Dialyse aktuell 2011; 15(09): 490
DOI: 10.1055/s-0031-1295592
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kommunikationsserie Teil 5 – Nichtsprachliche Kommunikation

Michael Baur
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Michael Baur
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89180 Berghülen

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Publication Date:
07 November 2011 (online)

 
 
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(Bild: Thieme Verlagsgruppe)

In unserer Reihe zur Kommunikation stand bisher stets das gesprochene Wort im Mittelpunkt. Wir haben erfahren, dass jede Botschaft 4 Seiten hat, die jeder unterschiedlich wahrnimmt. Wir haben gelernt, dass es in der Verantwortung aller Beteiligten liegt, Klarheit über den "wahren" Inhalt einer Nachricht zu erlangen. Die Rolle von Emotionen haben wir als förderlich und gleichzeitig problematisch erlebt. Und schließlich haben wir uns mit "Werkzeugen" beschäftigt, die all diesen Aspekten Rechnung tragen und uns deshalb die Verständigung – vor allem im Konfliktfall – erleichtern können.

Einen Punkt sollten wir zum Schluss trotz der scheinbar übermächtigen Wirkung unserer Sprache genauer betrachten: Die nichtsprachliche (nonverbale) Kommunikation. Sie umfasst alle Nachrichten(anteile), die nicht mit Worten übermittelt werden. Die nonverbale Kommunikation besteht vor allem aus Körpersprache (Mimik, Gestik, Augenkontakt etc.) und Tonfall bzw. Betonung des Gesagten. Aber auch unwillkürliche vegetative Signale wie Schwitzen oder Erröten sind Teil der nichtsprachlichen Verständigung. Die nichtsprachliche Kommunikation gilt als "ehrlicher" als die sprachliche, da sie nicht so leicht zu beeinflussen ist.

Konflikte durch nichtsprachliche Signale

Was sollte man bezüglich der nichtsprachlichen Kommunikation beachten? Wo sind die Stolperfallen, wo die Chancen im Zusammenspiel mit der sprachlichen Seite der Botschaft? Ein Beispiel:

Clemens sagt zu seiner Kollegin Claudia: "Du, hilf mir bitte kurz. Mir ist eben das Tablett mit den Heparinspritzen runtergefallen." Claudia verdreht die Augen und sagt mit genervter Stimme: "Na super. Das hast du ja wieder mal gut hingekriegt kurz vor Dienstschluss."

Natürlich versteht jeder, was hier los ist. Claudia reagiert sarkastisch. Was sie sagt, ist unerheblich. Die wirkliche Botschaft steckt in der Art, wie sie es sagt. Und sicherlich versteht Clemens in diesem Moment: "Blödmann, immer musst du so einen Mist bauen!" Eine solche Kommunikation bezeichnet man als "inkongruent". Das Gesagte und das Nonverbale sind nicht "deckungsgleich", ein Kernmerkmal des Sarkasmus.

Was wäre die Alternative? Folgt man den Anregungen, die wir im Laufe dieser Artikelreihe entwickelt haben, so könnte Claudia etwa sagen: "Menschenskind, das ärgert mich jetzt wahnsinnig. Ich wollte nämlich pünktlich gehen." So könnte sie ihre Emotionen ohne aggressive Note und ohne Verallgemeinerung ("wieder mal") loswerden. Und sie kann ihn nun auffordern, sich jemand anderen zu suchen. Oder ihm helfen, aber ohne "Nachkarten". Vor allem aber wäre Claudias nonverbale Kommunikation mit der verbalen im Einklang, also kongruent.

Oft führen solche Inkongruenzen zu Missverständnissen und Streit. Deshalb empfehle ich jedem, darauf zu achten, ob er sie seinen Mitmenschen – aus welchen Gründen auch immer – zumutet. Vielleicht entdeckt man ja hier die Gründe für unerklärlich scheinende Kommunikationsstörungen.


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Augenkontakt und Körperhaltung sind wichtig

Ein weiteres nichtsprachliches Topthema ist der Augenkontakt. Stellen Sie sich vor, Sie diskutieren 5 Minuten lang mit einem Kollegen über ein wichtiges Thema. Und er sieht Sie die ganze Zeit nicht an, dreht Ihnen vielleicht sogar den Rücken zu. Wie fühlen Sie sich dabei? Sicher nicht wahr- und ernst genommen. Vielleicht fragen Sie sich sogar "Hört der mir überhaupt zu?" Ganz bestimmt stärkt ein solches Gespräch nicht Ihre Beziehung.

Das Gleiche gilt für die Wirkung der Körperhaltung. Oft schätzen wir andere (auch) nach deren Körperhaltung ein: Jemand, der "mit breiter Brust" auftritt, wird von vielen als selbstbewusst, vielleicht sogar als arrogant wahrgenommen. Verschränkte Arme werden oft als Abwehr- oder Schutzhaltung interpretiert. Wenn mein Gesprächspartner steht während ich sitze, kann das bei mir ein Gefühl der Unterlegenheit hervorrufen.

Die Körpersprache ist also die "fünfte Dimension" der Kommunikation (zusätzlich zu den 4 Ebenen nach Schulz von Thun). Sie enthält Zusatzinformationen, die beim Empfänger ebenso ankommen wie das gesprochene Wort. Darin liegen auch Chancen! Zum Beispiel kann man körpersprachlich Sympathie signalisieren, obwohl man vielleicht ein unangenehmes Thema behandeln muss. Das kann die Situation entschärfen. Meine Empfehlungen zum Thema nichtsprachliche Kommunikation lauten deshalb:

  • Achten Sie auf die Wirkung Ihrer nichtsprachlichen Kommunikation. Seien Sie sich immer bewusst, dass sie anders wirken kann, als Sie es sich vorstellen. Holen Sie sich gelegentlich ein Feedback dazu ein, wie Sie auf andere wirken und wodurch.

  • Achten Sie darauf, ob Ihre Worte, Ihre Körperhaltung und Ihre "Stimmlage" zusammenpassen. Wenn nicht, fragen Sie sich selbst mal nach dem Grund.

  • Setzen Sie Körpersprache in kritischen Situationen bewusst ein, um Gespräche positiver zu gestalten.

Mein Anliegen ist es nicht, dass Sie nach der Lektüre dieser Artikelserie zukünftig jedes Wort und jede Geste ängstlich abwägen, bevor Sie mit Anderen in Kontakt treten. Auch will ich Sie nicht dazu anhalten, jeden Satz mit "Ich nehme gerade wahr, dass Du …" zu beginnen oder dem Gegenüber zwanghaft ins Gesicht zu starren.

Ich wünsche mir und Ihnen, dass Sie jeden Tag etwas mehr auf sich und andere achten. Ich wünsche uns allen ein bisschen mehr Selbstbewusstsein und Empathie. Denn nur, wenn wir lernen, uns selbst und unsere Umgebung besser wahrzunehmen, können wir unsere Kommunikation weiterentwickeln.


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Michael Baur

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