Rofo 2012; 184(4): 299
DOI: 10.1055/s-0031-1274803
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Schädel-Hirn-Trauma – Tranexamsäure ohne wesentlichen Einfluss auf intrakranielle Blutungen

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Publication Date:
22 March 2012 (online)

Tranexamsäure kann bei chirurgischen Patienten das Risiko eines Blutverlustes und bei traumatischen Blutungen das Mortalitätsrisiko senken und könnte daher auch in anderen Situationen mit lebensbedrohlichen Blutungen hilfreich sein. Eine internationale Arbeitsgruppe unter Leitung von P. Perel hat den Einfluss des Medikaments bei traumatischen Hirnverletzungen untersucht.

BMJ 2011; 343: d3795

An der Studie teilnehmen konnten Traumapatienten, die eine klinisch relevante Blutung oder ein erhöhtes Risiko für eine solche Blutung hatten und deren Trauma nicht mehr als 8 h zurücklag. Außerdem mussten sie eine traumatische Hirnverletzung aufweisen. Diese Patienten wurden randomisiert auf 2 Gruppen verteilt und erhielten in einem doppelblinden Design entweder eine Ladedosis von 1 g Tranexamsäure i. v. über 10 min, gefolgt von 1 g i. v. über 8 h, oder ein Placebopräparat. Jeder Teilnehmer unterzog sich vor der Randomisierung einem Schädel-CT, eine Kontrolluntersuchung fand nach 24–48 h statt. Primärer Endpunkt war die Volumenzunahme einer eventuellen intrakraniellen Blutung zwischen beiden CT.

Insgesamt beteiligten sich 270 Patienten an der Studie, davon 133 in der Tranexamsäure- und 137 in der Placebogruppe. Von 256 Teilnehmern (95%) lag ein Eingangs-CT vor. Insgesamt 211 Patienten (82%) zeigten irgendeine Form einer intrakraniellen Blutung, beispielsweise ein intraparenchymales Hämatom, eine hämorrhagische Kontusion, ein Subdural- oder ein Epiduralhämatom. Das durchschnittliche initiale Volumen der Blutungen betrug 16,8 ml in der Tranexamsäure- und 19,8 ml in der Placebogruppe. Von den 251 Patienten, von denen ein Eingangs-CT vorlag und die nach 24 h noch lebten, war bei 249 (99%) ein Verlaufs-CT verfügbar. Die mittlere Volumenzunahme der Blutungen lag unter Tranexamsäure bei 5,9 ml, unter Placebo bei 8,1 ml; der Unterschied verfehlte jedoch die statistische Signifikanz (p = 0,33). Eine statistisch signifikante Zunahme der Blutung fand sich bei 36% der Patienten unter Tranexamsäure und 44% unter Placebo, neue hämorrhagische Läsionen bei 11 bzw. 16% der Patienten. 11 bzw. 18% der Teilnehmer der Tranexamsäure- bzw. Placebogruppe starben (alle Unterschiede nicht signifikant).

Fazit

Die Studienergebnisse zeigen weder Vor- noch Nachteile durch die Gabe von Tranexamsäure bei Patienten mit traumatischer Hirnverletzung. Jedoch liefere die Arbeit Gründe für weitere klinische Studien, um die Wirkung des Medikaments bei diesen Patienten zu untersuchen, so die Autoren.

Dr. Johannes Weiß, Bad Kissingen

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