Schultergelenkschmerzen – Übungen mit MT ergänzen
Schultergelenkschmerzen – Übungen mit MT ergänzen
Kombiniert man Übungen oder multimodale Physiotherapie mit Mobilisations- und Manipulationstechniken
(MTT), hilft dies bei zahlreichen Beschwerden im Schulterbereich. Dies fanden James
W. Brantingham und sein Team vom Cleveland Chiropractic College in Los Angeles, USA,
in einem Review heraus.
Die Forscher schlossen 35 Studien ein und kamen zu folgenden Ergebnissen:
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> Bei einer Rotatorenmanschettenverletzung bringen Behandlungen, in denen Manipulationen
mit Weichteiltechniken und Übungen kombiniert werden, bessere Ergebnisse als Manipulationen
allein.
-
> Erhalten Patienten mit subacromialem Impingement eine multimodale Physiotherapie,
haben sie größere Chancen, eine OP zu vermeiden als wenn sie Injektionen bekommen.
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> Schulterfunktionsstörungen mit Ruhe- und Bewegungsschmerzen verbessern sich durch
MMT an der HWS, BWS und am Schultergürtel, sofern man sie mit Übungen oder multimodaler
Physiotherapie verbindet. Fünf Studien liefern Hinweise darauf, dass schon allein
die Behandlung der HWS, BWS und Rippengelenke mit MMT die Schulterbeschwerden verbessert.
-
> MMT kombiniert mit PNF verbessert das Bewegungsausmaß und die Schulterfunktion von
Patienten mit einer Frozen Shoulder.
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> MMT mit Faszien- und Weichteiltechniken gekoppelt ist bei Störungen des Weichteilgewebes
und Schmerzen im Schulterbereich kurzfristig effektiv.
Für die Wirksamkeit von MMT bei neurogenen Schmerzen und bei Arthrose fanden die Autoren
nur unzureichende Beweise.
Obwohl eine multimodale Physiotherapie mit Übungen, Kräftigung, Dehnung und Weichteiltechniken
als Standardbehandlung gilt, sollten laut James W. Brantingham und seinem Team bei
der Behandlung von Schmerzen im Schulterbereich Mobilisations- und Manipulationstechniken
nicht fehlen.
giro
J Manipulative Physiol Ther 2011; 34: 314-346
Chronische Nackenbeschwerden – Schmerzen aktivieren Antagonisten
Chronische Nackenbeschwerden – Schmerzen aktivieren Antagonisten
Menschen mit chronischen Nackenschmerzen haben ein verändertes neuromuskuläres Aktivierungsmuster
der HWS-Muskulatur: Die Mm. sternocleidomastoideus und splenius capitis zeigen eine
deutlich erhöhte Kokontraktion. Zu diesem Ergebnis kamen Rene Lindstr0m und sein Team
von der Aalborg-Universität, Dänemark.
Die Forscher schlossen 13 Frauen mit chronischen Nackenschmerzen und zehn gesunde
in ihre Studie ein. Die Probandinnen saßen für die Tests in einem Gerät, das multidirektional
die Kraft der Nackenmuskulatur maß. Zuerst flektierten und extendierten die Frauen
ihre HWS unter visuellem Feedback und steigerten allmählich die dabei eingesetzte
Kraft. Nach einer kurzen Pause sollten die Probandinnen ihre HWS gegenüber zirkulären
Widerständen stabilisieren.
Im EMG zeigte sich, dass die Frauen mit Nackenschmerzen in allen Bewegungsrichtungen
weniger Kraft einsetzten sowie ihre Muskelanspannung schlechter dosieren und steuern
konnten als die Kontrollgruppe: Flektierten sie die HWS unter zunehmendem Krafteinsatz,
hatte der M. splenius capitis eine erhöhte Aktivität. Stabilisierten die Probandinnen
ihre HWS gegen zirkuläre Widerstände, arbeitete bei Extension der M. sternocleidomastoideus
und bei Flexion der M. splenius capitis vermehrt. Die Anspannungsstärke des M. splenius
capitis korrelierte positiv mit den Einschränkungen und Schmerzen der Patientinnen.
Da Patienten mit Nackenschmerzen oft schwache tiefe Halsflexoren haben, vermuten die
Forscher in der Konkontraktion der oberflächlichen Synergisten einen Versuch des Körpers,
die HWS zu stabilisieren.
giro
Man Ther 2011; 16: 80-86
Inkontinenz bei Schwangeren – Aerobic-Kurse helfen nicht
Inkontinenz bei Schwangeren – Aerobic-Kurse helfen nicht
Beckenbodentraining, das in einem Aerobic-Kurs für Schwangere angeleitet wird, verbessert
die Inkontinenz von Schwangeren und Wöchnerinnen nicht. Das ist das Ergebnis einer
kontrollierten Studie von Kari Bo und ihrem Team von der norwegischen Schule für Sportwissenschaft
in Oslo.
