Einleitung: Weltweit leiden ca. 350 Millionen Menschen an einer chronischen Hepatitis B, pro
Jahr sterben über eine Millionen Menschen an den Folgen der Erkrankung. Zwar ist eine
Impfung vorhanden und zu 95 % effektiv – bislang fehlt jedoch eine zufriedenstellende
Therapie für diejenigen Menschen, die bereits infiziert sind. Bisherige therapeutische
Optionen sind Immunmodulatoren und Nukleosidanaloga. Die Traditionelle Chinesische
Medizin verwendet seit langer Zeit Phyllanthus-Arten bei chronischen Lebererkrankungen.
Diverse Studien lassen eine positive Wirkung gegen Hepatitis-B-Viren (HBV) vermuten
– ein klinischer Effekt ist bislang jedoch unklar.
Studien: Grundlage des Reviews waren 16 randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt
1326 Patienten. Eine der Studien (n= 40) verglich Phyllanthus mit einem Placebo, die
übrigen Studien testeten die konventionelle antivirale Therapie gegenüber der Kombination
aus konventioneller antiviraler Medikation plus ein Phyllanthus-Präparat. Sämtliche
Studienteilnehmer waren Chinesen. Es kamen unterschiedliche Phyllanthus-Präparate
in verschiedenen Dosierungen zum Einsatz. Die Behandlungsdauer lag zwischen 3 und
12 Monaten.
Ergebnisse: Keine der Studien enthielt Daten zu Morbidität, Mortalität und Lebensqualität. Nur
fünf Studien äußerten sich zu unerwünschten Ereignissen. Davon berichteten zwei Studien,
dass keine Nebenwirkungen aufgetreten seien, zwei Studien erwähnten Nebenwirkungen
in beiden Gruppen und eine Studie listete zwar die Art der Nebenwirkungen, jedoch
ohne Aussage über die Anzahl der betroffenen Patienten. Auf die Konzentration von
HBsAg (Hepatitis-B surface antigen) im Serum hatte die Kombinationstherapie keinen
signifikanten Einfluss. Die Anzahl der Patienten mit nachweisbarer HBV-DNA im Serum
reduzierte sich in den Kombinationsgruppen (Relatives Risiko [RR] 0,69; 95%-Konfidenzintervall
[KI] 0,52–0,91). Auch die Anzahl der Patienten mit HBeAg (Hepatitis-B envelope antigen)
im Serum sank signifikant (RR 0,7; 95%-KI 0,6–0,81). Die Metaanalysen zeigten außerdem
einen signifikant positiven Effekt auf die Serokonversion von HBeAg in anti-HBe (RR
0,77; 95%-KI 0,63–0,92). Sämtliche Studien hatten ein hohes Bias-Risiko.
Fazit für Klinik und Praxis
Gemäß den Autoren lassen die positiven Ergebnisse der Metaanalysen keine sichere Schlussfolgerung
zu, solange keine Studien mit einem niedrigeren Fehlerrisiko vorliegen. Auch sei die
Interpretation durch eine erhebliche Heterogenität der Studien beeinträchtigt. Außerdem
müsse durch Daten zu Morbidität und Mortalität zunächst bestätigt werden, dass dieser
Effekt tatsächlich einen klinischen Erfolg für den Patienten bedeutet.
Dr. med. Bettina Rakowitz, Sachsen b. A.
Kommentar aus der Praxis
Die Therapie der chronischen Hepatitis B ist mit den Optionen von hochpotenten und
sehr gut verträglichen Nukleos(t)idanaloga sowie (pegylierten) Interferonen sehr gut
etabliert. Es ist in den letzten Jahren eindeutig gezeigt worden, dass eine erfolgreiche
Suppression der HBV-DNA zu einer Rückbildung einer Leberfibrose und zu einer Reduktion
von klinischen Endpunkten (hepatische Dekompensation und hepatozelluläres Karzinom)
führt. Alternative Therapien der Hepatitis B mit z.B. Phyllantus-Präparaten sind immer
wieder evaluiert worden. Aktuell gibt es aber keinerlei Evidenz, dass ein Einsatz
sinnvoll und medizinisch zu rechtfertigen ist. Die aktualisierten Hepatitis-B-S3-Leitlinien
sind im Juli 2011 publiziert worden.
Prof. Dr. Heiner Wedemeyer,
Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie,
Medizinische Hochschule Hannover