Rofo 2012; 184(5): 477-480
DOI: 10.1055/s-0031-1274842
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Zulassungsrechtliche Änderungen für Radiologen durch das GKV-Versorgungsstrukturgesetz

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Publication Date:
10 May 2012 (online)

Table of Contents #

Einführung

Zum 01.01.2012 ist das GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) in Kraft getreten (vgl. BGBl. I, S. 2983). Ziel dieses Gesetzes ist die Sicherstellung einer flächendeckenden, bedarfsgerechten und wohnortnahen medizinischen Versorgung der Bevölkerung. Dazu sind insbesondere wesentliche Änderungen im Bereich der Bedarfsplanung sowie des vertragsärztlichen Zulassungswesens, die Neuregelung einer ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung, die Flexibilisierung und Re-gionalisierung der vertragsärztlichen Vergütung und die Verbesserung der innovativen Behandlungsmethoden vorgesehen. Dieser Beitrag beschränkt sich auf die wesentlichen Aspekte der Neustrukturierung des Nachbesetzungsverfahrens für Vertragsarztsitze und den damit verbundenen neuen Möglichkeiten der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), entsprechend der jeweiligen regionalen Versorgungssituation flexibel entweder einer vertragsärztlichen Über- oder einer Unterversorgung entgegenzuwirken.

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Ablehnungsrecht der KVen, § 103 Abs. 3a SGB V

Zu Zwecken des beabsichtigten Abbaus der vertragsärztlichen Überversorgung sah der Entwurf des GKV-VStG zunächst die Einräumung eines Vorkaufsrechts zugunsten der KVen in der Form vor, dass die KVen im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens berechtigt sein sollten, durch Aufkauf des ausgeschriebenen Vertragsarztsitzes die Überversorgung in gesperrten Planungsbereichen abzubauen. Dieses Vorkaufsrecht ist in der Schlussphase der Beratungen entfallen und durch ein Ablehnungsrecht der KVen ersetzt worden. So steht nunmehr nach den Änderungen durch das GKV-VStG dem Zulassungsausschuss gem. § 103 Abs. 3a SGB V das Recht zu, den Antrag eines Vertragsarztes zur Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens abzulehnen, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Dieses Ablehnungsrecht gilt jedoch nicht, wenn die Praxis von dem Ehegatten, Lebenspartner, Kind oder von einem angestellten Arzt des bisherigen Vertragsarztes fortgeführt werden soll bzw. die Praxis durch einen Vertragsarzt weitergeführt werden soll, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde.

Als Ausgleich für die Möglichkeit der Ablehnung der Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens sieht die Neufassung des § 103 Abs. 3a SGB V eine Entschädigungspflicht der KVen vor, wonach diese im Fall der Ausübung ihres Ablehnungsrechts verpflichtet sind, dem Vertragsarzt bzw. seinen zur Verfügung über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis zu zahlen. Dies birgt für den ausscheidenden Vertragsarzt das Risiko, für seinen Vertragsarztsitz einen geringeren Betrag zu erhalten, wie wenn er bei normalem Verlauf des Nachbesetzungsverfahrens mit einem Nachfolger einen Kaufvertrag über einen höheren Preis als den Verkehrswert abgeschlossen hätte. Zudem drängt sich die Frage auf, aus welchen Mitteln die KVen die Entschädigung zahlen sollen. So dürfen sie nämlich den auf diese Weise entfallenen Vertragsarztsitz weder selbst fortführen, noch die Zulassung einem anderen Arzt zukommen lassen, da diese Neuregelung dem Abbau der Überversorgung dienen soll. Es wird den KVen nichts anderes übrig bleiben, als die benötigten Geldmittel der vertragsärztlichen Gesamtvergütung und damit der Patientenversorgung zu entziehen, was wiederum politisch nicht gewollt sein kann. Es bleibt somit abzuwarten, ob die KVen von ihrem ab dem 01.01.2013 (vgl. § 15 Abs. 6 GKV-VStG) neu eingeräumten Ablehnungsrecht in der Praxis tatsächlich Gebrauch machen werden.