Die Forscher teilten 105 Erstgebärende per Zufall in zwei Gruppen ein: Die Teilnehmerinnen
der ersten Gruppe nahmen drei Monate lang zwei bis drei Mal pro Woche an einem Aerobic-Kurs
für Schwangere teil. Die Frauen führten innerhalb des einstündigen Kurses neben klassischen
Aerobic-Elementen 15 Minuten spezielle Übungen zur Kräftigung des Beckenbodens durch.
Wie sie den Beckenboden anspannen sollten, wurde ihnen nur allgemein erklärt. Die
Vergleichsgruppe erhielt kein Aerobic-Programm. Kari Bo und ihr Team dokumentierten
vor und nach der Trainingsphase der Schwangeren sowie sechs Wochen nach Entbindung,
ob die Frauen unter Inkontinenz litten.
Die Teilnehmerinnen des Aerobic-Kurses, die inkontinent waren, berichteten anschließend,
dass das Training ihre Inkontinenz nicht veränderte. Daher vermuten die Autoren, dass
eine individuelle Anleitung der Beckenbodenspannung von entscheidender Bedeutung für
die Therapie und Prophylaxe einer peripartalen Inkontinenz ist.
anka
Physiotherapy 2011; 97: 190-195
Kommentar
Das Studiendesign weist deutliche Mängel auf. Die Kontrollgruppe absolvierte zwar
kein Aerobic-Programm, ob sie jedoch völlig anwendungsfrei war, bleibt unerwähnt.
Möglicherweise setzen die Forscher voraus, dass die Bezeichnung „Kontrollgruppe“ automatisch
eine interventionsfreie Gruppe beschreibt - was per Definition auch korrekt wäre.
Unklar ist auch, ob alle Gebärenden bereits während ihrer Schwangerschaft inkontinent
waren. Als Einschlusskriterium war dies jedenfalls nicht gelistet. Weiterhin überprüften
Kari Bo und ihr Team nicht, ob die Teilnehmerinnen zu Studienbeginn überhaupt ihren
Beckenboden anspannen konnten. Dies kritisierten sie allerdings selbst an ihrer Studie.
Aufgrund dieser Schwächen ist das Fazit somit mit Vorsicht zu betrachten.
Andrea Kaack,
Physiotherapeutin MSc aus Hamburg
LWS-Schmerzen – Strain-Counterstrain-Therapie effektlos
LWS-Schmerzen – Strain-Counterstrain-Therapie effektlos
Die Strain-Counterstrain-Therapie (SCT) ist eine sanfte Methode zur Behandlung von
muskuloskeletalen Schmerzen und Dysfunktionen. Über passive Lagerungen und die Behandlung
von Spannungspunkten versucht der Therapeut, Einfluss auf die Probleme des Patienten
zu nehmen. Cynan Lewis fand gemeinsam mit zwei Forscherinnen aus Queensland heraus,
dass die SCT in der Behandlung von Menschen mit lumbalen Schmerzen keinen zusätzlichen
Vorteil bringt.
Die Forscher teilten 89 Probanden mit akuten LWS -Schmerzen und mindestens vier vorhandenen
Spannungspunkten inzwei Gruppen ein. Alle Patienten führten die gleichen Übungen durch:
Sie aktivierten die tiefen abdominalen Stabilisatoren aus Seitlage, zogen alternierend
die Knie zur Brust und rotierten den unteren Rumpf in Rückenlage. Die Patienten der
ersten Gruppe erhielten zusätzlich viermal innerhalb von zwei Wochen die SCT.
Die Wissenschaftler bestimmten unter anderem denGrad der Behinderung, die Schmerzen
und die Lebensqualität aor und nach der Behandlung sowie nach 6 und 28 Wochen. Dabei
stellten sie fest, dass die Behandlung mit der SCT zu keinem Zeitpunkt signifikant
effektiver war als Übungen alleine.
Zusammenfassend sehen die Autorinnen keinen kurz- oder mittelfristigen Nutzen, Behandlungsmethoden
wie eine Schmerzmittelgabe, Beratung und Übungen zur Bewegungsverbesserung mit SCT
zu kombinieren.
asba
J Physiother 2011; 57: 91-98
Trainingstherapie – Krafttraining stabilisiert nicht
Trainingstherapie – Krafttraining stabilisiert nicht
Kräftigen Grundschüler ihre Beine an Trainingsgeräten, verbessern sich die Sprungkraft
und Standfestigkeit nicht. Zu diesem Ergebnis kam ein deutschschweizerisches Forscherteam
um Urs Granacher.
