 Jahre (50–70 Jahre) bzw. mindestens alle 3 Jahre (70–75 Jahre)

    • Teilnehmer ≥70 Jahren und/oder mit Komorbiditäten sollten auf das erhöhte Risiko von Überdiagnosen und Übertherapien hingewiesen werden.

  3. Information möglicher Teilnehmer mündlich und schriftlich über:

    • den Nutzen der Lungenkrebsfrüherkennung

      • Senkung der Lungenkrebsmortalität um ca. 20%

      • Senkung der Gesamtmortalität um ca. 5%

      • Angebot einer Rauchentwöhnungstherapie

      • Die Wahrscheinlichkeit, Lungenkrebs in einem gut behandelbaren, frühen Stadium zu diagnostizieren, steigt mit der Dauer einer Früherkennungsteilnahme.

    • die Möglichkeit und Konsequenz falsch-positiver und falsch-negativer Ergebnisse

      • Übersehen von Lungenkrebs

      • invasive Abklärung (Biopsie/Resektion) gutartiger Lungenrundherde

      • beides verbessert sich über die Dauer einer Früherkennungsteilnahme

    • die Verfahren zur Abklärung relevanter Befunde inkl. möglicher Risiken und Belastungen

      • bei kontrollbedürftigen Befunden: vorgezogene LDCT-Untersuchung nach 3 bzw. 6 Monaten

      • bei abklärungsbedürftigen Befunden: PET/CT-Untersuchung und ggf. invasive Diagnostik (Biopsie) bzw. Resektion

    • die Gefahr von Überdiagnosen und Übertherapien

      • liegt v.a. bei verkürzter Lebenserwartung vor

      • steigt mit zunehmendem Alter und der Zahl von Begleiterkrankungen

      • Aufgrund der derzeitigen Ermangelung evidenzbasierter bzw. national konsentierter Kriterien sollten potenzielle Teilnehmer mit einem vermuteten erhöhten Risiko für Überdiagnosen und Übertherapien auf den daraus für sie individuell reduzierten bzw. fehlenden Nutzen ihrer Teilnahme an LDCT-basiertem LCS hingewiesen werden.

    • das Strahlenrisiko

      • Strahlenbelastung von ca. 1 mSv/LDCT

      • Jahresstrahlendosis in Deutschland: 2,1 mSv [28]

      • Vielflieger (10-mal Frankfurt ↔ New York): 1,0 mSv [28]

      • Das Krebsrisiko steigt insgesamt um etwa 0,25% bei Frauen und 0,1% bei Männern [27].

      • Die Reduktion der Lungenkrebsmortalität wiegt dieses Risiko um den Faktor 10 bei Frauen und 25 bei Männern deutlich auf [27].

      • Durch einen Rauchstopp lässt sich das Erkrankungsrisiko deutlich senken.

    • die verschiedenen Möglichkeiten zur Tabakentwöhnung

      • unterstützende Informationen hierzu finden Sie in Supplement Kapitel 4 und 5

Geeignete Teilnehmende erhalten einen bestätigenden Prüfbericht, mit dem sie radiologische Einrichtungen aufsuchen können, die zur Lungenkrebsfrüherkennung qualifiziert sind.

  • Eine Vorlage für den bestätigenden Prüfbericht finden Sie in Supplement Kapitel 12.


Durchführung und Befundung des LDCT sowie Befundmitteilung

Anschließend vereinbaren geeignete Teilnehmer einen Termin zur LDCT-Untersuchung an einer für das LCS qualifizierten radiologischen Einrichtung und erscheinen dort mit ihrem bestätigenden Prüfbericht. Die einzelnen Schritte dieser LDCT-Untersuchung sowie der entsprechenden Erstbefundung sind in [Tab. 5] zusammengefasst.

Tab. 5 Aufgaben und notwendige Qualifikationen der für die LDCT-Untersuchung verantwortlichen Ärzte.

Durchführung und Erstbefundung der LDCT-Untersuchung

Wer?

Was?

