Rofo 2012; 184(3): 273-276
DOI: 10.1055/s-0031-1274789
DRG-Mitteilungen Radiologie und Recht

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Gesellschaftsrechtliche Beteiligung von Ärzten an Unternehmen von Anbietern gesundheitlicher Leistungen

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17 February 2012 (online)

 
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Verstoß gegen das berufsrechtliche Zuweisungsverbot aus §§ 31, 34 Abs. 1 Berufsordnung?

Anmerkung zum Urteil des Landesberufsgerichts für Heilberufe Münster vom 06.07.2011 – Az.: 6t A 1816/09.T

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Einführung

Die Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen gehört zu den wesentlichen Merkmalen des Arztberufs. Danach darf sich der Arzt bei der Wahl der richtigen Therapie für seine Patienten allein von medizinischen Gesichtspunkten und individuellen Bedürfnissen des Patienten leiten lassen. Eigene wirtschaftliche Interessen dürfen dabei keine Rolle spielen. Dieser Grundsatz hat berufsrechtlich seinen Niederschlag in den §§ 31 und 34 der MusterBerufsordnung der Bundesärztekammer bzw. der gleichlautenden Bestimmungen der Landesärztekammern und seit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz – GKV-VStG – vom 22.12.2011 (BGBl. I, S. 2983) vertragsärztlich in § 73 Abs. 7 i. V. m. § 128 Abs. 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch Kapitel V (SGB V) gefunden. Diesen Vorschriften zufolge dürfen Ärzte sich seit dem 01.01.2012 für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial keine Entgelte oder andere Vorteile versprechen oder gewähren lassen bzw. diese selbst versprechen oder gewähren. Als unzulässige Zuwendungen werden danach auch die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Geräten und Materialien und Durchführung von Schulungsmaßnahmen, die Gestellung von Räumlichkeiten oder Personal oder die Beteiligung an den Kosten hierfür sowie Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern, die Vertragsärzte durch ihr Verordnungs- oder Zuweisungsverhalten selbst maßgeblich beeinflussen.

Vor diesem Hintergrund werden auch gesellschaftsrechtliche Beteiligungen von Ärzten an Unternehmen, die ebenfalls am Gesundheitsmarkt teilnehmen, nicht nur in der einschlägigen Fachliteratur, sondern inzwischen auch zunehmend in der Rechtsprechung kritisch diskutiert. Die steigende Anzahl der Gerichtsverfahren zeigt, wie vielfältig die Beteiligungsmodelle im Bereich des Gesundheitswesens geworden sind mit der Konsequenz, dass auch in Zukunft die Frage der Abgrenzung zwischen zulässigen und unzulässigen ärztlichen Kooperationen immer wieder zu Einzelfallentscheidungen führen wird.

Aktuelles Beispiel ist das hier besprochene Urteil des Landesberufsgerichts für Heilberufe Münster (OVG Münster) vom 06.07.2011 – Az. 6t A 1816/09.T. In seiner Entscheidung musste sich das OVG Münster mit der Frage der Zulässigkeit der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung zweier Ärzte an einem Zytostatika herstellenden Unternehmen beschäftigen und hat diese dann verneint, „wenn nach dem Geschäftsmodell ein spürbarer Einfluss auf den Gewinn des Unternehmens dadurch erzielt wird, dass die Patienten an Apotheker verwiesen werden, die an dem Unternehmen ebenfalls beteiligt sind und bei diesem die Herstellung der Zytostatika in Auftrag geben“ (vgl. Leitsatz des OVG Münster). In seinen Urteilsgründen nimmt das OVG Münster umfassend Bezug auf vorangegangene einschlägige Entscheidungen des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 10.05.2007 – Az.: 2 U 176/06 (vgl. hierzu Wigge, Radiologie & Recht, in RöFo 2008, S. 933 ff.) sowie des Bundesgerichtshofs vom 13.01.2011 – Az.: I ZR 111/08.

