Einleitung
Einleitung
Die Entwöhnung von der maschinellen Beatmung ist eine alltägliche Herausforderung
für Patienten und medizinisches Personal auf jeder Intensivstation. Gerade bei Patienten,
die > 24 h maschinell beatmet werden müssen, ist eine präzise Abklärung der Ursachen
erforderlich. Die Ursachen für die Abhängigkeit von der maschinellen Beatmung oder
das schwierige Entwöhnen sind komplex und können sowohl intra- als auch extrapulmonal
sein (z. B. [Tab. 1]).
Tab. 1 Wichtige Ursachen für Weaningversagen und Langzeitbeatmung.
|
Dysfunktion der Atmungsmuskulatur und Atemmechanik
|
| Erschöpfung der Atmungsmuskulatur |
COPD |
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Adipositas permagna |
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Anämie |
| Schwäche der Atemmuskulatur |
Neuromuskuläre Erkrankungen |
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Steroidmyopathie |
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Malnutrition |
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Weitere pulmonale und extrapulmonale Ursachen
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| Nosokomiale Infekte und rezidivierende Aspirationen |
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| Komorbidität |
Kardiale Dysfunktion |
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Mangelernährung |
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Delirium und neurophysiologische Defizite |
Die Herz-Kreislauf-Funktion spielt eine große Rolle bei der Entwöhnung von der Beatmung
(engl. Weaning). Daher basiert die Entscheidung zur Einleitung der Entwöhnung (readiness to wean), zum Abbruch des Spontanatmungsversuchs (spontaneous breathing trial failure) oder zur Re-Intubation (extubation failure) wesentlich auf kardiovaskulären Parametern, wie z. B. [1]
[2]:
-
readiness to wean: stabile kardiozirkulatorische Situation (d. h. Herzfrequenz ≤ 140/min, systolischer
Blutdruck 90 – 160 mm Hg, keine oder gering dosierte Vasopressoren)
-
spontaneous breathing trial failure: Herzfrequenz > 140/min, systolischer Blutdruck > 180 mmHg oder Anstieg um > 20 %,
systolischer Blutdruck < 90 mmHg, kardiale Arrythmien.
-
extubation failure: Herzfrequenz > 140/min oder anhaltender Anstieg > 20 %.
Unter maschineller Beatmung, beim Weaning und nach Extubation kommt es zu signifikanten
Veränderungen der hämodynamischen Verhältnisse [3]. In Studien wurden vermehrt myokardiale Ischämien und Herzinsuffizienz beim Weaning
von Risikopatienten beobachtet [4]
[5]
[6]
[7].
Folgende Pathomechanismen können bei Patienten mit eingeschränkter kardiozirkulatorischer
Funktion den Übergang von maschineller Beatmung zur Spontanatmung erschweren:
-
Erhöhter metabolischer Bedarf beim Weaning und nach Extubation durch vermehrte Atemmuskelarbeit
(oxygen cost of breathing) [8] steigert die Anforderungen an das kardiozirkulatorische System (cardiac workload). Erhöhte Laktat-Serumspiegel bzw. eine erniedrigte gemischtvenöse Sauerstoffsättigung
oder pH der Magenmucosa sind als Maß der gestörten Perfusion und Sauerstoffausschöpfung
der Peripherie und als Prädiktoren eines Weaningversagens beschrieben [4]
[9].
-
Unter der zusätzlichen kardialen Belastung während des Weanings wurden bei Patienten
ohne bislang bekannte Herzerkrankung myokardiale Ischämien ausgelöst, die zu linksventrikulärer
Dysfunktion, akutem Lungenödem und zum Scheitern des Weanings führten [6]. Ein besonderer Aspekt ist die psychische Erregung (Agitation), die während des
Weanings auftreten und zu Anstieg von Herzfrequenz, Blutdruck, Sympathikotonus, cardiac load und Weaningversagen beitragen kann.
