Schlüsselwörter Lungenkrebsfrüherkennung Deutschland - Lungenkarzinom - Screening-Programm - Low-Dose-CT
- Eignungsprüfung
Keywords lung cancer screening Germany - lung cancer - screening programme - low-dose CT -
suitability test
Einleitung
Der deutschlandweite Start der Lungenkrebsfrüherkennung mittels Niedrigdosis-Computertomografie
(Low-dose computed tomography, LDCT) steht kurz bevor. Im Gegensatz zu bestehenden
Screeningprogrammen für Mamma-, kolorektale und Zervixkarzinome folgt das Lungenkrebsscreening
(Lung Cancer Screening, LCS) einem risikobasierten Ansatz. Um das Risiko von Überdiagnosen
und als Folge Übertherapien sowie das Strahlungsrisiko zu minimieren, richtet es sich
gezielt an geeignete Personen mit hohem Lungenkrebsrisiko, statt die gesamte Bevölkerung
einzubeziehen. Bisher bietet nur die Deutsche Unfallversicherungsgesellschaft (DGUV)
im Rahmen des EVA-Lunge-Programms seit 2014 ein strukturiertes Screening für asbestexponierte
Arbeitnehmer an. Seit der Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Umwelt, Klimaschutz,
Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMUKN) vom 1. Juli 2024 steht das LDCT-basierte
LCS in Deutschland Rauchenden im Alter von 50–75 Jahren mit einer Rauchdauer von mindestens
25 Jahren, mindestens 15 Packungsjahren und maximal 10 Jahren Rauchstopp als Selbstzahlerleistung
offen. Die gesetzlichen Vorgaben dafür wurden in der Lungenkrebs-Früherkennungs-Verordnung (LuKrFrühErkV) festgelegt [1 ]. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 18. Juni 2025 beschlossen, dass die
Lungenkrebsfrüherkennung für diese Personengruppe als neue Leistung der gesetzlichen
Krankenkassen eingeführt werden soll [2 ]. Der Beschluss über eine entsprechende Änderung der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie
(KFE-RL) ist am 05.09.2025 in Kraft getreten, woraufhin die Verhandlungen zur Anerkennung
als vergütungsfähige GKV-Leistung starten können [3 ]
[4 ]. Nach Abschluss der Preisverhandlungen ist mit einem Start des gesetzlich vergüteten
Screenings ca. ab April 2026 zu rechnen. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit
im Gesundheitswesen (IQWiG) hat im Februar 2025 bereits eine Versicherteninformation
zum Lungenkrebsscreening mittels LDCT veröffentlicht. Die aktuelle S3-Leitlinie zur
Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms (v4.0 – April 2025,
AWMF-Register-Nr.: 020-007OL) hat ergänzende und weiterführende Empfehlungen zur Einführung
einer Lungenkrebsfrüherkennung in Deutschland erarbeitet [5 ]
[6 ].
Bereits jetzt kommt Fachärzten bzw. Ärzten im dritten Weiterbildungsjahr aus den Bereichen
Allgemeinmedizin, Arbeitsmedizin und Innere Medizin inkl. Pneumologie eine essenzielle
Rolle bei der Identifikation und Überweisung von geeigneten Personen für LDCT-Früherkennungsmaßnahmen
zu: Die Rechtsverordnung fordert zwingend die Bereitstellung von Informationen, eine
Erhebung des Risikoprofils und die Überprüfung der medizinischen Eignung von potenziellen
Screeningteilnehmern durch qualifizierte Ärzte der vorgenannten Bereiche. Eine hohe
Teilnehmerrate wie auch der Ausschluss ungeeigneter Personen sind entscheidend für
den Erfolg, die Sicherheit und die Kosteneffektivität eines solchen Programms. Entsprechend
stellen der Identifikations- und Informationsprozess sowie die Eignungsprüfung zwei
unabhängige Erfolgsfaktoren in einem strukturierten LDCT-Lungenkrebs-Früherkennungsprogramm
dar. Ein dritter entscheidender Faktor ist die obligate Implementierung einer qualifizierten
Beratung zur Rauchentwöhnung innerhalb dieser initialen Informations- und Aufklärungsgespräche.