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Sachverhalt

Die Beschuldigten des heilberufsgerichtlichen Verfahrens sind 2 niedergelassene und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Fachärzte für innere Medizin, die beide über mehrere Jahre zusammen mit weiteren Ärzten und Apothekern an einer GmbH beteiligt waren, deren Unternehmensgegenstand die Herstellung und der Vertrieb von Arzneimitteln, insbesondere Zytostatika, ist. Hinsichtlich der Gewinnverteilung sieht der Gesellschaftsvertrag dieser GmbH eine teilweise Ausschüttung des im Jahresabschluss ausgewiesenen Reingewinns an die Gesellschafter vor, wobei sich die Höhe der einzelnen Gewinnbeteiligung nach der jeweiligen Geschäftsbeteiligung richtet.

Antragstellerin des Verfahrens ist die Ärztekammer Nordrhein, die vonseiten eines nicht an der GmbH beteiligten Inhabers einer ebenfalls Zytostatika herstellenden Apotheke darauf hingewiesen wurde, die Beschuldigten würden durch ihre Beteiligung an der GmbH gegen §§ 31 und 34 BO verstoßen. Der Aufforderung der Antragstellerin, zu diesem Vorwurf Stellung zu nehmen, traten die Beschuldigten entgegen und beriefen sich auf von ihnen zur Frage der Zulässigkeit der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung in Auftrag gegebene Rechtsgutachten, wonach keine gesetzlichen Bestimmungen der Beteiligung entgegenstünden. Daraufhin teilte auch die Antragstellerin den Beschuldigten zunächst mit, dass die reine gesellschaftsrechtliche Beteiligung grundsätzlich keinen Verstoß gegen das ärztliche Berufsrecht darstelle und dass nach der Aktenlage auch keine konkreten Anhaltspunkte für einen Berufspflichtverstoß ersichtlich seien.

Diese Rechtsauffassung zog die Antragstellerin jedoch ein halbes Jahr später wieder zurück und verwies auf eine nochmalige juristische Prüfung unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung, insbesondere des Urteils des OLG Stuttgart vom 10.05.2007 – Az.: 2 U 176/06, wonach nunmehr die Beteiligung der Beschuldigten an der GmbH doch gegen §§ 31 und 34 BO verstoße und somit die Beschuldigten aufzufordern seien, ihre gesellschaftsrechtliche Beteiligung schnellstmöglich aufzugeben. Nach erfolglosen Einwänden der Beschuldigten kam es zum berufsgerichtlichen Verfahren beim Verwaltungsgericht Köln, welches in seinem Urteil vom 05.06.2007 – Az.: 35 K 563/09 T zu der Feststellung kam, dass objektiv gesehen zwar in der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung der Beschuldigten eine Berufspflichtverletzung liege, die Beschuldigten jedoch kein Verschulden treffe, da diese aufgrund der eingeholten Rechtsgutachten und der zunächst positiven Beurteilung der Beteiligung durch die Antragstellerin einem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterlegen gewesen seien.

Daraufhin legten sowohl die Antragstellerin als auch die Beschuldigten Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des VG Köln ein. Während die Antragstellerin ihre Berufung darauf stützt, sie hätte bereits bei ihrer 1. Beurteilung einen Verstoß gegen die Berufspflichten zweifelslos annehmen können, wenn die Beschuldigten schon zum damaligen Zeitpunkt alle Details über ihre Beteiligung an der GmbH offengelegt hätten, beantragten die Beschuldigten die Feststellung, dass sie nicht nur unter subjektiven, sondern entgegen der Auffassung des VG Köln auch unter objektiven Gesichtspunkten durch ihre gesellschaftsrechtliche Beteiligung keine Berufspflicht verletzt haben.

Das OVG Münster hat die Berufung der Beschuldigten als unzulässig und die Berufung der Antragstellerin als unbegründet zurückgewiesen.

