Die Frühjahrstagung der Bundesdirektorenkonferenz fand in Ingolstadt zum Thema "Personalressourcen für Krankenhauspsychiatrie – wie sichern wir die Zukunft?" statt. Die Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie stehen vor der Herausforderung
bei Ärztemangel und sich abzeichnendem Mangel an Fachkräften in der Pflege durch Delegation
und Substitution ihre Prozesse so zu organisieren, dass die Qualität in Diagnostik
und Therapie erhalten bleibt. Der Vortragsnachmittag der Tagung sollte einige Aspekte
der Frage "Wie lässt sich dies in psychiatrischen Kliniken umsetzen?" aufzeigen.
Frau Dr. Marion Rath, Rechtsanwältin, ging auf die rechtlichen Bedingungen von Delegation und Substitution
ärztlicher Leistungen in der Psychiatrie ein, speziell unter dem Aspekt, welches die
Aufgaben des Arztes sind, die er höchstpersönlich erbringen muss und welche Einschränkungen
es bei der Delegation gibt. Gerhard Oppermann, Pflegedirektor in Augsburg und Vorstandmitglied
der BFLK und des Deutschen Pflegerates, veranschaulichte in seinem Vortrag Aufgaben
und Kompetenzen psychiatrisch Pflegender. Wegweisende Modelle zur Weiterentwicklung
der Pflege im Krankenhaus zeichnen sich durch Übernahme des Therapiemanagements aus.
Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, kritisierte, dass die leitliniengerechte
Behandlung bezüglich Psychotherapie in den Krankenhäusern nur teilweise realisiert
wird und das wenig Transparenz über das Leistungsgeschehen vorliegt. Psychologische
Psychotherapeuten seien umfänglich ausgebildet, um ein erweitertes Aufgabenspektrum
und größere Verantwortung zu übernehmen. Prof. Dr. Peter Falkai, Präsident der DGPPN, stellte umfassend und mitreißend die biopsychosozialen Kompetenzen
des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie dar. In Zukunft müsse die Weiterbildung
in Psychotherapie verstärkt werden, sowohl in Bezug auf die Richtlinienpsychotherapie
als auch für die störungsspezifischen Psychotherapieverfahren. Die Verantwortung und
die Organisation des Diagnostik- und Therapieprozesses ist Aufgabe der Ärzte, die
kompetent in horizontaler und vertikaler Vernetzung sind. Die DGPPN engagiert sich
bei der Werbung von Studenten für das Fach Psychiatrie, unterstützt durch Facharztintensivkurse,
das Interesse der jungen Kollegen, sich für das Fach Psychiatrie zu entscheiden, umso
dem Ärztemangel entgegenzuwirken und eine stetige Verbesserung der Kompetenzen zu
fördern. (Alle Vorträge sind auf der Website der BDK eingestellt.)
In der nachfolgenden Diskussion wurde betont, dass berufständisches Denken und Abgrenzen
aufgegeben werden muss, der ärztliche Alltag von nicht ärztlichen Aufgaben entrümpelt,
die Bürokratie reduziert. Die Tätigkeitsprofile der einzelnen Berufsgruppen sollten
geschärft und eindeutige Verantwortung festgelegt werden. Nur so kann koordiniert
in multiprofessionellen Teams der Diagnostik- und Therapieprozess optimiert werden,
um bei allen Veränderungen im klinischen Alltag eine gute Patientenversorgung zu sichern.
Der zweite Teil der Tagung war dominiert durch die Diskussion über die Entwicklung des neuen Entgeltsystems. Anfang Januar hat das BMG 16 Verbände um Stellungnahmen zur Ausgestaltung der rechtlichen
Rahmenbedingungen zur Einführung eines Entgeltsystems aufgefordert. Die BDK hat, obgleich
nicht angefragt, gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Krankenpflegekräfte und der
Fachgruppe Psychiatrie der Krankenhausdirektoren eine entsprechende Stellungnahme
angegeben. Als Grundlage diente das Posi.tionspapier der BDK sowie eine aktuelle Stellungnahme
der AG Entgelt der BDK gemeinsam mit dem Vorstand (siehe Website der BDK). An dieser
Stelle seien beispielhaft einige Kritikpunkte genannt: Modifikation und Neuentwicklung
der psychiatrischen OPS, Problematik der sog. "Residualgrößen", überhastete Entwicklung
ohne ausreichende Transparenz und Einbezug der Experten.
Der Prüfauftrag zur Einbeziehung der PIA soll erst dann in Angriff genommen werden,
wenn eine solide, empirisch fundierte, bundeseinheitliche Dokumentation geschaffen
ist. Alternativen zum Krankenhausbudget wie das regionale oder das personenzentrierte
Budget stellen für bestimmte Patienten oder Regionen interessante Sondermodelle dar,
die im Rahmen von Modellversuchen weitergetestet werden sollten. Diese Alternativen
sind auf absehbare Zeit aber weder generell noch überwiegend geeignet, das Krankenhausbudget
zu ersetzen.
Mit Prof. Dr. Kunze wurde eine ausführliche Diskussion über das Positionspapier geführt, das die APK
und die ACKPA gemeinsam mit dem Bundesverband der AOK und einigen Kassen des VdEK
erstellt und an die politischen Entscheidungsträger distribuieren will.
Der AOK-Bundesverband definiert sektor.übergreifend nicht innerhalb des Krankenhauses
wie es die AOK tut, sondern unter Einbezug des Vertragsarztsystems einschließlich
der ambulanten psychologischen Psychotherapeuten. Ziel des AOK-Bundesverbandes ist
es, bis 1.1.2013 ein Krankenhausgesamtbudget zu schaffen und zeitlich parallel aus
dem KV-System die Finanzierung für die ambulante Versorgung psychisch Kranker herauszulösen,
um dann im nächsten Schritt ein Gesamtbudget für eine Region zusammenzufassen, aus
dem die Leistungen und deren Finanzierung sowohl für die Krankenhausbehandlung als
auch die ambulante Behandlung aufgeteilt wird. Ziel der Initiative der AOK ist ausdrücklich
weniger Betten und stationäre wie teilstationäre Belegungstage, um den steigenden
Kosten entgegenzuwirken. Risiken und Nebenwirkungen dieser gravierenden Strukturveränderung
mit dem Hauptziel der Kosteneindämmung werden ausführlich diskutiert. Dabei bleiben
viele Fragen unbeantwortet. Die BDK hält derartige Initiativen zum jetzigen Zeitpunkt
für verfrüht und wird diese Initiative nicht mittragen. Eine ausreichende Datenbasis
sowohl aus der Probekalkulation des InEK als auch Transparenz der Patientendaten der
Krankenkassen sollte neben der ökonomischen Prüfung der Risiken von Tagespauschalen
und Modellen wie das Regionalbudget und das personenzentrierte Budget die Grundlage
für die weitere Entwicklung sein. Der Vorstand der BDK und die AG Entgelt wird sich
weiterhin intensiv mit der Thematik auseinandersetzen und die Diskussion mit den anderen
Gruppierungen intensivieren.
Der zweite Teil der Tagung war durch die interessanten Berichte der Leiter der Arbeitsgruppen
sowie durch die Länderberichte geprägt. Neben intensiver Arbeit freuten sich die über
100 Teilnehmer über viele persönliche Begegnungen und den freundschaftlich-kollegialen
Austausch.
Dr. Iris Hauth, Vorsitzende der BDK
Nächste Tagung 20.–21.10.2011 in Brandenburg.