Differenzialdiagnosen
Venöses Ulcus cruris
Das venöse Ulcus cruris entsteht auf dem Boden einer chronisch venösen Insuffizienz
(CVI), die wiederum hauptsächlich aus einem postthrombotischen Syndrom, einer primären
Varikose oder seltener aus einer venösen Malformation resultiert. Zu den prädisponierenden
Faktoren zählen u. a. ein höheres Lebensalter, genetische Faktoren, Schwangerschaft
und überwiegend stehende oder sitzende Tätigkeiten. Pathogenetisch kommt es bei einer
CVI durch Klappeninsuffizienz, Klappendestruktion oder -obstruktion (z. B. bei einer
Thrombose) zu einer venösen Abflussstörung mit pathologischem Reflux, der eine durch
das Gehen bedingte ambulatorische Hypertonie des Venensystems mit einhergehender venöser
Hypervolämie der unteren Extremitäten verursacht. Es kommt zu einer morphologischen
Veränderung der Hautkapillaren (Dilatation, Deformierung, Rarefizierung) mit vermehrter
transendothelialer Eiweißpassage, die eine Mikrolymphangiopathie bedingt. Infolge
des erhöhten Venendrucks vermindert sich der Perfusionsdruck und damit die Fließgeschwindigkeit
in den Kapillaren. Leukozyten können mit dem Endothel in Kontakt treten, was zu deren
Aktivierung und Induktion einer Entzündungsreaktion führt. Die chronische leukozytäre
Entzündung führt zu einem protrahierten Bindegewebsumbau mit Sklerosierung der Dermis
und Subkutis. Im Verlauf können auch Faszien und Ligamente von der Sklerosierung betroffen
sein (funktionelles Kompartmentsyndrom, arthrogenes Stauungssyndrom). Es wird zudem
angenommen, dass durch den vermehrten Austritt von Fibrinogen aus dem Kapillarraum
eine perikapilläre Fibrinmanschette entsteht, die eine funktionelle Barriere für Permeabilität
und Diffusion darstellt und eine lokale Hypoxie verursacht. Beide Mechanismen – Sklerose
und Hypoxie – führen schließlich zur Entstehung eines venösen Ulcus cruris [3]
[4]
[5]. Klinisch ist das Ulcus cruris venosum durch einen Substanzdefekt in pathologisch
verändertem Gewebe des Unterschenkels charakterisiert. Seine Ausprägung reicht von
einer umschriebenen Ulzeration v. a. im Bereich des Innenknöchels bis zu ausgedehnten,
zirkulären gamaschenartigen Ulzerationen mit Dermatolipofasziosklerose ([Abb. 1 a – c]).
Abb. 1 Chronisch-venöses Ulkus des mediodorsalen Unterschenkels bei kompletter Stammvarikosis
der V. saphena parva Stadium III nach Hach. b Nahezu vollständige Abheilung 4 Wochen nach erfolgter Schaumsklerosierung (3 % Aethoxysklerol,
DSS-Methode) der V. saphena parva. c Duplexsonografische Darstellung der nach Schaumsklerosierung okkludierten V. saphena
parva, A-Sound.
Arterielles Ulcus cruris
Das arterielle Ulcus cruris entsteht auf dem Boden einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit
(pAVK), die in den meisten Fällen durch eine Arteriosklerose bedingt ist. Zu den häufigsten
Risikofaktoren gehören Rauchen, Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie und Hypercholesterinämie.
In Deutschland leiden etwa 20 % der über 65-Jährigen an einer pAVK, wovon aber nur
ca. ein Drittel klinische Symptome ausbildet.
Kardinalsymptom vor Auftreten klinisch fassbarer Ulzerationen ist die Claudicatio
intermittens. Das Ulcus cruris arteriosum entsteht vor allem an den Akren, am Unterschenkel
ist meist die Region um den Außenknöchel und die Tibiakante betroffen. Die umgebende
Haut fühlt sich kalt an und zeigt ein graues Kolorit. Patienten mit arteriellen Ulzera
geben im Vergleich zu Patienten mit venösen Ulzerationen eine stärkere Schmerzsymptomatik
an [1]
[4]
[6]
[7].
