ergopraxis 2010; 3(5): 13
DOI: 10.1055/s-0030-1254389
wissenschaft

Ergotherapeutische Grundannahmen – Kritisches Hinterfragen wichtig

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18 May 2010 (online)

 
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    Da die Ergotherapie und ihre Forschung, die sogenannte Occupational Science, auf westlichen Idealen basieren, sollte man sie nicht unreflektiert auf andere Kulturen übertragen. Zu dem Ergebnis kamen die Ergotherapeuten Daniel Molke und Debbie Laliberte Rudman an der University of Western Ontario, Kanada.

    Um die historische Bedeutung von Betätigung und die philosophischen Grundlagen von Ergotherapie kritisch reflektieren zu können, analysierten die Forscher die Theorien des Pädagogen Paulo Freire und des Philosophen, Psychologen sowie Soziologen Michel Foucault. Die Literaturrecherche nach Foucault ergab, dass manche ergotherapeutische Grundannahmen Individuen in Entwicklungsländern eher noch mehr an den Rand der Gesellschaft drängen, anstatt dieses zu verhindern. Als Beispiel nennen die Forscher die Annahme, dass Autonomie und Unabhängigkeit Ziele für Individuen seien. Aber: Was passiert, wenn ein Individuum nicht unabhängig sein kann oder das gar nicht möchte? Möglicherweise wird es erst dann von der Gesellschaft stigmatisiert. Auch in westlichen Ländern ist es möglich, dass das Fördern von Betätigung und Autonomie ungewollt zur Stigmatisierung derjenigen führt, die beides gar nicht erreichen können.

    Die Forscher schlussfolgern, dass die ergotherapeutischen Grundannahmen nicht falsch sind, sondern dass man sie nicht unreflektiert auf andere Kulturen übertragen darf.

    akb

    AOTJ 2009; 56: 239–248