Dr. Arnold Radtke
Am 16. Juli 2008 verstarb im Alter von 94 Jahren unser Kollege Dr. Arnold Radtke.
Die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit ehrte 1991
"den Arzt, der sich für die Bekämpfung der Tuberkulose und allgemein für die Verbesserung
des öffentlichen Gesundheitswesens einsetzte. Er hat die deutsche Tropenmedizin beispielgebend
unterstützt und einer ganzen Generation von Ärztinnen und Ärzten im Entwicklungsdienst
das berufliche Engagement für die Menschen in der Dritten Welt vorgelebt. Die deutsche
Tropenmedizin verdankt ihm die Erschließung der lange vernachlässigten, ganzheitlichen
Sichtweise der "Medizin in den Tropen" und ihre Umsetzung in Ausbildung und Praxis."
Arnold Radtke, geboren am 20. Juni 1914 in Berlin, studierte von 1932-1934 Geschichte,
Philosophie, Publizistik und Politikwissenschaft und von 1936-1941 Humanmedizin in
Breslau, Würzburg, München und Greifswald. Von 1941-1946 war er Truppenarzt und hat
sich nach dem Krieg insbesondere der Tuberkulosebekämpfung zugewandt. Von 1953-1956
war er Oberarzt an der Lungenheilstätte Wangen im Allgäu und unter anderem von 1956-1963
Leiter der Tuberkulosefürsorge in Heilbronn und Lörrach. Von 1963-1969 war er leitender
Arzt des "Lake Victoria Tuberculosis Schemes" in Tansania. Von 1971-1979 bestimmte
er als Leiter des Gesundheitsreferats von MISEREOR, Aachen, nachhaltig deren Projekte.
Seine Berufs- und Lebenserfahrung brachte er darüber hinaus in viele Fachgremien ein,
so als Beiratsmitglied der DTG von 1978-1982. Er war 1972 Gründer und bis 1975 Sekretär
des Arbeitskreises Medizinische Entwicklungszusammenarbeit (AKME). Er war, wie die
Laudatio der DTG es anlässlich der Verleihung seiner Ehrenmitgliedschaft gewürdigt
hat, ein überzeugender und unbeugsamer Verfechter einer zeitgemäßen und verantwortungsbewussten
"Medizin in den Tropen". Als kritischer Promotor hat er wesentlich dazu beigetragen,
dass das Konzept der primären Gesundheitspflege in die kirchlichen und staatlichen
Organisationen der Gesundheitshilfe Eingang fand.
Der Autor hat Radtke als Vorbild und Mentor viel zu verdanken. In der Anfangsphase
der Übernahme des Heidelberger Instituts half er ihm bei der Sinnfindung eines "Tropeninstituts"
außerhalb der Tropen. 1974 führte er ihn in den Kreis derer ein, die im Dialog zwischen
Kirchen und WHO das Konzept von "Primary Health" schmiedeten. In diesem Zusammenhang
entstand der Gedanke an einen Vorbereitungskurs "Medizin in Entwicklungsländern",
der seither an der Universität Heidelberg besteht. Hierdurch wurde eine in Deutschland
einmalige Möglichkeit geschaffen, Entwicklungshelfern im Gesundheitswesen jeglicher
Organisationen vor Auslandseinsätzen die nötige Sensibilität, Orientierung und spezifische
Fortbildung für eine jeweils zeitgemäße Gesundheitsversorgung in Entwicklungsländern
zu vermitteln.
Rückkehrer aus den Einsatzländern bekamen als Dozenten die Gelegenheit, ihre Berufs-
und Lebenserfahrung an die nächste Generation weiter zu geben. Hunderte von Kursteilnehmer
verdanken diese Chance indirekt Radtke. Dies war ganz im Sinn und im Geist von Arnold
Radtke, so wie auch der AKME seine Gründungsidee bis heute weiterführt. Noch über
viele Jahre nach Beendigung seiner beruflichen Mission stand er uns mit Rat und Anregungen
zur Verfügung. Alle, die ihn kannten, werden in ihm einen weitsichtigen und verständnisvollen
Kollegen und eine herausragende Arztpersönlichkeit in Ehren halten.
Prof. Hans Jochen Diesfeld, Starnberg