Hypertensives Ulcus cruris
Das Ulcus cruris hypertensivum Martorell ist eine seltene, extrem schmerzhafte Läsion
mit typischer Lokalisation über der lateralen Knöchelregion. Es entsteht sekundär
aufgrund einer Gewebsischämie bedingt durch einen erhöhten Gefäßwiderstand in der
Folge chronisch erhöhter diastolischer Blutdruckwerte über 95 mm Hg. Frauen sind wesentlich
häufiger betroffen als Männer. Die meisten Patienten beschreiben das Auftreten von
lividen Makulae umgeben von einem entzündlichen Randsaum, die bei Minimaltraumata
spontan ulzerieren und im Zentrum eine schwärzliche Nekrose ausbilden. Die distalen
Arterienpulse sind per definitionem erhalten, die Diagnose wird meist histologisch
gestellt [1]
[4].
Ulcus cruris bei metabolischer Grunderkrankung
Eine Reihe von metabolischen Grunderkrankungen können zum Auftreten eines Ulcus cruris
metabolicum führen, wobei der Diabetes mellitus die häufigste Ursache darstellt. Beim
klassischen diabetischen Fußsyndrom kommt es zu einer peripheren senomotorischen und
autonomen Neuropathie, die meist mit einer arteriellen Insuffizienz durch Arteriosklerose
kombiniert ist. Hinzu kommen häufige und prolongierte Infektionen durch den chronisch
erhöhten Blutzuckerspiegel und eine prolongierte Wundheilung durch eine verminderte
Kollagensynthese. Es resultieren trophische, kreisrunde, scharf abgegrenzte plantare
Ulzera vor allem in der Mitte des Vorfußes, die durch eine neuropathisch bedingte
Fehlhaltung bedingt sind (Malum perforans pedis). Nicht selten kommt es nach banalen
Traumata zu einer akut auftretenden, lividroten Verfärbung und Schwellung v. a. der
Akren, die in eine Nekrose und anschließend in eine feuchte oder trockene diabetische
Gangrän übergehen kann [1]
[4].
Die Necrobiosis lipoidica ist eine entzündliche granulomatöse Erkrankung unbekannter
Ätiologie, die in Form von unregelmäßigen, gelblich-bräunlichen Hautveränderungen
an den Unterschenkelstreckseiten auftritt. In ca. 60 % der Fälle ist sie mit einem
Diabetes mellitus assoziiert und geht in bis zu 35 % der Fälle mit schmerzhaften,
therapierefraktären Ulzerationen einher [8].
Die Calciphylaxie ist durch die Anwesenheit von Kalziumablagerungen innerhalb der
Tunica media von kleinen und mittelgroßen Gefäßen mit konsekutiver Intimaproliferation
definiert. Sie tritt mit einer Häufigkeit von 1 – 4 % bei Patienten mit dialysepflichtiger
terminaler Niereninsuffizienz und Dysregulation des Kalzium-/Phosphatstoffwechsels
auf, ist assoziiert mit einem erhöhten Parathormonspiegel im Serum und stellt eine
lebensbedrohliche Erkrankung dar. Klinisch imponieren zunächst lividrote Erytheme
v. a. an den unteren Extremitäten, die sich in extrem schmerzhafte chronische Ulzerationen
umwandeln ([Abb. 2]) [1]
[9].
Abb. 2 Ausgedehnte Ulzerationen bei terminaler Niereninsuffizienz und Calciphylaxie.
Zu den selteneren Ursachen eines Ulcus cruris metabolicum gehören z. B. Hyperhomocysteinämie,
Amyloidose, Morbus Gaucher, Porphyrien und Hyperurikämie.
