Key words
phytotherapy - toxicity of herbal remedies - pharmacovigilance - myths
Gemessen an Ausführlichkeit und Häufigkeit, mit der v. a. in populärwissenschaftlichen
Medien über unerwünschte Wirkungen (UAW) von pflanzlichen Arzneimitteln berichtet
wird, muss bei Patienten bzw. bei Patientenbesitzern und Therapeuten der Eindruck
entstehen, dass Phytotherapeutika nicht nur von fraglichem Nutzen sind, sondern hinsichtlich
ihrer Nebenwirkungen im Vergleich zu synthetischen Arzneimitteln sogar als besonders
problematisch angesehen werden müssen. Dies stellt nun die Tatsachen auf den Kopf,
denn es sind gerade die traditionell gebräuchlichen europäischen Arzneipflanzen, die
sich bei sachgerechter Anwendung durch besonders gute Verträglichkeit auszeichnen.
Tendenziöser Medizinjournalismus erweckt zudem den Eindruck, es gäbe keine modernen
Studien zu Wirkung und Anwendungssicherheit von Arzneipflanzen und rationalen Phytotherapeutika,
die wissenschaftlichen Kriterien standhalten. Man tradiert stattdessen vielfach unkritisch
Anekdoten, die längst widerlegt sind. (Übrigens werden von denselben Medien immer
mal wieder einzelne Arzneipflanzen zu Allheil- und Wundermitteln erhoben.)
Auf Einladung von Prof. Dr. Matthias Melzig traf sich deshalb am 28./29. August 2010
der Arbeitskreis Phytotherapie zu seiner Jahrestagung im Institut für Pharmazie und
Pharmazeutische Biologie der FU Berlin, um das Thema „Fakten und Mythen zur Toxizität
von Phythotherapeutika“ zu bearbeiten. Die differenzierte Betrachtung mutmaßlicher
Schadwirkungen von Arzneipflanzen sollte zu einer realistischen Einschätzung der Risiken
und Nebenwirkungen von Phytotherapeutika und mehr Therapiesicherheit verhelfen und
die kompetente Beratung des Klientels ermöglichen.
Ein Forschungsschwerpunkt von Prof. Melzig, der sich seit einigen Jahren in der ATF-Fort-
und Weiterbildung zur Phytotherapie engagiert, liegt in wissenschaftlichen Untersuchungen
traditioneller Arzneipflanzen. Die folgenden Ausführungen basieren auf den Ergebnissen
dieser Tagung.
Die naturwissenschaftliche Medizin nutzt in steigendem Maße die ursprünglich intuitiv
oder empirisch gewonnenen Erkenntnisse zu Heilpflanzen aus der traditionellen Volksheilkunde
als Basis für moderne, rationale Arzneimittelentwicklungen.
Arzneipflanzen enthalten ein Wirkstoffgemisch, das im Organismus zu vielen, das Krankheitsgeschehen
positiv beeinflussenden, Wirkungen führt, die sich in ihrer Komplexität nur unter
großem zeitlichen und finanziellen Aufwand darstellen lassen. Im Zulassungsverfahren
beschränkt man sich für den Wirkungsnachweis deshalb auf in vitro durch anerkannte
Testsysteme erfassbare Detailwirkungen, die sodann der arzneimittelrechtlichen Beurteilung
zugrunde gelegt werden. Aus der zulassungsbedingten Reduzierung auf Detailwirkungen
resultiert zwangsläufig eine Unterschätzung des therapeutischen Potenzials – und dies
hat Einfluss auf die Gewichtung von Nebenwirkungen.