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Beschränkung von Zulassungsverzicht und Anstellung, § 103 Abs. 4a und 4b SGB V

Die bisherige Regelung des § 103 Abs. 4a SGB V gewährte einem Vertragsarzt in einem für Neuzulassungen gesperrten Planungsbereich die Möglichkeit, auf seine Zulassung zu verzichten, um in einem MVZ als angestellter Arzt tätig zu werden. Der Wechsel in das MVZ führte automatisch zu einer Verlegung des bisherigen Sitzes. Diese Form des Zulassungsverzichts führte insbesondere in ländlichen Regionen zu Versorgungsdefiziten. Mit der durch das GKV-VStG erfolgten Änderung des § 103 Abs. 4a S. 1 SGB V wird der Zulassungsausschuss nunmehr ermächtigt, den Wechsel eines Vertragsarztes in ein MVZ zu versagen, wenn hierdurch die bedarfsgerechte Versorgung am bisherigen Sitz beeinträchtigt wird.

Für die gleichbedeutende Regelung eines Zulassungsverzichts zugunsten einer Anstellung bei einem anderen Vertragsarzt sieht die Neufassung des § 103 Abs. 4b SGB V eine entsprechende Einschränkung vor.

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Nachbesetzungsverfahren bei MVZ, § 103 Abs. 4c SGB V

Die gesetzliche Regelung des sog. Nachbesetzungsverfahrens war bisher ausdrücklich in § 103 Abs. 4 SGB V nur zugunsten niedergelassener Ärzte geregelt. Die Neuregelung des § 103 Abs. 4c SGB V sieht vor, dass bei Tod, Verzicht oder Entziehung die Praxis auch in der Form weitergeführt werden kann, dass ein MVZ den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt. Allerdings gilt, dass bei der Auswahl des Praxisnachfolgers ein MVZ, bei dem die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte nicht bei den Ärzten liegt, die in dem MVZ als Vertragsärzte tätig sind, gegenüber übrigen Bewerbern nachrangig zu berücksichtigen ist. Dieser Nachrang gilt jedoch nicht für diejenigen MVZ, die bereits vor Inkrafttreten des GKV-VStG – also am 31.12.2011 – zugelassen waren und bei denen die Mehrheit der Geschäftsanteile und Stimmrechte bereits zu diesem Zeitpunkt nicht bei den dort tätigen Vertragsärzten lag.

Zukünftig ist demnach auf die gesellschaftsrechtliche Zusammensetzung eines MVZ zu achten, da MVZ, die sich nicht dadurch auszeichnen, dass die Mehrheit der Geschäftsanteile und der Stimmrechte bei Ärzten liegt, im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens gegenüber Ärzten und anderen MVZ deutlich benachteiligt werden und daher geringere Chancen haben, sich zu vergrößern.

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Aufkauf der vertragsärztlichen Zulassung durch KV, § 105 Abs. 3 S. 2 SGB V

Ein weiteres Instrument, welches das GKV-VStG zum Abbau der Überversorgung in gesperrten Planungsbereichen vorsieht, ist der Aufkauf einer Arztpraxis durch die KV nach vorherigem Verzicht des Praxisabgebers auf eine Ausschreibung zur Nachbesetzung. Voraussetzung dafür ist nach der entsprechenden Neuregelung in § 105 Abs. 3 S. 2 SGB V der freiwillige Verzicht des seine Zulassung abgebenden Vertragsarztes auf die Durchführung des Ausschreibungsverfahrens zur Nachbesetzung. Über die Höhe des von der KV zu zahlenden Kaufpreises enthält die gesetzliche Regelung keine Angaben. Es ist davon auszugehen, dass vergleichsweise zur bereits genannten Neuregelung in § 103 Abs. 3a SGB V sich der Kaufpreis nach der Höhe des Verkehrswertes der Praxis richten wird. Dies birgt für den abgebenden Vertragsarzt das Risiko, durch den Aufkauf seiner Praxis seitens der KV einen vergleichsweisen niedrigeren Kaufpreis zu realisieren. Auf der anderen Seite bietet es jedoch im Fall der erheblichen Schwierigkeiten, überhaupt einen Nachfolger zu finden, die Chance für den abgebenden Vertragsarzt, zumindest einen gewissen Betrag für den Vertragsarztsitz zu bekommen. Dies kann für manchen Vertragsarzt hinsichtlich der Kalkulation der eigenen Altersversorgung von entscheidender Bedeutung sein.