Ulcus cruris bei Vaskulitis
Eine Vaskulitis ist definiert als eine Entzündung von Gefäßen mit Alteration oder
Zerstörung der Gefäßwand. Die Vaskulitis kann kleine, mittlere und große Gefäße des
arteriellen und/ oder des venösen Systems eines jeden Organs des Körpers betreffen
[10]
[11]. Primäre systemische Vaskulitiden werden nach der sog. Chapel-Hill-Klassifikation
eingeteilt (internationale Konsensuskonferenz von 1992) [12]. Sekundäre Vaskulitiden sind mit anderen Grunderkrankungen wie Kollagenosen, Arzneimittelreaktionen,
Infektionen, rheumatischen Erkrankungen ([Abb. 3]) oder Neoplasien assoziiert [1]
[4]
[13]
[14].
Abb. 3 Chronisches Ulkus des Fußrückens mit zusätzlicher akraler Nekrose der Digiti III und
IV bei rheumatoider Arthritis.
Die für den Dermatologen relevanten kutanen Vaskulitiden der kleinen und mittelgroßen
Gefäße sind zwar in der Mehrzahl der Fälle auf die Gefäße der Haut begrenzt, können
aber auch Vorbote oder Ausdruck einer lebensbedrohlichen Systembeteiligung sein. Ziel
der Diagnostik muss daher sein, zwischen lokalisierten kutanen und systemischen Vaskulitiden
mit kutaner Beteiligung zu unterscheiden. Ulcera cruris, die im Zusammenhang mit Vaskulitiden
auftreten, sind oft multilokulär angeordnet und sehr schmerzhaft mit bizarren Konfigurationen
und umgeben von einem lividen Erythem und Petechien [1]
[4]. Persistierende oder progressive Ulzerationen auf dem Boden einer histologisch gesicherten
Vaskulitis stellen neben der Therapie der ggf. zugrunde liegenden Erkrankung eine
Indikation für eine immunsuppressive Therapie dar.
Ulcus cruris bei hämatologischen Erkrankungen
Hämatologische Erkrankungen können bei der Entstehung eines Ulcus cruris eine wesentliche
Rolle spielen. Sie bedingen eine Störung der Mikrozirkulation und können dadurch zu
thromboembolischen Ereignissen führen, die wiederum die Entstehung von Ulzerationen
meist auf dem Boden eines postthrombotischen Syndroms begünstigen. Dies ist beispielsweise
der Fall bei der essentiellen Thrombozytämie, der thrombotisch thrombozytopenischen
Purpura, der Polycytämia vera, Leukämien und Dyslipoproteinämien. Bei der Sichelzellenanämie
hingegen, einer autosomal-rezessiven Erbkrankheit, wurde eine erhöhte Anzahl von aktivierten
Endothelzellen gefunden. Es wird vermutet, dass es durch die Interaktion zwischen
Sichelzellen und Endothelzellen zu einer vermehrten Expression von Adhäsionsmolekülen
am Endothel kommt, was zu vermehrten thrombotischen Gefäßverschlüssen führt. Bei den
hereditären Thalassämien handelt es sich um quantitative Störungen der Hämoglobinsynthese,
die mit hämolytischer Anämie und Hepatosplenomegalie einhergehen. 27 % aller Patienten
mit β-Thalassämie entwickeln meist zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr Ulzerationen
insbesondere im Bereich des Malleolus medialis, deren Ursache vermutlich in einer
schlechten Sauerstoffversorgung augrund der bestehenden hämolytischen Anämie liegt.
Die autosomal dominant vererbte Sphärozytose führt ebenfalls zu einer hämolytischen
Anämie. Ulzera der unteren Extremitäten sind seltene Komplikationen (2 %) der Sphärozytose
und treten v. a. in der Innenknöchelregion bei älteren Patienten auf. Ursächlich scheint
auch hier eine verminderte Sauerstoffversorgung zu sein [15]
[16].