17 Grundschüler führten zehn Wochen lang ein Krafttraining mit hohen Intensitäten
durch. Dabei trainierten sie zweimal pro Woche 90 Minuten lang mit 70-80 % der Maximalkraft.
Gegenüber den 15 Grundschülern der interventionsfreien Kontrollgruppe nahm zwar die
Maximalkraft der Beinmuskulatur zu, die Sprungkraft und posturale Kontrolle aber nicht.
Die Autoren führen dies auf neuronale Faktoren zurück.
ne
Int J Sports Med 2011; 32: 357-364
Multiple Sklerose – Physiotherapie daheim bringt wenig
Multiple Sklerose – Physiotherapie daheim bringt wenig
Aufgabenspezifische Physiotherapie in häuslicher Umgebung ist bei Patienten im mittleren
bis schweren Stadium einer Multiplen Sklerose zwar besser als keine Therapie, hat
jedoch nur einen geringen Effekt. Zu diesem Ergebnis gelangten Linda Miller und ihr
Forscherteam von der Glasgow Caledonian University in Irvine, England, in einer randomisierten,
kontrollierten Studie.
Die Wissenschaftler untersuchten, inwiefern ein zu Hause durchgeführtes physiotherapeutisches
Programm die körperliche Schädigung, Behinderung und den psychischen Stress von Menschen
mit mittlerer bis schwerer Multipler Sklerose beeinflussen kann. Sie schlossen jeweils
15 Patienten in eine Interventionsgruppe und Kontrollgruppe ein. Die Patienten der
Interventionsgruppe erhielten zu Hause acht Wochen lang, zweimal wöchentlich eine
einstündige physiotherapeutische Behandlung. Die Kontrollgruppe trainierte nicht.
Das aufgabenspezifische Programm beinhaltete beispielsweise die Kräftigung der unteren
und oberen Extremität mittels Theraband und Gewichten, Transfertraining vom Sitz zum
Stand sowie Geh- und Gleichgewichtstraining. Die Forscher ermittelten zu Beginn und
am Ende der Interventionen sowie nach weiteren acht Wochen unter anderem die Lebensqualität
der Patienten, die funktionelle Unabhängigkeit, den Grad der neurologischen Schädigung
sowie die Kraft der Beinmuskulatur.
Die Kraft der Kniegelenkmuskulatur und die Lebensqualität hatten sich bei den therapierten
Patienten nach acht Wochen geringfügig verbessert. In der Kontrollgruppe, die keine
Anwendungen bekam, verschlechterten sich hingegen der Grad der neurologischen Schädigung
und die Lebensqualität.
Linda Miller und ihr Team schlussfolgern, dass die kurze Übungszeit, die geringe Teilnehmeranzahl
sowie die Erkrankungsschwere größere Standardabweichungen verursacht haben könnten.
Dies sei vermutlich dafür verantwortlich, dass nur eine geringe Effektivität von physiotherapeutischen
Hausbehandlungen nachgewiesen werden konnte.
sgl
Clin Rehabil 2011; 25: 720-730
Spinalkanalstenose – Rauchen behindert Heilung
Spinalkanalstenose – Rauchen behindert Heilung
Werden Raucher wegen einer Spinalkanalstenose operiert, haben sie postoperativ schlechtere
Ergebnisse als Nichtraucher. Dies war das Resultat einer Studie von Bengt Sanden und
seinem Team von der Universität Uppsala.
Die Forscher nutzten Daten von 4.555 Patienten aus dem schwedischen Wirbelsäulenregister,
die an einer lumbalen Spinalkanalstenose operiert worden waren. Sie konnten dabei
auf Langzeitergebnisse von bis zu zwei Jahren nach Operation zurückgreifen. Zum Zeitpunkt
der Operation waren 758 Patienten Raucher. Obwohl die Wissenschaftler in ihrer Auswertung
berücksichtigten, dass die Raucher bereits schlechtere Ausgangswerte aufwiesen, hatten
diese dennoch deutlich schlechtere postoperative Ergebnisse als die Nichtraucher:
Sie waren unzufriedener, nahmen mehr Schmerzmittel ein, konnten ihre Arbeit später
wiederaufnehmen und hatten eine geringere Lebensqualität.
asba
Spine 2011; 36: 1059-1064