Jedoch drängt sich auch hier wiederum die Frage auf, inwieweit die KVen von dieser Regelung tatsächlich Gebrauch machen werden, da auch in diesen Fällen vergleichsweise zu den obigen Ausführungen zu § 103 Abs. 3a SGB V der Kaufpreis allein aus den eigenen Mitteln der KVen finanziert werden müsste.

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Befristung von Arztzulassungen, § 98 Abs. 2 Nr. 12 SGB V

Ferner wurde im Zuge des GKV-VStG durch die Neuregelung des § 98 Abs. 2 Nr. 12 SGB V sowie der damit einhergehenden Änderungen des § 19 Abs. 4 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) erstmals die Möglichkeit geschaffen, vertragsärztliche Zulassungen zu befristen. Auch diese Regelung dient dem Zweck, perspektivisch eine Überversorgung abzubauen. Allerdings ist die Befristung einer Zulassung dem Wortlaut des § 19 Abs. 4 Ärzte-ZV zufolge nur für einen Planungsbereich ohne Zulassungsbeschränkungen mit einem allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad ab 100% vorgesehen.

Der entscheidende Punkt einer Befristung der ärztlichen Zulassung liegt darin, dass mit Ablauf des Befristungszeitraums auch die Zulassung endet, es somit zu keinem Nachbesetzungsverfahren nach § 103 Abs. 4 SGB V kommt. Konsequenz dessen ist jedoch, dass in diesen Fällen der Ver-tragsarzt keine Möglichkeit hat, seinen Praxissitz am Ende des Befristungszeitraums durch Verkauf an einen Nachfolger zu verwerten. Es bliebe ihm lediglich die Möglichkeit des Verkaufs des Praxisinventars. Im Fall einer Zulassungsbefristung und damit einer zeitlichen Einschränkung der vertragsärztlichen Tätigkeit bestünde somit ein generell höheres Finanzierungsrisiko für den Vertragsarzt. Allerdings sollen bei der Festlegung des Befristungszeitraums durch den Zulassungsausschuss nicht nur die Versorgungsbedürfnisse, sondern auch die Interessen des Vertragsarztes Berücksichtigung finden, dem es trotz Befristung möglich sein müsse, die mit der Praxisgründung typischerweise verbundenen Investitionskosten während der Dauer der Zulassung zu refinanzieren (vgl. BT-Dr. 17/6906, S. 104). Ferner steht es dem Vertragsarzt frei, nach Ablauf der Befristung eine neue Zulassung zu beantragen. Inwiefern sich die Befristung von Arztzulassungen als Mittel zum Abbau der vertragsärztlichen Überversorgung in der Praxis bewähren wird, bleibt abzuwarten.

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Rückumwandlung einer Angestelltenzulassung, § 95 Abs. 9b SGB V

Während die alte Gesetzeslage bislang keine Möglichkeit vorsah, eine durch einen Verzicht in eine Anstellung umgewandelte Zulassung später wieder in eine Zulassung zurück zu wandeln, wird dies nunmehr durch die Neuregelung in § 95 Abs. 9b SGB V zugelassen, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen oder halben Versorgungsauftrag entspricht. Nach der Gesetzesbegründung wurde diese Neuregelung aufgenommen, da es unter bedarfsplanerischen Aspekten keinen Unterschied mache, ob ein an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmender Arzt als angestellter Arzt oder als niedergelassener Vertragsarzt tätig ist (vgl. BT-Dr. 17/6906, S. 71). Gem. § 103 Abs. 4a S. 2 SGB V, welcher die Anstellungen von Ärzten im MVZ regelt und im Rahmen dessen auf § 95 Abs. 9b SGB V verweist, gilt die Möglichkeit der Rückumwandlung von Arztstellen in Zulassungen auch für ein MVZ entsprechend.