Nur eine konsequente und flächendeckende Einbindung von Ärzten aus den Bereichen Allgemeinmedizin,
Arbeitsmedizin und Innere Medizin bei der Identifizierung und Ansprache möglicher
Teilnehmer ermöglicht eine ausreichend hohe Teilnahmebereitschaft an Lungenkrebsfrüherkennungsprogrammen.
Dies ist in der Literatur gut belegt und ein integraler Bestandteil in bereits laufenden
europäischen LCS-Programmen in Großbritannien, Kroatien, Polen und der Tschechischen
Republik [7 ]
[8 ]
[9 ].
Dieses Whitepaper bietet interessierten Ärzten, die sich über eine aktive Teilnahme
informieren und darauf vorbereiten möchten, eine kompakte Übersicht inklusive der
fachlichen und organisatorischen Vorgaben der in Deutschland geplanten Lungenkrebsfrüherkennung.
In dieser Publikation, ergänzt durch ein Online-Supplement , bieten wir Ihnen Informationen und Materialien zur Planung, Implementierung und
Überprüfung Ihrer Praxisvorbereitungen an.
Bedeutung und Nutzen einer Lungenkrebsfrüherkennung
Bedeutung und Nutzen einer Lungenkrebsfrüherkennung
2023 war Lungenkrebs bei Männern mit 26.614 Todesfällen (22%) die häufigste und bei
Frauen mit 18.349 Todesfällen (17%) die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache
und lag somit nur noch knapp hinter Brustkrebs mit 18.527 Todesfällen bei Frauen (17%)
[10 ]. Auch wenn, bedingt durch den demografischen Wandel, die altersstandardisierte Neuerkrankungsrate
unter Männern in den letzten 25 Jahren rückläufig war, ist die reine Fallzahl von
Lungenkarzinomen beider Geschlechter von 45.481 Fällen im Jahr 1999 um mehr als 30%
auf 60.209 Fälle im Jahr 2019 angestiegen – insbesondere durch einen Anstieg der Neuerkrankungsrate
bei Frauen. Im Jahr 2022 wurden 56.577 neue Fälle von Lungenkrebs dokumentiert [10 ]
[11 ]. Gleichzeitig wird das Lungenkarzinom nach wie vor in der Mehrzahl erst in fortgeschrittenen
Stadien entdeckt, da es in den frühen Stadien i.d.R. keine Beschwerden verursacht.
So befanden sich Lungenkarzinome bei Erstdiagnose in Deutschland in 2019/2020 zu 20%
im Stadium III und zu 57% im Stadium IV [12 ]. Zwischen 2016 und 2018 lagen die 5-Jahres-Überlebensraten bei Lungenkrebs im Stadium
I bei Frauen bei 73% und bei Männern bei 63%, im Stadium IV dagegen nur bei 7 bzw.
4% [6 ].
Durch Früherkennungsmaßnahmen ist eine Diagnose hingegen häufiger bereits in frühen
Stadien möglich, sodass sich die Anteile an Operationen oder stereotaktischen Bestrahlungen
als kurative Behandlungsoptionen konsekutiv steigern lassen. Ein strukturiertes Lungenkrebsscreening
resultiert auf diese Weise mittels regelmäßiger LDCT-Untersuchungen in einer Senkung
der lungenkrebsbedingten Mortalität und ermöglicht somit bessere Überlebens- und Heilungschancen
für Teilnehmer.
Studienlage zum Lungenkrebsscreening
Studienlage zum Lungenkrebsscreening
Nutzen eines Lungenkrebsscreenings
Zum Nutzen der Lungenkrebsfrüherkennung gibt es eine überzeugende Datenlage. Entsprechende
Studiendaten wurden u.a. in einer Cochrane-Metaanalyse von 2022 und in den wissenschaftlichen
Bewertungen des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) und des IQWiG umfassend aufgearbeitet.
In die Metaanalyse flossen die Daten 11 randomisierter Studien aus den USA und Europa
(u.a. ITALUNG, LUSI, MILD, NELSON, NLST, DANTE, DLCST, LSS, UKLS, DEPISCAN) mit insgesamt
94.445 Teilnehmern ein [13 ]. Dabei konnte eine durchschnittliche Reduktion der Lungenkrebsmortalität von 21%
und eine Gesamtsterblichkeitsreduktion von 5% festgestellt werden ([Abb. 1 ]) [14 ]. Besonders hervorzuheben sind hierunter die NLST-Studie aus den USA (2013) sowie
die NELSON-Studie aus den Niederlanden und Belgien (2020). In beiden wurde aufgrund
ausreichend hoher Teilnehmerzahlen eine signifikante relative Risikoreduktion der
lungenkrebsbedingten Sterblichkeit von 20 bzw. 24% gezeigt. Innerhalb der NLST-Studie
konnte außerdem eine signifikante Reduktion der Gesamtmortalität von 6,7% beobachtet
werden [15 ]
[16 ].
