Der Direktzugang für Physiotherapeuten, auch Direct Access genannt, ist in Deutschland
seit geraumer Zeit in aller Munde. ZiPT befürwortet den Direktzugang und möchte den
Weg dahin ebnen. 2009 gründete eine Handvoll überzeugter und motivierter Mitglieder
die Arbeitsgemeinschaft First Contact Practitioner (AG FCP): Sechs Therapeuten, verteilt
in ganz Deutschland, bilden den Kern der AG. Weitere Therapeuten arbeiten ihnen zu.
Sie sind überzeugt, dass sie nur als Gruppe den Direktzugang im eigenen Lande schneller
voranbringen können. Daher freuen sie sich bei ihrem Vorhaben über jegliche Mitarbeit
und Hilfe. Konkret brauchen sie nun die Unterstützung der Hochschulen und Studenten.
Historie und Beweggründe
Zu Beginn verschaffte sich die Arbeitsgemeinschaft einen Eindruck, was der Direktzugang
genau beinhaltet, und definierte, was sie erreichen kann und will. Zudem diskutierten
die Mitglieder in der AG kritisch, wie verantwortungsvoll Physiotherapeuten sein können
und müssen. Denn der Direktzugang bedeutet ganz klar, Verantwortung zu übernehmen.
Sie kamen zu der Überzeugung, dass Physiotherapeuten bereits seit eh und je eigenverantwortlich
in der Therapie mit den Patienten umgehen müssen. Durch die Verordnungspflicht wird
ihnen diese Verantwortung lediglich vonseiten der Regierung offiziell abgesprochen.
Schnell kamen die Mitglieder der AG überein, etwas Einheitliches zu schaffen, das
Physiotherapeuten das verantwortungsvolle Handeln erleichtert und ihnen eine gute
Datengrundlage gegenüber Ärzten, Krankenkassen und Politikern liefert. Sie entwickelten
einen Screening-Bogen, mit dem Therapeuten bereits vor Behandlungsbeginn mögliche
Risikofaktoren - Red Flags - für ernst zu nehmende Erkrankungen aufdecken. Nur wer
Red Flags erkennt und die Behandlungsgrenze kennt, übt den Direktzugang eigenverantwortlich
aus. Ein Blick in andere Länder mit Direktzugang, wie die Niederlande, zeigte, dass
dort jeder Therapeut sein eigenes Screening anwendet. Dies wollten sie vermeiden und
auch, dass unnötig lange im „Dunkel“ therapiert und eine Erkrankung falsch eingeschätzt
wird.
Es ist Zeit, die eigene Professionalisierung durch den Direktzugang voranzubringen.
Konkrete Entwicklung des Fragebogens
Konkrete Entwicklung des Fragebogens
Die einzelnen Fragen des Screening-Bogens samt Erläuterungen für die Therapeuten entwickelte
die AG auf Grundlage zahlreicher Fachbücher zum Thema Red Flags. Dabei trafen sie
eine Auswahl der ihrer Meinung nach relevantesten Risikobereiche, zum Beispiel die
Erkennung eines Tumors, Traumas oder Schlaganfalls. Der Screening-Bogen soll den Therapeuten
einen Überblick verschaffen, ob der Patient mehrere Risikofaktoren aufweist und eine
Abklärung durch den Arzt indiziert ist. Neben allgemeinen Fragen zu Gewicht, Größe
und Alter der Patienten ermittelt der Bogen spezifische Informationen über beispielsweise
Medikamenteneinnahme, Blutdruck, Inkontinenz, familiäre Erkrankungen und Gewichtsverlust.
Die AG betont, dass der Screening-Bogen der Voreinschätzung des Therapeuten über den
Gesundheitszustand seiner Patienten dient und nicht alle möglichen Risikofaktoren
erfasst. Er gewährleistet nicht einen völligen Ausschluss ernst zu nehmender Erkrankungen.
Das eigene Denken und Verantwortungsbewusstsein wird dadurch nicht abgenommen. Im
Gegenteil - Therapeuten benötigen alle wichtigen Grundkenntnisse über die Relevanz
und Einstufung von Risikofaktoren.
Studenten und Hochschulen gesucht
Studenten und Hochschulen gesucht
Damit der Screening-Bogen an Kraft gewinnt und sich als seriöses Instrument durchsetzen
kann, möchte die AG FCP den Bogen nun evaluieren lassen. Sie wendet sich an Hochschulen
in Deutschland und hofft auf motivierte und engagierte Physiotherapeuten, die Interesse
haben, mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit den Direktzugang möglicherweise den Therapeuten
ein Stückchen näherzubringen. Entsprechend der Vorgaben zur Formulierung der Bachelor-
und Masterthesen hat die AG bereits rund 20 konkrete Fragestellungen wie „Werden alle
Red Flags abgefragt?“ oder „Ist der Screening-Bogen hilfreich im Berufsalltag der
Physiotherapeuten?“ ausgearbeitet und stellt sie den Hochschulen zur Verfügung. Dies
erspart interessierten Studenten die aufwendige und exakte Themenbenennung ihrer Abschlussarbeit.
Um zu vermeiden, dass mehrere Studenten identische Fragen wissenschaftlich untersuchen,
bittet die AG alle Interessenten, sich direkt an sie zu wenden („Info“). Von Vorteil ist sicherlich, wenn die Studenten ein gewisses politisches Interesse
mitbringen, unvoreingenommen an die Thematik herangehen und dabei neugierig und selbstkritisch
die Fragestellungen überprüfen.
(Illustration: N. Fuckerer)
Sicher gibt es Studenten, die nach einem interessanten Thema suchen - bei der AG finden
sie eines, das sie und den Beruf politisch weiterbringt.
→ Den Fragebogen samt Erläuterungen finden Sie unter www.zipt.de
.
Ansprechpartner
Interessierte Studenten, Dozenten und Physiotherapeuten, die das Projekt der AG First
Contact Practitioner gerne unterstützen wollen, können sich unter AG-FCP@zipt.de direkt an die Sprecherin der AG Julia Oberneder wenden.