In den letzten Jahren führten tatsächliche oder vermeintliche Nebenwirkungen bei Arzneipflanzen
sehr rasch zu gesetzlichen Einschränkungen oder gar zum Anwendungsverbot entsprechender
Zubereitungen, während selbst lebensbedrohliche Nebenwirkungen bei chemisch-synthetischen
Pharmaka in Kauf genommen werden. So mussten z. B. Zubereitungen aus Piper methysticum (Kava-Kava – [Kasten 1]), einem hervorragenden Anxiolytikum, und Chelidonium majus (Schöllkraut – [Kasten 2]), einem exzellenten Cholagogum, vom Markt genommen werden, weil Einzelfälle von
Hepatopathien nach Ansicht der Überwachungsbehörden nicht ausreichend entkräftet werden
konnten. Grundgedanke dabei war, dass bei einem als gering eingeschätzten therapeutischen
Nutzen keinerlei Risiko vorhanden sein dürfe. Motto: „Was nicht hilft, darf wenigstens
nicht schaden!“
In ihrer Publikation „Kava-Kava, Tragödie einer Fehlbeurteilung“ geben Loew und Gaus
[6] umfassende Informationen zum pharmakologischen Wirkprofil, zur Toxikologie, zur
klinischen Wirksamkeit, zu Nebenwirkungen und Risiken von Kava-Kava. Hier wird auch
ausführlich auf die von Schmiedel [9] als skandalös bezeichnete Recherche und Dokumentation der der BfArM-Entscheidung
zugrundeliegenden Fälle von UAW eingegangen: Doppelnennungen bei den angegebenen Fällen
von UAW, fragmentarische Anamnesen, bekanntermaßen hepatotoxische Komedikation, unberücksichtigte
Fälle von Alkoholismus bei den gemeldeten Patienten, Überdosierung und extreme Einnahmedauer
lassen die toxikologische Glaubhaftigkeit der gemeldeten Fälle als wenig tragfähig
erscheinen. Selbst wenn man die Fallzahlen einmal für bare Münze nimmt, so liegt die
Rate an Nebenwirkungen immer noch deutlich unter derjenigen von konventionellen Arzneistoffen
für dieses Indikationsgebiet. Loew und Gaus geben die Inzidenz an hepatotoxischen
Nebenwirkungen pro 1 Million Tagesdosen Kava-Kava-Extrakte mit 0,008 Fällen an. Im
Vergleich dazu beträgt sie bei den (auch in der Veterinärmedizin genutzten) allopathischen
Alternativen Bromazepam 0,09 Fälle, bei Oxazepam 1,23 Fälle und bei Diazepam 2,12
Fälle, d. h. sie ist etwa 10- bis 250-mal höher.
Chelidonium majus, das große Schöllkraut aus der pharmakologisch hochinteressanten Familie der Mohngewächse,
spielt sowohl in der westlichen Phytotherapie als auch in der Traditionellen Chinesischen
Medizin eine große Rolle ([Abb. 1]). Sein breites Wirkungsspektrum, das u. a. entzündungshemmende, antimikrobielle,
antitumorale, analgetische und hepatoprotektive Eigenschaften umfasst, ist seit Jahrtausenden
bekannt. Vor allem der spasmolytische und choleretische Effekt machen diese Heilpflanze
zu einem wichtigen Therapeutikum. Wenige Fälle von Hepatitis unter Einnahme von Chelidonium
(die im Übrigen nach Absetzen der Medikation in allen Fällen zügig und rückstandslos
ausheilten) führten zur Widerrufung der Zulassung aller chelidoniumhaltigen Arzneimittel
mit einer Tagesdosis von mehr als 2,5 mg Gesamtalkaloiden (BfArM 15. 04. 2008 Stufenplanverfahren
der Stufe II). Welches therapeutische Potenzial und welche mögliche toxikologische
Wirkung diese nun in der Anwendung drastisch eingeschränkte Pflanze hat, wird weitere
Forschung klären müssen [4].
Abb. 1 Schöllkraut (Chelidonium majus). © qay/PIXELIO.
Der ethnomedizinische Erfahrungsschatz findet leider in den Dossiers der Zulassungsbehörden
keine Berücksichtigung, da er nicht nach derzeit gültigen wissenschaftlichen Regeln
dokumentiert worden ist. Er bietet aber sehr wohl einen größeren Schutz vor UAW, als
dies eine zeitlich sehr beschränkte toxikologische Prüfung zum Nachweis der Unbedenklichkeit
im Rahmen eines Zulassungsverfahrens kann. Hier sei auf Vorfälle hingewiesen, wie
sie etwa im Zusammenhang mit COX-2-Hemmern beim Menschen aufgetreten sind, bei denen
erst im breiten klinischen Einsatz schwerste Nebenwirkungen offensichtlich wurden.
