Influenzavakzine werden bislang in Eiern produziert. Das ist aufwendig und langwierig
- ein Problem insbesondere im Falle einer Pandemie - und mit einer möglichen Unverträglichkeit
des Impfstoffs für Eiallergiker verbunden. Ob ein in Zellkultur hergestellter Impfstoff
vergleichbar wirksam und möglicherweise sicherer ist, haben P. N. Barrett et al. untersucht.
Lancet 2011; 377: 751-759
In einer placebokontrollierten Doppelblindstudie der Phase III erhielten in der Influenzasaison
2008-2009 insgesamt 7250 gesunde Erwachsene im Alter zwischen 18 und 49 Jahren randomisiert
entweder eine Injektion mit Placebo oder mit einem in Vero-Zellkultur produzierten
trivalenten, inaktivierten Influenzaimpfstoff. Das Serum deckte die 3 in dieser Saison
von der WHO empfohlenen Stämme ab. Die Wirksamkeit ermittelten die Untersucher anhand
der im Labor bestätigten Influenzainfektionen der Teilnehmer. Außerdem untersuchten
sie, ob auch der Hämagglutinin-Inhibitionstest zur Abschätzung der Wirksamkeit verwendet
werden kann.
Fast 80% Schutz
Über alle 3 Virusstämme hinweg lag der protektive Effekt des Zellkultur-Impfstoffs
im Vergleich zu Placebo bei 78,5 %. In der Placebogruppe erkrankten 60 von 3617, in
der Verumgruppe 13 von 3619 auswertbaren Teilnehmern. Die häufigste Infektion war
die mit dem A/H1N1-Virus (52 vs. 11 Infizierte), hier lag die Wirksamkeit des Impfserums
bei 79 %.
Ein direkter Vergleich mit der Effektivität konventionell produzierter Impfstoffe
ist nicht möglich, da kein Studienarm mit einem Vergleichsimpfstoff mitgeführt wurde.
Eine Metaanalyse mit in Eiern produzierten trivalenten Impfstoffen zeigte mit 73 %
aber eine in etwa vergleichbare Effektivität gegenüber den jeweils aktuell zirkulierenden
Stämmen [Jefferson T et al. Cochrane Database Syst Rev 2010; 7: CD001269].
Diese Impfstoffproduktionsstätte könnte bald der Vergangenheit angehören.
(Bild: creativ collection)
Wenige Nebenwirkungen
Schwere unerwünschte Ereignisse gab es in der Studie nicht. Eine Reihe von Nebenwirkungen
- lokale, wie Schmerzen und Schwellungen an der Injektionsstelle, oder systemische,
wie Glieder- und Kopfschmerzen oder Fatigue, - beschreiben die Autoren als mild und
vorübergehend.
Die Titer der Anti-Hämagglutinin-Antikörper korrelierten ab einem Schwellenwert von
1:15 gut mit der Immunogenität (Spezifität 83 %, Sensitivität 23,8 %), ab 1:30 sank
die Spezifität dieses Tests auf unter 60 %. Ob der Test als Korrelat für die Immunogenität
des in Zellkultur hergestellten Impfstoffs tatsächlich taugt, müssen weitere Studien
zeigen.
Die Effektivität des trivalenten Zellkulturimpfstoffs war in verschiedenen Tests mindestens
so hoch wie die eines konventionellen Influenzaimpfstoffs. Schwere Nebenwirkungen
traten - bei allerdings begrenzter Impflingszahl - nicht auf.
Zellkulturtechniken bei der Impfstoffproduktion sollen eine verbesserte Selektion
der Stämme einerseits und eine verlässliche Verfügbarkeit des Impfstoffs andererseits
ermöglichen. Zudem erhofft man sich eine einfacher zu kontrollierende Produktion,
da die Impfstoffproduktion in Eiern sehr anfällig für Kontaminationen ist. Allerdings
müssen Zellkultur-Impfstoffe mindestens ebenso immunogen und sicher sein wie die in
Eiern produzierten Seren. Die Vero-Zellkulturtechnik verwendet die bisher einzige
von Seiten der Zulassungsbehörden anerkannte Zelllinie zur Impfstoffproduktion.
Friederike Klein, München