-
Durch Umkehr vom positiven intrathorakalen Druck unter Beatmung auf negative intrathorakale
Druckschwankungen bei der oftmals vertieften Spontanatmung wird der venöse Rückstrom
gesteigert (ventrikuläre Vorlast) und zusätzlich
-
Zunahme des transmuralen Druckgradienten im Ventrikel (Nachlaststeigerung!). In dieser
Situation wurde eine linksventrikuläre Dysfunktion (d. h. Anstieg des pulmonalkapillären
Verschlussdrucks von 8 auf 25 mmHg) während eines erfolglosen Weaningversuches bei
15 Patienten mit COPD beobachtet. Nach forcierter Diurese konnten 9 Patienten erfolgreich
entwöhnt werden [5].
-
Dynamische Überblähung (intrinsischer oder autopositiver endexspiratorischer Druck,
PEEP) mit Steigerung des pulmonalvaskulären Widerstandes und Abfall des venösen Rückstroms
und des Herzzeitvolumens.
-
Unbekannte Begleiterkrankung: Als Beispiele sei hier einerseits auf die sonografische
Abklärung eines unilateral gelähmten Hemidiaphragmas nach (kardio)-chirurgischem Eingriff
hingewiesen, die das Weaning erheblich erschweren kann. Andererseits kann die linksventrikuläre
Ejektionsfraktion im Rahmen einer prolongierten Sepsis bei 40 – 50 % der Patienten
erheblich reduziert sein (sog. septic cardiomyopathy) [10]. Dieser zytokin- und NO-vermittelten reversiblen biventrikulären Dysfunktion liegen
multiple Pathomechanismen, einschließlich Downregulation der Betarezeptoren, reduzierte
Kalziumfreisetzung aus dem sakroplasmatischen Retikulum und gestörte elektromechanische
Kopplung auf Niveau der Myofibrillen zugrunde [10]. Eine konsequente Therapie der auslösenden Entzündung bzw. Infektion ist nicht nur
für die Restitution der kardialen Funktion unumgänglich, sondern kann angesichts der
nachfolgend dargestellten kardio-pulmonalen Interaktionen über den Weaningerfolg entscheiden.
Kardiovaskuläre Vorerkrankung des Patienten beachten
Kardiovaskuläre Vorerkrankung des Patienten beachten
Die pathologische Interaktion von Hämodynamik und Ventilation bei kardialer Dysfunktion
ist komplex und wird oft übersehen. Bereits durch Anamnese und Basisdiagnostik identifizieren
die entscheidenden kardio-zirkulatorischen Faktoren für ein erfolgreiches Weaning
und ermöglichen frühzeitiges Eingreifen.
Häufig sind bei Patienten kardiale Vorerkrankungen bekannt, z. B. systolische bzw.
diastolische ventrikuläre Dysfunktion (oft nur latent), ischämische Kardiomyopathie,
hypertrophische obstruktive Kardiomyopathie und angeborene oder erworbene Vitien [11]
[12]. Sowohl Patienten mit Links- als auch mit Rechtsherzinsuffizienz zeigen oftmals
eine Schwäche der Atemmuskulatur [46]
[47], die das Weaning zusätzlich erschweren kann. In einer multizentrischen Feldstudie
mit 1419 Patienten, die sich infolge Langzeitbeatmung in Weaningzentren befanden,
wiesen 54 % der Patienten eine signifikante kardiale Begleiterkrankung auf [13].
Schwieriger sind die Patienten zu identifizieren, deren myokardiale Dysfunktion erst
durch die kardiale Belastung beim Weaning manifest wird. Denn der Übergang von nicht-invasiver
oder invasiver maschineller Beatmung zur Spontanatmung kann mit erheblichen hämodynamischen
Veränderungen verbunden sein. Die Wiederherstellung der negativen intrathorakalen
Druckverhältnisse (d. h. Feuchte Nase, Extubation) erhöht die ventrikuläre Vor- bzw.
Nachlast und letztendlich den myokardialen Sauerstoffverbrauch. D.h. eine latente
oder bisher unbekannte kardiale Erkrankung kann beim Beginn des Weanings erstmals
klinisch manifest werden [3]
[5].
