Prof. Thomas R. Tölle, München, sieht "Licht am Ende des Tunnels", wenn er vom Fibromyalgiesyndrom
spricht. Lange Zeit waren die Ursachen der chronischen Schmerzen in mehreren Körperregionen,
der pathologischen Schmerzüberempfindlichkeit und der psychologischen Komorbidität
der Betroffenen kontrovers diskutiert worden. Jetzt zeichnet sich ein richtungsweisender
Erklärungsansatz ab.
"Eine zentrale Ursache der Fibromyalgie scheint eine Sensitivierung zentraler Strukturen
des Rückenmarks und Gehirns zu sein", fasste Tölle den derzeit bestehenden, starken
Konsens zusammen. Daneben bestehe wohl ein Funktionsverlust der zentral gesteuerten
absteigenden Nervenbahnen der körpereigenen Schmerzhemmung, der eine Übererregbarkeit
der Nerven auslöst.
Erfolg versprechend: neue medikamentöse Optionen
Erfolg versprechend: neue medikamentöse Optionen
Diese neuen pathophysiologischen Erkenntnisse haben inzwischen den Boden für neue
Therapieansätze bereitet, auch eine Kombination mehrerer Medikamente hält Tölle unter
Umständen für sinnvoll. Viel verspricht er sich zum Beispiel von einer Behandlung
der Fibromyalgiepatienten mit Pregabalin, das in den USA seit 2007 auch zur Therapie
der Fibromyalgie zugelassen ist. Für ihn besticht der pharmakologische Wirkmechanismus
der Substanz.
Denn Pregabalin hemmt den Kalziumeinstrom in die Nervenzelle, indem es an die Alpha-2-delta-Untereinheit
der Kalziumkanäle bindet, erklärte Tölle. Dies wiederum hemmt die Ausschüttung von
Neurotransmittern wie Substanz P und Glutamat - und die Schmerzen gehen zurück, wie
zum Beispiel die placebokontrollierte RELIEF[1]-Studie zeigt. Jetzt hofft Tölle, dass die anstehende Prüfung bei der europäischen
Zulassungsbehörde EMEA positiv verläuft.
Joggen kann die Beschwerden positiv beeinflussen
Joggen kann die Beschwerden positiv beeinflussen
Doch eine medikamentöse Therapie alleine reicht bei Fibromyalgiepatienten keinesfalls
aus. Auf jeden Fall müssen sie interdisziplinär und multimodal behandelt werden, zitierte
Tölle die aktuellen S3-Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften (AWMF) - auch Physio- und Psychotherapeuten sind gefragt. Tölle
empfiehlt seinen Patienten immer ein an ihr individuelles Leistungsvermögen angepasstes
Lauftraining (aerobes Ausdauertraining). "Wenn sich die Patienten dabei richtig anstrengen,
kann dies die Schmerzen gut lindern", meinte er.
sts
Quelle: Symposium "Herausforderungen in der Schmerztherapie" auf dem Deutschen Schmerztag,
veranstaltet von der Pfizer Pharma GmbH, Berlin