Die berufsständischen Versorgungswerke der Angehörigen der verkammerten Freien Berufe,
also auch die ärztlichen Versorgungswerke, haben die Finanzmarktkrise aufgrund ihrer
diversifizierten Anlagestrategie gut überstanden. Es zahlt sich aus, dass sie nie
in sogenannte Subprime-Anlagen investiert hatten, registrierte der Vorsitzende der
Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen (ABV), Rechtsanwalt
Dr. Ulrich Kirchhoff auf der letzten Mitgliederversammlung. Allerdings stellen das
gegenwärtig niedrige Zinsniveau und die deutlich verlängerte Lebenserwartung der Mitglieder
diese vor erhebliche Herausforderungen.
Beispielhaft weist der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses der Bayerischen Ärzteversorgung,
Dr. Lothar Wittek, in seinem Geschäftsbericht Ende letzten Jahres darauf hin, dass
das Versorgungswerk dank breit gestreuter Vermögensanlagen von unmittelbaren Ausfällen
verschont geblieben ist. Hauptbestandteil der Kapitalanlagen bildeten schon immer
festverzinsliche Papiere bester Bonität. Dieses Segment wurde durch den Erwerb der
Titel von Bundesländern, staatsnahen Emittenten sowie gedeckten Anlagen zusätzlich
ausgebaut.
Die ohnehin niedrige Aktienquote des bayerischen Versorgungswerks wurde bereits 2007
sowie in den Monaten Februar und Mai 2008, also vor dem Börsencrash, aktiv reduziert.
Die weiterhin hohe Sicherheitsorientierung zeigt sich auch im Portfolio, das sich
derzeit zu 81 % aus festverzinslichen Rentenanlagen und Immobilien sowie zu 19 % aus
breit gestreuten Wertpapier-Spezialfonds zusammensetzt. Ähnlich sieht es bei den meisten
ärztlichen Versorgungswerken aus.
"Problem": Lebenserwartung steigt
"Problem": Lebenserwartung steigt
Der erfreuliche Anstieg der Lebenserwartung hat für alle Träger der Altersversorgung
eine Kehrseite. Wie ABV-Geschäftsführer Michael Jung versichert, werden Freiberufler
im Schnitt 4 Jahre älter als der Durchschnitt der Bevölkerung. In Zukunft ist daher
mit einem zusätzlichen Finanzierungsbedarf zu rechnen. Nach eingehenden Beratungen
wurde ein Konzept entwickelt, das die neuen sogenannten biometrischen Richttafeln
zur demografischen Entwicklung berücksichtigt und durch eine stufenweise Anhebung
der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre den Großteil der Finanzierung sicherstellt.
Diese Option nutzen die meisten Versorgungswerke. Bei der Umsetzung folgt die Ärzteversorgung
den Beschlüssen der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Möglichkeit freiwilliger Mehrzahlungen ist gerade in diesen unruhigen Zeiten wieder
stark gefragt. Zusätzliche Zahlungen an das Versorgungswerk sind ein geeignetes Mittel,
um die individuelle Altersversorgung weiter zu optimieren. Das durchschnittliche monatliche
Altersruhegeld bei den Bestandsrenten lag in Bayern im Jahre 2008 bei 2 438 Euro.
Status quo: Rente und Steuern
Status quo: Rente und Steuern
Seit 1. Januar 2005 regelt das Alterseinkünftegesetz die Besteuerung von Altersvorsorge-Aufwendungen
(Beiträgen) und Altersbezügen (Renten etc.).
Im Zuge der sogenannten nachgelagerten Besteuerung sind die Altersvorsorge-Aufwendungen
in bestimmtem, jährlich steigenden Umfang steuerlich abzugsfähig (2005: 60 % der tatsächlichen
Aufwendungen, maximal 12 000 Euro, ab 2025: 100 %, maximal 20 000 Euro). Die Rente
wird in Abhängigkeit vom Kalenderjahr des erstmaligen Rentenbezugs in bestimmtem,
jährlich gestaffelten Umfang der Besteuerung unterworfen (2005: 50 %, bei Rentenbeginn
ab 2040 zu 100 %). Durch die Zahlung von zusätzlichen Beiträgen, die übrigens zu gleichen
Konditionen wie Pflichtbeiträge verrentet werden, können die negativen Auswirkungen
der nachgelagerten Besteuerung auf die Nettorente abgemildert werden.
Von der neuen Regierungskoalition erwartet ABV-Vorsitzender Kirchhoff keine Bedrohung
des Systems der berufsständischen Versorgung im Sinne einer Einbeziehung in die gesetzliche
Rentenversicherung. Die berufsständischen Versorgungswerke repräsentieren einen Versorgungstypus
eigener Art, der in den Grundfunktionen eine Mittelstellung zwischen gesetzlicher
Rentenversicherung und privater Renten- und Lebensversicherung einnimmt. Sie sind
solidarische, gemeinnützige Einrichtungen der jeweiligen Berufsstände, die den Mitgliedern
insbesondere im Alter oder bei Berufsunfähigkeit ein ausreichendes finanzielles Existenzniveau
sichern sollen. Einbezogen in die Versicherungspflicht sind sowohl selbstständig als
auch angestellt tätige Angehörige eines Berufsstandes, weshalb sich Letztere grundsätzlich
von der Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen
können.
Klaus Schmidt, Planegg
Bild: creativ collection CD 21