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DOI: 10.1055/s-0031-1283071
Diabetes mellitus – Tipps für Reisende
Publication History
Publication Date:
28 June 2011 (online)
- Reisefähigkeit
- Risikoabwägung
- Spezielle Versorgung
- Besondere Umwelteinflüsse
- Besondere Aktivitäten
- Rückkehrer


Das Centrum für Reisemedizin (CRM) hat praktische Tipps und Hinweise für die Beratung von Menschen mit Diabetes, die auf Reisen gehen möchten, zusammengefasst.
Reisefähigkeit
Generell
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Gegeben unter der Voraussetzung einer stabilen (im Zweifel besser hochnormalen) Blutzuckereinstellung, guter Selbstmanagementfähigkeiten und aktueller Untersuchung auf das Vorliegen von Folgeerkrankungen entsprechend den jeweiligen Leitlinien.
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Reisekrankenversicherung/-rückholversicherung?
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Risikoabwägung
Reiseanalyse
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Infrastruktur unterwegs?
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Infektionsrisiken absehbar? Vermeidbar?
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Jetlag-Problematik relevant? Verkürzung des Tages und damit des Insulinbedarfs auf Ostflügen!
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Zugang zu bekannten, einschätzbaren Lebensmitteln?
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Aktivitätsniveau unterwegs? Erfahrungen damit, mit den Auswirkungen auf die Stoffwechsellage und ggf. den Insulinbedarf?
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Ungünstige Verstärkung von Belastungen und Folgeschäden (etwa Trekking bei diabetischem Fußsyndrom) absehbar?
Krankheitsbild
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Aktueller Überblick über die Güte der Stoffwechseleinstellung sollte vorliegen, einschließlich Informationen über Folgeschäden (Nierenfunktion, Koronarien, Augenhintergrund, Polyneuropathie, Füße).
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Krankheitsverständnis ist gerade in besonderen Situationen unterwegs (Gastroenteritis, fieberhafte Erkrankungen, Fehleinschätzung des Kohlenhydratanteils, ungeplanter Tagesablauf, ungewohnte körperliche Belastung, Alkoholkonsum) essenziell. Ggf. Nachschulung!
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Änderungen der Einstellung nach Möglichkeit nicht kurz vor der Reise vornehmen.
Medizinische Versorgung
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Ärztlicher Kurzbrief über Diagnose und aktuelle Therapie in Englisch (oder Französisch) mitgeben, darin Generika und Dosierung angeben.
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Bei Insulinmedikation Bescheinigung über das Mitführen von Injektionsmaterial ausstellen.
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Stationäre Behandlung mit Labor einschl. Blutgasanalyse und funktionierender Medikamentenversorgung sollte zur Versorgung bei schweren Stoffwechselentgleisungen verfügbar sein.
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Rückholung bei schweren Stoffwechselentgleisungen, wenn lokale Behandlungskompetenz fehlt, bei Weichteilinfektionen und akuten kardiovaskulären Ereignissen je nach lokaler Versorgung zu empfehlen.
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Spezielle Versorgung
Untersuchungen
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Untersuchung auf Einstellungsqualität oder Folgeerkrankungen fällig (Retina, pAVK, Proteinurie, autonome und periphere Neuropathie, KHK)?
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Nachschulung von Patient und Begleitperson sinnvoll?
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Internationaler Diabetiker-Ausweis?
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Zollbescheinigung für Spritzen und Kanülen?
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Dokumentation und Serviceadressen im Zielland für eine evtl. Insulinpumpe mitnehmen!
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2–3-fachen voraussichtlichen Bedarf an Medikamenten und Testmaterial mitnehmen.
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Risikostreuung zwischen Hand- und Reisegepäck.
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Evtl. Privatrezept zur Ersatzbeschaffung verlorener Medikamente mitgeben.
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Teststreifen mit visueller Ablesung und breitem Messbereich bevorzugen.
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Ersatzbatterien für BZ-Messgerät.
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Traubenzucker mitnehmen und insektensicher verpacken.
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Glukagon verfügbar und auch unterwegs noch haltbar?
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Kühlungsmöglichkeit auf Reisen oder im Hotelzimmer?
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Mitgabe eines Antibiotikums zur Akutintervention (z. B. Ciprofloxacin, Azithromycin).
Impfschutz
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Grundkrankheit, daher zusätzlich Pneumokokken- und Influenzaimpfung.