Bei der Kryoglobulinämie kommt es durch zirkulierende Kryoglobuline oder -agglutinine
bei Temperaturabfall zu Präzipitation und Thrombusentwicklung. Eine Kryoglobulinämie
kann nach Infektionen wie Hepatitis C oder im Rahmen von Neoplasien auftreten [4].
Ulcus cruris bei Gerinnungsstörungen
Erkrankungen, die mit einer Hyperkoagulabilität einhergehen, können entweder indirekt
in Folge einer venösen Thrombose oder direkt in Folge einer Thrombusentwicklung in
kleineren Arterien, Arteriolen, Kapillaren und Venolen zur Entstehung eines Ulcus
cruris führen. Zu den bisher bekannten hereditären und erworbenen Gerinnungsstörungen
gehören beispielsweise das Antiphospholipid-Syndrom, Antithrombinmangel, Protein-C-
oder Protein-S-Mangel, Prothrombinmutation, Mutationen von Faktor V (Leiden) oder
Faktor II.
Differenzialdiagnostisch müssen Marcumar-induzierte Nekrosen oder Heparin-Nekrosen
ausgeschlossen werden [1]
[4]
[6]
[16].
Ulcus cruris bei Pyoderma gangränosum
Das Pyoderma gangränosum ist eine nichtentzündliche, neutrophile Dermatose, die mit
einer umschriebenen Gewebedestruktion einhergeht und deren Ätiologie letztlich noch
ungeklärt ist. In vielen Fällen ist das Pyoderma gangränosum mit chronischen Erkrankungen
wie Colitis ulcerosa, Mobus Crohn, rheumatologischen Erkrankungen, myeloproliferativen
Erkrankungen und Neoplasien assoziiert. Klinisch ist das Pyoderma gangränosum charakterisiert
durch initiale erythematöse Papeln oder sterile Pusteln, die ulzerieren und sich rasch
in große, polyzyklische, sehr schmerzhafte Ulzerationen mit unterminiertem, lividem
Randsaum umwandeln. In einigen Fällen ist der Verlauf der Erkrankung selbstlimitierend
und die Ulzerationen heilen nach Wochen spontan unter Narbenbildung ab. Meist aber
kommt es zu einem chronisch-progredienten Verlauf, der den Einsatz von Immunsuppressiva
und ggf. operativer Ulkusdeckung notwendig macht. Die Diagnose eines Pyoderma gangränosum
wird klinisch gestellt, da eindeutige histologische und serologische Parameter noch
nicht zur Verfügung stehen ([Abb. 4]) [1]
[4]
[17]
[18].
Abb. 4 Pyoderma gangränosum mit charakteristischem rot-lividem Randsaum. Daneben und am dorsalen
Unterschenkel abgeheiltes Pyoderma gangränosum mit atropher, hypopigmentierter, „wie
gestrickt” wirkender Narbe.
Ulcus cruris bei infektiösen Erkrankungen
Eine Reihe von Mikroorganismen haben die Fähigkeit zur nekrotischen Gewebezerstörung
und können damit großflächige Ulzerationen hervorrufen. Infektionen mit dem β-hämolysierenden
Streptokokkus pyogenes können unterschiedliche klinische Symptome vom Erysipel über
ausgestanzte Ulzerationen (Ecthymata) bis hin zur tiefen nekrotisierenden Fasziitis
mit nachfolgender Sepsis und Multiorganversagen hervorrufen.
Bei gleichzeitiger HIV-Infektion sollte differenzialdiagnostisch auch an seltene sekundär
ulzerierende Infektionskrankheiten wie z. B. die ulzerierende Tuberkulose, syphillitische
Gummata oder ulzerierende Herpes-simplex-Infektionen gedacht werden.
Bei kurz zurückliegenden Fernreisen sollten außerdem seltene Erreger wie z. B. die
kutane Leishmaniasis, atypische Mykobakteriosen und tiefe Pilzinfektionen differenzialdiagnostisch
in Betracht gezogen werden [1]
[4].