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Kein Rechtsmittel gegen Freispruch nach § 92 Abs. 2 a) HeilBerG NRW

Nach Ansicht des OVG Münster fehle es für die Zulässigkeit der Berufung der Beschuldigten an der zwingenden allgemeinen Voraussetzung einer Beschwer durch die angefochtene Entscheidung. Eine Beschwer der Beschuldigten ergebe sich insbesondere nicht aufgrund dessen, dass das Berufsgericht seine Feststellung, es liege keine Verletzung der Berufspflichten vor, allein mit dem Vorliegen eines Verbotsirrtums begründet habe. Nach § 99 Abs. 1 Heilberufsgesetz NRW (HeilBerG NRW) ist eine Berufung nur dann zulässig, wenn das Gericht festgestellt hat, dass eine Verletzung der Berufspflichten „nicht erwiesen ist“. § 99 Abs. 1 HeilBerG NRW gelte aufgrund seines eindeutigen Wortlauts jedoch nicht im Fall einer Tenorierung nach § 92 Abs. 2 a) HeilBerG NRW, dass eine Verletzung der Berufspflichten „nicht vorliege“. Dieser Unterschied zur Strafprozessordnung, wonach ein Rechtsbehelf gegen einen Freispruch selbst dann ausgeschlossen ist, wenn der Freispruch aus Mangel an Beweisen erfolgt, folge aus der mit dem Berufsgerichtsprozess zugleich angestrebten eventuellen Rehabilitation des Beschuldigten.

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Verstoß gegen § 31 BO

Das OVG Münster hat die erstinstanzliche Entscheidung des VG Köln, dass die gesellschaftsrechtliche Beteiligung der Beschuldigten objektiv gesehen zwar eine Verletzung der ärztlichen Berufspflichten aus §§ 31 und 34 BO darstelle, es jedoch an einer Vorwerfbarkeit dieses Verhaltens fehle, voll umfänglich bestätigt. Sinn und Zweck des vorliegenden Geschäftsmodells sei es, Patienten der Beschuldigten an die ebenfalls an der GmbH beteiligten Apotheken zu verweisen und dadurch ein Entgelt bzw. andere Vorteile zu erhalten. Diesbezüglich weist das OVG Münster auf die Entscheidung des BGH vom 13.01.2011 – Az.: I ZR 111/08 hin, wonach das in § 31 BO enthaltene Zuweisungsverbot nicht nur gelte, wenn ein Arzt seine Patienten an einen anderen Arzt überweise, sondern auch dann Anwendung finde, wenn eine Patientenzuführung an die in § 34 Abs. 5 BO genannten Apotheken, Geschäfte oder Anbieter gesundheitlicher Leistungen erfolge.

Den Ausführungen des OVG Münster zufolge bestehe im vorliegenden Fall kein Zweifel an einer durch die Patientenzuführungen veranlassten finanziellen Vorteilsgewährung an die Beschuldigten, denn Vorteile im Sinne des § 31 BO können auch Gewinne oder sonstige Einnahmen aus einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung sein. Entscheidend sei, ob die Verweisung der Patienten kausal für den dem Arzt zufließenden finanziellen Vorteils ist. Nach dem hier zugrundeliegenden Geschäftsmodell speise sich der Gewinnzufluss an die Gesellschafter aus dem wirtschaftlichen Erfolg der GmbH, den wiederum die Gesellschafter allein durch ihre Handlungsmöglichkeiten beeinflussen können. Die Argumentation, die Apotheken, an welche die Beschuldigten ihre Patienten verwiesen haben und die zugleich auch Gesellschafter der GmbH sind, seien rechtlich nicht verpflichtet, die Zytostatika bei der GmbH zu bestellen, sei nach Ansicht des OVG Münster völlig lebensfremd, da diese Vorgehensweise bei Verinnerlichung des Geschäftsmodells gerade die gesellschaftsrechtliche Konstellation ausmache.