Außerdem wird nicht berücksichtigt, dass sich aufgrund der gemeinsamen Evolution von
Mensch/Tier und Pflanze bei allen Lebewesen, denen Pflanzen als Nahrung dienen, tierartspezifische,
bewährte Stoffwechsel- und Entgiftungsmechanismen für arzneilich genutzte pflanzliche
Substanzen entwickelt haben.
Welche Stoffwechselvorgänge allerdings durch neue, synthetische Substanzen bei den
verschiedenen Zieltierarten oder beim Menschen ausgelöst werden, lässt sich nur schwer
voraussagen. Es besteht immer die Gefahr der Entstehung toxischer Metabolite – auch
wenn diese Substanzen in vitro und in klinischen Studien als ungiftig erschienen sind.
In der Humanmedizin betrifft jede 10. unerwünschte Arzneiwirkung die Leber – das zentrale
Entgiftungsorgan. Arzneimittelinduzierte Leberschäden sind einer der häufigsten Gründe
für das in 75 % der Fälle trotz Therapie tödliche Leberversagen und damit die häufigste
medikamenteninduzierte Todesursache. Hepatotoxizität ist der häufigste Grund, weshalb
Medikamente vom Markt genommen werden müssen [8] ([Kasten 3]).
Kasten 3: Hepatoprotektiva
Übrigens: Unter den Arzneipflanzen befinden sich potente Hepatoprotektiva! Die Mariendistel
(Silybum marianum) gilt als Mittel der Wahl bei Intoxikationen und wird u. a. bei der Knollenblätterpilzvergiftung
des Menschen und der an Aktualität erneut zunehmenden Seneziose der Pferde erfolgreich
eingesetzt [3], [12] ([Abb. 2]). Die aus der indischen Heilkunde stammende Pflanze Andrographis paniculata bietet den Hepatozyten Schutz gegen diverse Tetrachlorkohlenstoffe, Hexachlorzyklohexan,
Zyklophosphamid und Paracetamol – dem Hauptverursacher des fulminanten Leberversagens
beim Menschen.
Abb. 2 Mariendistel (Silybum marianum). © Barbara Adams/PIXELIO.
Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass gerade bei der Bewertung erfasster Fälle
von unerwünschten Nebenwirkungen von Phytotherapeutika vielfach die Tatsache außer
Acht gelassen wird, dass es eine Frage der Dosis ist, ob eine Substanz/Arzneipflanze
toxisch wirkt oder nicht.
Wie entstehen Mythen zur Toxizität von Phytotherapeutika?
Unkritische Übertragung von Vergiftungsfällen bei Tieren auf Menschen
Beispiel Johanniskraut (Hypericum perforatum)
Bei Weidetieren ist es nach Aufnahme großer Mengen Johanniskraut zu schweren Hautschäden
nach Sonnenexposition gekommen ([Abb. 3]). Unter therapeutischen Dosierungen besteht diese Gefahr phototoxischer Reaktionen
erwiesenermaßen weder bei Menschen noch bei Tieren. Sie wären erst beim 20- bis 40-Fachen
der therapeutischen Dosis zu erwarten. Obwohl auf dem deutschen Arzneimittelmarkt
nahezu 300 Arzneimittel mit photosensibilisierenden Eigenschaften schon bei therapeutischer
Dosierung gelistet sind – darunter auch viele für dieselbe Indikation (Antidepressiva)
–, gilt Johanniskraut als Musterbeispiel eines phototoxischen Präparats und ist als
solches den meisten Menschen – ob Therapeut, Apotheker oder Patient – im Bewusstsein
[10].
Abb. 3 Johanniskraut (Hypericum perforatum). © JPW Peter/PIXELIO.
Kritikloses Aufgreifen von Meldungen zu unerwünschten Wirkungen
Beispiel Sonnenhut (Echinacea)
Allein im Jahr 2006 konnten mittels Medline-Recherche 49 Beiträge ermittelt werden,
die über Interaktionen von Echinacea mit synthetischen Arzneimitteln berichteten. Bei nur 8 Artikeln handelte es sich
um Primärliteratur, von denen 3 ohne Dosisangaben waren, 1 Artikel ein Kombinationspräparat
von Echinacea mit anderen Arzneipflanzen betraf und auch die restlichen 4 eine Interaktion nicht
hinreichend belegen konnten. Die übrigen 41 Artikel bezogen sich auf erstere oder
stützten sich auf hypothetische Überlegungen. Der Nachweis der für Echinacea angenommenen klinisch relevanten Hemmung oder Induktion von Enzymen des Zytochrom-P450-Typs
steht nach wie vor aus [1].