Malignome
Die beiden häufigsten ulzerierenden Tumore der Haut sind das Basalzellkarzinom und
das Plattenepithelkarzinom. Darüber hinaus ist die maligne Transformation auf langzeitig
bestehenden Ulzerationen eine gravierende Komplikation der chronischen Wundheilungsstörung.
Ulzeration und Blutung stellen oft die ersten klinischen Symptome von verschiedenen
Tumoren und Metastasen dar, sodass die histologische Sicherung die wichtigste diagnostische
Maßnahme darstellt [1].
Genetische Defekte
Das Klinefelter-Syndrom (1 : 590 männliche Neugeborene) ist von den zahlreichen genetischen
Erkrankungen, die mit einem Ulcus cruris einhergehen können, am besten beschrieben.
Charakteristisch für das Klinefelter-Syndrom ist eine im Vergleich zur Normalbevölkerung
20-fach erhöhte Inzidenz von Phlebothrombosen. Ulzera der Unterschenkel auf dem Boden
eines postthrombotischen Syndroms werden beim Klinefelter-Syndrom mit ca. 6 – 13 %
angegeben. Pathogenetisch werden sowohl eine erhöhte Konzentration des Plasminogen-Aktivator-Inhibitor-1
als auch vaskuläre Deformitäten, eine erhöhte Thrombozytenaggregation und eine erhöhte
Faktor-VIII-Aktivität diskutiert.
Angeborene Defekte der Immunabwehr wie das Leukozytenadhäsionsdefizienz-Syndrom und
das TAP (transporter associated with antigen presentation)-Mangel-Syndrom äußern sich
an der Haut häufig durch rezidivierende abszedierende Infekte und nekrostisierende
granulomatöse Läsionen mit chronisch gestörter Wundheilung [16]
[19]
[20].
Exogene Faktoren
Multiple exogene Faktoren können direkt oder indirekt zur Entstehung von Ulzerationen
führen. Zu den häufigsten zählt das chronische Druckulkus oder Dekubitus, dessen Prävalenz
in Deutschland mit ca. 2 % der in Krankenhäusern stationär behandelten Patienten angegeben
wird. Druckulzera entstehen bei dauerhaft erhöhtem Auflagedruck durch Gewebsschädigung
v. a. bei hospitalisierten, dauerhaft bettlägerigen Patienten. Prädilektiosstellen
sind die Ferse und die Malleolen, gefolgt von der Sakralregion und der Trochanterregion.
Das Druckulkus wird in 4 Stadien eingeteilt: Stadium I: umschriebene Rötung, Haut
intakt; Stadium II: Abschürfung, Blasenbildung, Epitheldefekt, Subkutis intakt; Stadium
III: über Epidermis hinausreichender Defekt, Knochen intakt; Stadium IV: zusätzlich
Osteomyelitis ([Abb. 5]). Durch eine konsequente Prophylaxe ist das Druckulkus fast immer vermeidbar [21]
[22].
Abb. 5 Ausgedehnte Druckulzera Grad III – IV bei einem bettlägerigen Patienten.
Eine seltene Nebenwirkung einer Therapie mit Hydroxyurea ist die Entwicklung von schmerzhaften
Ulcera cruris vor allem im Bereich der Knöchelregion. Typischerweise entwickeln sich
die Ulzerationen nicht sofort, sondern erst nach einem Intervall von 2 – 15 Jahren
nach Beginn der Therapie. Die Ulzerationen gelten als sehr therapieresistent und machen
häufig ein Pausieren der Therapie notwendig [1].
Weitere exogene Ursachen sind beispielsweise ionisierende Strahlung, Erfrierungen,
Verbrennungen und Verätzungen.