Diese Beobachtung wird durch die positiven hämodynamischen und prognostischen Effekte
der nicht-invasiven Applikation von continous positive airway pressure (CPAP) bei
kardiogenem Lungenödem unterstützt [14]
[15]
[16]. Konsequenterweise wird daher die Applikation von CPAP bei Patienten mit akutem
kardiogenem Lungenödem eindeutig empfohlen [17].
Beim Weaning spielt die häufig vorkommende Komorbidität von kardiovaskulären Erkrankungen
(z. B. koronare Herzerkrankung) und COPD eine besondere Rolle. Mehrere große Kohortenstudien
haben den Zusammenhang zwischen reduzierter FEV1 und erhöhtem kardiovaskulärem Mortalitätsrisiko gezeigt [18]. Gerade bei Patienten mit schwerer COPD ist die Atemmuskulatur durch die resistive
Komponente besonders beansprucht und mitunter erschöpft. Diese vermehrte Atemarbeit
erhöht den Sauerstoffbedarf und damit den erforderlichen Anteil am Herzzeitvolumen
(oxygen cost of breathing) [8]. Eine solche Steigerung des Herzzeitvolumens im Weaning ist gerade für Patienten
mit kardialer Vorerkrankung besonders kritisch (siehe unten).
Erhöhter metabolischer Bedarf der Atmungsmuskulatur beim Weaning
Erhöhter metabolischer Bedarf der Atmungsmuskulatur beim Weaning
Ein wesentlicher Unterschied zwischen maschineller Beatmung mit passiver Expansion
der Lunge durch positiven Inspirationsdruck und der aktiven Inspiration durch vermehrte
Atemmuskelarbeit nach Extubation ist der höhere Sauerstoffverbrauch, der eine Steigerung
des Herzzeitvolumens erfordert (siehe [Abb. 1]) [19].
Abb. 1 Effekte der Extubation auf das kardiozirkulatorische System (modifiziert nach [22]).
Angesichts des erhöhten Sauerstoffverbrauchs durch vermehrten Einsatz der Atemmuskulatur
unter Spontanatmung wurde das Monitoring der Gewebeoxygenierung beim Weaning durchgeführt.
Bei Patienten mit erfolgreichem Weaning war während des Spontanatmungsversuchs die
Steigerung des Sauerstofftransportes für den gesteigerten Verbrauch ausreichend, sodass
die gemischtvenöse Sauerstoffsättigung (SvO2) unverändert blieb [4]. Andererseits fiel bei Patienten mit erfolglosem Weaning die SvO2 ab als Hinweis auf inadäquate Steigerung des Sauerstoffangebots, insbesondere des
Herzzeitvolumens, d. h. der kardialen Leistungsreserve [4].
Die Rolle der Gewebeoxygenierung zum Monitoring und als Prädiktor eines erfolgreichen
Weanings wurde in jüngeren Studien bestätigt [20]
[21]. Allerdings waren die beobachteten Reaktionen während des Spontanatmungsversuchs
inhomogen [20]. Ein Abfall der SvO2 wurde nicht bei allen Patienten mit erfolglosem Weaning beobachtet. Eine mögliche
Erklärung wäre eine Depression des Atemzentrums bzw. eine Sepsis, sodass kein gesteigerter
Sauerstoffverbrauch bei diesen Patienten vorlag [22].
Die Spontanatmung (Feuchte Nase, Extubation) ist bei Patienten mit Linksherzinsuffizienz
oftmals gesteigert. Dies erhöht den Sauerstoffverbrauch der Atemmuskulatur, vor allem
des Diaphragmas, und kann im Sinne eines steal effects zunehmende Anteile des Herzzeitvolumens beanspruchen und zu einer kritischen myokardialen
Ischämie beitragen [19].
