Der Klinikarzt 2010; 39(2): 101
DOI: 10.1055/s-0030-1249728
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Chronische myeloische Leukämie – Therapieansprechen stärker differenziert

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Publication Date:
01 March 2010 (online)

 
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In den aktualisierten Leitlinien des European Leukemia Net [1] (ELN) zur chronischen myeloischen Leukämie (CML) wurde erwartungsgemäß auf eine stärkere Differenzierung des Therapieansprechens Wert gelegt: Die neue Version charakterisiert das "optimale" Ansprechen der Patienten in einer eigenen Kategorie. Zudem wurden strengere Kriterien für ein Therapieversagen und ein suboptimales Ansprechen der Patienten eingeführt (Tab. [1]).

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Tab. 1 Komplettes Ansprechen von CML-Patienten im frühen chronischen Stadium auf Imatinib (first-line).

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"Optimales Ansprechen" der Patienten als eigene Kategorie

Nach Einschätzung von Prof. Dr. Timothy P. Hughes, Adelaide (Australien), ist diese formal erweiterte Differenzierung sinnvoll, da nur bei optimalem Ansprechen auf eine Erstlinientherapie mit Imatinib von einem sehr geringeren Risiko für Punktmutationen in der Kinasedomäne von BCR-ABL und Remissionsverlust ausgegangen werden kann. Daher wird in Studien untersucht, bei welchen Patienten z. B. die hoch wirksamen Tyrosinkinaseinhibitoren der zweiten Generation (wie Dasatinib) im Krankheitsverlauf früh eingesetzt werden sollten.

Dass ein optimales Ansprechen für die Patienten Vorteile bringt, hat sich in der Londoner Hammersmith-Kohorte angedeutet: Das Erreichen einer CCyR nach 12 Monaten Therapie (= optimales Ansprechen) war hier nach 5 Jahren Therapie mit einem signifikant besseren Gesamtüberleben verbunden (95,1 vs. 87,1 %, p = 0,02) [2]. Auch die molekularen 6-Jahresdaten der IRIS-Studie zeigen Behandlungsvorteile: Hier war bei CML-Patienten mit guter molekularer Remission nach 18 Monaten Therapie im Vergleich zu Patienten mit suboptimalem Ansprechen ein signifikant längeres ereignisfreies Überleben nachweisbar (MMR = Reduktion der BCR-ABL-Transkripte auf ≤ 0,1 % nach internationaler Skala) [3] (Tab. [1]).

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8-Jahresdaten der IRIS-Studie

Auch die beim ASH vorgestellten 8-Jahresdaten der IRIS-Studie [4] belegen, dass für Patienten, die früh im Therapieverlauf eine hochwertige Remission erreichen, ein langfristig niedriges Progressionsrisiko angenommen werden kann. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass fast die Hälfte der ursprünglich auf Imatinib eingestellten Patienten (45 %) aus der Studie ausgeschieden ist, sagte Prof. Dr. Moshe Talpaz, Michigan (USA). Bei etwa jedem dritten Patienten war dafür die fehlende Wirksamkeit der Medikation verantwortlich.

Als Alternative bei suboptimalem Ansprechen kann eine Aufdosierung von 400 auf 600 mg Imatinib gerechtfertigt sein. Die Voraussetzung ist, dass keine BCR-ABL-Mutationen vorliegen, die eine klinisch relevante Resistenz gegenüber Imatinib vermitteln, erklärte Prof. Neil Shah, San Francisco (USA). Die Hochdosistherapie bei Therapieversagen wird in den aktualisierten ELN-Leitlinien nicht mehr empfohlen, da sie nach neuen Studienergebnissen [5], [6] zu häufig durch Toxizitäten begrenzt wird.

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Stabile Remissionen unter Dasatinib

Nach einem Imatinib-Versagen haben Tyrosinkinaseinhibitoren der zweiten Generation einen hohen Stellenwert, da sie bei Vorliegen fast aller Mutationen gute Remissionsraten induzieren können (Ausnahme: T315I). Dasatinib wirkte in einer Studie mit CML-Patienten auch gegen die hochgradig Imatinib-resistenten Mutationen L248, Y253, E255, F359 und H396 [7]. Diese Patienten erreichten nach 24 Monaten Therapie mit Dasatinib eine vergleichbar hohe Rate kompletter zytogenetischer Remissionen (43 vs. 47 %) wie Patienten ohne diese Mutationen. Auch die Raten für das progressionsfreie Überleben (70 vs. 83 %) und das Gesamtüberleben der Patienten (89 vs. 94 %) waren in den Gruppen vergleichbar.

Wie Studiendaten bestätigen, führt die Umstellung auf Dasatinib im Anschluss an ein Imatinib-Versagen zu stabilen zytogenetischen Remissionen. Nach Ergebnissen der prospektiven randomisierten Studie CA 180-034 liegen die Raten für das progressionsfreie Überleben nach 3 Jahren Behandlung mit Dasatinib (100 mg qd) bei 73 %, für das Gesamtüberleben bei 87 %. Die Substanz wurde nach einmal täglicher Gabe gut vertragen; neu auftretende Pleuraergüsse der Grade 3 und 4 wurden ab dem zweiten Behandlungsjahr nicht mehr beobachtet [8].

Daniel Neubacher, Frankfurt

Der Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung von Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA, München.

Quelle: Satellitensymposium "Tackling Resistance in Chronic Myeloid Leukemia: Integrating Therapeutic Advances for Improved Outcomes", 51. ASH, 4.12.2009 New Orleans und Oral Session Chronic Myeloid Leukemia: "After a Decade of Imatinib", 51. ASH, 5.12.2009, New Orleans.

Der Autor ist freier Journalist.

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Literatur

  • 01 Baccarani M , et al . J Clin Oncol. 2009;  27 6041-6051
  • 02 De Lavallade H , et al . JCO. 2008;  26 3358-3363
  • 03 Hughes T P, et al . Blood. 2008;  112 334
  • 04 Deininger M , et al . ASH 2009 Annual Meeting, Abstract # 148. 
  • 05 Hehlmann R , et al . ASH 2009 Annual Meeting, Oral Presentation, Abstract #339. 
  • 06 Baccarani M , et al . ASH 2009 Annual Meeting, Abstract # LBA-1. 
  • 07 Müller M C, et al . Blood. 2009;  114 4944-4953
  • 08 Stone R M, et al . J Clin Oncol. 2009;  27 15s suppl; Abstract # 7007
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Literatur

  • 01 Baccarani M , et al . J Clin Oncol. 2009;  27 6041-6051
  • 02 De Lavallade H , et al . JCO. 2008;  26 3358-3363
  • 03 Hughes T P, et al . Blood. 2008;  112 334
  • 04 Deininger M , et al . ASH 2009 Annual Meeting, Abstract # 148. 
  • 05 Hehlmann R , et al . ASH 2009 Annual Meeting, Oral Presentation, Abstract #339. 
  • 06 Baccarani M , et al . ASH 2009 Annual Meeting, Abstract # LBA-1. 
  • 07 Müller M C, et al . Blood. 2009;  114 4944-4953
  • 08 Stone R M, et al . J Clin Oncol. 2009;  27 15s suppl; Abstract # 7007
 
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Tab. 1 Komplettes Ansprechen von CML-Patienten im frühen chronischen Stadium auf Imatinib (first-line).