Sprache · Stimme · Gehör 2009; 33(2): 54
DOI: 10.1055/s-0029-1225582
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Übungstherapie - Ferientherapie: Geschäftsidee oder echte Alternative?

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Publication Date:
16 June 2009 (online)

 

Viele Kinder und Erwachsene mit Stimm- und/oder Sprachkrankheiten benötigen eine intensive und regelmäßige Übungstherapie, die aber im normalen Tageslauf schwer zu umzusetzen ist. Das Sprachheilzentrum für Logopädie bietet zusammen mit der Fachhochschule Coburg eine Ferientherapie als Alternative an. www.ferientherapie.info , SBBZ Coburg, Medau-Schule, Coburg

Im Schulalter und Erwachsenenalter kann man Patienten "Hausaufgaben" zumuten, so dass eine Regelmäßigkeit beim Üben – wenn auch ohne professionelle Kontrolle und daher nicht so effektiv – realisierbar ist. Zumindest aber bei Klein- und Vorschulkindern ist das meist überhaupt nicht möglich, oft sogar kontraindiziert, so dass die Regelmäßigkeit und Gründlichkeit der Behandlung nur durch eine Erhöhung der Therapiefrequenz realisiert werden kann. Mehr als zwei Behandlungen pro Woche werden bisher nur im Krankenhaus, in Stimmheilkuren oder in Sprachheilkuren verwirklicht. Eine solche Behandlung muss sich, wenn die Krankenkassen die Kosten tragen sollen, durch weitere, ausschließlich stationär mögliche Behandlungsmaßnahmen begründen, z.B. bei Stimm-, Sprach- und Schluckstörungen im Rahmen von Cochlear-Implantationen, Krebsoperationen, psychogenen oder durch psychophysische Erschöpfung bedingten Stimmstörungen u.v.m. Was ist aber, wenn die Patienten sonst gesund sind, so dass weder eine stationäre Aufnahme im Krankenhaus noch eine Kur zu begründen ist?

Für diese Fälle liegt eine ambulante tägliche Übungstherapie nahe. Diese könnte prinzipiell auch am Heimatort durchgeführt werden, doch welche Familie kann es schon einrichten, täglich zum Logopäden zu fahren? Hinderlich sind oft die Arbeitszeiten und die weiteren Termine in der Familie. Das Problem könnte mit einer Therapie im Urlaub gelöst werden. Und genau das hat das Sprachheilzentrum für Logopädie, das der Medau-Schule in Coburg angeschlossen ist, und die Fachhochschule Coburg als Konzept entwickelt und in attraktiven Urlaubsorten zusammen mit Hotels und nahegelegenen logopädischen Praxen organisiert.

Hauptargument für das Konzept ist die entspannte Urlaubsatmosphäre ohne Ablenkung durch Arbeit, Alltagsstress oder anderweitige Termine, so dass für die Patienten eine bessere Lernbereitschaft und bessere Lernerfolge postuliert werden können, wie sie auch für die stationären oder Kur-Behandlungen schon nachgewiesen wurden. Die begleitenden Familienangehörigen können während der Therapiezeiten die am Urlaubsort angebotenen Freizeitaktivitäten in Anspruch nehmen oder mit in die Therapie einbezogen werden. Die Unterbringung aller "Urlauber" und die Aktivitäten der Begleiter müssen selbstverständlich selbst finanziert werden, daher der Begriff "Ferientherapie".

Die Idee einer Ferientherapie liegt nahe und ist begründet, denn an der besseren Wirksamkeit hochfrequenter Therapie wird niemand zweifeln. Die Idee ist auch nicht ganz so neu, denn auch Universitätskliniken bieten Übungstherapie in einer Tagesklinik an.

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