Die Besonderheit des vorliegenden Falles liege in der mittelbaren Koppelung zwischen dem Zuweisungsvolumen der beteiligten Ärzte und ihrem Gewinnanteil, da nicht sie selbst, sondern die beteiligten Apotheken, denen die Patienten zugewiesen wurden, die Zytostatika in eigenverantwortlicher Entscheidung bei der GmbH beziehen. Die wirtschaftliche Verknüpfung zwischen Zuweisungsgrad an die Apotheken und dem eigenen Gewinnanteil sei jedoch deshalb offenkundig, da diese dem Beteiligungsmodell immanent sei und die alleinige wirtschaftliche Rechtfertigung für einen Beitritt zur Gesellschaft darstelle. Dies sei der entscheidende Unterschied zu einer bislang für zulässig angesehenen gesellschaftsrechtlichen Beteiligung eines Arztes an einem großen Pharmaunternehmen und der gezielten Verordnung von Medikamenten gerade dieses Unternehmens, da in diesen Fällen der Arzt allein durch sein Verhalten den Erfolg des Pharmaunternehmens nicht entscheidend beeinflussen könne. Mit dieser Bewertung schließt sich das OVG Münster auch der Entscheidung des OLG Stuttgarts vom 10.05.2007 – Az.: 2 U 176/06 an, welche die Beurteilung einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung eines Arztes an einem Laborunternehmen betraf. In diesem Fall hat das OLG Stuttgart ausgeführt, dass der beitretende Arzt, soll sich die Beteiligung für ihn auszahlen, in seinem ureigenen Interesse handele, wenn er nicht andere gleich oder möglicherweise besserwertige Laborunternehmen, sondern ausschließlich die Gesellschaft mit seinem Untersuchungsauftrag beauftrage, an der er selbst beteiligt sei. Auf diese Weise könne sich der Arzt sicher sein, dass seine intensive Zuweisung, wenn auch nicht 1:1, so doch in jedem Fall zu einer Erhöhung auch seiner Gewinnausschüttung führe. Auch die vorliegende gesellschaftsrechtliche Konstruktion überschreite die Grenze der zulässigen Kapitalbeteiligung und sei somit rechtlich nicht hinnehmbar, da der Arzt durch seine Patientenzuweisungen den Gewinn und damit den Wert seines eigenen Kapitalanteils steuere. Hinzu komme, dass an der Zytostatika herstellenden GmbH ausschließlich Onkologen und Apotheken beteiligt sind bzw. waren. Dies zeige, dass das vorliegende Gesellschaftsmodell nur für diese Arztgruppe und nicht etwa für Allgemeinärzte oder Zahnärzte sinnvoll sei, da nur Onkologen aufgrund der eigenen Möglichkeit einer intensiven Patientenzuweisung einen eigenen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg der GmbH leisten könnten.

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Kein rechtfertigender Grund nach § 34 Abs. 5 BO

Nach Ansicht des OVG Münster sei die vorliegende Verweisung der Beschuldigten an die ebenfalls an der GmbH beteiligten Apotheken auch nicht durch einen hinreichenden Grund im Sinne von § 34 Abs. 5 BO gerechtfertigt. Dies gelte nur, wenn entweder unmittelbar auf dem Gebiet der Medizin liegende Vorteile bestehen oder andere sachliche Gründe wie etwa die Qualität der Versorgung, die Vermeidung von Wegen bei gehbehinderten Patienten oder schlechte Erfahrungen mit anderen Anbietern den Arzt zu Verweisungen an einen bestimmten Leistungserbringer berechtigen würden. Entsprechende Gründe seien jedoch von den Beschuldigten nicht dargelegt worden.

