Verantwortlich für diese Rubrik: Martin Haupt, Düsseldorf; Thomas Kunczik, Wiehl
10-jähriges Bestehen der Deutschen Akademie für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie
e.V.
10-jähriges Bestehen der Deutschen Akademie für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie
e.V.
In unserem Land gibt es immer mehr ältere Menschen. Dieser Trend wird sich in Zukunft
weiter verstärken. Mit zunehmendem Lebensalter treten vermehrt Erkrankungen auf. Einen
besonderen Stellenwert haben dabei psychische Erkrankungen wie etwa Depression und
Demenzen. Aktuelle Hochrechnungen von Fritz Beske erwarten in den nächste 40 Jahren
eine Verdoppelung der Demenzkranken von 1,1 auf 2,2 Millionen und damit eng verbunden auch eine Verdoppelung der Pflegebedürftigen von 2,2 auf 4,4 Millionen.
Um ein qualifiziertes Forum für Fort- und Weiterbildung in Gerontopsychiatrie und
-psychotherapie zu schaffen, gründeten auf Initiative des Vorstandes der DGGPP am
21. Juni 2000 im Anschluss an die Fachtagung "25 Jahre Psychiatrieenquete: Was hat
sie für die Gerontopsychiatrie gebracht?" engagierte Gerontopsychiater die Deutsche
Akademie für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie (DAGPP). Es wurden Fortbildungen
durchgeführt sowie das "Gesamtcurriculum Gerontopsychiatrie und -psychotherapie" entwickelt
und im Juni 2004 in Basel verabschiedet.
Damit diese erfolgreiche Arbeit eine festere Basis sowie Rechtsform bekommen und die
Arbeit weiter in die Breite getragen werden konnte, gründeten Mitglieder der DGGPP
e.V. im Februar 2007 in Mannheim schließlich die Akademie als eingetragenen Verein.
Präsident Rolf D. Hirsch, Vizepräsident Claus Wächtler.
Struktur der Akademie
Struktur der Akademie
Die Akademie ist eine unabhängige, multiprofessionelle Fort- und Weiterbildungseinrichtung
und allein dem Wohl der Patienten und dem Stand der Wissenschaft verpflichtet – sie
arbeitet ohne finanzielle Unterstützung sowohl der pharmazeutischen Industrie als
auch von an-deren Anbietern im Gesundheitswesen. Ihre Mitglieder und die inzwischen
69 Lehrbeauftragten der Akademie sind Gerontopsychiater mit einem großen praktischen Erfahrungsschatz. Sie haben sich
zur Einhaltung eines Kodex verpflichtet, ihre Honorare werden ausschließlich aus Teilnahmegebühren
finanziert.
Im ersten Arbeitsschritt wurde 2007 das Curriculum "Gerontopsychiatrische Grundversorgung" entwickelt. Dieses vermittelt Grundkenntnisse in Diagnostik und Therapie sämtlicher
gerontopsychiatrischer Krankheitsbilder sowie 20 Stunden Fallarbeit und 20 Stunden
Hospita tion in einem Lehrkrankenhaus.
Um als Lehrkrankenhaus der Akademie ernannt zu werden, muss die Einrichtung/Abteilung über mindestens 2 gerontopsychiatrische
Stationen verfügen (ersatzweise eine Station und eine gerontopsychiatrische Tagesklinik)
und mindestens 300 gerontopsychiatrische stationäre/teilstationäre Fälle pro Jahr
aufweisen. Außerdem sollte das "typische gerontopsychiatrische" Diagnosespektrum abgebildet
sein. Inzwischen konnte die Akademie bundesweit 31 Lehrkrankenhäuser ernennen, die
diese Kriterien erfüllen und in denen die Hospitationen durchgeführt werden. (Die
aktuelle Liste findet sich im Internet unter http://www.dagpp.de)
Grundlagen für alle
Grundlagen für alle
Die Akademie stellte das Zertifikat "Gerontopsychiatrische Grundversorgung" im Herbst
2007 der Fachwelt vor. Auf eine Aussendung gemeinsam mit der Deutschen Alzheimer Gesellschaft
haben sich knapp 1000 Interessierte gemeldet. Die Umsetzung begann auf der ersten
Jahrestagung der Akademie im Juni 2008 in Schwerin. Bislang haben über 100 Teilnehmer
an den Kursen teilgenommen, 45 Zertifikate konnten überreicht werden – Tendenz weiter
steigend.
Wider Erwarten war das Interesse von Hausärzten an diesen Kursen relativ gering. Als
Hauptursache wurde der relativ hohe Zeitaufwand für den Erwerb des Zertifikates identifiziert.
