Zunehmender Kostendruck im Krankenhaus und höhere Qualitätsansprüche sind auch im
Bereich der Arzneimittelversorgung von hoher Relevanz. Dabei gewinnt die patientenorientierte
Medikamentenversorgung mehr und mehr an Bedeutung - eine Herausforderung speziell
für die Krankenhausapotheken. Deren Stellenwert im therapeutischen Versorgungssystem
und zukunftsorientierte Strategien künftiger apothekenspezifischer Dienstleistungen
waren Gegenstand der Beratungen auf dem XVII. Kasseler Symposium für Krankenhausapotheker.
Als Kernpunkt dabei formuliert sich in der Frage: "Wie gelangen wir (Anm.: die Krankenhausapotheken)
von der reaktiven in eine agierende, aktive Rolle und welche Zukunft, welche Strategien
sehen Dritte (Vorstände, Beratungsunternehmen, Privatketten) für die Krankenhausapotheke
in diesem sich stets wandelnden Markt?"
Benchmarkstudie untersucht Leistung von Krankenhausapotheken
Benchmarkstudie untersucht Leistung von Krankenhausapotheken
Erörtert wurden aktuelle Fragestellungen und Untersuchungen im Zusammenhang mit der
bislang umfangreichsten Benchmarkstudie, die seit Bestehen des Bundesverbandes Deutscher
Krankenhausapotheker e.V. (ADKA) durchgeführt wurde. Prof. Wolfgang Kämmerer, Apothekendirektor
der Horst-Schmidt-Kliniken Wiesbaden, erläuterte das Profil der von der ADKA gemeinsam
mit dem masem research institute unternommenen Untersuchung, in der auf wissenschaftlich
gesicherter Basis die Leistungen von insgesamt 121 Krankenhausapotheken analysiert
wurden. Dabei geht es darum, so Kämmerer, "sich untereinander zu vergleichen und von
den Besten zu lernen", denn nur eine fundierte Datenlage ermöglicht eine klare und
zielführende Argumentation und kann als Basis für eine zukunftsgerichtete Strategie
fungieren.
Manuelle Arzneimittelversorgung birgt Fehlerquellen
Manuelle Arzneimittelversorgung birgt Fehlerquellen
Im Durchschnitt versorgt jede Krankenhausapotheke 3 weitere Krankenhäuser mit Arzneimitteln,
wobei die hausinterne Bestellung weitgehend auf elektronischer Basis erfolgt. In Deutschland
bislang nicht praktiziert wird das international bekannte und genutzte CPOE-System
(Computerized Physician Order Entry), das unter Einbeziehung des Apothekers die Erhöhung
der Therapiesicherheit ermöglicht.
Kämmerer gab zudem bekannt, dass derzeit - wie die ADKA-Untersuchung ausweist - der
Anteil der Häuser mit moderner, kostenreduzierender Unit-Dose-Versorgung (einzeln
abgepackte Medikamente) bei lediglich etwa 8 % liegt. Noch immer sei die manuelle
Kommissionierung dominierend, die nach wie vor ein häufig mit gravierenden Fehlern
behaftetes Feld darstellt. Nach Prof. Wilfried von Eiff vom Centrum für Krankenhausmanagement
(CKM) an der Universität Münster gehen laut einer Studie des CKM 35 % aller patientenschädigenden
Ereignisse auf Medikationsirrtümer vor allem im Bereich der "letzten Meile" zurück.
"Personelle Unterausstattung, Arbeitsverdichtung und Zeitdruck erhöhen das Fehlerrisiko".
Das gilt insbesondere für Fehler beim Stellen und Administrieren von Arzneien, die
letztlich dazu führen, dass pro Jahr auch in Deutschland (geschätzt) über 50 000 Patienten
Schäden erleiden oder sogar zu Tode kommen.
Verbesserungspotenziale rasch realisieren
Verbesserungspotenziale rasch realisieren
Weitere wichtige Studienpunkte fokussieren Untersuchungen zu räumlichen Gegebenheiten
in Krankenhausapotheken im Verhältnis zur Anzahl der im Betreuungsbereich existierenden
Betten, zu Qualitätsmanagement-Systemen, Kostenentwicklungen, zusätzlichen erlösgenerierenden
Leistungen (z. B. Versorgung ambulanter Patienten) sowie zur Herstellung parenteraler
Zubereitungen und applikationsfertiger Zytostatika. Das masem research institute wird
in wenigen Wochen die Ergebnisse der Benchmarkstudie mit einem erläuternden Kommentar
publizieren. Auf dieser Grundlage könnten dann Verbesserungspotenziale in der Breite
initiiert und rasch realisiert werden.
Damit verbindet sich aber auch die Aufgabe für die Apotheker, eigene Strategien zu
entwickeln, die auf die speziellen Bedingungen des jeweiligen Krankenhauses zugeschnitten
sind. "Krankenhausapotheker dürfen nicht auf die Einkaufs- und Logistikfunktion reduziert
werden", forderte Kämmerer. Es gehe vielmehr darum, den (Stellen) Wert des Apothekers
für die Arzneimitteltherapie und -versorgung deutlich zu machen, denn die orts- und
zeitnahe, patientengerechte und qualitätsgesicherte Arzneimittelversorgung im Krankenhaus
ist zwar aufwendig, aber sie kann "von der Krankenhausapotheke kostengünstig erbracht
werden". Ziel sollte es sein, gemeinsam daran zu arbeiten, dass "die Krankenhausapotheke
ihren Wert erfolgreich als Kernkompetenz des Krankenhauses darstellt und ihre Dienstleistungen
ausbauen kann".
Versorgungslogistik mithilfe elektronischer Systeme
Versorgungslogistik mithilfe elektronischer Systeme
Enorme Ausbaupotenziale liegen nach Ansicht von Prof. Eiff im Bereich apothekenspezifischer
Dienstleistungen, insbesondere auf dem Gebiet der Pharmakokinetik. Eiff präferiert
in diesem Zusammenhang die Einführung der in anderen Ländern bereits erprobten und
bewährten "Versorgungsschrank-Logistik" in systemischem Verbund als dezentrales, hocheffektives
und patientenindividuelles Unit-Dose-System. "Elektronische Versorgungsschrank-Systeme
sind das Kernstück einer bedarfsorientierten Versorgungslogistik." Sie verhindern
vermeidbare "adverse drug events" und haben zudem nicht zu unterschätzende Vorteile:
bei jeder Medikamenten- bzw. Materialentnahme wird der aktuelle Lagerbestand automatisch
erfasst und - wenn erforderlich - eine Nachbestellung initiiert. Dabei werden die
Kosten exakt den jeweiligen Positionen zugeordnet. Mit der Unit-Dose-Versorgung der
Apotheke könne das Krankenhaus definitiv Kosten sparen und die Medikationssicherheit
der Patienten optimieren.
Hilmar Bierl, Berlin
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Der Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der B. Braun Melsungen AG, Melsungen.
Quelle: XVII. Kasseler Symposium für Krankenhausapotheker "Kostendruck und kein Ende
- Welche Antworten gibt es für die Krankenhausapotheke?", Kassel, 6. Februar 2010.
Veranstalter: B. Braun, Melsungen
Der Autor ist freier Journalist
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