Diagnostik
Die vollständige und exakte körperliche Untersuchung stellt den ersten notwendigen
diagnostischen Schritt in der Diagnostik von Patienten mit Ulcus cruris dar. Dabei
kann die Lokalisation des Ulcus bereits erste Hinweise auf seine Genese geben. Neben
einer ausreichenden Labordiagnostik (Differenzial-Blutbild, CRP, BSG, Gerinnungsstatus,
HbA1c, Elektrolyte, Serumglukose, Cholesterin, Triglyceride) wird bei klinischem Verdacht
auf ein Malignom oder eine Vaskulitis eine Probebiopsie empfohlen. Je nach Befund
ist eine weiterführende apparative Diagnostik zu erwägen. Eine bidirektionale Doppleruntersuchung
und die Bestimmung des Knöchel-Arm-Indexes gehören zur Basisdiagnostik. Zur weiterführenden
Diagnostik schwerwiegender vaskulärer Erkrankungen können die Farbduplexsonografie,
Angiografie und Phlebografie hinzugezogen werden.
Tab. 1 Ursachen des Ulcus cruris [1]
[2]
[3]
[4].
vaskuläre Ursachen
venös/arteriell
lymphatisch Vaskulitis
mikroangiopathisch |
chronisch venöse Insuffizienz (postthrombotisches Syndrom, Varikosis, Dysplasie),
periphere arterielle Verschlusskrankheit, arterielle Hypertonie, arteriovenöse Shunts,
arterielle Thrombose, Thrombangitis obliterans, Gefäßmalformationen Lymphödem, Dysplasie rheumatoide Arthritis, leukozytoklastische Vaskulitis, Polyarterits nodosa, Wegener
Granulomatose, Churg-Strauss-Syndrom, Erythema induratum Bazin, systemischer Lupus
erythematodes, Sjögren Syndrom, Sklerodermie, Morbus Behçet Diabetes mellitus, Livedovaskulitis |
|
neuropathische Ursachen
|
Diabetes mellitus, Alkohol, Medikamente, Tabes dorsalis, Myelodysplasie, Syringomyelie,
Spina bifida, Poliomyelitis, Multiple Sklerose |
|
metabolische Ursachen
|
Diabetes mellitus, Morbus Gaucher, Amyloidose, Calciphylaxie, Porphyrie, Hyperhomozysteinämie,
Hyperurikämie |
|
hämatologische Ursachen
|
Sichelzellanämie, Thalassämie, Sphärozytose, Polyzythämia vera, Leukämie, Thrombozytämie,
Kryoglobulinämie, Lymphome, Gerinnungsstörungen |
|
exogene Ursachen
|
Hitze, Kälte, Druck, ionisierende Strahlung, Artefakte, Chemikalien, Allergene |
|
Neoplasien
|
Basalzellkarzinom, Plattenepithelkarzinom, malignes Melanom, Angiosarkom, kutanes
Lymphom, Langerhanszellhistiozytose, Papillomatosis cutis carcinoides, Keratoakanthom,
Metastasen |
|
Infektionen
|
Furunkel, Ecthymata, Mykobakteriosis, Syphilis, Erysipelas, Anthrax, Diphtherie, chronisch
vegetierende Pyodermien, Herpesinfektionen, Varizellen, Cytomegalie, Sporotrichose,
Histoplasmose, Blastomykose, Coccidiomykose, Leishmaniasis |
|
Medikamente
|
Hydroxyurea, Leflunomid, Methotrexat, Halogene, Coumarine, Vakzine, Ergotamine, Extravasate
von zytostatischen Medikamenten |
|
genetische Defekte
|
Klinefelter-Syndrom, Felty-Syndrom, TAP-Mangelsyndrom, Leukozytenadhäsionsdefizienz-Syndrom,
Faktor V-Mutation |
|
Hauterkrankungen
|
Pyoderma gangränosum, Necrobiosis lipoidica, Sarkoidose, perforierende Dermatose,
Papulosis maligna atrophicans, bullöse Dermatosen |
Bei klinischen Zeichen einer Infektion ist eine entsprechende bakteriologische Diagnostik
indiziert. Meist ist eine interdisziplinäre Kooperation für die Durchführung einer
umfassenden Diagnostik erforderlich ([Tab. 2]) [1]
[4].
