Einleitung
Einleitung
1884 beschrieb Duhring das nach ihm benannte Krankheitsbild. Aber erst 1955 publizierte
Cottini eine Variante dieser blasenbildenden Erkrankung. Sie tritt ausschließlich
an Ellenbogen und Knien auf [1]. Es ist die Frage, ob die Minimalvariante ebenfalls mit einer Zöliakie verbunden
ist und welche lymphozytäre Zusammensetzung vorliegt.
Anamnese
Anamnese
Ein 66-jähriger Patient stellte sich mit juckenden Hautveränderungen an beiden Ellenbogen
vor, die seit ca. 2 Wochen bestanden.
Dermatologischer Befund
Dermatologischer Befund
Am rechten und linken Ellenbogen zeigten sich symmetrisch verteilt mehrere gruppierte,
mit seröser, teils hämorrhagischer Flüssigkeit prall gefüllte Vesikel auf erythematösem
Grund, wobei es z. T. zu Erosionen gekommen war ([Abb. 1]).
Abb. 1 Rechter Ellenbogen mit prallen serösen, teils hämorrhagischen, teils erodierten Blasen
auf erythematösem Grund.
Die Knie waren hauterscheinungsfrei.
Histologie
Subepidermale Blase gefüllt mit eosinophilen und neutrophilen Granulozyten. In den
dermalen Papillarkörpern sind eosinophile Mikroabszesse ([Abb. 2]).
Abb. 2 Blase mit Blasenrand: Histologie: neutrophile und eosinophile Mikroabszesse in den
Papillenspitzen mit beginnender subepidermaler Blasenbildung.
Immunhistochemie
Granuläre Ablagerungen von IgA und IgG zeigen sich in den dermalen Papillarkörpern
sowie geringe Mengen von Komplement C3 ([Abb. 3]).
Abb. 3 Blasenrand: direkte Immunfluoreszenz: granuläre Ablagerung von IgA und IgG in den
dermalen Papillenspitzen sowie geringe Mengen von Komplement C3.
Labor
Nachweis von: Gliadin-IgG-AK: 163 RE/ml (< 25); Gliadin-IgA-AK: 151 RE/ml (< 25);
Gewebstransglutaminase IgA-Ak: 83,7 RE/ml (< 20).
Im Normbereich lagen: Jod im Serum: 62,0 ug/l (46 – 70); Anti-Nukleäre-Antikörper:
< 1 : 80 Titer (< 1 : 80); Centromeren-AK: < 1 : 80 Titer (< 1 : 80); ds-DNS-AK: 19,0 IE/ml
(< 100); Immunglobulin-A i. S.: 172 mg/dl (40 – 350); Endomysium-AK: < 1 : 10 Titer
(1 : 10); Gewebstransglutaminase IgG-Ak: 0,06 Ratio (< 1,0); kein Nachweis von zirkulierenden
Antikörpern gegen bullöses Pemphigoid und linearer IgA-Dermatose.
HLA-Typisierung ergab den Nachweis von DR3, DQ2.
Duodenoskopie
Makroskopisch unauffälliger Befund.
Histologie und Immunhistochemie des tiefen Duodenums ([Abb. 4 6])
Histologie und Immunhistochemie des tiefen Duodenums ([Abb. 4 6])
Mikroskopisch fällt neben einer partiellen Zottenatrophie und Kryptenhyperplasie ein
plasmazellreiches und lymphozytäres Entzündungsinfiltrat in der Lamina propria auf.
Intraepitheliale CD3+-T-Lymphozyten innerhalb des Kryptenepithels sind mit ca. 80 IEL/100 Enterozyten (Grenzwert
40 IEL/100 Enterozyten) vermehrt ([Abb. 4]).
Abb. 4 Histologie des tiefen Duodenums: intraepithelial gelegene Lymphozyten.
Bei der Typisierung der T-Lymphozyten ist ein geringer Anteil von CD4+-T-Helferzellen ([Abb. 5]) und ein wesentlich größerer von CD8+-T-Suppressorzellen ([Abb. 6]) nachweisbar.
Abb. 5 Immunhistochemie des tiefen Duodenums: CD4+-T-Lymphozyten (T-Helferzellen).