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Berufspflichtverletzung wegen Verbotsirrtum nicht vorwerfbar

Das OVG Münster bestätigt die erstinstanzliche Entscheidung, dass nach den obigen Ausführungen zwar objektiv gesehen eine Berufspflichtverletzung durch die Beschuldigten vorliege, es Ihnen jedoch an der erforderlichen Unrechtseinsicht gefehlt habe, da sie der unzutreffenden Rechtsauffassung anhingen, ihre gesellschaftsrechtliche Beteiligung an der GmbH stehe mit den ärztlichen Berufspflichten im Einklang. Einer Berufspflichtverletzung mache sich in subjektiver Hinsicht nur derjenige schuldig, der vorsätzlich gegen die Berufspflichten verstoße oder die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, diese einzuhalten, außer Acht lässt. Aufgrund der von den Beschuldigten im Vorfeld eingeholten Rechtsgutachten sowie der zunächst positiven Beurteilung der Zulässigkeit der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung seitens der Antragstellerin unterlagen die Beschuldigten einem Verbotsirrtum im Sinne des § 17 Strafgesetzbuch (StGB), sodass ihnen kein vorsätzliches berufswidriges Verhalten vorzuwerfen sei. Zwar habe die Antragstellerin zu einem späteren Zeitpunkt ihre Rechtsauffassung bzgl. der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung korrigiert. Ihr hätte jedoch klar sein müssen, dass sie nicht mit Erfolg ein, wenn auch objektiv berufswidriges, Verhalten für einen zurückliegenden Zeitraum anschuldigen könne, von deren Rechtmäßigkeit sie selbst in ihrem vorausgegangenen Schreiben an die Beschuldigten ausgegangen sei.

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Auswirkungen auf die Radiologie

Das hier besprochene Urteil des OVG Münster vom 06.07.2011 – Az.: 6t A 1816/09.T ist eine Fortsetzung der einschlägigen zivilgerichtlichen Rechtsprechung auf berufsgerichtlicher Ebene. Es zeigt, unter welchen vielfältigen Aspekten die gesellschaftsrechtliche Beteiligung von Ärzten Gegenstand von Gerichtsverfahren werden kann. Insbesondere ist die Entscheidung des OVG Münster ein weiterer Beleg dafür, dass die Zulässigkeit der Teilnahme von Ärzten am öffentlichen Wirtschaftsleben immer strengeren Vorgaben unterliegt. Auch wenn die Zulässigkeit der Gesellschaftsbeteiligung eines Arztes letztendlich immer eine Einzelfallentscheidung bleiben wird, so kommt es nach den dargestellten Entscheidungen des OVG Münster sowie des BGH und des OLG Stuttgart entscheidend darauf an, inwiefern der Arzt durch sein Zuweisungsverhalten selbst Einfluss auf die Erhöhung seiner Kapitalbeteiligung als Gesellschafter nehmen kann.

Die Tatsache, dass die Anzahl der gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen von Ärzten an Unternehmen von Leistungserbringern in den vergangenen Jahren rapide angestiegen ist und zu einer zunehmenden Verschleierung zwischen zulässigem Zuweisungsverhalten und einem Verstoß gegen das berufsrechtliche als auch vertragsärztliche Zuwendungsverbot geführt hat, hat auch den Gesetzgeber dazu bewogen, im Rahmen der Änderungen durch das zum 01.01.2012 in Kraft getretene GKV-Versorgungsstrukturgesetz die berufsrechtliche Regelung des § 31 BO in § 73 Abs. 7 SGB V aufzunehmen. Ferner wurden Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern ausdrücklich als unzulässige Zuwendungen in den Wortlaut des § 128 Abs. 2 SGB V aufgenommen, wenn deren Höhe durch das Verordnungs- oder Zuweisungsverhalten von den Vertragsärztinnen und -ärzten selbst maßgeblich beeinflusst werden kann. So ist § 128 Abs. 2 SGB V durch folgenden Satz 3 ergänzt worden:

„Unzulässige Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind auch die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Geräten und Materialien und Durchführung von Schulungsmaßnahmen, die Gestellung von Räumlichkeiten und Personal oder die Beteiligung an den Kosten hierfür sowie Einkünfte aus Beteiligungen an Unternehmen von Leistungserbringern, die Vertragsärzte durch ihr Verordnungs- und Zuweisungsverhalten selbst maßgeblich beeinflussen.“