Verallgemeinerungen
Beispiel Cumarine
Bei einem großen Teil der Bevölkerung sind Vitamin K antagonisierende, chemisch definierte
Cumarinderivate als Antikoagulantia im Dauereinsatz. Aufgrund der Gefährlichkeit dieser
Medikation wird immer wieder vor cumarinhaltigen Pflanzen gewarnt und postuliert,
dass es zur Verstärkung der Blutungsneigung kommen kann. Außerdem stehen Cumarine
im Verdacht, phototoxische Wirkungen zu haben. In der Natur kommen mehr als 3000 Cumarinderivate
mit sehr unterschiedlichen Wirkungen vor. Eine differenzierte Betrachtung ist deshalb
zwingend erforderlich. Blutgerinnungshemmend wirkt Dicumarol, welches in wenigen Pflanzen
überhaupt erst durch Schimmelpilzbefall gebildet wird (Fehler bei der Ernte und falsche
Lagerung!). Dicumarol diente als „Vorlage“ für synthetische Cumarine wie Warfarin
(Coumadin®) und Phenprocoumon (Marcumar®).
Phototoxisch wirken sog. Furanocumarine (z. B. Herkulesstaude). Für andere Cumarinderivate,
z. B. Hydroxycumarine, wie sie etwa in Kamille oder Pelargonium sidoides (Umckaloabo®) vorkommen, konnte eine postulierte Störung der Blutgerinnung und Verstärkung
der Wirkung von Warfarin eindeutig widerlegt werden. Hydroxycumarine wirken auch nicht
phototoxisch [5].
Theoretisch formulierte Risiken
Beispiel Beinwell (Symphytum officinale)
Beinwell enthält Pyrrolizidinalkaloide (PA) mit 1,2-ungesättigtem Necingerüst. Diese
stehen im Verdacht, hepatotoxisch zu wirken und Lebertumoren zu induzieren, was in
Studien an der Ratte mit extrem hohen Pyrrolizidinkonzentrationen belegt werden konnte,
die mit natürlicher Aufnahme nicht vergleichbar sind. Pyrrolizidinalkaloide sind bisher
in rund 350 Derivaten bei ca. 6000 Pflanzen nachgewiesen worden. Nur wenige dieser
Pflanzen spielen toxikologisch eine Rolle (z. B. Jakobskreuzkraut). Durch therapeutischen
Einsatz von Beinwell, der seit Jahrtausenden genutzt wird, ist bisher nie ein Schaden
offenbar geworden. Trotzdem wird der therapeutische Einsatz wegen des theoretisch
möglichen Risikos behördlicherseits massiv eingeschränkt, denn man geht davon aus,
dass die PA in der Leber kumulieren, ein No-Effect-Level somit nicht gegeben ist und
deshalb eine strenge Reglementierung PA-haltiger Pflanzen nötig ist.
Überbewertung von Einzelfällen
Beispiel Arnika (Arnica montana)
Arnika steht im Verdacht, besonders stark allergisierend zu wirken und deshalb häufig
eine Kontaktdermatitis auszulösen ([Abb. 4]). So steht es in einem großen Teil der Fachliteratur der letzten Jahrzehnte. Die
Rote Liste enthält mehr als 60 arnikahaltige Arzneimittel. Hinzu kommen unzählige
arnikahaltige Pflegeprodukte und in Eigenregie hergestellte Arnikazubereitungen. Dies
lässt auf einen millionenfachen Gebrauch von Arnika schließen. In Relation zur Häufigkeit
der Anwendung sind Schadensmeldungen daher selten. Neuere Untersuchungen belegen,
dass die allergisierende Potenz von Arnika eher als gering einzustufen ist. Allergisierungen
können auf nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch, d. h. zu hohe, direkt irritativ wirkende
Konzentrationen von Arnika, zurückzuführen sein. Insbesondere bei geschädigter Haut
steigt hier die Gefahr, weshalb der Einsatz von Arnika auf stumpfe Traumata beschränkt
bleiben sollte ([Kasten 4]).
Abb. 4 Bergwohlverleih (Arnica montana). © Klaus-Uwe Gerhardt/PIXELIO.