Abb. 1 Übersicht über die Studienlage zum Lungenkrebsscreening in den USA und
Europa. NLST, NELSON, Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) 2021, Institut für Qualität
und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG 2020), Cochrane 2022, IQWiG 2024
[13 ]
[14 ]
[15 ]
[16 ]
[17 ]
[18 ]. * Dargestellt sind die Daten einer aktualisierten, explorativen Analyse vom
16.04.2019. Die ursprüngliche Analyse vom 27.03.2018 umfasste nur 5 Studien (insgesamt
67.313 Teilnehmer) und ergab eine vergleichbare, signifikante Reduktion der
Lungenkrebsmortalität von 15%. Eine neuere Metaanalyse, die nur Studien berücksichtigte,
die als Kontrollarm kein Screening vorsahen, berichtete eine Reduktion der
Lungenkrebsmortalität von 20% und eine nicht signifikante Reduktion der Gesamtmortalität
von 3% [18 ]. # LDCT-Untersuchungen hatten in der NELSON-Studie keinen Einfluss auf die
Gesamtmortalität (Ratenverhältnis: 1,01; 95%-Konfidenzintervall: 0,92–1,11). § Für
die Nutzenbewertung der beiden IQWiG-Reports wurden die US-Studien NLST und LSS nicht
berücksichtigt, da die Röntgenthorax-Untersuchungen im Kontrollarm nicht als adäquater
Komparator betrachtet wurden. Sie wurden jedoch für Sensitivitätsanalysen
herangezogen.
Die Umsetzbarkeit eines nationalen Lungenkrebsscreenings in Deutschland und die Integration
in bestehende Versorgungsstrukturen werden aktuell in der großen norddeutschen HANSE-Studie
sowie in der europäischen 4-In-The-Lung-Run-Studie untersucht [19 ]
[20 ]
[21 ]. Diese beiden Studien werden wichtige offene Fragen im Hinblick auf die optimale
Auswahl der Risikopopulation sowie auf individuell angepasste Screeningintervalle
beantworten.
Risiken eines Lungenkrebsscreenings
Die LDCT-Lungenkrebsfrüherkennung ist nicht frei von Risiken für die Teilnehmenden.
Zu den Risiken gehören falsch-positive Befunde, falsch-negative Befunde ([Tab. 1 ]), Überdiagnosen und Übertherapien ([Tab. 2 ]), sekundäre Folgekarzinome durch Strahlenexposition ([Tab. 3 ]) und psychische Belastung. Aus diesem Grund wird in der Rechtsverordnung des BMUKN
ein risikoadaptierter Einschluss gefordert.
Tab. 1 Risiken der LDCT-Lungenkrebsfrüherkennung: falsch-positive und falsch-negative Befunde.
Risiko
Erklärung
Konsequenz
Häufigkeit
falsch-positive Befunde
verdächtige LDCT-Ergebnisse, die sich nicht als maligne bestätigen
unnötige Diagnostik mit potenziell schädlichen Auswirkungen
falsch-positive Befunde (kontroll- und abklärungsbedürftig): initial ca. 8–20%
unnötige invasive Diagnostik: ca. <1%
[14 ]
[19 ]
[20 ]
[22 ]
falsch-negative Befunde
in der LDCT-Untersuchung übersehene Fälle von Lungenkrebs
gegebenenfalls verspätete Diagnostik und schlechtere Prognose
ca. 8% aller Lungenkrebsfälle
[20 ]
[22 ]
Tab. 2 Risiken der LDCT-Lungenkrebsfrüherkennung: Überdiagnosen und Übertherapien.
Risiko
Erklärung
Konsequenz
Häufigkeit
* Diese Schätzung der Risikohäufigkeit basiert auf Screening-Studien mit einer langen
Nachbeobachtungszeit und bezieht sich auf die gesamte Studienpopulation. Das individuelle
Risiko kann bei einer verkürzten Lebenserwartung (z.B. aufgrund eines fortgeschrittenen
Lebensalter oder Komorbiditäten) deutlich höher sein.