Voraussetzung ist, dass nur der anstellende Arzt bzw. das anstellende MVZ und nicht der angestellte Arzt selbst den Antrag auf Rückumwandlung der Angestelltenzulassung stellen kann. Die bisherige Arztstelle würde dann gem. § 103 Abs. 4 SGB V ausgeschrieben werden mit der Konsequenz, dass sich jeder Arzt bzw. jedes MVZ nach den geltenden Vorgaben des Nachbesetzungsverfahrens auf diesen Sitz bewerben kann. Beantragt hingegen der anstellende Vertragsarzt bzw. das MVZ nicht gleichzeitig die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens, so wird der bisher auf der Arztstelle angestellte Arzt Inhaber der Zulassung. Wollen der bisherige Arbeitgeber und der bisher angestellte Arzt nach erfolgter Rückumwandlung keine Berufsausübungsgemeinschaft gründen, sondern getrennte Wege gehen, so stellt sich die Frage, ob der angestellte Arzt seinen zurückgewonnenen Vertragsarztsitz sofort mit der Umwandlung verlegen darf. Dies wird wohl aufgrund der Tatsache, dass in diesen Fälle gerade kein Nachbesetzungsverfahren durchgeführt wird, welches grundsätzlich gem. § 103 Abs. 4 S. 1 SGB V zunächst eine Fortführung der Praxis vorschreibt, zu bejahen sein. Unter diesen Gesichtspunkten wird der Neuregelung der Rückumwandlung einer Arztstelle in eine eigenständige Vertragsarztzulassung zukünftig erhebliche Bedeutung zukommen, da dies beispielsweise einem MVZ, welches sich in der Insolvenz befindet, die Möglichkeit eröffnet, für seine angestellten Ärzte einen Antrag auf Rückumwandlung der Arztstellen in Zulassungen zu stellen und somit die Zulassungen aus dem insolventen MVZ herauszulösen.

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Gründungsvoraussetzungen für MVZ, § 95 Abs. 1a SGB V

Neben den bereits genannten Änderungen hat das GKV-VStG zudem zu einer Neufassung der Gründungsvoraussetzungen für MVZ geführt. So wird durch die Neuregelung in § 95 Abs. 1a SGB V der Kreis der zugelassenen Gründer ausschließlich auf zugelassene Ärzte, zugelassene Krankenhäuser, Erbringer nicht ärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Abs. 3 SGB V sowie gemeinnützige Träger, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, eingeschränkt. Sonstige Leistungserbringer sind zukünftig von der Gründungsberechtigung ausgeschlossen. Ferner sind nunmehr als zulässige Rechtsformen für ein MVZ nur noch die Rechtsform einer Personengesellschaft, einer eingetragenen Genossenschaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zugelassen. Hintergrund dieser gesetzlichen Beschränkung der Gründungsvoraussetzungen für ein MVZ ist die Zunahme der Gründung von MVZ durch kapitalintensive Investoren, die keinen fachlichen Bezug zur medizinischen Versorgung haben, sondern allein Kapitalinteressen verfolgen (vgl. BT-Dr. 17/6906, S. 70). Darin sah der Gesetzgeber die Gefahr, dass medizinische Entscheidungen von Kapitalinteressen beeinflusst werden. Hinsichtlich der zulässigen Rechtsform soll dies insbesondere durch den Ausschluss von Aktiengesellschaften als zulässige Rechtsform verhindert werden. Inwieweit dieser Zweck der erfolgten Gesetzesänderungen tatsächlich eintreten wird, ist aufgrund der vielfältigen gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten zweifelhaft. So würde es beispielsweise allein genügen, als Investor Krankenhäuser zu betreiben, die wiederum zur Gründung von MVZ berechtigt wären.

Für bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung in § 95 Abs. 1a SGB V zugelassene MVZ, die nicht den neuen Gründungsanforderungen entsprechen, gilt ein umfassender Bestandsschutz. Allerdings müssen alle bereits zugelassenen MVZ gem. § 95 Abs. 1a S. 4 SGB V innerhalb einer Frist von 6 Monaten den Nachweis erbringen, dass der ärztliche Leiter entsprechend einer weiteren Neuregelung in § 95 Abs. 1 S. 3 SGB V in dem MVZ selbst als angestellter Arzt oder Vertragsarzt tätig ist und in medizinischen Fragen weisungsfrei ist. Wird dieser Nachweis nicht erbracht, so droht die Entziehung der Zulassung.