Aufgrund der Ergebnisse im Meerschweinchen-Erythemtest wurde Arnika bisher ein starkes
Allergisierungspotenzial nachgesagt. Dies lässt sich in anderen Studien nicht bestätigen.
Kritisch zu hinterfragen ist auch die Vorgehensweise beim Allergietest. Hier wird
mit Adjuvanzien gearbeitet, um die Immunreaktion zu verstärken und zudem auch intradermal
appliziert. Das fördert nach Ansicht von Prof. Irmgard Merfort, Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg, die Sensibilisierung, entspricht aber nicht der natürlichen Sensibilisierungssituation.
Nach ihren Untersuchungen erwies sich Arnika aufgrund zytokinsupprimierender Effekte
sogar als kontaktallergiehemmend [7].
Missbrauch der Pharmakovigilanz
Häufig sind es gerade umsatzstarke Phytotherapeutika, denen schädliche Nebenwirkungen
nachgesagt werden. Selbstverständlich steigt mit zunehmendem therapeutischen Einsatz
die Zahl unerwünschter Ereignisse unter der Anwendung. Sinn der Pharmakovigilanz (=
systematische Überwachung der Sicherheit von Arzneimitteln) ist es, den möglichen
ursächlichen Zusammenhang dieser unerwünschten Ereignisse mit der Verabreichung des
Phytotherapeutikums in jedem Fall kritisch zu prüfen. Leider lassen sich hier viele
Beispiele anführen, dass bei dieser Prüfung die notwendige Sorgfalt fehlt oder gar
die Pharmakovigilanz missbraucht wird, um die Konkurrenz aus der Phytotherapie vom
Markt zu drängen [11].
Irritierend wirkt in diesem Zusammenhang auch die zumindest in der schweizerischen
Überwachungsbehörde Swissmedic vertretene Ansicht, dass es bezüglich pflanzlicher
Arzneimittel sowohl bei Patienten als auch bei Therapeuten ein Underreporting gebe,
d. h., aufgrund der irrigen Annahme, „natürlich“ sei gleichzusetzen mit „sicher“,
würden UAW nicht gemeldet. So sie denn gemeldet würden, stellten sie nur die Spitze
des Eisbergs dar [2].
Wem nützt es? Sicher nicht dem Patienten, ob Mensch oder Tier.
Zum Schluss bleibt festzuhalten, dass Arzneipflanzenzubereitungen Zukunft haben und
angesichts der Probleme in der Pharmakotherapie (z. B. Resistenzentwicklungen, nebenwirkungsreiche
Langzeittherapie chronischer Erkrankungen) und wachsendem Kenntnisstand zur Rückstandsproblematik
und Ökotoxizität von synthetischen Arzneimitteln nicht vorschnell als obsolet abgetan,
diskriminiert und vernachlässigt werden sollten ([Kasten 5]).
Kasten 5: Arzneipflanzenforschung
Im Anschluss an diese Tagung fand der 58. Internationale Kongress der Gesellschaft
für Arzneipflanzen- und Naturstoffforschung an der Freien Universität Berlin statt
(www.ga-online.org). Über 60 Vorträge und fast 700 Poster boten hier einen repräsentativen
Überblick zur aktuellen Entwicklung in der Arzneipflanzenforschung. Den mehr als 900
Teilnehmern aus 70 Ländern wurden neben einer Vielzahl von neuen Erkenntnissen zu
pharmakologischen Effekten von Naturstoffen und ihren Wirkungsmechanismen auch neue
analytische Methoden vorgestellt, die sich zunehmend der modernen Molekularbiologie
bedienen und demonstrieren, dass Arzneipflanzenforschung keinesfalls obsolet ist,
sondern sich auf hohem wissenschaftlichen Niveau bewegt. Erstmalig hatten auf diesem
Kongress auch in der Forschung arbeitende Tierärzte die Chance, klinische Studien
zur Wirksamkeit von Phytotherapeutika für praxisrelevante Indikationen vorzustellen.
Hier ging es um die phytotherapeutische Beeinflussung der Langlebigkeit von Milchkühen,
des Durchfalls bei Absatzferkeln und um eine erfolgreiche Therapie des als schwer
beeinflussbar geltenden equinen Sarkoids.