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Risiko von Flüssigkeitsverlusten durch ETEC-bedingte Reisediarrhö sollte durch vorherige Schluckimpfung gegen Cholera/ETEC reduziert werden.
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Reisemedizinische Impfungen sonst unverändert, jedoch wegen evtl. Behandlung im Gastland Hepatitis-B-Impfung empfehlenswert.
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Fieberreaktion auf Impfungen kann Ketoazidose hervorrufen.
Malariaprophylaxe
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Wirkungsverstärkung von Insulin durch Tetrazykline (auch Doxycyclin)!
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Chinin (nur zur Therapie) induziert Hypoglykämien!
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Interaktionen der zusätzlichen Medikation vor der Reise prüfen.
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Besondere Umwelteinflüsse
Flugreise
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Bei Zeitzonenflügen müssen die eingesparten Stunden (Ostflug) und können die gewonnenen Stunden (Westflug) bei der morgendlichen Basalinsulininjektion zeitanteilig berücksichtigt werden.
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Häufige Kontrollen des BZ an Bord bei insulinbehandelten Patienten (ggf. Wecker stellen).
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Insulin im Flugzeug erst dann spritzen, wenn erwartete Mahlzeit den Patienten erreicht hat (Cave: Einstellen des Verteilens von Essen, wenn der Pilot Anschnallpflicht wegen Turbulenzen anordnet).
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Druckschwankungen im Reservoir einer Insulinpumpe können Förderraten verändern.
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Bei pAVK, KHK oder Retinopathie Funktionsminderung und Gewebeuntergang durch Sauerstoffminderversorgung beschrieben.
Tropenklima
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Vermutlich schlechtere Glukosetoleranz bei Hitze.
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Verminderte Haltbarkeit von Glukagon beachten.
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Insulin wird durch Sonnenlicht inaktiviert.
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Manche Teststreifen sind UV-empfindlich.
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Insulin und Glukagon auf keinen Fall einfrieren oder über 40° C lagern, ggf. Kühlung (Thermoverpackung).
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Sorgfältige Desinfektion und Abdeckung von kleinen Wunden.
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Messgeräte schalten bei zu hohen Temperaturen evtl. ab! Teststreifen messen bei hohen Temperaturen zu hohe BZ-Werte, bei sehr niedrigen Temperaturen (< 14° C) zu niedrige BZ-Werte.
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Cave: Gefahr des hyperosmolaren Komas bei Zusammentreffen von Hitze/Dehydratation und Reisedurchfall!
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Cave: erhöhte Gefahr von Hautinfektionen (Pilz)!
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Die Adaptation des Herz-Kreislauf-Systems an Hitzebelastung kann eingeschränkt sein. Kardiopulmonale Risiken abklären/beachten!
Wüstenklima
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Vermutlich schlechtere Glukosetoleranz bei Hitze.
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Cave: Gefahr des hyperosmolaren Komas bei Zusammentreffen von Hitze/Dehydratation und Reisedurchfall!
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Gefahr von Verbrennungen beim Barfußgehen auf heißem Sand oder Fels und peripherer Neuropathie.
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Kühlung (Thermoverpackung) für Insulin und Glukagon sinnvoll!
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Insulin und Glukagon auf keinen Fall einfrieren oder über 40° C lagern!
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Insulin wird durch Sonnenlicht inaktiviert.
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Manche Teststreifen sind UV-empfindlich.
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Messgeräte schalten bei zu hohen Temperaturen evtl. ab! Teststreifen messen bei hohen Temperaturen zu hohe BZ-Werte, bei sehr niedrigen Temperaturen (< 14° C) zu niedrige BZ-Werte. Unter 0° C keine Messung möglich!
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Die Adaptation des Herz-Kreislauf-Systems an Hitzebelastung kann eingeschränkt sein. Kardiopulmonale Risiken abklären/beachten.


Höhenaufenthalt
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Erhöhte Gefahr von Erfrierungen und von Druckschäden in nicht eingelaufenen Schuhen bei Mikroangiopathie, pAVK und Neuropathie (optimal passendes Schuhwerk unbedingte Voraussetzung!).
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Schwierige DD akute Bergkrankheit vs. Stoffwechselentgleisung, Kontrollmessungen!
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Sorgfältige Überwachung des Flüssigkeitshaushaltes (Cave: ketoazidotisches Koma!).
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Insulin wird durch Sonnenlicht inaktiviert.
