Patienten mit schwerem Asthma scheinen Atemwegsverengungen weniger deutlich wahrzunehmen,
wodurch sich das Risiko für Asthmaanfälle wiederum erhöhen kann. Veränderungen des
Dyspnoeempfindens werden mit Inflammationsprozessen in den Atemwegen, mit dem Alter,
aber auch mit dem Depressionsstatus in Verbindung gebracht. Diese noch nicht ausreichend
geklärten Zusammenhänge wurden nun eingehend von M. P. Barbaro et al. untersucht.
Respir Med 2011; 105: 195-203
Für ihre Studie wurde das Dyspnoeempfinden als Verhältnis der Werte entsprechend der
Borg- und der visuellen Analogskala (VAS) zu den FEV1-Werten vor und nach Reversibilitätstests quantifiziert (Borg-VAS/FEV1-Slope). Die Ergebnisse wurden anschließend mit Inflammationsmarkern (Anzahl von Entzündungszellen
im Sputum, exspiratorische Stickstoffmonoxid- und pH-Wert-Bestimmung) korreliert.
Insgesamt wurden 71 konsekutive Asthmapatienten mit einem Durchschnittsalter von 49,4
Jahren rekrutiert. Sie waren alle zum Zeitpunkt der Studie Nichtraucher und hatten
weder Atemwegs- oder bronchiale Infektionen, noch bekannte psychiatrische oder kardiorespiratorische
Erkrankungen. Vor der initialen Untersuchung mussten sich die Teilnehmer in einer
stabilen Krankheitsphase von mindestens 4 Wochen befinden. Die Borg- und VAS-Werte
aller Patienten wurden gegen die FEV1-Ergebnisse aufgetragen und die Veränderungen (Slope) als Dyspnoe-Index durch lineare
Regressionsanalyse berechnet. Zur Berechnung der Korrelationen wurde die Spearman-Ranganalyse
angewendet.
Bei Patienten mit schwerem Asthma wurde im Vergleich zu leichter bis mittlerer Erkrankung
eine statistisch signifikante Reduktion des Dyspnoeempfindens gemessen (VAS/FEV1: p < 0,0001 bzw. Borg/FEV1: p = 0,0002). Zwischen den VAS/FEV1- bzw. Borg/FEV1-Verringerungen und der Krankheitsschwere ergab sich eine negative Korrelation (r
= -0,4 bzw. r = -0,5).
Die Korrelation war ebenfalls negativ zwischen einem verstärkten Dyspnoeempfinden
und dem Neutrophilen-Anteil im Sputum (r = -0,4 bzw. r = -0,5), dem Eosinophilen-Anteil
im Sputum (r jeweils = -0,3), dem exspiratorischen Stickstoffmonoxidgehalt (r = -0,4
bzw. r = -0,3), dem Despressionsstatus (r jeweils = -0,3) sowie dem Alter der Patienten
(r jeweils = -0,4). Zwischen verstärktem Dyspnoeempfinden und exspiratorischem pH-Wert
wurde eine positive Korrelation ermittelt (r = 0,4 bzw. r = 0,6).
Das Dyspnoeempfinden wird dieser Studie zufolge durch die Faktoren Krank-heitsschwere,
Atemwegsentzündung, Depressionsstatus und zunehmendes Alter beeinflusst. Mit den Messungen
könnten nach Ansicht der Autoren die Patienten mit reduzierter Dyspnoe-wahrnehmung
frühzeitig identifiziert und besser adäquat versorgt werden.
Matthias Manych, Berlin