Bis zu 10 % aller Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung sprechen auf eine
Therapie mit Erythropoetin (EPO) nur unzureichend an. Die sogenannte EPO-Hyporespons
ist klinisch von besonderer Bedeutung, da die Betroffenen ein erhöhtes Risiko haben,
kardiovaskuläre Komplikationen zu erleiden und vorzeitig zu versterben, darauf wies
Prof. Walter H. Hörl, Wien, hin. Bereits bei einer reduzierten Nierenfunktion können
die endogenen EPO-Spiegel im Verhältnis zum Ausmaß der Anämie zu niedrig sein, wenn
die Patienten zugleich an einer fortgeschrittenen Herzinsuffizienz leiden. Wie bei
einer chronischen Nierenerkrankung besteht auch bei dieser Konstellation ein relativer
EPO-Mangel und eine Resistenz des Knochenmarks gegenüber EPO.
EPO hat vielfältige positive Wirkungen
EPO hat vielfältige positive Wirkungen
Zirkulierende Erythrozyten haben normalerweise eine Lebensdauer von 100-120 Tagen.
Erst vor 4 Jahren hat sich herausgestellt, dass auch Erythrozyten apoptotischen Prozessen
unterliegen können, berichtete Prof. Florian Lang, Tübingen. Der vorzeitige Zelltod
der Erythrozyten, die Eryptose, wird durch eine Zellschrumpfung infolge einer Zunahme
der intrazellulären Kalziumkonzentration ausgelöst. EPO steigert indes die Zahl zirkulierender
Erythrozyten nicht nur indem es die Apoptose von Progenitorzellen hemmt, sondern auch
indem es die Eryptose inhibiert, so Lang. Unter den Bedingungen einer Niereninsuffizienz
ist allerdings die renale EPO-Bildung eingeschränkt und es kommt zu einer gesteigerten
Progenitorzellapoptose. Eine vermehrte Eryptose führt schließlich zur Anämie. Eine
EPO-Behandlung steigert somit nicht nur die Lebensqualität der Patienten und verzögert
die Progression des chronischen Nierenversagens, sondern verhindert zugleich auch
die negativen Auswirkungen der Anämie auf das Herz-Kreislauf-System, betonte Lang.
Der ANITHA-Navigator
Der ANITHA-Navigator
Bei der Suche nach der Ursache einer EPO-Hyporespons ist eine differenzielle und interdisziplinäre
Diagnosestrategie von großer Bedeutung. Als Hilfestellung hierfür wurde das neue Online-Diagnosetool
ANITHA (ANämIe-THerApie) entwickelt. Der ANITHA-Navigator kam unter wissenschaftlicher
Federführung von Prof. Walter Zidek, Berlin, und Prof. Florian Lang, Tübingen, zustande
und wurde mit Unterstützung durch die MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG gemeinsam
mit weiteren Experten und dem Georg Thieme Verlag umgesetzt. Der Navigator geht von
einer erhöhten EPO-Dosis aus und verwendet in den ersten Schritten die gängigen Parameter
der Anämiediagnostik, des Eisenstoffwechsels und das CRP (C-reaktives Protein) als
Entzündungsmarker. Mit dem Eintrag individuell ermittelter Laborparameter wird nicht
nur der Pfad durch die komplexe Ursachenforschung einfacher gestaltet. Auch die Dokumentation
der Patientendaten wird schnell und übersichtlich unterstützt. Der ANITHA-Navigator
ist auf dem Internetportal "Integriertes Anämie Management" unter www.anaemie-therapie.de oder www.anitha.de frei verfügbar.
EPO-Hyporespons: Eisenmangel ist oft die Ursache
EPO-Hyporespons: Eisenmangel ist oft die Ursache
Trotz hoher EPO-Dosen wird das Ziel der Behandlung (ein Bluthämoglobinspiegel zwischen
11 und 12 g/dl) bei einer EPO-Hyporespons nicht erreicht. Obwohl anämische Hb-Werte
vorliegen, werden in solchen Fällen die EPO-Rezeptoren herunterreguliert und es kommt
damit zu einem verminderten Ansprechen auf EPO. Als eine häufige Ursache für das unzureichende
Ansprechen auf endogenes wie exogenes EPO nannte Hörl entzündliche Prozesse. Zum einen
fördern proinflammatorische Zytokine wie das CRP (C-reaktives Protein), IF-gamma (IF:
Interferon), TNF-alpha (TNF: Tumornekrosefaktor) und IL-6 (IL: Interleukin) die Progenitorzellapoptose.
Zum anderen hemmen sie hepcidinvermittelt die intestinale Eisenresorption und die
Freisetzung von Eisen aus Zellen des retikuloendothelialen Systems.
Hörl führte 40-70 % aller Fälle der EPO-Hyporespons auf einen Eisenmangel zurück.
Da Inflammation und Malnutrition bei Menschen mit chronischen Nierenerkrankungen meist
synchron gehen, empfahl er eine konsequente Eisensupplementierung und gab zu bedenken,
dass Ferritin bei vielen Patienten den Eisenstatus nicht reflektiert. International
angegebene Ferritinobergrenzen von 500 ng/ml hielt er für unverständlich, zumal die
Mortalität erst bei Werten von über 1 200 ng/ml ansteigt. Aggressive Eisenprotokolle
mit einem Ferritinzielbereich zwischen 500 und 1 000 ng/ml sind seinen Ausführungen
nach vielmehr geeignet, die EPO-Dosis wieder deutlich reduzieren zu können.
Martin Wiehl, Königstein-Falkenstein
Die Beitragsinhalte stammen vom Satellitensymposium "EPO-Hyporespons - was wissen
wir und was kann uns helfen" im Rahmen des 39. Kongresses der Gesellschaft für Nephrologie,
veranstaltet von der MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Der Autor ist freier Journalist
|