Überdiagnosen (bzw. Übertherapien)
Detektion (bzw. Therapie) von Tumoren, die zu Lebzeiten nicht klinisch manifest geworden
wären
unnötiges Risiko durch diagnostische (bzw. therapeutische) Maßnahmen ohne klinischen
Nutzen
durchschnittlich ca. 1-3%* aller LDCT-detektierten Lungenkrebsfälle, im
Einzelfall jedoch ggf. deutlich höher [23 ]
[24 ]
Tab. 3 Risiken der LDCT-Lungenkrebsfrüherkennung: Strahlenbelastung.
Risiko
Erklärung
Konsequenz
Häufigkeit
* Diese Schätzung beruht auf der Annahme einer jährlichen LDCT-Untersuchung im Alter
zwischen 50 und 75 Jahren.
Strahlenbelastung
die Strahlenbelastung der LDCT-Untersuchungen (ca. 1 mSV/LDCT) erhöht ihrerseits das
Lungenkrebsrisiko
strahlenbedingte Lungenkrebstodesfälle wiegen den Nutzen der Untersuchung auf
durch jährliche LDCT: Erhöhung des Krebsrisikos um insg. etwa 0,25%* (Frauen) bzw.
0,1%* (Männer) [27 ]
Falsch-positive und falsch-negative Befunde
Strategien zur Reduktion falsch-positiver und falsch-negativer Befunde ([Tab. 1 ]) umfassen u.a. die Wahl geeigneter Klassifikationsalgorithmen, die Nutzung
computerbasierter Detektionssysteme wie auch eine systematische Zweitbegutachtung
kontroll- und abklärungsbedürftiger Befunde [25 ]
[26 ]. Im weiteren Verlauf wiederholter Screeninguntersuchungen konnte in der
NELSON-Studie zudem eine Abnahme der Rate falsch-positiver Befunde von 19,8% (Runde
1) auf
3,9% (Runde 3) erzielt werden. Das lässt sich u.a. durch das Vorliegen von
Voruntersuchungen, die zur Berechnung der Volumenverdopplungszeit herangezogen werden
können, erklären.
Überdiagnosen und Übertherapien
Die Gefahr von Überdiagnosen und Übertherapien ([Tab. 2 ]) korreliert mit einer geringeren Lebenserwartung .
Faktoren hierfür sind u.a. ein zunehmendes Lebensalter, anhaltendes Rauchen und
Komorbiditäten. Für ältere und komorbide Personen ist somit von einem deutlich höheren
Risiko für Überdiagnosen und Übertherapien auszugehen als in [Tab. 2 ] angegeben. Die Überprüfung der medizinischen Eignung für eine LCS-Teilnahme zielt
auf eine Senkung dieser Risiken ab bzw. darauf, Teilnehmer auf ihr gegebenenfalls
erhöhtes
Risiko hinzuweisen [22 ]
[26 ].
Strahlenbelastung
Wägt man die Strahlenbelastung des Screenings ([Tab. 3 ]) mit seiner Reduktion der Lungenkrebsmortalität auf, liegt die Ratio von theoretisch
gewonnenen zu verlorenen Lebensjahren im Altersbereich des LCS-Programms von 50–75
Jahren bei Frauen bei etwa 10 und bei Männern sogar bei etwa 25 [27 ]. Dieses günstige Nutzen-Risiko-Verhältnis ist die Basis für die positive Einschätzung
eines LCS-Programms durch das BfS.
Psychische Belastung
Die Teilnahme an der Lungenkrebsfrüherkennung kann zur psychischen Belastung werden,
insbesondere im Falle auffälliger Befunde [23 ]. Umso wichtiger ist eine verständliche und umfassende Aufklärung durch die betreuende
Ärztin bzw. den betreuenden Arzt.
Durch eine Reduktion von falsch-positiven Befunden und Überdiagnosen lässt sich das
Risiko für eine psychische Belastung zusätzlich begrenzen.