Dabei hat die Hausarztpraxis die einzigartige Möglichkeit der Versorgung über eine
lange Lebensspanne, auch bei wechselnden Versorgungsbedürfnissen, wie z.B. notwendige
Hausbesuche oder Versorgung im Pflegeheim. Der Hausarzt gilt als "Schaltstelle" der
Versorgung alter Menschen und speziell mit einer Demenz. Zudem werden mehr als 90%
von etwa 1 Million Menschen, die derzeit in Deutschland an einer Demenz leiden, von
Hausärzten betreut. Aus der Berliner Altersstudie geht hervor, dass 93% der über 70-Jährigen
in regelmäßiger hausärztlicher Betreuung stehen.
Kompakt für Hausärzte
Kompakt für Hausärzte
Vor diesem Hintergrund wurde Anfang 2009 der Kompaktkurs "Gerontopsychiatrie für Hausärzte" entwickelt. An einem Fallbeispiel ("Kommt ein alter Mann zum Hausarzt, der sich öfters verläuft, Stimmungsschwankungen
hat und über Gedächtnisprobleme klagt...") orientiert, wird in 2-mal 4 Stunden Theorie sowie 2 Stunden Hospitation in einer
in der Ausbildungsregion liegenden gerontopsychiatrischen Klinik nicht nur die gerontopsychiatrische
Kompetenz der Hausärzte gestärkt, sondern auch der Gerontopsychiatrie in der Region
"ein Gesicht gegeben".
Erste Testläufe zeigten ein großes Interesse und sehr positive Rückmeldungen im Rahmen
der Qualitätssicherung. Die Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern bietet wegen des guten
Erfolges erneut die theoretischen Inhalte im Rahmen ihrer Fortbildungen an. 2011
wird der Kurs in das regelmäßige Angebot der Akademie aufgenommen, die Lerninhalte
des Kom-paktkurses werden dabei inhaltlich und finanziell beim Erwerb des Zertifikates
"Gerontopsychiatrische Grundversorgung" angerechnet.
Angebote für Nichtmediziner
Angebote für Nichtmediziner
Die Bedarfe an gerontopsychiatrischem Wissen wachsen aber mit der zunehmenden Zahl
an Betroffenen auch bei anderen Berufsgruppen wie der Pflege und der sozialen Arbeit.
Zweitägige Kurse für professionell Pflegende wurden im Rahmen der 1. Jahrestagung
2008 in Schwerin und im Rahmen des 9.DGGPP-Kongresses 2009 in Berlin angeboten und
rege genutzt.
In Kooperation mit der Dualen-Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart und der katholischen
Hochschule Nordrhein-Westfalen in Köln wurde das Zertifikat "Gerontopsychiatrie für Soziale Arbeit" der Akademie entwickelt. Es wendet sich an Diplom-SozialarbeiterInnen/SozialpädagogInnen
sowie weitere soziale Berufsgruppen. Mit 72 Stunden Theorie (u.a. Krankheitslehre,
Psychologie, Recht, Pflege, Rehabilitation, Ökonomie) und 24 Stunden praktischer Vertiefung
des sozi-alarbeiterischen Handlungswissens erhalten die Teilnehmer ein solides theoretisches
und praktisches Wissen für ihre Arbeit. Der erste Kurs findet im Rahmen der 2. Jahrestagung
der Akademie vom 10.- 13. November 2010 in der Dualen-Hochschule Baden-Württemberg
in Stuttgart statt. (Mehr Informationen auf der Webseite der Akademie.)
Auf der Basis dieses Kurses wurde das Zertifikat Qualifizierte Pflegeberatung entwickelt. Die AOK-Baden Württemberg hat die Akademie beauftragt, ihre Pflegeberater
mit dem 112-stündigen Kurs weiter zu qualifizieren. 50 AOK-MitarbeiterInnen werden
im AOK-Bildungszentrum von Oktober 2010 bis Juni 2011 ausgebildet.
Der DGGPP-Vorstand gratuliert der Akademie und den in ihr engagierten Vorstandsmitgliedern
und Lehrbeauftragten sehr herzlich zu der bisher geleisteten Arbeit und dem 10. Geburtstag
und wünscht im Sinne der gemeinsamen Sache ein weiteres erfolgreiches Wachstum.
Welt-Alzheimertag 2010
Welt-Alzheimertag 2010
Morbus Alzheimer: Vorhandene Behandlungsmöglichkeiten nutzen
Seit 1994 findet mit Unterstützung der WHO am 21. September der Welt-Alzheimertag
statt, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Alzheimer-Krankheit zu richten.
Aus diesem Anlass hat die DGGPP zusammen mit der Hirnliga e.V. – Deutschlands Alzheimer-Forschern
– in diesem Jahr erneut dazu aufgerufen bei der Therapie des Morbus Alzheimer alle
bereits heute zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten zu nutzen.