Wie der Gesetzgeber in seiner Begründung zum GKV-Versorgungstrukturgesetz ausführt, soll diese Konkretisierung des Gesetzeswortlauts unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung die facettenreichen Umgehungsversuche des Zuwendungsverbots verhindern. Inwiefern dies gelingt, bleibt abzuwarten. So drängt sich bereits die Frage auf, was unter einer „maßgeblichen“ Beeinflussung der Höhe der eigenen Einkünfte aus einer Gesellschaftsbeteiligung zu verstehen ist. Bis zur 1. gerichtlichen Auslegung dieser Voraussetzung scheint es naheliegend, diesbezüglich die bereits erwähnte Rechtsprechung zur Beteiligung an einem börsennotierten Pharmaunternehmen heranzuziehen.

Für das Geschäftsfeld der Radiologen von gesteigertem Interesse wäre eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung an Unternehmen, die Kontrastmittel oder für den radiologischen Bereich erforderliche Geräte herstellen bzw. vertreiben. Nach den obigen Ausführungen der Rechtsprechung und den Änderungen des § 128 Abs. 2 SGB V würde die Zulässigkeit einer solchen Beteiligung insbesondere davon abhängen, ob der Bezug von Kontrastmitteln bzw. Geräten gerade dieses Unternehmens, an welchem der Arzt selbst beteiligt ist, den Umsatz des Unternehmens der Art steigert, dass von einer maßgeblichen Kausalität zwischen dem eigenen Verhalten des Arztes und dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens ausgegangen werden kann. Nach dem neuen Wortlaut des § 128 Abs. 2 SGB V würde es sich zudem auch dann um eine unzulässige Zuwendung und damit um einen Verstoß gegen die vertragsärztlichen Pflichten handeln, wenn ein Radiologe unabhängig von einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung von einem Unternehmen Kontrastmittel bzw. Geräte zu einem verbilligten Preis oder sogar unentgeltlich bezieht. Hinsichtlich des vergünstigten Bezugs von Kontrastmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung ist allerdings zu berücksichtigen, ob die Kosten für Kontrastmittel nach der Sprechstundenbedarfsvereinbarung der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung nach den tatsächlichen Kosten oder im Rahmen von Pauschalvergütungen erstattet werden. Im letzteren Fall entsteht für den Fall des Einkaufs unterhalb der Pauschalvergütung aufseiten der Kassenärztlichen Vereinigung sowie der Krankenkassen kein Schaden, soweit der Radiologe nicht die tatsächlich realisierten Preise in Rechnung stellt und ggf. vom Hersteller bzw. Lieferanten gewährte Rückvergütungen, wie Preisnachlässe, Rabatte, Umsatzbeteiligungen, Bonifikationen und rückvergütungsgleiche Gewinnbeteiligungen, nicht an diese weitergibt. Bei der Abrechnung auf der Grundlage von Pauschalvergütungen dürfen Ärzte etwaige wirtschaftliche Vorteile daher behalten, denn die KV bzw. die Krankenkassen müssen in jedem Fall die Pauschalvergütung an den Radiologen zahlen. Fraglich erscheint demgegenüber die Zulässigkeit der Beteiligung von Radiologen an einem Unternehmen, welches Kontrastmittel herstellt oder vertreibt, da das Verbot nach § 73 Abs. 7 i.V.m. § 128 Abs. 2 Satz 3 SGB V unabhängig davon besteht, welcher Abrechnungsmodus im Einzelfall gilt.

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Fazit

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Entwicklung der Rechtsprechung sowie die neuen gesetzlichen Vorgaben es für Ärzte zwingend erforderlich machen, sich vor jeder Beteiligung als Gesellschafter an einem am Gesundheitsmarkt teilnehmendes Unternehmen umfassenden und insbesondere fachkundigen Rechtsrat einzuholen, um nicht gegen einschlägige Berufsverbote sowie vertragsärztliche Pflichten zu verstoßen und damit vergütungs- oder statusrelevante Konsequenzen tragen zu müssen.

Dr. Ulrike Tonner
Rechtsanwältin

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