Aktueller Status zur Lungenkrebsfrüherkennung in Deutschland
Aktueller Status zur Lungenkrebsfrüherkennung in Deutschland
Die Implementierung der Lungenkrebsfrüherkennung wurde bereits 2019 eingeleitet (detaillierte
Historie in Supplement Kapitel 6). Im Mai 2024 erließ das BMUKN die Lungenkrebs-Früherkennungs-Verordnung (LuKrFrühErkV), die am 1. Juli 2024 in Kraft trat [1 ]. Diese regelt die Zielgruppe sowie die Anforderungen an Untersucher und Untersuchungseinrichtungen.
Im Dezember 2023 wurde durch den G-BA ein Beratungsverfahren zur Bewertung der Lungenkrebsfrüherkennung
mittels LDCT eingeleitet. Am 18. Juni 2025 hat der G-BA beschlossen, die Lungenkrebsfrüherkennung
mittels LDCT für Personen mit erhöhtem Lungenkrebsrisiko als neue Leistung der gesetzlichen
Krankenkassen einzuführen [2 ]. Damit ist die Grundlage für die Aufnahme in den Leistungskatalog der GKV geschaffen.
Nach Abschluss der Preisverhandlungen ist mit einem bundesweiten Start des GKV-vergüteten
Lungenkrebsscreenings ab April 2026 zu rechnen. Weiterführende Informationen finden
Sie in den Versicherteninformationen zum Lungenkrebsscreening mittels LDCT des IQWiG
sowie in der aktuellen S3-Leitlinie zur Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge
des Lungenkarzinoms vom April 2025 [5 ]
[6 ].
Aufgaben und Qualifikationen der am LCS beteiligten Ärzte
Aufgaben und Qualifikationen der am LCS beteiligten Ärzte
In der LuKrFrühErkV des BMUKN zusammen mit der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (KFE-RL)
des G-BA werden die personellen Qualifikationen und Aufgaben einer Lungenkrebsfrüherkennung
in Deutschland im Detail definiert [1 ]
[24 ]. In [Tab. 4 ] sind diese Details, gruppiert nach (I) der Identifikation und dem Einschluss von
Teilnehmern in das LCS sowie (II) der Durchführung und Befundung der LDCT-Untersuchungen,
zusammengefasst.
Tab. 4 Aufgaben und notwendige Qualifikationen der an der Lungenkrebsfrüherkennung beteiligten
Ärzte.
Wer?
Was?
Zusatzqualifikationen
Bundesärztekammer (BÄK), Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (KFE-RL), Landesärztekammer
(LÄK), Lungenkrebs-Früherkennungs-Verordnung (LuKrFrühErkV). * AG Thoraxdiagnostik in der Deutschen Röntgengesellschaft e.V. (https://www.ag-thorax.drg.de/de-DE/10945/zertifizierung/ ).
(I) Überprüfung der Eignung zur LDCT-Untersuchung
Allgemeinmediziner
Internisten (inkl. Pneumologen)
Arbeitsmediziner
Teilnahme an einer Fortbildung gemäß § 43 Absatz 2 KFE-RL und § 6 Absatz 3 LuKrFrühErkV,
welche auf den Vorgaben der BÄK beruht und von einer LÄK anerkannt wurde
Kursinhalte der Fortbildung (die BÄK entwickelt derzeit die Vorgaben)
Grundlagen und Organisation der Früherkennungsuntersuchung von Lungenkrebs
Maßnahmen zur Ansprache der versicherten Person und Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen
grundlegendes Wissen zum potenziellen Nutzen und Schaden der Früherkennungsuntersuchung
Kenntnisse der Befundklassifikation nach Lung-RADS bei Niedrigdosis-Computertomografie
weiteres Vorgehen und Befundmitteilung
(II) Durchführung der LDCT-Untersuchungen
Radiologen
Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen und der rechtfertigenden Indikation
Durchführung und Befundung der LDCT-Untersuchungen (Erst- und Zweitbefunder)
Weiteres Vorgehen und Befundmitteilung
Qualitätssicherung (gemeinsam mit Medizinphysikexperten)
Teilnahme an einer Fortbildung gemäß § 43 Absatz 5 KFE-RL und § 6 Absatz 1 und 2 LuKrFrühErkV,
welche auf den Vorgaben der BÄK beruht und von einer LÄK anerkannt wurde. In diesem
Rahmen Befundung und Dokumentation von ≥50 LDCT-Untersuchungen zur Lungenkrebsfrüherkennung
Mindestmengen:
Erstbefunder:
Zweitbefunder:
Kursinhalte der Fortbildung (die BÄK entwickelt derzeit
die Vorgaben, es existieren bereits durchführbare Kurse*)
Grundlagen, wissenschaftliche Evidenz und Organisation der Früherkennungsuntersuchung
von Lungenkrebs
vertieftes Wissen zum potenziellen Nutzen und Schaden der Früherkennungsuntersuchung
auf Lungenkrebs
Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen und der rechtfertigenden Indikation
Durchführung und strukturierte Befundung der Niedrigdosis-Computertomografie
weiteres Vorgehen und die Befundmitteilung
Qualitätssicherung
Ablauf der LDCT-Lungenkrebsfrüherkennung
Ablauf der LDCT-Lungenkrebsfrüherkennung
Ebenso wie die personellen Qualifikationen und Aufgaben ist auch der Ablauf der für
eine
Lungenkrebsfrüherkennung nötigen Schritte in der LuKrFrühErkV und der KFE-RL geregelt
[1 ]
[24 ]. Diese erforderlichen Schritte und die jeweils zuständige ärztliche Fachgruppe werden
in [Abb. 2 ] grafisch aufgearbeitet dargestellt und im Folgenden näher erläutert:
Abb. 2 Flussschema des Ablaufs der Lungenkrebsfrüherkennung.