Effekte von Weaning und Extubation auf das kardiozirkulatorische System
Effekte von Weaning und Extubation auf das kardiozirkulatorische System
Der signifikante Einfluss von Atmung und Beatmung auf die kardiovaskuläre Funktion
wird von komplexen, teilweise gegensinnigen Mechanismen vermittelt. Diese Prozesse
reflektieren die Interaktion zwischen myokardialer Reserve, ventrikulärer Pumpfunktion,
zirkulierendem Blutvolumen, Perfusionsverteilung, Status des autonomen Nervensystems,
endokrinologischen Funktionen, Lungenvolumen, intrathorakalem Druck und die Umgebungsdruckverhältnisse
der peripheren Zirkulation [3]. Es liegt auf der Hand, dass die kardiovaskuläre Situation des Patienten seine Reaktion
auf eine respiratorische Insuffizienz und die Initiierung der Beatmung und deren Entwöhnung
wesentlich beeinflusst.
Der abrupte Wechsel von maschineller Beatmung auf Spontanatmung kann bei Patienten
mit vorbestehender kardialer Erkrankung zu einem akuten kardiogenen Lungenödem führen.
Bei den zugrundeliegenden Pathomechanismen spielt der Wechsel von positiven zu negativen
intrathorakalen Druckverhältnissen eine große Rolle, da zum einen eine Steigerung
des venösen Rückstroms (ventrikuläre Vorlast) und zum anderen eine Zunahme des transmuralen
Druckgradienten der Ventrikel (Nachlast) resultiert (siehe [Abb. 1]) [3]
[23]. Gerade bei Patienten mit vorbestehender linksventrikulärer Dysfunktion kann es
durch Zunahme des intrathorakalen Blutvolumens und zum Anstieg des pulmonalen Filtrationsdrucks
zu einem akuten Lungenödem nach Extubation kommen.
Mitunter führt die deutliche Vor- und Nachlasterhöhung des rechten Ventrikels nach
Extubation zur Verlagerung des interventrikulären Septums zulasten des linken Ventrikels
(ventricular interdependence). Dadurch wird die diastolische Füllung des linken Ventrikels gestört und die pulmonalvenöse
Druckerhöhung nimmt weiter zu [5].
Das abrupte Beenden der maschinellen Beatmung (z. B. T-Stück oder sog. Feuchte Nase)
steigert den Sympathikotonus und die Anforderungen an die Atemmuskulatur (work of breathing) wie oben dargestellt [22].
Eine eingeschränkte Herzfrequenzvariabilität beim Spontanatmungsversuch ist sowohl
bei Patienten mit Weaningversagen als auch bei Herzinsuffizienz beschrieben [24].
Durch die vermehrte Atemarbeit und die erforderliche Zunahme des Herzzeitvolumens
kann eine myokardiale Ischämie bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit erstmals
manifest werden. Entsprechend wurde das unerwartete Auftreten von kardiogenem Lungenödem
bzw. myokardialer Ischämie beim Weaning mehrfach beschrieben [6]
[12]
[25].
Eine myokardiale Ischämie kann sowohl als Folge als auch als Ursache eines erfolglosen
Weanings angesehen werden [12]. Latente myokardiale Ischämien fanden sich häufig in einem unselektierten Kollektiv
internistischer Intensivpatienten, obwohl nur bei wenigen Patienten eine koronare
Herzerkrankung bekannt war [26]. Daher sollten Intensivmediziner durch geeignetes Monitoring (z. B. EKG, Troponin)
auf das potenzielle Risiko der Manifestation einer bis dahin latenten myokardialen
Ischämie durch die gesteigerten Anforderungen beim Weaning achten. Unerkannt kann
eine myokardiale Ischämie den Weaningerfolg und das Leben des Patienten gefährden
[6]
[12].
Zur Sicherung der Diagnose eines Weaning-assoziierten kardiogenen Lungenödems ist
eine Pulmonalis-Katheterisierung und der Nachweis eines Anstiegs des pulmonalkapillären
Verschlussdrucks bei Spontanatmung erforderlich [27]. Der Anstieg des pulmonalkapillären Verschlussdrucks während eines Spontanatmungsversuchs
kann allerdings multifaktoriell bedingt sein (siehe [Tab. 2]). Bisher wurde der Stellenwert der echokardiografischen Druckabschätzung in diesem
Zusammenhang nicht untersucht [27].
