Ob ein neues operatives Verfahren wirksam und sicher ist, muss es in klinischen Studien
beweisen. In der Chirurgie ist es jedoch besonders schwierig, dafür optimale Bedingungen
zu schaffen: "Kontrollierte klinische Studien sind in der Chirurgie leider noch viel
zu selten, denn die Definition der Vergleichsgruppen und die technische Ausführung
sind sehr aufwendig und mitunter kaum umzusetzen", so Prof. Hartwig Bauer, Generalsekretär
der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH), Berlin. Neben den Patientenmerkmalen
müssten die operativen Befunde und das gesamte, auch nichtoperative Behandlungskonzept
vergleichbar sein.
Scheinoperation - pro und kontra
Scheinoperation - pro und kontra
Bei einer korrekt durchgeführten verblindeten Studie dürfen weder Betroffene noch
Ärzte oder Pfleger von der angewandten Therapie Kenntnis haben. Patienten der Kontrollgruppe
unterziehen sich dabei ohne es zu wissen einem innovativen Verfahren oder einer Scheinoperation
- einem Schnitt ohne zielgerichteten therapeutischen Eingriff. "Viele Scheinoperationen
sind deshalb praktisch undurchführbar und gelten zudem allgemein als unethisch", so
Bauer, "insbesondere wenn es darum geht, die Auswirkungen auf die patientenrelevanten
Endpunkte Schmerzen und Lebensqualität zu testen."
Auf der anderen Seite belegen Studien, wie aussagekräftig eine Placebokontrolle auch
bei neuen chirurgischen Verfahren ist. Schon das Umfeld im Operationssaal wirkt auf
den Patienten. Sicherlich sei es nicht das Gleiche, so Bauer, wenn der Arzt einen
kleinen Hautschnitt macht wie wenn er Bauch, Brustkorb oder Schädel öffnet. "Doch
Scheinchirurgie ist nur dann vertretbar, wenn allenfalls zu vernachlässigende Risiken
bestehen und der Patient sorgfältig aufgeklärt wird." Zudem müsse sicher sein, dass
sich die untersuchte Frage nicht anders klären ließe.
Ethikkommissionen bleiben kritisch
Ethikkommissionen bleiben kritisch
Ethikkommissionen bewerten eine Kontrolle mittels Scheinoperation kritisch. "In den
Versorgungsalltag lassen sich die Ergebnisse, die unter den Idealbedingungen einer
klinischen Studie gewonnen wurden, oft nur schwer übertragen", wendet Bauer ein. Hier
hat die Versorgungsforschung anzusetzen. Viele Chirurgen befürchteten allerdings,
dass neue vielversprechende Techniken eher als nutzlos für den Patienten eingestuft
würden. Die DGCH setzt sich deshalb intensiv für eine sinnvolle Erprobung neuer chirurgischer
Verfahren ein.
Quelle: Pressekonferenz "Operieren nur zum Schein - Wie gelangen neue chirurgische
Verfahren sinnvoll in die Praxis?" anlässlich des VII. Deutschen Kongresses für Versorgungsforschung
im Oktober in Köln