Identifikation und Aufklärung geeigneter Teilnehmer
Schlüsselfaktoren für ein erfolgreiches Lungenkrebsfrüherkennungsprogramm in Deutschland
sind die breite Information , die zuverlässige Identifikation und die persönliche Motivation geeigneter Teilnehmer.
Durch ihren persönlichen Kontakt zu potenziellen Teilnehmern und die Möglichkeit der
individuellen Ansprache kommt insbesondere Hausärzten, Internisten inkl. Pneumologen
und Arbeitsmedizinern hier eine entscheidende Rolle zu.
Eignungsprüfung und Einschluss in das Früherkennungsprogramm
Qualifizierte Ärzte gemäß § 6, Abs. 3 LuKrFrühErkV (zugelassene Hausärzte, Internisten
inkl. Pneumologen oder Arbeitsmediziner mit entsprechender Fortbildung) sind verantwortlich
für die folgenden Schritte eines Einschlusses von LCS-Teilnehmern:
Feststellung der Erfüllung der Zielgruppenkriterien
(ehemalige) Raucher im Alter von 50–75 Jahren
Zigarettenkonsum über mindestens 25 Jahre
mindestens 15 Packungsjahre (s. Supplement Kapitel 10)
Rauchstopp seit weniger als 10 Jahren
kein Thorax-CT innerhalb der letzten 12 Monate
Überprüfung der medizinischen Eignung (im Ermessen der qualifizierten Ärzte) Die wichtigsten Punkte aus der S3-Leitlinie hierzu [6 ]:
Hauptziel: positives Nutzen-Risiko-Verhältnis durch Selektion von Teilnehmern
Einschluss von Personen, die für kurativ intendierte Therapien infrage kommen
Ausschluss von Personen mit zu geringer Lebenserwartung → Vermeidung von Überdiagnosen und Übertherapien
berücksichtigt werden sollten insbesondere:
erneute Überprüfung alle 5 Jahre (50–70 Jahre) bzw. mindestens alle 3 Jahre (70–75
Jahre)
Teilnehmer ≥70 Jahren und/oder mit Komorbiditäten sollten auf das erhöhte Risiko
von Überdiagnosen und Übertherapien hingewiesen werden.
Information möglicher Teilnehmer mündlich und schriftlich über:
den Nutzen der Lungenkrebsfrüherkennung
Senkung der Lungenkrebsmortalität um ca. 20%
Senkung der Gesamtmortalität um ca. 5%
Angebot einer Rauchentwöhnungstherapie
Die Wahrscheinlichkeit, Lungenkrebs in einem gut behandelbaren, frühen Stadium zu
diagnostizieren, steigt mit der Dauer einer Früherkennungsteilnahme.
