Im Frühling 2009 verursachte eine neue Influenza, die durch das H1N1-Virus ausgelöst
wurde, in Mexiko akute Atemwegsinfektionen bei Menschen. Anschließend breitete sich
der Erreger über die USA und Kanada weltweit aus. Ein WHO-Komitee unter Federführung
von F. G. Hayden hat sich nun zur klinischen Situation und zu zukünftigen Strategien
geäußert. N Engl J Med 2010; 362: 1708-1719
Bis März 2010 wurden der WHO mehr als 17 000 Todesfälle bei gesicherten Infektionen
gemeldet, wobei die Dunkelziffer deutlich höher liegen dürfte. Die Autoren stellen
fest, dass innerhalb kurzer Zeit eine große Menge an Informationen zu natürlichem
Verlauf von und klinischem Vorgehen bei einer H1N1-Infektion gesammelt wurde, dass
aber noch beträchtliche Lücken klaffen.
Influenzavirus H1N1: Die Kapazität der Virusdiagnostik soll gesteigert werden, so
die Autoren (Bild: CDC/C. Goldsmith, D. Rollin).
Verbesserungen beim H1N1-Management nötig
Verbesserungen beim H1N1-Management nötig
Wichtig sei vor allem, die Kapazitäten zur Virusdiagnostik mittels molekularer Analyse
wie der RT-PCR (Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion) zu steigern. Zudem
müsse ein einfacher, preisgünstiger, genauer und schneller diagnostischer Test entwickelt
werden, der weltweit verfügbar ist. In ärmeren Gegenden sei der Zugang zu einer Behandlung
erschwert, weshalb dort ernstere Verläufe drohen würden. Die Autoren kommen daher
zu dem Schluss, dass es Ziel der Bemühungen des öffentlichen Gesundheitswesens sein
sollte, Risikofaktoren zu reduzieren und Risikopopulationen zu identifizieren, um
ihnen eine Immunisierung und frühe Behandlung einschließlich antiviraler Medikamente
zu ermöglichen. Der Fokus sollte daher ebenso auf sozialen wie auf klinischen Faktoren
liegen.
Entwicklung neuer Therapien hat Vorrang
Entwicklung neuer Therapien hat Vorrang
Große Lücken habe nach wie vor das Verständnis der viralen Transmission, der Pathogenese,
der genetischen und anderer Wirtsfaktoren bezüglich Empfänglichkeit für und Schwere
der Erkrankung sowie der optimalen Behandlung ernster Fälle. Priorität haben daher
nach den Worten der Autoren die Entwicklung neuer antiviraler Therapien mit gesteigerter
Wirksamkeit, die Optimierung der Behandlung des influenzaassoziierten ARDS sowie eine
bessere Prävention, Diagnostik und Therapie invasiver bakterieller Koinfektionen.
Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit gefordert
Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit gefordert
Sowohl die Wissenslücken als auch die bisherige Erfahrung würden die dringende Erfordernis
einer engeren internationalen Zusammenarbeit in der klinischen Forschung unterstreichen.
Dies gelte vor allem für Erkrankungen mit pandemischem Potenzial, bei denen eine schnelle
Aufdeckung, Erforschung und Charakterisierung der klinischen Syndrome Voraussetzungen
sind, um Gefahren für die öffentliche Gesundheit zu bannen.
Dr. Johannes Weiß, Bad Kissingen