Verantwortlich fÃŒr diese Rubrik: Manfred Wolfersdorf, Bayreuth; Iris Hauth, Berlin
Am 22. und 23. April dieses Jahres fand die Frühjahrstagung der Bundesdirektorenkonferenz
in der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Dr. Horst Schmidt
Klinik in Wiesbaden bei Prof. Dr. Dieter F. Braus, Klinikdirektor, statt. Hochaktuelles
Thema der Wissenschaftlichen Fachtagung am war die Entwicklung des neuen Entgeltsystems
in der Psychiatrie.
Vorausgegangen war die Vorstandssitzung am 21. und am Vormittag des 22. April, wobei
parallel am 21.4. nachmittags auch ein Treffen einiger Prätesthäuser stattfand. In
der Vorstandssitzung waren der Stand des neuen Entgeltsystems und hier insbesondere
die Diskus sion um die Charakterisierung der Residualkosten/des "Sockels" sowie die
bevorstehende Vorstandswahl zentrales Thema. Die Diskussion um den "Sockel" und dessen
differenzierter Erfassung war auch bei den Prätesthäusern eines der Themen wobei das
Fehlen der Abbildung von Strukturmerkmalen der Psychiatrie und die Gefahr der Über-Bürokratisierung
beklagt wurden.
In seiner Begrüßung sprach Prof. Dr. Braus von seiner Sorge, wenn heute zur Beschreibung
unseres Faches statt von "Fürsorge – Hilfe" nur noch von "Wertschöpfungskette, Kennzahlen,
Controlling..." gesprochen würde. Und er fragte, wie die Veränderung des Entgeltsystems
Mitarbeiter und die Kultur in Kliniken beeinflussen würde. Frau Dr. Iris Hauth blickte
in ihrer Einführung auf die Entwicklung der letzten Jahre von Beginn der Diskus sion
um ein neues Entgeltsystem bis heute zurück und versicherte, dass in diesem Entwicklungsprozess
auch kritischen Stimmen Raum gegeben würde. Sie unterstrich, dass es sich mit dem
neuen Entgeltsystem um einen "absoluten Paradigmenwechsel" handle, der mit den Instrumenten
der DRGs entwickelt würde, nicht auf der Basis der Psych-PV, dazu unter enormem Zeitdruck.
Die Wissenschaftliche Frühjahrstagung wurde mit dem Vortrag von PD Dr. rer. soz. Reinhard
Kilian von der Universität Ulm eröffnet, der zu gesundheitsökonomischen Rahmenbedingungen
von neuen psychiatrischen Versorgungsformen unter dem Gesichtspunkt einer "adäquaten
Allokation knapper Ressourcen" sprach. Dann schloss sich der Vortrag von Prof. Neubauer,
vom Institut für Gesundheitsökonomik München an, der zur Entwicklung des neuen Entgeltsystems
in der Psychiatrie aus Sicht der Gesundheitsökonomie referierte und gleich eingangs
feststellte, dass die Frage der Optimierung unbestritten sei und dass das neue Entgeltsystem
für die Psychiatrie abziele "auf ein besseres Ergebnis mit den gleichen Mitteln".
Herr Göran Lehmann von der Techniker Krankenkasse stellte die Erwartungen einer Krankenkasse
an das neue Vergütungssystem vor und diskutierte ein flexibles sektoren übergreifendes
Behandlungskontingent pro Patient; sein Vortrag wurde heftig unter dem Aspekt Betonung
der Krankenkasseninteressen und der Risikoverlagerung auf die Krankenhäuser kritisiert.
In seinen abschließenden Ausführungen diskutierte Prof. Dr. Peter Kruckenberg, ehemals
Ärztlicher Direktor Klinikum Bremen-Ost, die Chancen, Risiken und Steuerungsmöglichkeiten
bei der Umsetzung des KHRG und betonte, man solle vom Konzept, nicht vom Geld ausgehen.
Ausgehend von der für Psychiatrieenquete plädierte er für eine Wiederherstellung der
Personalausstattung nach der Psych-PV, für eine Kontrolle der Umsetzung, für eine
Prüfung der Einbeziehung der Institutsambulanzen sowie für eine Evaluation des KHRG-Prozesses
durch Begleitforschung.
Dieses Thema griff am nächsten Tag dann Dr. Frank Heimig, Leiter des InEK – Institut
für das Entgeltsystem im Krankenhaus – wieder auf und berichtete über die Vorbereitung
der Vorgehensweise des InEK und den derzeitigen Stand der Ist-Kostenkalkulation. Schlagwortartig
hier zusammengefasst, war das ein sehr informativer und in gewisser Weise auch atmosphärisch
beruhigender Vortrag, der deutlich machte, dass das InEK die spezifischen Bedingungen
der Psychiatrie berücksichtigen wird. Insbesondere die von ihm skizzierte Untergliederung
der Leistungsbereiche für den Gesamtbehandlungsumfang in die Leistungsbereich Station
(z.B. Kurzkontakte, Teambesprechung, Visiten) Therapien (z.B. Psychotherapie, Ergotherapie,
Physiotherapie) und körperliche Diagnostik (alle instrumentellen Untersuchungen)
verdeutlichte die Denkweise des InEK für viele. Heimig ging weiterhin auf die aufwandsteigernden
Merkmale im Leistungsbereich Station ein und nannte hier z.B. Aggressivität, Desorientiertheit,
Kooperationsbereitschaft/Absprachefähigkeit/Gruppenfähigkeit oder auch Vorliegen von
Ausnahmesituationen als Merkmale für eine Gewichtung der "tagesbezogenen Betreuungsintensität".
Zweiter Schwerpunkt der BDK-Frühjahrstagung war die Neuwahl des Vorstandes. Die Frühjahrstagung
war insgesamt mit ca. 120 Teilnehmern sehr gut besucht; bei der Wahl am zweiten Tag
waren noch 65 wahlberechtigte Mitglieder anwesend. Frau Dr. med. Iris Hauth wurde
wieder zur Vorsitzenden, Herr PD Dr. med. Vieten wieder zum Schatzmeister gewählt,
beide jeweils bei einer Enthaltung. Als weitere Vorstandsmitglieder wurden im Block
Dr. Fleischmann, Dr. Koller, Dr. Speier, Prof. Dr. H. Berger und Prof. Dr. Pollmächer
mit jeweils 5 Enthaltungen bei 66 Wahlberechtigten gewählt.
Gegen 13:00 Uhr beendete die alte und neue Vorsitzende Frau Dr. Hauth die BDK-Frühjahrstagung
gemeinsam mit Herrn Prof. Dr. Braus mit einem herzlichen Dank an die Teilnehmer und
an die veranstaltende Klinik.
Prof. Dr. med. Dr. h.c. Manfred Wolfersdorf
Termine
21./22. Okt. 2010 BDK-Herbsttagung in Bielefeld
7./8. April 2011 BDK-Frühjahrstagung in Ingolstadt
20./21. Okt. 2011 BDK-Herbsttagung in Brandenburg