die Möglichkeit und Konsequenz falsch-positiver und falsch-negativer Ergebnisse
Übersehen von Lungenkrebs
invasive Abklärung (Biopsie/Resektion) gutartiger Lungenrundherde
beides verbessert sich über die Dauer einer Früherkennungsteilnahme
die Verfahren zur Abklärung relevanter Befunde inkl. möglicher Risiken und Belastungen
die Gefahr von Überdiagnosen und Übertherapien
liegt v.a. bei verkürzter Lebenserwartung vor
steigt mit zunehmendem Alter und der Zahl von Begleiterkrankungen
Aufgrund der derzeitigen Ermangelung evidenzbasierter bzw. national konsentierter
Kriterien sollten potenzielle Teilnehmer mit einem vermuteten erhöhten Risiko für
Überdiagnosen und Übertherapien auf den daraus für sie individuell reduzierten bzw.
fehlenden Nutzen ihrer Teilnahme an LDCT-basiertem LCS hingewiesen werden.
das Strahlenrisiko
Strahlenbelastung von ca. 1 mSv/LDCT
Jahresstrahlendosis in Deutschland: 2,1 mSv [28 ]
Vielflieger (10-mal Frankfurt ↔ New York): 1,0 mSv [28 ]
Das Krebsrisiko steigt insgesamt um etwa 0,25% bei Frauen und 0,1% bei
Männern [27 ].
Die Reduktion der Lungenkrebsmortalität wiegt dieses Risiko um den Faktor 10 bei Frauen
und 25 bei Männern deutlich auf [27 ].
Durch einen Rauchstopp lässt sich das Erkrankungsrisiko deutlich senken.
die verschiedenen Möglichkeiten zur Tabakentwöhnung
Geeignete Teilnehmende erhalten einen bestätigenden Prüfbericht , mit dem sie radiologische Einrichtungen aufsuchen können, die zur Lungenkrebsfrüherkennung
qualifiziert sind.
Durchführung und Befundung des LDCT sowie Befundmitteilung
Anschließend vereinbaren geeignete Teilnehmer einen Termin zur LDCT-Untersuchung an
einer für das LCS qualifizierten radiologischen Einrichtung und erscheinen dort mit
ihrem bestätigenden Prüfbericht. Die einzelnen Schritte dieser LDCT-Untersuchung sowie
der entsprechenden Erstbefundung sind in [Tab. 5 ] zusammengefasst.
Tab. 5 Aufgaben und notwendige Qualifikationen der für die LDCT-Untersuchung verantwortlichen
Ärzte.
Durchführung und Erstbefundung der LDCT-Untersuchung
Wer?
Was?
Radiologen
Qualifikation: s.
[Tab. 4 ]
Überprüfung des Prüfberichts
rechtfertigende Indikationsstellung
Aufklärung
Durchführung der LDCT-Untersuchung
Erstbefundung (1. ohne, 2. mit Softwareunterstützung)
Mitteilung in strukturiertem Bericht innerhalb von 14 Tagen
unauffälliger Befund (in ca. 90% der Fälle)
kontroll- oder abklärungsbedürftiger Befund (ca. 10% der Fälle)
unabhängige Zweitbefundung durch einen Radiologen an einer auf Lungenkrebs spezialisierten
Einrichtung nötig
persönliche Mitteilung des Befundes und Erörterung des weiteren Vorgehens mit der
teilnehmenden Person
kontrollbedürftig: vorgezogene LDCT-Untersuchung nach 3 oder 6 Monaten
abklärungsbedürftig: weitere diagnostische Abklärung und Überweisung an
eine auf Lungenkrebs spezialisierte Einrichtung
Die Lung-RADS-Klassifikation und ihre Bedeutung
Die Lung-RADS-Klassifikation und ihre Bedeutung
Die im Zuge der Lungenkrebsfrüherkennung erstellten LDCT-Aufnahmen werden bewertet
gemäß einer modifizierten Lung-RADS-Klassifikation des American College of Radiology
mit Integration der Volumenverdopplungszeit (VDT) nach den Empfehlungen des European
Position Statement on Lung Cancer Screening von 2017 und wurden so bereits erfolgreich
in der HANSE-Studie in einem deutschen Kollektiv pilotiert ([Abb. 3 ]) [19 ]
[21 ]
[29 ]
[30 ]. Weiterführende Informationen zur Lung-RADS-Klassifikation finden Sie in Supplement
Kapitel 7.
Abb. 3 Kategorien der modifizierten Lung-RADS-Klassifikation und ihre geschätzte Häufigkeit
sowie das daraus abgeleitete weitere Vorgehen [6 ]
[21 ]
[31 ].