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Manche Teststreifen sind UV-empfindlich.
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Insulin und Glukagon auf keinen Fall einfrieren oder über 40° C lagern.
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Bei fortgeschrittener pAVK, KHK oder Retinopathie Funktionsminderung und Gewebeuntergang durch Sauerstoffminderversorgung möglich.
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Cave: weitere Retinaschäden durch Zusammenwirken von diabetischer Retinopathie und höhenbedingten Retinablutungen denkbar, wenn auch noch nicht untersucht.
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Teststreifen messen bei sehr niedrigen Temperaturen (< 14° C) zu niedrige BZ-Werte. Unter 0° C keine Messung möglich.
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Bei anstrengender Bergtour: morgens –1/3 der Insulineinheiten oder +1/3 der BE. Tagsüber pro Belastungsstunde + 1 BE und BZ-Kontrolle.
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Nach mehrstündiger Belastung (abends) Reduktion der Insulindosis um 30 % und BZ-Kontrolle nach Belastungsende (nächtliche Hypoglykämiegefahr!).
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Cave: Erfahrung mit belastungsabhängigen BZ-Verhalten und Fähigkeit zur Hypoglykämiewahrnehmung unabdingbare Voraussetzung.
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Cave: Prävention akute Höhenkrankheit mit Acetazolamid (Diamox®) kontraindiziert! Gefahr der Ketoazidose!
Kälteexposition
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Erhöhte Unterkühlungsgefahr bei Vorliegen einer diabetischen Neuropathie (beeinträchtigte periphere Gefäßkonstriktion).
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Bei Unterkühlung erhöhte Gefahr der Ketoazidose und der Hypoglykämie.
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Gefahr durch Erfrierungen bei pAVK und peripherer Polyneuropathie (optimal passendes Schuhwerk unbedingte Voraussetzung!). Fußkontrollen!
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Insulin und Glukagon evtl. am Körper tragen, da nach Einfrieren wirkungslos!
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Messgeräte schalten bei zu niedrigen Temperaturen evtl. ab! Teststreifen messen bei sehr niedrigen Temperaturen (< 14° C) zu niedrige BZ-Werte. Unter 0° C keine Messung möglich.
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Es gibt Hinweise, dass Diabetiker ein erhöhtes Risiko für schmerzhafte Hautfissuren bei Kälteexposition haben ("Polar Hands"). Hautpflege (rückfettende Creme mit geringem Wassergehalt) anraten.
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Besondere Aktivitäten
Tauchsport
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Nicht insulinbehandelt: bei stabiler Einstellung und gutem Trainingszustand möglich.
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Insulinbehandelt: stabil eingestellt tauchsporttauglich, bei guter Kenntnis der Stoffwechsellage auch unter körperlicher Belastung, unter Mitnahme von Glukose als Paste oder in der angeschnallten Trinkflasche.
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Blutzuckerkontrollen vor dem Tauchgang und innerhalb der ersten Stunde danach dringend empfohlen.
Leistungssport
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Individuelle Entscheidung, beim insulinbehandelten Patienten nur sinnvoll im Rahmen gut kontrollierter langsam gesteigerter Intensität.
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Bei Insulinmedikation Konflikt mit Dopingregeln vermeiden. Die für Ausnahmeanträge erforderlichen Formulare können im Downloadbereich von http://www.nada-bonn.de heruntergeladen werden.


Berufliche Reisen
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Abgesehen von den bereits aufgeführten Bedingungen keine weiteren Anmerkungen.
Langzeitaufenthalt
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Sinnvoll nur, wenn Medikamente und Hilfsmittel im lokalen Gesundheitswesen beschafft und Komplikationen diagnostiziert und beherrscht werden können.
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Dokumentation von Behandlung und Komplikationen in einem Arztbrief (z. B. in Englisch) wichtig.
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Kontrollen analog den Behandlungsrichtlinien müssen möglich sein.
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Rückkehrer
Nachsorge
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Besprechung des Tagebuchs und Inspektion der Füße, HbA1c, sonst entsprechend den Leitlinien.
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Erweiterung der Untersuchung bei anamnestischen Hinweisen.
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Grundsätzlich Augenhintergrund untersuchen nach Aufenthalt in extremen Höhen.
Quelle: CRM-Handbuch Reisen mit Vorerkrankungen 2010. CRM Centrum für Reisemedizin Düsseldorf 2009
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