Tab. 2 Faktoren, die beim Weaning zum Anstieg des pulmonalkapillären Verschlussdrucks und
Lungenödem führen können (mod. nach [5]).
| Erhöhte Vorlast |
↑venöser Rückstrom ↓linksventrikuläre Compliance |
Negativer intrathorakaler Druck Myokardiale Ischämie ↓PaO2, ↓SaO2
↑LVEDP, ↑Herzfrequenz, ↓Koronarblutfluss ↑Katecholamine ↑Herzfrequenz, ↑systolischer Blutdruck ↑work of breathing Links- und rechtsventrikuläre Dilatation |
| Reduzierte Kontraktilität |
|
Myokardiale Ischämie |
| Steigerung der Nachlast |
Dynamische Überblähung (intrinsic PEEP)
|
↑systolischer Blutdruck Negativer intrathorakaler Druck ↑pulmonalvaskulärer Widerstand |
Atriales und B-typ natriuretisches Peptid
Atriales und B-typ natriuretisches Peptid
B-typ natriuretische Peptide (BNP) sind quantitative Marker der Herzinsuffizienz und/oder
des kardialen Stresses, die das Ausmaß einer systolischen bzw. diastolischen linksventrikulären
Dysfunktion, einer valvulären Dysfunktion oder rechtsventrikulären Dysfunktion widerspiegeln
[28]. Obwohl der exakte Mechanismus der BNP-Freisetzung noch ungeklärt ist, scheint der
enddiastolische Wandstress im Ventrikel eine Schlüsselrolle zu spielen [28]. Daher bieten sich BNP-Plasmaspiegel dem Intensivmediziner an, die linksventrikuläre
Toleranz beim Weaning von der maschinellen Beatmung vorherzusagen.
Die Bestimmung von Plasma B-typ natriuretischem Peptid (BNP) kann beim Weaning als
humoraler Marker wichtige Hinweise auf linksventrikuläre Dimension und Funktion liefern
[22]. In einer Studie bei 102 Patienten charakterisierten signifikant höhere BNP-Plasmaspiegel
vor dem Spontanatmungsversuch die Patienten mit Weaningversagen (siehe [Tab. 3]) [29]. Allerdings waren BNP-Plasmaspiegel vor und 1 h nach dem Spontanatmungsversuch bei
Patienten mit erfolgreichem und erfolglosem Weaning gleich. Dies wurde damit erklärt,
dass 1 h angesichts der de novo-Synthese von BNP zu kurz war.
Tab. 3 Auswahl kardiozirkulatorischer Parameter, die in Studienkollektiven mit erfolgreichem
Weaning und Extubation assoziiert waren.
| Parameter |
|
Grenzwert |
Literaturhinweis |
| Herzfrequenz |
Während Spontanatmungsversuch |
< 140 min–1
|
[1]
[2]
|
|
Während Spontanatmungsversuch |
Keine Arrhythmien |
[1]
[2]
|
| Systolischer Blutdruck |
Während Spontanatmungsversuch |
< 180 mm Hg oder Anstieg um < 20 %; systolischer Blutdruck > 90 mmHg |
[1]
[2]
|
| Pulmonalkapillärer Verschlussdruck |
Während Spontanatmungsversuch über 10 min |
< 15 mmHg |
[5]
|
Flüssigkeitsbilanz
|
|
negativ |
[33]
|
| B-typ natriuretisches Peptid (BNP) |
Plasmaspiegel vor Spontanatmungsversuch |
< 275 pg/ml |
[29]
|
|
Plasmaspiegel nach Spontanatmungsversuch über 120 min |
Anstieg < 20 % vom Ausgangswert |
[31]
|
| N-terminal proBNP |
Plasmaspiegel nach Spontanatmungsversuch |
Anstieg um ≤ 184,7 pg/ml |
[32]
|
Demgegenüber konnte in einer weiteren Untersuchung gezeigt werden, dass der Anstieg
des BNP-Plasmaspiegels als Ausdruck der akuten linksventrikulären Nachlaststeigerung
beim Spontanatmungsversuch dem Ausgangswert als Prädiktor des Weaningversagens überlegen
war [30].