Abb. 6 Immunhistochemie des tiefen Duodenums: CD8+-T-Lymphozyten (T-Supressorzellen).
Die Plasmazellen exprimieren IgA bzw. IgG.
Die Histologie entspricht einem Typ IIIa der Marsh-Klassifikation.
Therapie und Verlauf
Therapie und Verlauf
Wegen einer Schilddrüsenteilresektion erhielt der Patient Thyronajod, welches Kaliumjodid
und L-Thyroxin enthält. Nach Umsetzung auf L-Thyroxin und damit Weglassen des freien
Kaliumjodids besserte sich das Krankheitsbild deutlich, aber es traten immer noch
vereinzelt kleinere Bläschen auf. Erst die Kombination von Dapson und glutenfreier
Kost brachte die Erscheinungs- und Rezidivfreiheit.
Diskussion
Diskussion
In der Literatur finden sich nur zwei Publikationen des Typs Cottini [2]
[3]. Dieser Typ muss als Minimalvariante der Dermatitis herpetiformis Duhring angesehen
werden. Er tritt nach der Literatur an Ellenbogen und Knien auf [1]. Im vorgestellten Fall waren nur an den Ellenbogen Blasenbildungen vorhanden. Auch
der Typ Cottini, wie im geschilderten Fall, ist mit einer glutensensitiven Enteropathie
und mit der HLA-DQ2 (DQw2)-Assoziation verbunden.
Die pathogenetischen Abläufe im Duodenum-Jejunum, die zur Zottenatrophie führen, und
damit in eine Zöliakie einmünden, sind schon recht gut bekannt. Der HLA-DQ2-Lokus
soll zu einer besseren Bindung des α-Gliadins, einer Fraktion des Glutens, an die
antigenpräsentierenden Zellen führen. Die Passgenauigkeit wird durch die Abspaltung
der Amidgruppe von der Glutaminsäure mittels der Gewebstransglutaminase erhöht [4]. Damit wird das Gliadin zum Antigen und die Zöliakie einerseits zur Nahrungsmittelallergie
(Bildung von IgA- und IgG-Komplexen) und andererseits durch die Bildung der Gewebstransglutaminase-Antikörper
zur Autoimmunerkrankung. Die Zerstörung der Enterozyten und die damit verbundene Einleitung
der Zottenatrophie erfolgt sowohl durch die T-Supressorzellen (CD8) (s. [Abb. 6]) als auch durch Zytokine [4]. Es ist anzunehmen, dass die vor Ort gebildeten IgG-Immunkomplexe über eine Aktivierung
der Komplementkaskade ebenfalls zur Zerstörung beitragen.
Die IgA- wie auch die IgG-Komplexe gelangen vom Darm in den Blutkreislauf. Aber nur
in einem Teil der Fälle werden, wie auch im vorgestellten Cottini-Fall, diese Komplexe
(hier bevorzugt die IgA-Komplexe) im Stratum papillare der Haut abgelagert (s. [Abb. 3]). Anschließend setzen die bekannten Nachfolgereaktionen der Aggregation von Granulozyten,
besonders der Eosinophilen, die Aktivierung des alternativen Komplementweges und die
Enzymfreisetzung, die dann die subepidermale Blasenbildung verursacht, ein. Offen
bleibt die Frage, was die Ablagerung der Antigen-Antikörper-Komplexe verursacht und
warum dies nur in der Haut erfolgt.
Wie bei der Dermatitis herpetiformis Duhring so auch beim vorgestellten Cottini-Fall
führte die Jodidgabe, obwohl Jod im Serum nicht in erhöhter Konzentration vorlag,
zur Exazerbation der Erkrankung.
Es muss daher auch beim Cottini-Typ der Dermatitis herpetiformis neben der reduzierten
Jod-Kost eine Allergeneliminationskost (glutenfrei) erfolgen, um somit eine kausale
Therapie einzuleiten und um das Risiko der Entwicklung eines intestinalen Lymphoms
auszuschalten [1]
[5]. Als therapeutisch aber unverzichtbar darf die Gabe von DADPS (Dapson 50 mg/d) angesehen
werden.