Radiologen

Qualifikation: s.
[Tab. 4]

  • Überprüfung des Prüfberichts

  • rechtfertigende Indikationsstellung

  • Aufklärung

  • Durchführung der LDCT-Untersuchung

  • Erstbefundung (1. ohne, 2. mit Softwareunterstützung)

Mitteilung in strukturiertem Bericht innerhalb von 14 Tagen

  • an die versicherte Person

  • an die zuweisende Facharztpraxis nur nach Einwilligung durch die versicherte Person

unauffälliger Befund (in ca. 90% der Fälle)

  • weitere Kontrolle mittels LDCT in 12 Monaten

kontroll- oder abklärungsbedürftiger Befund (ca. 10% der Fälle)

  • unabhängige Zweitbefundung durch einen Radiologen an einer auf Lungenkrebs spezialisierten Einrichtung nötig

  • persönliche Mitteilung des Befundes und Erörterung des weiteren Vorgehens mit der teilnehmenden Person

  • kontrollbedürftig:
    vorgezogene LDCT-Untersuchung nach 3 oder 6 Monaten

  • abklärungsbedürftig:
    weitere diagnostische Abklärung und Überweisung an eine auf Lungenkrebs spezialisierte Einrichtung



Die Lung-RADS-Klassifikation und ihre Bedeutung

Die im Zuge der Lungenkrebsfrüherkennung erstellten LDCT-Aufnahmen werden bewertet gemäß einer modifizierten Lung-RADS-Klassifikation des American College of Radiology mit Integration der Volumenverdopplungszeit (VDT) nach den Empfehlungen des European Position Statement on Lung Cancer Screening von 2017 und wurden so bereits erfolgreich in der HANSE-Studie in einem deutschen Kollektiv pilotiert ([Abb. 3]) [19] [21] [29] [30]. Weiterführende Informationen zur Lung-RADS-Klassifikation finden Sie in Supplement Kapitel 7.

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Abb. 3 Kategorien der modifizierten Lung-RADS-Klassifikation und ihre geschätzte Häufigkeit sowie das daraus abgeleitete weitere Vorgehen [6] [21] [31].

Aktive Beteiligung und Mitwirkung an der Früherkennung

Die Einführung einer Lungenkrebsfrüherkennung schafft die Basis, um die Lungenkrebsmortalität in Deutschland maßgeblich zu reduzieren. Anders als bei breiten Screeningprogrammen hängt der Erfolg des Lungenkrebsscreenings vom selektiven Einschluss geeigneter Personen mit hohem Erkrankungsrisiko bei gleichzeitig ausreichender Lebenserwartung ab. Um eine ausreichend hohe Zahl geeigneter Personen einzuschließen und damit den Einfluss auf die Lungenkrebssterblichkeit zu erhöhen, bedarf es der gemeinsamen und kollegialen Kraftanstrengung von Ärzten der Bereiche Allgemeinmedizin, Arbeitsmedizin und Inneren Medizin. Pneumologen kommt hier durch ihren oft langjährigen Kontakt zu Personen der Risikokohorte sicherlich eine besondere Bedeutung zu.

Sind Personen als Screeningteilnehmer gewonnen, ist es wichtig, diese im Verlauf nicht durch Informations- oder Betreuungslücken zu verlieren, da das Lungenkrebsscreening seine Vorteile erst über eine mehrjährige Nachverfolgung voll ausspielt. Auch wenn Teilnehmer nach der Eignungsprüfung durch Radiologen untersucht und weiterversorgt werden, können und sollten bestehende Patientenkontakte der Zuweiser genutzt werden, um zur dauerhaften Teilnahme am Screening zu motivieren.

Ein weiteres, zentrales Element mit einem nachhaltigen positiven Einfluss auf die lungenkrebsbedingte Mortalität und die raucherassoziierte Morbidität ist die Integration von Rauchentwöhnungsprogrammen. Dies erfordert jedoch ein breites Angebot online verfügbarer Kurse, um die zum Erfolg zwingend notwendige flächendeckende Verfügbarkeit evidenzbasierter Programme zu erreichen. Kaum eine medizinische Maßnahme ist so kosteneffektiv und risikoarm, weshalb sie einen zentralen Baustein des Lungenkrebsscreenings darstellt und in keinem Aufklärungsgespräch fehlen sollte. Weiterführende Informationen hierzu finden Sie in dem Supplement dieses Whitepapers.

Die IQWiG-Entscheidungshilfe bietet umfassende Informationen zur Lungenkrebsfrüherkennung, darunter Vor- und Nachteile, Untersuchungsablauf, mögliche Ergebnisse sowie Risiken und Strahlenbelastung [5].


Fazit und Ausblick

Die Einführung des bundesweiten Lungenkrebsscreenings mittels LDCT markiert einen bedeutenden Schritt in der Prävention und frühzeitigen Erkennung des Lungenkarzinoms in Deutschland. Die wissenschaftliche Evidenz zeigt, dass insbesondere Patienten mit erhöhtem Risiko – langjährige und ehemalige starke Raucher zwischen 50 und 75 Jahren – substanziell von diesem Programm profitieren können. Dennoch ist die Lungenkrebsfrüherkennung kein Selbstläufer: Der eigentliche Erfolg steht und fällt mit der aktiven Mitwirkung aller beteiligten Akteure – von der Identifikation geeigneter Teilnehmer über die ärztliche Aufklärung und Eignungsprüfung bis zur Begleitung in den Folgejahren. Auch der Tabakentwöhnung kommt bei aktiv Rauchenden im Rahmen des Screeningprogramms eine hohe Bedeutung zu.