Tab. 2 Diagnostik der häufigsten Differenzialdiagnosen des Ulcus cruris.
| Differenzialdiagnose |
Labordiagnostik |
apparative Diagnostik |
|
chronisch-venöse Insuffizienz
|
Basisdiagnostik* ggf. Thrombophilie-Screening (u. a. AT-III, Protein C, Protein S, APC-Resistenz, Mutationen von Faktor V (Leiden),
Prothrombin, PAI-1-, MTHFR; Homocysteinspiegel, Antiphospholipid-AK) |
DPPG, LRR, VVP Dopplersonografie (venös und arteriell) Duplexsonografie ggf. Phlebodynamometrie ggf. Phlebografie |
|
periphere arterielle Verschlusskrankheit
|
Basisdiagnostik* |
Dopplersonografie einschließl. Messung der arteriellen Verschlussdrücke (TBQ) Duplexsonografie Angiografie (DSA, MR-Angio) ggf. in Interventionsbereitschaft |
|
Pyoderma gangränosum
|
Basisdiagnostik* Rheumafaktoren, Eiweiß- und Immunelektrophorese (Paraproteine), Bence-Jones-Proteine
i. U. |
Pathergie-Test Histologie ggf. Gastroskopie, Koloskopie ggf. Röntgen („Pariser Schema”) ggf. Knochenmarksbiopsie |
|
Vaskulitis
|
Basisdiagnostik* ANCA, ANA, ENA, dsDNA-Antikörper, zirkulierende Immunkomplexe, Komplementfaktoren, AT-III, Protein C, Protein S, Antiphospholipid-AK, Kryoglobuline,
Kälteagglutinine, U-Status, Proteine i. U., Hämoccult |
Histologie, direkte Immunfluoreszenz Röntgen-Thorax ggf. Nierenbiopsie bei renaler Beteiligung |
|
Calciphylaxie
|
Basisdiagnostik* Kalzium, Phosphat, Parathormon i. S. |
Röntgen, Sonografie (Nachweis von Weichteilverkalkungen) |
|
neuropathische Ursachen
|
Basisdiagnostik* Transaminasen, Vitamine TPPA/TPHA |
kranielles, spinales CT, MRT, ggf. Knochenmarksbiopsie |
|
metabolische Ursachen
|
Basisdiagnostik* Parathormon, Homozystein, Porphyrine, Enzymfunktionsdiagnostik |
Histologie |
|
hämatologische Ursachen
|
Basisdiagnostik* Blutausstrich |
ggf. Knochenmarksbiopsie |
|
Neoplasien
|
Basisdiagnostik* Tumormarker |
Histologie Sonografie, Röntgen, CT, MRT |
|
Infektionen
|
Basisdiagnostik* TPPA/TPHA, ggf. weitere spez. Serologien |
Erregernachweis ggf. Histologie Röntgen-Thorax, MRT |
|
genetische Defekte
|
Basisdiagnostik* PAI-1, genetische Diagnostik |
|
*Differenzial-Blutbild, Serumchemie, insb. CRP, Eiweiß, Glukose, HbA1c, Blutfette,
Gerinnungsstatus, bakteriologischer Abstrich.
AK = Antikörper, ANA = Antinukleäre Antikörper, ANCA = Antineutrophile zytoplasmatische Antikörper, APC-Resistenz = Aktiviertes Protein C-Resistenz, AT-III = Antithrombin III, BSG = Blutsenkungsgeschwindigkeit, CRP = C-reaktives Protein, DPPG = Digitale Photoplethysmografie, DSA = Digitale Subtraktionsangiografie, dsDNA = Doppelstrang DNA, ENA = Extrahierbare nukleäre Antikörper, LRR = Licht-Reflexions-Rheografie, MTHFR = Methyltetrahydrofolat-Reduktase, PAI-1 = Plasminogen-Aktivator-Inhibitor 1, TBQ = Tibio-brachialer Quotient, VVP = Venenverschlussplethysmografie. |