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Zweigpraxen

Zudem hat der Gesetzgeber im Rahmen des GKV-VStG die Chance genutzt, die Regelungen in der Ärzte-ZV zur Zulässigkeit von Zweigpraxen zu präzisieren. So soll durch die Neufassung des Wortlautes des § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV klargestellt werden, dass die beiden Voraussetzungen für eine Genehmigung einer Zweigpraxis, nämlich die Versorgungsverbesserung am neuen Tätigkeitsort und die Gewährleistung der Versorgungspräsenz am Vertragsarztsitz, in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Die Zulassungsausschüsse sollen im Rahmen ihrer Genehmigungsentscheidung künftig die Versorgungssituation an beiden Tätigkeitsorten berück-sichtigen. So soll eine Beeinträchtigung der vertragsärztlichen Versorgung am Vertragsarztsitz als unbeachtlich gelten, wenn diese durch die Verbesserung der Versorgung am Ort der Zweigpraxis aufgewogen wird. Dadurch soll die nötige Flexibilität gegeben sein, Zweigpraxen insbesondere dort zu genehmigen, wo dies zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung sinnvoll ist (vgl. BT-Dr. 17/6906, S. 105). Besonders hinzuweisen ist auf die Neuregelung in § 24 Abs. 3 S. 2 Ärzte-ZV, wonach am Ort der Zweigpraxis nicht zwingend die gleichen Leistungen angeboten werden bzw. die gleichen Fachgebiete vertreten sein müssen.

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Residenzpflicht

Schließlich ist mit den Änderungen durch das GKV-VStG nunmehr die Residenzpflicht für den Vertragsarzt an seinem Vertragsarztsitz insgesamt, also auch für nicht unterversorgte Gebiete, aufgehoben worden. Allerdings impliziert die Aufhebung der Residenzpflicht nicht gleichzeitig eine Befreiung des Vertragsarztes von der Teilnahme am organisierten Notdienst. Die für den Vertragsarzt maßgeblichen Regelungen des organisierten Notdienstes gelten ungeändert fort, um nicht die Notfallversorgung zu gefährden (vgl. BT-Dr. 17/6906, S. 105).

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Fazit

Das GKV-VStG bietet nicht nur unter zulassungsrechtlichen Aspekten, sondern insgesamt, sowohl aus Sicht der Leistungsbringer als auch aus Sicht der Patienten insbesondere für die Versorgungssituation in ländlichen Regionen, viele ernst zu nehmende Verbesserungschancen. Mit Blick auf die Änderungen des Zulassungsrechts sind andererseits damit aber auch nicht zu vernachlässigende Einschränkungen, wie beispielsweise die Möglichkeit der Befristung einer vertragsärztlichen Zulassung, die Ablehnung des Nachbesetzungsverfahrens durch die KV sowie die Beschränkung der Gründungsvoraussetzungen eines MVZ, verbunden. Festzuhalten ist, dass mit dem Inkrafttreten des GKV-VStG die Reform der vertragsärztlichen Versorgung noch kein En-de gefunden hat. So liegt es nunmehr nicht nur in der Hand des Gemeinsamen Bundesausschusses, bis Ende 2012 neue Richtlinien für die Bedarfsplanung zu erarbeiten. Es bleibt auch abzuwarten, inwiefern die KVen sowie die Zulassungsausschüsse von ihren in diesem Beitrag vorgestellten neuen Flexibilisierungsinstrumenten in der alltäglichen Praxis tatsächlich Gebrauch machen werden. So wird sich erst in den kommenden Jahren herausstellen, ob die Neuregelungen durch das GKV-VStG der bereits vor Inkrafttreten erhobenen Kritik Stand halten und die beabsichtigten Erfolge für eine Verbesserung der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung einbringen werden.

Dr. Ulrike Tonner

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