In der jüngsten Arbeit waren die Ausgangswerte für BNP im Plasma bei den Patienten
mit erfolglosem und erfolgreichem Weaning gleich [31]. Aber ein Anstieg des BNP-Plasmaspiegels um < 20 % nach einem Spontanatmungsversuch
über 2 h konnte die Patienten mit erfolgreichem Weaning zuverlässig identifizieren[31].
In einer anderen Studie konnte eine gute Diskriminierung zwischen Patienten mit erfolgreichem
Weaning und Patienten mit Weaningversagen aufgrund kardialer Ursache durch Bestimmung
des erhöhten Anstiegs von NT-proBNP im Plasma nach dem Spontanatmungsversuch im Vergleich
zum Ausgangswert erreicht werden [32].
Es bleibt abzuwarten, ob die Bestimmung von BNP oder NT-proBNP hilft, eine bessere
Selektion von Patienten und Zeitpunkt für ein erfolgreiches Weaning vornehmen zu können.
Weitere Studien sollten klären, ob angesichts der relativ kurzen Zeitintervalle zwischen
Bestimmung der Plasmaspiegel vor und nach Spontanatmungsversuch das atriale natriuretische
Peptid (ANP) bzw. proANP die Patienten mit hohem kardialen Risiko noch zuverlässiger
identifiziert. Denn ANP wird aus atrialen Speichern freigesetzt, während BNP konstitutiv
gebildet wird.
Besonders hilfreich für den Intensivmediziner wären kardiozirkulatorische Parameter,
die ein Weaningversagen vorhersagen, solange der Patient noch maschinelle Beatmung
erhält. Auf den Stellenwert von einem erhöhten BNP-Plasmaspiegel vor dem Spontanatmungsversuch
wurde oben bereits eingegangen [29]. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit der Beobachtung, dass eine positive Flüssigkeitsbilanz
mit Weaningversagen korreliert [33]. Trotz dieser übereinstimmenden Ergebnisse fehlen bisher Daten, die für den systematischen
Einsatz von Diuretika mit dem Ziel der Senkung von BNP-Plasmaspiegeln vor Weaningbeginn
zur rascheren Entwöhnung sprechen.
Therapeutische Optionen
Therapeutische Optionen
Sobald beim Patienten eine kardiozirkulatorische Ursache für das Weaningversagen identifiziert
worden ist, muss die konsequente Therapie der kardialen Grunderkrankung (z. B. kritische
Koronarstenose) erfolgen.
Nicht zu unterschätzen ist die konsequente medikamentöse Kontrolle einer arteriellen
Hypertonie. Ein systemarterieller Blutdruckanstieg > 180 mmHg bzw. um > 20 % vom Ausgangswert
stellt eine rapide Nachlaststeigerung für den linken Ventrikel dar (z. B. durch Agitation)
und führt gerade bei Patienten mit linksventrikulärer Dysfunktion häufig zu vorzeitigem
Abbruch der Weaningphase bzw. des Spontanatmungsversuchs (siehe [Tab. 3]) [1].
Bei arterieller Hypotonie oder inadäquatem Herzzeitvolumen setzt man neben der spezifischen
Therapie vor allem Diuretika und positiv inotrope Substanzen mit dem Ziel, eine pulmonalvenöse
Stauung und ein Lungenödem zu vermeiden, ein [5].
Zur Effektivität von Katecholaminen oder Phosphodiesterase-Inhibitoren in dieser Situation
liegen keine aktuellen Studien vor. Wenn möglich sollte jedoch im Weaningprozess auf
die Katecholamine verzichtet werden, denn Katecholamine, durch deren positive Chrono-
und Inotropie der Katecholamine und den resultierenden gesteigerten Sauerstoffbedarf
kann es gerade bei Patienten mit kardialen Begleiterkrankungen zur Linksherzinsuffizienz
kommen.