Aktive Beteiligung und Mitwirkung an der Früherkennung
Aktive Beteiligung und Mitwirkung an der Früherkennung
Die Einführung einer Lungenkrebsfrüherkennung schafft die Basis, um die Lungenkrebsmortalität
in Deutschland maßgeblich zu reduzieren. Anders als bei breiten Screeningprogrammen
hängt der Erfolg des Lungenkrebsscreenings vom selektiven Einschluss geeigneter Personen
mit hohem Erkrankungsrisiko bei gleichzeitig ausreichender Lebenserwartung ab. Um
eine ausreichend hohe Zahl geeigneter Personen einzuschließen und damit den Einfluss
auf die Lungenkrebssterblichkeit zu erhöhen, bedarf es der gemeinsamen und kollegialen
Kraftanstrengung von Ärzten der Bereiche Allgemeinmedizin, Arbeitsmedizin und Inneren
Medizin. Pneumologen kommt hier durch ihren oft langjährigen Kontakt zu Personen der
Risikokohorte sicherlich eine besondere Bedeutung zu.
Sind Personen als Screeningteilnehmer gewonnen, ist es wichtig, diese im Verlauf nicht
durch Informations- oder Betreuungslücken zu verlieren, da das Lungenkrebsscreening
seine Vorteile erst über eine mehrjährige Nachverfolgung voll ausspielt. Auch wenn
Teilnehmer nach der Eignungsprüfung durch Radiologen untersucht und weiterversorgt
werden, können und sollten bestehende Patientenkontakte der Zuweiser genutzt werden,
um zur dauerhaften Teilnahme am Screening zu motivieren.
Ein weiteres, zentrales Element mit einem nachhaltigen positiven Einfluss auf die
lungenkrebsbedingte Mortalität und die raucherassoziierte Morbidität ist die Integration
von Rauchentwöhnungsprogrammen. Dies erfordert jedoch ein breites Angebot online verfügbarer
Kurse, um die zum Erfolg zwingend notwendige flächendeckende Verfügbarkeit evidenzbasierter
Programme zu erreichen. Kaum eine medizinische Maßnahme ist so kosteneffektiv und
risikoarm, weshalb sie einen zentralen Baustein des Lungenkrebsscreenings darstellt
und in keinem Aufklärungsgespräch fehlen sollte. Weiterführende Informationen hierzu
finden Sie in dem Supplement dieses Whitepapers.
Die IQWiG-Entscheidungshilfe bietet umfassende Informationen
zur Lungenkrebsfrüherkennung, darunter Vor- und Nachteile, Untersuchungsablauf, mögliche
Ergebnisse sowie Risiken und Strahlenbelastung [5 ].
Fazit und Ausblick
Die Einführung des bundesweiten Lungenkrebsscreenings mittels LDCT markiert einen
bedeutenden Schritt in der Prävention und frühzeitigen Erkennung des Lungenkarzinoms
in Deutschland. Die wissenschaftliche Evidenz zeigt, dass insbesondere Patienten mit
erhöhtem Risiko – langjährige und ehemalige starke Raucher zwischen 50 und 75 Jahren
– substanziell von diesem Programm profitieren können. Dennoch ist die Lungenkrebsfrüherkennung
kein Selbstläufer: Der eigentliche Erfolg steht und fällt mit der aktiven Mitwirkung
aller beteiligten Akteure – von der Identifikation geeigneter Teilnehmer über die
ärztliche Aufklärung und Eignungsprüfung bis zur Begleitung in den Folgejahren. Auch
der Tabakentwöhnung kommt bei aktiv Rauchenden im Rahmen des Screeningprogramms eine
hohe Bedeutung zu.
Gerade Hausärzte, Internisten inkl. Pneumologen und Arbeitsmediziner sind gefragt,
potenzielle Teilnehmende auf das Screeningangebot aufmerksam zu machen und sie nachhaltig
zur Teilnahme zu motivieren. Nur durch ein kollegiales, intersektorales Engagement
kann das volle Potenzial des Programms genutzt werden.
Hinweis zur geschlechtergerechten Sprache (Gendern)
Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass wir in diesem Whitepaper das generische
Maskulinum verwenden, um eine aus unserer Sicht gute Lesbarkeit zu gewährleisten.
Sämtliche
personenbezogenen Bezeichnungen und Aussagen gelten selbstverständlich gleichermaßen
für
alle Geschlechter.