ergopraxis 2009; 2(5): 12
DOI: 10.1055/s-0030-1253726
wissenschaft

Geistige Behinderung – Unterstützung bei Renteneintritt erforderlich

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Publication Date:
04 May 2010 (online)

 
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Immer mehr Menschen mit einer geistigen Behinderung gehen in Rente. Dies erfordert neue Hilfsangebote – optimalerweise von Ergotherapeuten. Zu diesem Ergebnis kamen die drei Ergotherapeuten Rebecca Hundt, Kathrin Knebel und Carmen Müller an der niederländischen Hogeschool Zuyd in Heerlen.

Die Forscher interviewten anhand eines auf der Basis des Canadian Model of Occupational Performance (CMOP) entwickelten Interviewleitfadens neun Menschen mit einer leichten geistigen Behinderung. Vier standen vor dem Renteneintritt und fünf befanden sich bereits in Rente. Ferner befragten sie vier Ergotherapeuten, die mit dieser Klientel in Einrichtungen wie Wohnheimen oder Werkstätten arbeiteten. Die Studienteilnehmer sollten die Bereiche Produktivität, Selbstversorgung und Freizeit einschätzen. Ihre Antworten zeigten, dass durch den Arbeitswegfall verschiedene Probleme auftraten: Das Selbstwertgefühl der Rentner sank, die Tagesstrukturierung und die sozialen Beziehungen fehlten. Die befragten Ergotherapeuten sehen den Bedarf, die Betroffenen auf den Renteneintritt vorzubereiten und sie zu begleiten.

Die Forscher schließen aus ihren Ergebnissen, dass gerade Ergotherapeuten über die Kompetenz verfügen, notwendige Handlungskonzepte zu entwickeln, um Menschen mit einer geistigen Behinderung bei Renteneintritt zu unterstützen. Diese könnten sie beispielsweise in Tagesstätten einführen und umsetzen. Unklar bleibt, wie es um die finanziellen Rahmenbedingungen steht.

suma

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Kommentar

Die Studie beschäftigt sich zwar mit dem Betreuungsbedarf von Menschen mit geistiger Behinderung an der Schwelle zum Renteneintritt, berührt aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Denn: Auf den Eintritt in den neuen Lebensabschnitt nach beendeter Arbeitsphase wird generell niemand vorbereitet, obwohl sicher in vielen Fällen Hilfestellungen notwendig wären. Darum wäre ein breiterer Ansatz zur Lösung dieses Problems wünschenswert. Verschiedentlich nehmen sich Ehrenamtliche bereits in Kommunen dieses Personenkreises an. Bei Heimbewohnern – wie im vorliegenden Fall – dürfte zusätzlich auch der Träger gefordert sein, auf die neue Lebenssituation einzugehen. Hierbei könnte er sich auf die Zusammenarbeit mit Ergotherapeuten stützen.

Susanne Marzahn, Ergotherapeutin

ergoscience 2009; 4: 12–22