Vielmehr konnte in einer kürzlich veröffentlichten prospektiven Beobachtungsstudie
bei 12 difficult to wean-Patienten durch die 24 h-Gabe des Kalziumsensitizers Levosimendan die reduzierte linksventrikuläre
Pumpfunktion verbessert werden und in 7 Fällen erfolgreich extubiert werden [34]. Der Stellenwert von Levosimendan als neue vielversprechende Therapieoption beim
schwierigen Weaning sollte durch größere Studien evaluiert werden.
Erwiesen ist der günstige Effekt beim Weaning für die Korrektur einer Anämie mittels
Bluttransfusion vor allem bei COPD-Patienten [35]
[36]. Es wird postuliert, dass durch Anheben des Sauerstoffgehaltes im Blut der Ventilationsbedarf,
die Atemarbeit und somit der Sauerstoffbedarf der Atemmuskulatur sinken und eine „kardiale
Entlastung” ermöglicht wird.
Insbesondere bei Patienten mit kardiovaskulärer Komorbidität ist die Wahl des richtigen
Beatmungsregimes entscheidend. Eine Entlastung der Atemmuskulatur und damit eine maximale
Reduktion der Atemarbeit lassen sich nur durch die kontrollierte Beatmung (z. B. BIPAP)
erzielen [37]. Bereits das „Antriggern” des Beatmungsgerätes zeigt eine Beanspruchung vor allem
des Zwerchfells an. Die negative Druckschwankung intrathorakal kann die ventrikuläre
Nachlast und damit den cardiac load steigern (siehe oben).
Andererseits kann durch konsequente Entlastung einer überlasteten Atempumpe (Indikator:
Hyperkapnie an Feuchter Nase oder nach Extubation) mittels kontrollierter Beatmungsmodi
eine kardiale Rekompensation gelingen. Dies unterstreicht die enge Beziehung zwischen
kardiozirkulatorischer Funktion und Weaningerfolg.
Bedeutung von CPAP bzw. NIV in der Respiratorentwöhnung und Postextubationsphase
Bedeutung von CPAP bzw. NIV in der Respiratorentwöhnung und Postextubationsphase
Es ist erwiesen, dass sich bei COPD die Erfolgsrate der Respiratorentwöhnung durch
frühzeitige Extubation und unmittelbar anschließende NIV signifikant verbessern lässt
[38]
[39]. Zusätzlich kommt es hierdurch zur Reduktion der Letalitäts- sowie Reintubations-
und Tracheotomierate. In der Postextubationsphase kann die NIV zur Prävention, aber
auch zur Therapie einer erneuten ARI erfolgreich eingesetzt werden. Vor allem bei
Risikopatienten mit COPD und Hypersekretion, die nach Extubation eine hyperkapnische
Atmungsinsuffizienz entwickeln, reduziert der frühzeitige Einsatz von NIV die Reintubations-
und Letalitätsrate [40]
[41]
[42]
[43]. Analog zu den oben ausgeführten Betrachtungen bzgl. Sauerstoffverbrauch der Atmungsmuskulatur
kann postuliert werden, dass zumindest bei beatmeten Patienten mit COPD und gleichzeitiger
KHK NIV in der Postextubationsphase auch zur Verbesserung der kardialen Funktion beiträgt
[44].
Darüber hinaus ist für das kardial bedingte Lungenödem, eine Sonderform der hypoxämischen
ARI, der Effekt von Continuous Positive Airway Pressure (CPAP) und NIV laut Metaanalysen
als Intervention neben der medikamentösen Standardtherapie belegt [45]. Beim kardialen Lungenödem bewirkt CPAP das Absenken der kardialen Vor- und Nachlast,
die Reduktion der Atemarbeit und eine Verbesserung der Koronarperfusion und normalisiert
das Ventilations-Perfusions-Verhältnis. In einer aktuellen Publikation hierzu führten
CPAP mit 5 – 15 cm H2O) bzw. NIV (inspiratorische Druckunterstützung: 8 – 20 cm H2O) im Vergleich zur Standardtherapie zwar zur schnelleren Abnahme der Atemnot, Hyperkapnie,
Azidose und Herzfrequenz, jedoch zu keiner Beeinflussung der Kurzzeitsterblichkeit[44].