"Bislang gibt es kein Medikament, das die Alzheimer-Krankheit heilen kann. Wann und
ob überhaupt eine solche Arznei zur Verfügung stehen wird, lässt sich nicht vorhersagen",
so Prof. Hans-Jürgen Möller, Vorsitzender der Hirnliga e.V. Deutschlands Bevölkerung
verändert sich, die Menschen werden immer älter. Das Alter ist aber der Hauptrisikofaktor
für die Alzheimer-Krankheit. Der hohe und lange Pflegeaufwand macht sie zu einer der
teuersten Krankheiten, deren Kosten weiter steigen werden, wie auch die aktuellen
Berechnungen des Statistischen Bundesamtes zeigen.
"Die Forschung geht intensiv voran und es gibt vielversprechende Ergebnisse, aber
auch Ernüchterungen. So ist etwa die Euphorie über eine baldig verfügbare "Alzheimer-Impfung"
verflogen. Als Forscher können wir nur dringend empfehlen, alle heute schon vorhandenen
Möglichkeiten zur Vorbeugung und Behandlung zu nutzen. Bei einer frühzeitigen Diagnose
und rechtzeitigem Beginn der Therapie ist es möglich, den Verlauf der Alzheimer-Krankheit
positiv zu beeinflussen", so Möller weiter.
Dabei sollen Medikamente, nichtmedikamentöse Therapien und pflegerische Maßnahmen
in einem therapeutischen Gesamtkonzept eingesetzt werden. Die Therapien bewirken eine
Verlangsamung der Krankheitsentwicklung und ermöglichen den Betroffenen und ihren
Angehörigen, über einen längeren Zeitraum in Selbstbestimmung und Würde zu leben.
Durch eine deshalb später erfolgende Aufnahme in Pflegeheime werden zusätzlich noch
Kosten gespart.
"Bei psychisch kranken Älteren, insbesondere den Alzheimer-Kranken, herrscht seit
Jahren eine klare medizinische Unter- und Fehlversorgung", so der Präsident der DGGPP
e.V. Prof. Dr. Hans Gutzmann. "Viele Alzheimer-Patienten sind unerkannt und werden
nicht behandelt. Aber auch bei jenen, die erkannt wurden, ist eine spezifische Behandlung
leider nicht obligatorisch, auch kommt trotz des sehr komplexen Krankheitsbildes nur
etwa jeder zehnte Alzheimer-Kranke im Laufe seiner Krankheit mit einem Facharzt in
Kontakt. Diese Tendenz zur Unterversorgung setzt sich selbst in den Abteilungen für
Alterspsychiatrie fort. Waren diese in den vergangenen Jahrzehnten Motor für eine
Vernetzung und Verbesserung der ambulanten Versorgung, so können heute viele wegen
fehlendem und überlastetem Personal schon länger nicht mehr mit der notwendigen Intensität
und Qualität arbeiten."
Als eine wesentliche Ursache dieser Entwicklung sehen die Alterspsychiater die Trennung
zwischen Kranken- und Pflegekasse: "Solange die Politik die Alzheimer-Krankheit eher
als pflegerisches Problem betrachtet und die Chancen, die eine medizinische Behandlung
bietet, nicht erkennt, bleibt die Trennung zwischen Kranken- und Pflegekasse erhalten.
Betriebswirtschaftlich ist es dabei für eine Krankenkasse nicht sinnvoll eine Behandlung
zu bezahlen, deren Nutzen – durch die verspätete Pflegebedürftigkeit – die Pflegekasse
hat. Deshalb bleibt das medizinisch Notwendige und volkswirtschaftlich Sinnvolle ungetan",
so Hans Gutzmann weiter.
Vor diesem Hintergrund fordert die DGGPP zusammen mit der Hirnliga e.V. seit langem
Kranken und Pflegekasse unter einem Dach zu vereinigen.
Vorankündigung
Vorankündigung
X. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie
e.V.
Thema: "Alterspsychiatrie 2011 – Seelische Gesundheit Demografischer Wandel"
11.-13. Mai 2011
Hotel Aquino, Tagungszentrum der katholischen Akademie, Hannoversche Str. 5b, 10115
Berlin
Vorgesehene Themen u.a.
-
Lebensqualität bei Demenz
-
Krankheitsmodifizierende Therapien bei Demenz
-
Leitlinien und Versorgungsqualität
-
Nichtmedikamentöse Verfahren
-
Demenz & Fahrtauglichkeit
-
Psychometrische Diagnostik
-
Gerontopsychiatrische Versorgung in Heimen
-
Palliative Behandlung, Sterbebegleitung
-
Strategien bei herausforderndem Verhalten
-
Gerontopsychiatrie für soziale Berufe
-
Schnittstelle Gerontopsychiatrie/Geriatrie
-
Wo fängt Gerontopsychiatrie an
-
Paardynamik im Alter
-
Angst im Alter
-
Sucht im Alter
-
Entgeltsysteme
-
Psychisch kranke alte MigrantInnen
-
Freie Vorträge
Mehr Informationen unter: http://www.dggpp.de