Gerade Hausärzte, Internisten inkl. Pneumologen und Arbeitsmediziner sind gefragt, potenzielle Teilnehmende auf das Screeningangebot aufmerksam zu machen und sie nachhaltig zur Teilnahme zu motivieren. Nur durch ein kollegiales, intersektorales Engagement kann das volle Potenzial des Programms genutzt werden.

Hinweis zur geschlechtergerechten Sprache (Gendern)

Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass wir in diesem Whitepaper das generische Maskulinum verwenden, um eine aus unserer Sicht gute Lesbarkeit zu gewährleisten. Sämtliche personenbezogenen Bezeichnungen und Aussagen gelten selbstverständlich gleichermaßen für alle Geschlechter.

Erratum

Erratum: Whitepaper zu Identifikation, Information und Eignungs„prüfung von potenziellen Teilnehmern an der Lungenkrebsfrüherkennung in Deutschland
Blum TG, Vogel-Claussen J, Hoffmann H et al. Pneumologie 2025; DOI: 10.1055/a-2697-6434
Im oben genannten Artikel wurde die Literatur falsch angegeben. Das korrekte Literaturverzeichnis wurde um drei Literaturstellen ergänzt. Die Korrektur wurde in der Onlineversion des Artikels ausgeführt am: 17.11.2025.




Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Danksagung

Wir danken Joana Lamché (AstraZeneca GmbH, Hamburg), Dr. David Budiman und Dr. Johannes Gerlach (Alcedis GmbH, Gießen) für ihre Unterstützung bei der Erstellung dieses Whitepapers. Die genannten Personen hatten keinen Einfluss auf den Inhalt der Arbeit.


Korrespondenzadresse

PD Dr. Gerald Schmid-Bindert
V. Medizinische Klinik – Pneumologie, Universitätsmedizin Mannheim, Universität Heidelberg
Theodor-Kutzer-Ufer 1
68167 Mannheim
Deutschland   

Publication History

Received: 17 July 2025

Accepted after revision: 05 September 2025

Article published online:
14 October 2025

© 2025. The Author(s). This is an open access article published by Thieme under the terms of the Creative Commons Attribution-NonDerivative-NonCommercial-License, permitting copying and reproduction so long as the original work is given appropriate credit. Contents may not be used for commercial purposes, or adapted, remixed, transformed or built upon. (https://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/).

Georg Thieme Verlag KG
Oswald-Hesse-Straße 50, 70469 Stuttgart, Germany


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Abb. 1 Übersicht über die Studienlage zum Lungenkrebsscreening in den USA und Europa.
NLST, NELSON, Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) 2021, Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG 2020), Cochrane 2022, IQWiG 2024 [13] [14] [15] [16] [17] [18].
* Dargestellt sind die Daten einer aktualisierten, explorativen Analyse vom 16.04.2019. Die ursprüngliche Analyse vom 27.03.2018 umfasste nur 5 Studien (insgesamt 67.313 Teilnehmer) und ergab eine vergleichbare, signifikante Reduktion der Lungenkrebsmortalität von 15%. Eine neuere Metaanalyse, die nur Studien berücksichtigte, die als Kontrollarm kein Screening vorsahen, berichtete eine Reduktion der Lungenkrebsmortalität von 20% und eine nicht signifikante Reduktion der Gesamtmortalität von 3% [18].
# LDCT-Untersuchungen hatten in der NELSON-Studie keinen Einfluss auf die Gesamtmortalität (Ratenverhältnis: 1,01; 95%-Konfidenzintervall: 0,92–1,11).
§ Für die Nutzenbewertung der beiden IQWiG-Reports wurden die US-Studien NLST und LSS nicht berücksichtigt, da die Röntgenthorax-Untersuchungen im Kontrollarm nicht als adäquater Komparator betrachtet wurden. Sie wurden jedoch für Sensitivitätsanalysen herangezogen.
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Abb. 2 Flussschema des Ablaufs der Lungenkrebsfrüherkennung.
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Abb. 3 Kategorien der modifizierten Lung-RADS-Klassifikation und ihre geschätzte Häufigkeit sowie das daraus abgeleitete weitere Vorgehen [6] [21] [31].